29.09.2011 · IWW-Abrufnummer 113233
Landgericht Osnabrück: Urteile vom 20.07.2011 – 12 O 802/11; 12 O 811/11; 12 O 816/11; 12 O 1331/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor
1) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin für das im Erbbaugrundbuch von G. Blatt 1087 eingetragene Erbbaurecht einen weiteren jeweils am 1. 7. eines jeden Jahres fälligen jährlichen Erbbauzins in Höhe von 216,89 € für den Zeitraum seit dem 1. 1. 2010 zu zahlen.
2) Die Beklagten werden weiter verurteilt, die Eintragung eines weiteren jährlichen Erbbauzinses für den Zeitraum seit dem 1. 1. 2010 in Höhe von jährlich weiteren 216,89 € als selbst ändige Reallast für den jeweiligen Grundstückseigentümer im Erbbaugrundbuch von G., Blatt 1087, unter teilweiser Ausnutzung der Vormerkung im Rang der Vormerkung zu bewilligen.
3) Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von der in diesem Rechtsstreit entstandenen Gebührenforderung der Sozietät M. Höhe von 92,82 € freizustellen.
4) Es wird festgestellt, dass jede der Vertragsparteien verlangen kann, dass der Erbbauzins frühestens nach Ablauf von 5 Vertragsjahren nach der letzten Anpassung auf seine Angemessenheit überprüft wird. Ergibt sich bei der Überprüfung, dass der vom Statistischen Bundesamt festgelegte Verbraucherpreisindex, wie er für den Durchschnitt eines Kalenderjahres für die Bundesrepublik Deutschland amtlich festgestellt wird (Verbraucherpreisindex) sich gegenüber der letzten Erbbauzinsfestsetzung um mindestens 10 Punkte verändert hat, können der Grundstückseigentümer und der Erbbauberechtigte jeder für sich eine Erbbauzinserhöhung oder -verringerung verlangen. Diese Erhöhung oder Verringerung soll der seit der letzten Erbbauzinsfestsetzung eingetretenen Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, mindestens aber der Änderung des vorgenannten Verbraucherpreisindexes entsprechen, sofern dies nicht unbillig ist.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
5) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
6) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von den Beklagten und in 25 weiteren bei der Kammer anhängigen Verfahren Zahlung eines um 10,44 % erhöhten Erbbauzinses für die streitgegenständlichen Grundstücke, sowie Feststellung, dass weitere Anpassungen in der Zukunft vorgenommen werden können.
Die Klägerin ist Eigentümerin des mit dem im Tenor bezeichneten Erbbaurecht belasteten Grundstücks, an dem sie den Beklagten mit notariell beurkundeten Vertrag vom 29. 10. 1994 ein Erbbaurecht für die Dauer von 99 Jahren bestellte.
In § 3 des Vertrages vereinbarten die Parteien, dass jede Partei nach Ablauf von 5 Vertragsjahren verlangen kann, dass der Erbbauzins auf seine Angemessenheit überprüft wird. Für die Einzelheiten wird auf den Erbbauvertrag des Notars R., UR-Nr. .../94 (Blatt 158 ff d.A.) Bezug genommen. In § 17 vereinbarten die Parteien die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Erbbauzinses.
Vor dem Abschluss des Erbbaurechtsvertrages stellten die potentiellen Erbbauberechtigten die Frage, ob die Grundstücke durch Kauf erworben werden könnten. Der damalige Stiftungsvorstand teilte mit, dass allenfalls drei Grundstücke innerhalb von drei Jahren verkauft werden könnten. In den ersten zehn Jahren könnten überhaupt keine Grundstücke verkauft werden.
Etliche Erbbauberechtigte haben im Folgenden Kaufanfragen an die Klägerin gerichtet, die diese abschlägig beschied.
Im Jahr 2003 begehrte die Klägerin erstmals eine Erhöhung des Erbbauzinses. Die Beklagten sowie die Interessengemeinschaft der Erbbauberechtigten A. Hof wiesen bei der Erhöhung 2003 auf Bedenken bezüglich ihrer Alters- und Familienabsicherung und der Kalkulierbarkeit der Erbbauzinsen hin.
Die Parteien schlossen sodann unter dem 24. 2. 2004 einen Nachtragsvertrag, in dem der Erbbauzins geändert wurde. Dort heißt es in § 1 des Vertrages:
"Der bisher eingetragene Erbbauzins wird geändert. Ab dem 1. 10. 2003 ist folgender jährlicher Erbbauzins zu zahlen: vom 1. 10. 2003 bis zum Ablauf des Erbbaurechts € 2.077,50 jährlich ".
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Nachtragsvertrag als Anlage zum Schriftsatz vom 17. 1. 2011 (Blatt 69 ff d.A.) Bezug genommen. Die Beklagten sind davon ausgegangen, dass zukünftige Erbbauzinserhöhungen bis zum Ablauf der jeweiligen Restlaufzeit der vereinbarten Erbbaurechte nicht mehr stattfinden werden, weil es in dem Nachtragsvertrag heißt, die Erhöhung wirke bis zum Ablauf des Erbbaurechts.
Die Beklagten zahlten im Folgenden den erhöhten Erbbauzins.
Mit Schreiben vom 22. 10. 2009 kündigte die Klägerin den Beklagten gegenüber eine Erbbauzinserhöhung an. Für die Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 (Blatt 6 d.A.) Bezug genommen.
Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin waren vorprozessual tätig, nachdem die Beklagten die Erhöhung ablehnten. Die Klägervertreter wurden insgesamt gegenüber mindestens 26 Erbbauberechtigten tätig.
Die Beklagten zahlten den erhöhten Erbbauzins nicht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie für das im Erbbaugrundbuch von G. Blatt 1087 eingetragene Erbbaurecht einen weiteren jeweils am 1. 7. eines jeden Jahres fälligen jährlichen Erbbauzins in Höhe von 216,89 € für den Zeitraum seit dem 1. 1. 2010 zu zahlen.
Die Beklagten weitere zu verurteilen, die Eintragung eines weiteren jährlichen Erbbauzinses für den Zeitraum seit dem 1. 1. 2010 in Höhe von jährlich weiteren 216,89 € als selbständige Reallast für den jeweiligen Grundstückseigentümer im Erbbaugrundbuch von G., Blatt 1087, unter teilweiser Ausnutzung der Vormerkung im Rang der Vormerkung zu bewilligen.
Die Beklagten weiter als Gesamtschuldner zu verurteilen, sie von der in diesem Rechtsstreit ntstandenen Gebührenforderung der Sozietät M. in Höhe von 120,67 € freizustellen.
Sowie festzustellen, dass jede der Vertragsparteien verlangen kann, dass der Erbbauzins frühestens nach Ablauf von 5 Vertragsjahren nach der letzten Anpassung auf seine Angemessenheit überprüft wird. Ergibt sich bei der Überprüfung, dass der vom Statistischen Bundesamt festgelegte Verbraucherpreisindex, wie er für den Durchschnitt eines Kalenderjahres für die Bundesrepublik Deutschland amtlich festgestellt wird (Verbraucherpreisindex) sich gegenüber der letzten Erbbauzinsfestsetzung um mindestens 10 Punkte verändert hat, können der Grundstückseigentümer und der Erbbauberechtigte jeder für sich eine Erbbauzinserhöhung oder -verringerung verlangen. Diese Erhöhung oder Verringerung soll der seit der letzten Erbbauzinsfestsetzung eingetretenen Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, mindestens aber der Änderung des vorgenannten Verbraucherpreisindexes entsprechen, sofern dies nicht unbillig ist.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie sind der Auffassung, auf Grund des ersten Nachtragsvertrages seien weitere Erhöhungen ausgeschlossen. Hierzu behaupten sie, der Erhöhung sei eine kontroverse Diskussion voraus gegangen. Des Weiteren sei die Erhöhung des Erbbauzinses unbillig im Sinne von § 9 a Abs. 1 ErbbauRG. Denn die Bruttodienste, die auch zur Bemessung der Erhöhung heranzuziehen seien, seien keine geeignete Basis. Insoweit seien vielmehr die Reallöhne und die Rentenentwicklung zugrunde zu legen. Diese seien, was zwischen den Parteien unstreitig ist, jedenfalls nicht gestiegen. Die Erhöhung sei außerdem unbillig, weil die durch die Erhöhung bedingte Mieterhöhung am Markt nicht durchzusetzen sei. Außerdem seien hier auch die Grundstückswerte bei der Bemessung der Billigkeit zu berücksichtigen. Insoweit tragen sie zu den Bodenrichtwerten weiter vor.
Die Klägerin habe bei der Erhöhung der Erbbauzinsen ein Ermessen, was hier wegen ihrer Anpassungspraxis auf Null reduziert sei.
Die Beklagten sind weiter der Auffassung, dass die Umstände, die zum Abschluss der Erbbaurechtsverträge geführt hätten, sich schwerwiegend geändert hätten und insofern eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB vorliege.
Die Wertsicherungsklausel in § 3 der Notarverträge sei als Allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 305 BGB unwirksam.
Zu der Vormerkung sind sie der Auffassung, dass der insoweit im Vertrag vorhandene Anspruch nicht mehr besteht, da durch die Eintragung der Erhöhung aus 2003 die Vormerkung vollständig ausgenutzt worden sei.
Zu den Anwaltskosten bestreiten sie, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der außergerichtlichen Tätigkeit beauftragt waren und die in Rechnung gestellten Gebühren angemessen sind.
Ein Feststellungsinteresse sei nicht gegeben.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist mit Ausnahme eines geringen Teils der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren begründet.
1) Zahlungsanspruch
Die Klägerin hat gegen die Beklagten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Erbbaurechtsvertrag Anspruch auf Zahlung eines erhöhten Erbauzinses in Höhe der Klageforderung.
Aus § 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ergibt sich, dass jede Partei nach Ablauf von 5 Vertragsjahren verlangen kann, dass der Erbbauzins auf seine Angemessenheit überpr üft wird. Dieses Überprüfungsverlangen ist jedenfalls in dem Schreiben der Klägerin vom 22. 10. 2009 zu sehen.
Die Regelung in § 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ist wirksam. Weder ist sie wegen Verstoßes gegen § 305 BGB unwirksam, noch ist die Anpassungsklausel durch den ersten Nachtragsvertrag abbedungen.
Es ist bereits zweifelhaft, ob einzelne Vereinbarungen des Erbbaurechtsvertrages der Parteien an den Vorschriften über die allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß §§ 305 BGB ff. zu messen sind, andere wiederum nicht. Nach dem Vorbringen der Beklagten handelt es sich bei § 2 des Erbbaurechtsvertrages, in dem der konkrete Erbbauzins für das Grundstück vereinbart wurde, um eine Individualabrede, in § 3 soll es sich um eine hierzu im Widerspruch stehende Allgemeine Geschäftsbedingung handeln. Ob § 2 als Individualvereinbarung, § 3 als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen ist, kann im Ergebnis jedenfalls offen bleiben, da § 3 des Erbaurechtsvertrages § 2 nicht widerspricht, und auch sonst den Vertragspartner, hier die Beklagten, nicht unangemessen benachteiligt. Die Parteien haben in § 2 zunächst einen festen Erbbauzins vereinbart. Sodann haben sie in § 3 eine Wertsicherungsklausel vereinbart. Diese beiden Absprachen widersprechen sich nicht. Es bedarf auch keines Hinweises, dass durch § 3 des Vertrages § 2 abgeändert wird. Die notariell beurkundeten Verträge sind hinlänglich klar und verständlich.
Die Wertsicherungsklausel in § 3 des Vertrages benachteiligt die Beklagten auch nicht unangemessen, weil bei entsprechender Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse auch eine Absenkung des Erbbauzinses durch die Regelung ermöglicht wird. Insoweit wird den Interessen beider Vertragsparteien gleichsam Rechnung getragen.
Die Wertsicherungsklausel ist auch nicht durch eine andere Vereinbarung, nämlich hier den Nachtragsvertrag aus 2004 geändert worden.
Aus dem Wortlaut des Nachtragsvertrages ergibt sich allein, dass die Parteien den zur Zeit des Nachtragsvertrages bisher geschuldeten Erbbauzins ändern. Es ergibt sich aus dem Vertrag gerade nicht, dass die Möglichkeit der Anpassung geändert werden soll bzw. in Wegfall geraten soll. Dies ist auch nicht aus dem Wortlaut " bis zum Ablauf des Erbbaurechts " herauszulesen. Es mag sein, dass die Beklagten dies so verstanden haben. Das allein reicht aber zu einer Änderung der vertraglich vereinbarten Anpassung nicht aus. Eine Änderung des Erbbaurechtsvertrages könnte durch Angebot und Annahme zustande kommen. Ein Angebot auf Änderung der Wertsicherungsklausel bzw. deren Abschaffung ist aber gerade nicht vorgetragen. Dass die Klägerin eine entsprechende Erklärung abgegeben hat, tragen die Beklagten jedoch nicht vor. Das ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Nachtragsvertrag. Dass die Beklagten ihrerseits ein Angebot auf Änderung der Wertsicherungsklausel gemacht haben, ergibt sich auch aus dem vorgelegten Schriftverkehr nicht; jedenfalls fehlt es an einer Annahme durch die Klägerin. Insoweit ist auch unerheblich, ob es zum Abschluss des Nachtragsvertrages nach kontroversen Diskussionen gekommen ist, weil die Beklagten zu einer entsprechenden Einigung gerade nicht vortragen.
Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage haben die Beklagten nicht ausreichend vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit sie sich im Hinblick auf die hier streitgegenständliche Erhöhung anders verhalten hätten, wenn sie von Anfang an gewusst hätten, dass das Grundstück nicht zum Verkauf steht. Außerdem ist auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bereits vor über 10 Jahren jeglicher Kaufversuch durch die Klägerin abgelehnt worden.
Für das Gericht ist überhaupt nicht erkennbar, inwieweit der Vertrag angepasst werden sollte. Auch in Zusammenschau der von den Beklagten unter Umständen erwarteten späteren Kaufmöglichkeit und dem Nachtragsvertrag ergibt sich keine Änderung bezüglich der Anpassung; denn auch nach dem Vortrag der Beklagten hat die Klägerin Kaufanfragen regelmäßig abgelehnt. Ob sie auch nach der Gründung, wie mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 04.07.2011 und 11.07.2011 vorgetragen, einzelne Grundstücke an einzelne Erbbauberechtigte verkauft hat, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich, da sich auch dann im Hinblick auf die Anpassung nichts anderes ergibt, und von den Beklagten weiter nicht hinreichend vorgetragen ist, inwieweit ein Wegfall der Geschäftsgrundlage im Hinblick auf die Erhöhung, die vereinbart wurde, gegeben ist. Dass der Vertrag insgesamt nicht abgeschlossen worden wäre, und rückgängig zu machen wäre, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten gerade nicht; bzw. entspricht nicht ihrem Begehren.
Die Voraussetzungen der Erhöhung des Erbbauzinses gemäß § 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages liegen auch vor.
Die Parteien haben zunächst in § 3 des Vertrages vereinbart, dass sie sich darüber einig sind, dass das Erbbaurecht dem Grundstückseigentümer eine angemessene Rendite aus der Grundstücksüberlassung sichern soll. Die Parteien haben sodann für eine mögliche Änderung jeweils den Ablauf von 5 Vertragsjahren, bezogen auf die letzte Festsetzung des Erbbauzinses vereinbart. Dabei haben sie zunächst allgemein formuliert, dass der Erbbauzins auf seine Angemessenheit überprüft wird und sodann als Bezugsgröße den Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte konkret in Bezug genommen. Wenn sich dieser um mindestens 10 Punkte verändert habe, können beide Parteien jeder für sich eine Erbbauzinserhöhung oder -verringerung verlangen. Die Erhöhung oder Verringerung soll der seit der letzten Erbbauzinsfestsetzung eingetretenen Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse in mindestens der Änderung des vorgenannten Lebenshaltungskostenindexes entsprechen, sofern dies nicht unbillig ist.
Die Voraussetzungen der Erhöhung liegen vor.
Der Lebenshaltungskostenindex wird vom Statistischen Bundesamt seit dem Jahr 2003 nicht weitergeführt. Insoweit ist eine Regelungslücke entstanden, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist. Dabei ist unter Berücksichtigung der im Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen darauf abzustellen, was die Parteien bei Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten (BGH V ZR 71/08 NJW 2009, 679; XII ZR 141/07 NJW-RR 2009, 880, 881; V ZR 20/06, NJW 2007, 509, 510).
Unter Berücksichtigung der "Einleitung" zu § 3, der Wertsicherungsklausel (Die Parteien sind sich darüber einig…) sowie der Inbezugnahme der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse ergibt die Auslegung, dass die Parteien eine andere Bezugsgröße vereinbart hätten, nämlich den nun vom statistischen Bundesamt geführten Verbraucherpreisindex. Denn dieser bildet die Kosten der Lebenshaltung allgemein ab. Der Verbraucherpreisindex "misst die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden. Single-Haushalte sind ebenso berücksichtigt wie Rentnerehepaare oder Großfamilien. Der Verbraucherpreisindex liefert ein Gesamtbild der Teuerung in Deutschland, bei dem alle Haushaltstypen, alle Regionen von Deutschland und sämtliche dort nachgefragten Waren und Dienstleistungen einbezogen sind – Mieten, Nahrungsmittel, Bekleidung ebenso wie etwa Kraftfahrzeuge oder Dienstleistungen wie Friseur, Reinigung oder Reparaturen" (http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/abisz/VPI.psml; Statistisches Bundesamt, letzter Zugriff 19.07.2011). Der Verbraucherpreisindex entspricht damit dem Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte (für Anpassungsklausel im Mietvertrag (BGH XII ZR 141/07 NJW-RR 2009, 880; für Erbbauzins BGH V ZR 71/08 NJW 2009, 679, 680; Reul, DNotZ 2003, 92, 97).
Die Voraussetzungen der Erhöhung gemäß § 3 des Vertrages unter Berücksichtigung der ergänzenden Auslegung liegen vor. Die Parteien haben bezüglich des Ob einer Erhöhung die Veränderungen des Durchschnitts eines Kalenderjahres seit der letzten Erhöhung in Bezug genommen. Daher ist hier für die Frage, ob die Voraussetzungen einer Erhöhung vorliegen auf den Jahresdurchschnitt 2003 einerseits (Wirkung der letzten Erhöhung) und 2009 (neues Erhöhungsverlangen) andererseits abzustellen. Der Jahresdurchschnittswert für das Jahr 2003 betrug 96,9 Punkte, der Jahresdurchschnitt für das Jahr 2009 107,0 Punkte, so dass eine Erhöhung um 10 Punkte gegeben ist.
Für den Umfang der Anpassung haben die Parteien in Abs. 2 § 3 vereinbart, dass die Erhöhung oder Verringerung der seit der letzten Erbauzinsfestsetzung eingetreten Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen, mindestens aber der Änderung des vorgenannten Indexes entsprechen solle, sofern dies nicht unbillig sei. Daher ist für den Umfang der Anpassung nicht allein auf den Verbraucherpreisindex, sondern auch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wofür auf den Mittelwert der Änderung der Einkommen der Arbeiter und Angestellten einerseits und des Verbraucherpreisindex andererseits abzustellen ist (BGH V ZR 110/09 NZM 2010, 253 zit. nach juris Rn. 9; von Oefele, Münchener Kommentar, 5. Aufl. 2009, § 9 a ErbbauRG, Rdnr. 9). Da die Parteien die letzte Änderung in Bezug genommen haben, ist abzustellen auf den konkreten Monatswert des Änderungszeitraums (BGH, V ZR 110/09, NZM 2010, 253 zitiert nach Juris, Rdnr. 11), weil für den Umfang der Anpassung gerade nicht auf den Jahresdurchschnitt Bezug genommen wird, sondern die letzte Anpassung. Unter Berücksichtigung dieser Indizes entspricht die Erhöhung dem zwischen den Parteien geschlossen Vertrag. Im Oktober 2003, betrug der Verbraucherpreisindex insgesamt 95,8 Punkte, im September 2009 106,9 Punkte. Dies ist eine Erhöhung um 11,5866 %. Der Index für den Bruttomonatsverdienst vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer betrug im 4. Quartal 2003 95,8 Punkte, im 3. Quartal 2009 105,4 Punkte, er änderte sich mithin um 10,02 %. Der Mittelwert der Erhöhungen übersteigt die von der Klägerin verlangte Erhöhung um 10,44 % nicht und ist damit im Hinblick auf die zwischen den Parteien getroffene Regelung nicht übersetzt.
Die Anpassung ist auch nicht gemäß § 9 a ErbbauRG bzw. der Regelung in § 3 des Vertrages unbillig.
Als Maßstab der Änderung kann auf die Relation zwischen dem Wert des Grundstücks, dem Wirtschafts- und Währungsverhältnissen und dem Einkommen des Erbbauberechtigten abgestellt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass er an der Entwicklung der Grundstückspreise nicht teilnimmt (BGH V ZR 110/09, NZM 2010, 253 zit. nach Juris Rn. 15), da sich für ihn wirtschaftlich der Erbbauzins als Miete des Grundstücks darstellt, was er aus seinem Einkommen zu bestreiten hat. Wenn auch dieses in die Berechnung des Anpassungsbetrages einfließt wie hier unter Berücksichtigung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, kann das Erhöhungsverlangen nicht unbillig sein (BGH Urteil vom V ZR 110/09, NZM 2010, 253, zitiert nach Juris, Rdnr. 16).
Damit ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf den Grundstückswert, und auch nicht auf die Renten, die nämlich Teil des Verbraucherpreisindexes sind (s.o.), für die Bestimmung der Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen.
Die Klägerin kann auch Zahlung ab dem 1. Quartal 2010 verlangen, in § 3 Ziff. 3 des Vertrages ist das Erhöhungsverlangen schriftlich mitzuteilen, was hier mit Schreiben vom Oktober 2009 erfolgte. Der neue Erbbauzins wird nach § 3 Ziff. 3 des Vertrages ab Beginn des Kalendervierteljahres berechnet, das auf die Mitteilung folgt, wenn der Zeitraum zwischen der Mitteilung und dem Quartalsbeginn mehr als 2 Monate beträgt. So liegt der Fall hier. Noch im Oktober haben die Beklagten das Schreiben erhalten, so dass zwei Monate zwischen dem Beginn des ersten Quartals 2010 und dem Erhalt des Schreibens lag. Die Klägerin kann gemäß § 257 ZPO auch auf zukünftige Leistungen klagen, da die Beklagten den Erhöhungsbetrag, und dieser allein ist hier streitgegenständlich, in der Vergangenheit nicht bezahlt haben. Sie muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass die Beklagten vortragen, sie würden zahlen, wenn sie verurteilt würden.
2) Eintragung der Vormerkung
Die Klägerin hat auch Anspruch auf Bewilligung der Eintragung der Vormerkung zur Sicherung des weiteren, erhöhten Erbbauzinses. Dieses haben die Parteien in § 17 Ziff. 2 c) des Vertrages vereinbart. Es ergibt sich auch nicht etwa aus der Eintragung des Grundbuchamtes, wonach die Vormerkung ausgenutzt wurde, dass diese vollständig ausgenutzt sei. Die vertragliche Regelung zwischen den Parteien hat Bestand. Im Hinblick darauf, dass mindestens zweifelhaft ist, ob das Grundbuchamt die im Ursprungsvertrag getroffene Regelung zur Anpassung im Hinblick auf die Höhe des neuen Erbbauzinses für ausreichen bestimmt zur Eintragung erachtet (für fehlende Bestimmbarkeit OLG Zweibrücken FGPrax 2000, 56), hat die Klägerin auch Anspruch auf Bewilligung der Eintragung.
3) Feststellung
Die Klägerin hat auch Anspruch auf Feststellung, dass die Anpassungsklausel in § 3 des Vertrages der Parteien, wie sie mit dem Feststellungsantrag unter Berücksichtigung des geänderten Index formuliert ist, weiterhin Gültigkeit hat. Insoweit hat sie ein gemäß § 256 Abs. 2 ZPO erforderliches Feststellungsinteresse, was sich bereits daraus ergibt, dass die Beklagten bestreiten, dass die Anpassungsklausel noch wirkt. Insofern kann die Klägerin auch in der Hauptsache die Feststellung verlangen und ist nicht darauf beschränkt, dass der weitere Bestand der Wertsicherungsklausel bei der Prüfung des Zahlungsantrages inzidenter festgestellt wird. Da die Parteien auch über die Bemessungsgrundlagen streiten, besteht auch der Anspruch auf Feststellung, dass auf den Verbraucherpreisindex (anstelle des Lebenshaltungskostenindex) abzustellen ist. Insoweit wird zur Begründung nach oben verwiesen.
4) Nebenforderung
Die Klägerin hat Anspruch auf Freistellung von außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten gemäß § 280 BGB i.V.m. dem Erbbaurechtsvertrag. Indem die Beklagten dem Nachtrag widersprochen haben, haben sie sich pflichtwidrig verhalten, weil die von der Klägerin verlangte Anpassung rechtmäßig ist.
Die Gebühren gemäß §§ 2, 13 RVG in Verbindung mit Ziffer 2300 VV RVG sind auch entstanden. Die Klägervertreter haben die Beklagten vorprozessual zur Zahlung aufgefordert. Diese Tätigkeit ist auch nicht im Hinblick auf die später erhobene Klage als zum Rechtszug gehörend (§ 19 RVG) als Angelegenheit des dritten Teils VV RVG anzusehen. Denn es ist entscheidend auf den erteilten Auftrag abzustellen. Dabei spricht die Vermutung dafür, dass der Anwalt zunächst versuchen soll, die Sache gütlich zu bereinigen (Gerold/Schmidt, RVG 19. Aufl. 2010, VV 2300, 2301 Rdn. 6). Diese Vermutung wird durch das Vorbringen der Beklagten, die bestreiten, dass die Klägervertreter mit der vorgerichtlichen Tätigkeit beauftrag waren nicht erschüttert.
Ersatzfähig sind allerdings lediglich die Kosten der angemessenen Rechtsverfolgung nach einer 1,0 Gebühr. Die Angemessenheit war auf das Bestreiten der Beklagten auch zu überprüfen.
Dem Gericht ist aus den weiteren hier anhängigen 25 Verfahren bekannt, dass die Klägervertreter jeweils die Erbbauberechtigten zur Zahlung aufgefordert haben. Insoweit ist ersichtlich, dass das Tätigwerden unter dem normalen durchschnittlichen Aufwand liegt, so dass die Klägerin insoweit zum Teil mit dem Anspruch abzuweisen war.
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen, nicht nachgelassen Schriftsätze geben keinen Anlass erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Auch wenn die Klägerin bei Abschluss der Erbbaurechtsverträge geäußert hätte, es könnten vor Ablauf von 10 Jahren (wie es die Beklagten vortragen) keine Grundstücke veräußert werden, und sie im späteren Verlauf Grundstücke verkauft hätte, ist dies für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich.
Die Kammer ist auch, unabhängig von der rügelosen Verhandlung der Beklagten zur Hauptsache, für die Entscheidung des Rechtsstreits nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständig. Die Sonderzuständigkeit der ersten Zivilkammer bezieht sich auf Miet- und Pachtverhältnisse. Vorliegend geht es aber um eine Streitigkeit aus einem Erbpachtvertrag, dies ist im Verhältnis zu Pacht im Sinne des Geschäftsverteilungsplans ein aliud. Die Zuständigkeit der 12. Zivilkammer ergibt sich aus dem allgemeinen Turnus (Rn. 9 des Jahresgeschäftsverteilungsplans), bzw. dem Zusammenhang der Verfahren (Rn. 15 des Jahresgeschäftsverteilungsplans).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.