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  • · Fachbeitrag · Stiftung & Recht

    So werden Stiftungsorganmitglieder abberufen

    von RA, StB, Dipl.-Finanzwirt (FH) Dr. Hellmut Götz, FA StR, Partner bei Bender Harrer Krevet, Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaft mbB, Freiburg

    | In Satzungen rechtsfähiger Stiftungen finden sich häufig detaillierte Satzungsregelung, wie Mitglieder von Stiftungsorganen (neu) bestellt werden können. Auch für den Fall, dass Mitglieder versterben oder ausscheiden, weil sie eine bestimmten Altersgrenze erreicht haben, sind Regelungen zur Neubesetzung durchaus üblich. Hingegen fehlen häufig Regelungen, wie Organmitglieder vorzeitig abberufen werden können. |

    1. Grundsatz

    Nach dem Gesetz (BGB und den jeweiligen Landesstiftungsgesetzen) ist der Stifter bei der Fassung der Stiftungssatzung frei, wie Mitglieder eines Stiftungsorgans berufen und abberufen werden können. Die Satzung kann beispielsweise vorsehen, dass die Bestellung durch ein besonderes Organ (sog. Kreationsorgan) erfolgt. So kann geregelt werden, dass z. B. der Stiftungsrat die Mitglieder des Stiftungsvorstands beruft. Ferner ist es möglich, dass sich der Stifter zu seinen Lebzeiten dieses Recht zur Bestellung und Abberufung vorbehält und erst nach seinem Tod das Kreationsorgan tätig wird. Daneben besteht die Möglichkeit der Kooptation (Götz/Pach-Hanssenheimb, Handbuch der Stiftung, 2. Aufl., Rn. 200), also der Selbstergänzung.

     

    Auf einen externen Dritten kann das Recht zur Abberufung und Bestellung eines Stiftungsorgans ohne Weiteres nicht delegiert werden. (Weitemeyer in MüKo, BGB, § 86 BGB Rn. 5). Denn ein Außeneinfluss auf die Stiftung, der sich außerhalb der Stiftungsaufsichtskontrolle abspielt, ist unzulässig. Anders zu beurteilen ist es hingegen, wenn der Dritte „dem Primat des Stifterwillens untergeordnet“, also faktisch wie ein Kreationsorgan eingebunden ist. In diesem Fall wird ihm das Recht zur Abberufung und Bestellung eines Stiftungsorgans zugewiesen werden können.

     

    Aber auch der Stifter selbst kann sich kein frei ausübbares Recht zur Bestellung oder Abberufung eines Stiftungsorgans zurück-/vorbehalten (MüKo/ Weitemeyer, BGB, § 86 BGB Rn. 6). Denkbar ist auch bzgl. seiner Person lediglich, dass er in der Satzung die Stellung eines (Kreations-)Organs zugewiesen erhält; denn dadurch wird er pflichtgebundenes Organ der Stiftung. (Weitemeyer a.a.O., § 86 BGB Rn. 5).

    2. „Freies“ Abberufungsrecht

    Ein freies (jederzeitiges) Abberufungsrecht eines Organmitglieds durch das Kreationsorgan besteht kraft Gesetzes nicht. Denn § 27 Abs. 2 S. 1 BGB, der dies für den Vereinsvorstand regelt, gilt für Stiftungsorgane mangels Verweis in § 86 BGB auf diese Vorschrift ausdrücklich nicht.

     

    Aber auch mittels der Stiftungssatzung kann weder einem Kreationsorgan noch dem Stifter selbst das Recht eingeräumt werden, frei über die Abberufung eines Mitglieds eines Stiftungsorgans zu entscheiden. Grund hierfür ist, dass das Kreationsorgan bei einer Stiftung nicht Träger von Autonomie ist, sondern an das „durch den im Stiftungsgeschäft verobjektivierten Willen des Stifters bestimmte Wohl der Stiftung“ gebunden ist (Weitemeyer, a. a. O., § 86 BGB Rn. 8). Eine Abberufung kann daher nur erfolgen, wenn die Interessen der Stiftung dieses rechtfertigen. Nicht nur das Kreationsorgan, sondern - ab Anerkennung der Stiftung - auch der Stifter sind nur noch „Diener der Stiftung“. Der Stifter ist nicht mehr „Herr der Stiftung“ (Weitemeyer, a.a.O.), sondern „ein Fremder“ (Saenger, ZStV 2012, 94, 96).

     

    Damit ist es nach h.M. dem Stifter verwehrt, sich in der Satzung unabhängig vom Vorliegen spezifizierter wichtiger Gründe ein freies Abberufungsrecht von Organmitgliedern vorzubehalten (Saenger, ZStV 12, 94, 96 m. w. N.; Meyn/Richter/Koss/Gollan, Die Stiftung, 3. Aufl., Rn. 175; Weitmeier, a. a. O. § 81 Rn. 41). Denn es zählt nicht mehr der aktuelle Wille des Stifters, sondern derjenige, der bei Errichtung der Stiftung in der Stiftungssatzung zum Ausdruck gekommen ist (Sieger/Bank, NZG 10, 641; Saenger, ZStV 12, 94, 96; Muscheler (ZSt 03, 99) spricht von „gefrorener Stifterautonomie“).

    3. Abberufung aus wichtigem Grund

    Üblicherweise enthält die Stiftungssatzung keinen Katalog an Abberufungsgründen, sondern sieht eine Abberufung durch das Kreationsorgan nur „aus wichtigem Grund“ vor.

     

    3.1 Definition des wichtigen Grunds

    Ein wichtiger Grund liegt unter Heranziehung der in § 84 Abs. 3 S. 2 AktG genannten Gründe vor, wenn das Organmitglied aufgrund grober Amtspflichtverletzungen oder Unfähigkeit zur Ausübung zur Geschäftsführung nicht mehr in der Lage ist, sein Amt auszuüben bzw. ein Fortbestehen der Organmitgliedschaft der Stiftung Schaden bringen würde (Werner/Saenger, Die Stiftung, Kapitel VIII Rn. 439; Weitemeyer, a. a. O., § 86 BGB Rn. 9). Richtigerweise kommt es darauf an, ob der Stiftung bei Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen der Verbleib des Organmitglieds in seiner bisherigen Stellung bis zum Ablauf der Amtszeit nicht mehr zugemutet werden kann.

     

    Bei der Interessenabwägung zu berücksichtigende Umstände sind dabei insbesondere: die Schwere der Verfehlung, deren Folgen für die Stiftung, die Größe der Wiederholungsgefahr von pflichtwidrigem Verhalten, die Dauer der Tätigkeit für die Stiftung. Ein Verschulden des Organmitglieds ist dabei ebenso wenig erforderlich wie ein der Stiftung entstandener Schaden. Als wichtiger Grund ist auch ein persönliches Zerwürfnis zwischen einzelnen Organmitgliedern anzusehen, wenn dadurch ihre konstruktive Zusammenarbeit zum Wohle der Stiftung erheblich gefährdet ist (Sieger/Bank, NZG 10, 641, 642).

     

    Nicht geklärt ist, ob ein derartiges Zerwürfnis nur dann als wichtiger Grund anzusehen ist, wenn dies in der Satzung in einem Katalog der „wichtigen Gründe“ aufgenommen war. Empfohlen wird jedenfalls, eine Regelung in die Satzung aufzunehmen, die - nicht abschließend - wesentliche Gründe für eine Abberufung umschreibt (so Sieger/Bank, NZG 10, 641, 642).

     

    Musterformulierung / Regelung zur Abberufung in der Satzung

    • 1. Mitglieder des Stiftungsvorstands können aus wichtigem Grund durch einstimmigen Beschluss aus dem Vorstand abberufen werden; das betroffene Mitglied ist von der Stimmabgabe ausgeschlossen.
    • 2. Ein wichtiger Grund i. S. des Abs. 1 ist insbesondere gegeben, wenn das Vorstandsmitglied
      • das Stiftungsvermögen für eigene oder satzungsfremde Zwecke missbraucht;
      • das Stiftungsvermögen durch riskante Spekulationsgeschäfte gefährdet;
      • eine Berichts- und Vorlagepflichten gegenüber dem Stiftungsrat verletzt;
      • seine Vorstandskollegen über rechtserhebliche Tatsachen vorsätzlich täuscht.
     

    3.2 Rechtliches Gehör und Rechtsstellung des Abberufenen

    Nicht abschließend geklärt ist, ob dem betroffenen Organmitglied rechtliches Gehör gewährt werden muss, um sich angemessen verteidigen zu können (so aber Werner, a. a. O.) Vom BGH entschieden wurde hingegen, dass § 84 Abs. 3 S. 4 AktG bei einer Stiftung nicht analog gilt (BGH 28.10.76, III ZR 136/74, DB 77, 84). Damit muss die Abberufung nicht bis dahin als wirksam behandelt werden, bis rechtskräftig festgestellt wurde, dass sie unwirksam ist. Die Satzung kann viel mehr insoweit Abweichendes regeln. Damit kann nicht nur frei bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen und durch wen ein Organmitglied abberufen wird. Vielmehr kann die Satzung auch regeln, wie die Rechtsstellung des Abberufenen ausgestaltet ist. Denkbar ist demnach eine Bestimmung, wonach die Mitgliedschaftsrechte des abberufenen Organmitglieds mit Bekanntgabe des Abberufungsbeschlusses sofort ruhen (Werner, a. a. O., Kapitel VIII. Rn. 440).

     

    Da nicht auszuschließen ist, dass sich das Organmitglied rechtlich gegen die Abberufung zur Wehr setzt, sollte die Nachfolgerbestimmung gleichwohl solange zurückgestellt werden, bis endgültige Klarheit über die Wirksamkeit der Abberufung besteht (Werner, a.a.O.).

     

    3.3 Einschreiten der Stiftungsaufsicht

    Sofern das Kreationsorgan trotz Vorliegen eines wichtigen Grunds nicht handelt und das Organmitglied nicht abberuft, hat die Stiftungsaufsicht als Ultima ratio einzugreifen und eine Abberufung zu veranlassen. Im äußersten Fall wird die Stiftungsaufsicht per Ersatzvornahme das Organmitglied abberufen.

    •  

    FAZIT | Die Stiftungssatzung sollte Bestimmungen enthalten, unter welchen Voraussetzungen und durch welches Organ ein Organmitglied abberufen werden kann. Eine Satzungsbestimmung, die ein freies (jederzeitiges) Abberufungsrecht begründet, ist unwirksam. Auch der Stifter kann sich ein solches Recht nicht vorbehalten.

     
    Quelle: Ausgabe 02 / 2016 | Seite 27 | ID 43796441