30.04.2014 · IWW-Abrufnummer 141302
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 12.11.2013 – 10 L 52/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Wappen Berlins und Brandenburgs
OBERVERWALTUNGSGERICHT
BERLIN-BRANDENBURG
BESCHLUSS
OVG 10 L 52.13
VG 29 K 67.13 Berlin
In der Verwaltungsstreitsache
der Klägerin,
bevollmächtigt:
gegen
das Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz, Salzburger Straße 21 25, 10825 Berlin,
Beklagten,
Beiladungsantragsteller:
der
Beschwerdeführer,
hat der 10. Senat durch die Vizepräsidentin des Oberverwaltungsgerichts
Fitzner-Steinmann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Jobs und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Sieveking am 12. November 2013 beschlossen:
Die Beschwerde des Beiladungsantragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 4. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beiladungsantragsteller trägt die Kosten des Beschwerde-verfahrens.
Gründe
I.
Der Beiladungsantragsteller ist zum Ersatzstiftungsrat der Klägerin bestellt worden. Er möchte in dem Verfahren, in dem die Rechtmäßigkeit dieser Bestellung überprüft wird, beigeladen werden.
Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts, die nach § 8 Abs. 1 ihrer Satzung gerichtlich und außergerichtlich durch den Vorstand vertreten wird. Daneben sieht die Satzung einen Stiftungsrat als unabhängiges Kontrollorgan vor, dem u.a. auch die Berufung seiner Mitglieder obliegt. Nachdem die Amtszeit der Stiftungsratsmitglieder abgelaufen war, ohne dass es zuvor zu einem wirksamen Beschluss über eine Neuwahl gekommen war, bestellte der Beklagte als Stiftungsaufsichtsbehörde mit Verfügung vom 27. März 2013 die bisherigen Mitglieder des Stiftungsrates zu Mitgliedern des Ersatzstiftungsstiftungsrates mit dem Wirkungskreis Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsrates für eine neue Amtszeit. Gegen diese Verfügung hat die Stiftung, vertreten durch ihren Vorstand, Klage erhoben, mit der sie die personelle Zusammensetzung des Ersatzstiftungsrates beanstandet und eine neue Entscheidung des Beklagten erreichen will. Für dieses Verfahren begehrt der Beiladungsantragsteller seine Beiladung, hilfsweise die Beiladung der Klägerin, vertreten durch ihn selbst. Das Verwaltungsgericht hat die Beiladung abgelehnt; dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist nach §§ 146 Abs. 1, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässig. Gemäß § 65 Abs. 4 Satz 3 VwGO ist nur die Beiladung, also die Entscheidung, mit der die Beiladung ausgesprochen wird, nicht aber deren Ablehnung unanfechtbar, so dass die Beschwerdemöglichkeit eröffnet ist (vgl. HessVGH, Beschluss vom 29. März 1990 - 12 TE 258/90 -, NVwZ-RR 1990, 650, juris Rn. 1; VGH BW, Beschluss vom 4. Juli 2011 - 10 S 1311/11 -, NVwZ-RR 2011, 998, juris Rn. 3, 7).
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Soweit der Beiladungsantragsteller zunächst mit seinem Hauptantrag seine eigene Beiladung erreichen wollte, hält er daran im Beschwerdeverfahrens offensichtlich nicht mehr fest, da er nunmehr nur noch beantragt, die Klägerin, vertreten durch ihn, beizuladen. Auch dieser Antrag hat jedoch keinen Erfolg.
Eine Vertretung der Klägerin durch den Beiladungsantragsteller sieht die Stiftungssatzung nicht vor; vertretungsbefugtes Organ ist vielmehr ausschließlich der Vorstand. Dieser hat im Namen der Stiftung die vorliegende Klage erhoben, so dass die Stiftung Verfahrensbeteiligte ist. Eine weitere Beteiligung derselben juristischen Person als Beigeladene kommt nicht in Betracht, da nur Dritte und nicht bereits am Verfahren Beteiligte beigeladen werden können (vgl. v.Albedyll in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 65 Rn. 8). Die vorliegende Fallkonstellation gibt keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.
Entgegen der Auffassung des Beiladungsantragstellers ist eine Beiladung zur Verteidigung der Rechte des Ersatzstiftungsrates nicht erforderlich. Streitgegenstand ist vorliegend keine „Organstreitigkeit“, sondern eine Maßnahme der Stiftungsaufsicht, die das Verhältnis zwischen Stiftung und Aufsichtsbehörde betrifft und daher zwischen diesen Beteiligten gerichtlich geklärt werden muss. Der Ersatzstiftungsrat ist in diesem Verfahren nicht beteiligt i.S.d. § 61 Nr. 2 VwGO. Die Stiftungsaufsicht dient der Verwirklichung des Stiftungszwecks und zielt auf den Schutz der eigentümer- und mitgliedslosen Stiftung selbst, nicht ihrer Organe und Organmitglieder; diese sind von Maßnahmen der Stiftungsaufsicht nur reflexhaft betroffen. Die einzelnen Stiftungsorgane können daher gegenüber der Stiftungsaufsicht keine subjektiv-öffentlichen Rechtspositionen geltend machen, sondern müssen gegen eine etwaige Verletzung ihrer organschaftlichen Mitwirkungsrechte zivilrechtlich vorgehen (vgl. OVG Bln, Beschluss vom 1. November 2002
- OVG 2 S 29.02 -, DVBl. 2003, 342, juris Rn. 13 ff.; VGH BW, Urteil vom 31. März 2006 - 1 S 2115/05 -, VBlBW 2006, 386, juris Rn. 43 ff.; BayVGH, Beschluss vom 19. Januar 2010 - 5 ZB 09.504 -, juris Rn. 7 ff.; Suerbaum, NVwZ 2005, 160, 161 ff.).
Es besteht vorliegend auch kein Anlass, dem Beiladungsantragsteller ausnahmsweise abweichend von der Stiftungssatzung die Befugnis zur gerichtlichen Vertretung der Stiftung und zur Geltendmachung prozessualer Rechte im Namen der Stiftung zuzuerkennen. Eine derartige „Notvertretungsbefugnis“ kann ggf. zum Ausgleich eines Rechtsschutzdefizits in Betracht kommen, wenn sich das vertretungsbefugte Organ einer Stiftung und die Stiftungsaufsicht über eine Entscheidung oder Maßnahme einig sind und das Kontrollorgan der Stiftung diese für rechtswidrig hält (vgl. OVG Bln, Beschluss vom 1. November 2002, a.a.O., Rn. 22 ff.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der Stiftungsvorstand hält vielmehr eine - vom Beiladungsantragsteller für rechtmäßig erachtete - Maßnahme der Stiftungsaufsicht für rechtswidrig und stellt diese zur verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Die Interessen des Beiladungsantragstellers an der Aufrechterhaltung seiner Berufung werden in diesem Verfahren vom Beklagten vertreten, der seine Maßnahme verteidigt. Soweit der Beiladungsantragsteller befürchtet, der Beklagte könnte im Laufe des Verfahrens dem Klageantrag stattgeben und die Bestellung des Ersatzstiftungsrates aufheben, könnte die beantragte Beiladung daran nichts ändern. Denn der Beklagte bleibt weiterhin alleiniger Herr seiner Maßnahme und wäre auch im Falle einer Beiladung nicht gehindert, seine Entscheidung aufzuheben und das Klageverfahren einer unstreitigen Erledigung zuzuführen, ohne dass es hierfür der Zustimmung eines Beigeladenen bedürfte.
Die Darlegungen des Beiladungsantragstellers zur fehlenden Kompetenz des Vor-standes für die Bestimmung der personellen Zusammensetzung des Stiftungsrates betreffen die Erfolgsaussichten der Klage. Die Stiftungsaufsicht hat eine Maßnahme getroffen, die das vertretungsbefugte Organ der Stiftung für falsch hält und daher gerichtlich überprüfen lässt. Über die Berechtigung der Bedenken wird das Verwaltungsgericht zu entscheiden haben. Eine Beteiligtenfähigkeit des Ersatzstiftungsrates, der im Übrigen nur einen vorübergehenden Wirkungskreis hat und zudem nicht in seiner Funktion, sondern nur in seiner personellen Zusammensetzung streitig ist, ergibt sich daraus nicht.
Auch der Hinweis des Beiladungsantragstellers auf die Rechtskraftwirkung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils spricht nicht für die beantragte Beiladung. Denn beteiligt am Klageverfahren ist die Stiftung als solche, so dass das Urteil im Falle seiner Rechtskraft gegenüber der Stiftung als juristische Person und damit zugleich gegenüber allen ihren Organen einschließlich des Beiladungsantragstellers Bindungswirkung entfalten wird und eine Beiladung zur „Rechtskrafterstreckung“ und Vermeidung weiterer Prozesse nicht erforderlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).