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  • 22.02.2018 · IWW-Abrufnummer 199815

    Landgericht Aachen: Urteil vom 20.06.2017 – 10 O 470/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Aachen

    10 O 470/16

    Tenor:

    Es wird festgestellt, dass der Kläger zu 1) von dem Stifter S durch notarielles Testament vor Notar Dr. Q2 – UR xxx/xxxx – vom 27.01.2012 für den Zeitraum vom 10.12.2016 bis 25.07.2018 zum Vorstandsvorsitzenden der F. Victor S-Stiftung bestellt ist.

    Es wird festgestellt, dass der Kläger zu 2) von dem Stifter S durch dessen notarielles Testament vom 27.01.2012 (Urkunde des Notar Dr. Q2 in Köln Nr. xxx/xxxx P) für die Amtsperiode vom 10.12.2016 bis zum 09.12.2021 zum Vorstand der S3 bestellt ist.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1) zu 15 % und die Beklagte zu 85 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) trägt die Beklagte zu 30 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) trägt die Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt der Kläger zu 1) zu 70 %. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

    1

    T a t b e s t a n d

    2

    Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Bestellung des Klägers zu 1) zum Vorstandsvorsitzenden und des Klägers zu 2) zum Vorstandsmitglied der Beklagten für eine weitere Amtsperiode von Dezember 2016 bis Dezember 2021 durch den zwischenzeitlich verstorbenen Stifter.

    3

    Die Beklagte, deren Sitz Vettweiß-Gladbach ist, ist eine gemeinnützige Stiftung, die durch Herrn S (im Folgenden: der Stifter) im Jahr 1995 gegründet wurde und seit 1996 als gemeinnützige Stiftung durch die Stiftungsaufsicht anerkannt ist.

    4

    Zunächst war der Kläger zu 1) zusammen mit dem Stifter und der zwischenzeitlich aus dem Vorstand ausgeschiedenen Frau H. Der Stifter war Vorstandsvorsitzender, der Kläger zu 1) sein Stellvertreter.

    5

    Mit Schreiben vom 05.12.2011 ernannte der Stifter den am 26.07.1943 geborenen Kläger zu 1) für die nächste Amtsperiode vom 10.12.2011 bis zum 09.12.2016 zum Vorstandsvorsitzenden der Beklagten. Zudem wurden der Kläger zu 2) und Herr Dr. M2 für diese Amtsperiode erstmals neu in den Vorstand berufen und die bereits im Vorstand tätigen Vorstandsmitglieder Walter von S und KF bestätigt. Die vorgenannten Personen nahmen jeweils ihre Berufung zu Vorstandsmitgliedern an.

    6

    Zum vorgenannten Zeitpunkt galt die von der Stiftungsaufsicht genehmigte Stiftungssatzung in der Fassung vom 24.11.2011. Diese enthielt u.a. folgende Regelungen:

    7

    „[…]

    8

    § 6

    9

    Organe der Stiftung

    10

    Organe der Stiftung sind der Vorstand und das Kuratorium.

    11

    § 7

    12

    Zusammensetzung des Stiftungsvorstandes

    13

    (1)

    14

    Der Stiftungsvorstand besteht aus drei bis maximal fünf Personen.

    15

    Nach dem Tod des Stifters ernennt der Vorstand einen Geschäftsführer.

    16

    Der Stifter ist geborenes Mitglied des Vorstands.

    17

    (2)

    18

    Solange der Stifter dem Vorstand angehört, bestellt er die übrigen Vorstandsmitglieder und bestimmt deren Zahl.

    19

    Nach seinem Tod geht diese Befugnis auf das Kuratorium über.

    20

    […]

    21

    (5)

    22

    Spätestens einen Monat vor Ablauf der Amtszeit eines Vorstandsmitglieds wird der Nachfolger gemäß den vorstehenden Bestimmungen gewählt. […]

    23

    § 8

    24

    Amtszeit der Vorstandsmitglieder

    25

    (1)

    26

    Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern erfolgt jeweils auf die Dauer von fünf Jahren. Wiederbestellung ist zulässig. Das Amt jedes Vorstandsmitglieds endet automatisch mit Vollendung des 75. Lebensjahres. Das gilt nicht für den Stifter.

    27

    Die Mitglieder des Vorstandes können zu Lebzeiten des Stifters von diesem, hernach vom Kuratorium, jederzeit aus wichtigem Grund abberufen werden.

    28

    […]

    29

    § 9

    30

    Organisation, Rechte und Pflichten des Vorstands

    31

    (1)

    32

    Solange der Stifter dem Vorstand angehört, ist er dessen Vorsitzender,

    33

    Der Stifter kann – auch durch Verfügung von Todes wegen – bestimmen, wer sein Nachfolger als Vorsitzender des Vorstandes und wer dessen Stellvertreter werden soll. Ist eine solche Bestimmung nicht erfolgt, werden der Vorsitzende und sein Stellvertreter vom Kuratorium aus der Mitte des Vorstandes bestimmt.

    34

    […]

    35

    § 11

    36

    Kuratorium

    37

    (1)

    38

    Die Stiftung erhält ein Kuratorium, sofern der Stifter dies bestimmt oder durch letztwillige Verfügung seitens des Stifters.

    39

    […]“

    40

    Wegen des weiteren Inhaltes der Stiftungssatzung in der Fassung vom 24.11.2011 wird auf die Anlage K 2a zur Klageschrift (Bl. 11ff. d.A.) ergänzend Bezug genommen.

    41

    Mit Wirkung zum 10.12.2011 legte der Stifter seine eigene Tätigkeit im Vorstand der Beklagten aus gesundheitlichen Gründen nieder. Am 27.01.2012 bestimmte er mit notariellem Testament des Notars Dr. Q2, UR.Nr. 274/2012 P, die Beklagte zu seiner Alleinerbin. Zudem traf er in dem vorgenannten Testament hinsichtlich der Besetzung der bestehenden bzw. zukünftigen Organe der Beklagten u.a. folgende weiteren Regelungen:

    42

    „[…]

    43

    IV.

    44

    1. Mit Wirkung vom 10. Dezember 2011 habe ich mein Amt als Vorsitzender des Vorstands der von mir im August 1995 ins Leben gerufenen F. Victor S-Stiftung wegen meiner schweren Erkrankung niedergelegt und bin ebenso wie das Gründungsmitglied, Frau H, am 10. Dezember 2011 nach sechzehn Jahren als Mitglied des Vorstands ausgeschieden.

    45

    Ich habe bestimmt, daß mit Wirkung ab 10. Dezember 2011 mit einer Amtszeit von fünf Jahren die nachstehend aufgeführten fünf Personen in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen Vorstandsmitglieder sein sollen:

    46

    […]

    47

    Alle mit Wirkung ab 10. Dezember 2011 berufenen Vorstandsmitglieder haben sich zur Übernahme dieses Amtes bereit erklärt und sind zu einer ersten gemeinsamen Vorstandsitzung am 18. Januar 2012 zusammengekommen.

    48

    Ich bestimme schon jetzt diese vorgenannten fünf Personen zu Vorstandsmitgliedern für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren, also über den 10.
    zDezember 2016 hinaus bis zum 10. Dezember 2021. Soweit Herr S2 damit die in der Stiftungssatzung festgelegte Altersgrenze überschreitet, soll für ihn eine Ausnahme vom vorgesehenen Höchstalter gelten.

    49

    […]

    50

    2. Zu Mitgliedern des nach meinem Tode als weiteres Organ der Stiftung einzurichtenden Kuratoriums bestimme ich als Privatpersonen:

    51

    a) Frau M, geboren am 25. April 1958, wohnhaft in Vettweiß

    52

    b) Herrn C, geboren am 14. August 1957, wohnhaft in Bedburg;

    53

    Das dritte Mitglied des Kuratoriums werde ich privatschriftlich benennen.

    54

    Im übrigen bleibt es bei den Bestimmungen der Stiftungssatzung mit Datum vom 1. Dezember 2011.

    55

    […]“

    56

    Wegen des weiteren Inhaltes des notariellen Testamentes vom 27.01.2012 wird auf die Anlage K 3 zur Klageschrift (Bl. 42ff. d.A.) ergänzend verwiesen.

    57

    Mit privatschriftlicher Erklärung vom 10.02.2012 wurde der Notar Dr. Q2 vom Stifter zum Kuratoriumsvorsitzenden per 14.02.2012 ernannt. Zudem bestimmte der Stifter, dass das Kuratorium der Beklagten bereits ab dem 14.02.2012 seine Funktion gemäß Satzung übernehmen sollte und nicht erst ab seinem Tod.

    58

    Am 15.02.2012 verstarb der Stifter.

    59

    In der Sitzung des Kuratoriums der Beklagten vom 04.10.2016 wurde eine Verkleinerung des Vorstandes von fünf auf drei Mitglieder beschlossen und zugleich die bisherigen Vorstandsmitglieder Köhl und Dr. M in den Vorstand wiedergewählt (vgl. Protokoll vom 04.10.2016, Bl. 71ff. d.A.). Als neues Mitglied des Vorstandes sowie zum Vorsitzenden des Vorstandes wurde Herr Dr. Q gewählt. Die Kläger sowie Herr von S wurden hingegen nicht wieder in den Vorstand gewählt.

    60

    Der Kläger zu 1) remonstrierte gegen die Entscheidung des Kuratoriums mit Schreiben vom 15.11.2016 (vgl. Bl. 74ff. d.A.). Mit Schreiben vom 24.11.2016 (Bl. 80ff. d.A.) wies Herr Dr. Q2 als Vorsitzender des Kuratoriums die erhobenen Einwände zurück. Mit Schreiben vom 28.11.2016 (vgl. Bl. 87 d.A.) hat der Kläger zu 1) seine erneute Berufung in den Vorstand der Beklagten durch den Stifter persönlich für die Wahlperiode ab dem 10.12.2016 ausdrücklich angenommen.

    61

    Der Kläger zu 1) ist der Ansicht, der Stifter sei trotz der Niederlegung seines Amtes als Vorstandvorsitzender berechtigt gewesen, die Vorstandsmitglieder auch für die weitere Amtsperiode 2016 – 2021 zu bestellen. Dies ergebe zum einen der Stifterwille, wie er im Testament beurkundet wurde und zum anderen die Interessenlage des Stifters sowie die Systematik der Satzung einschließlich der der Regelung des § 7 nachfolgenden Bestimmungen. Wäre die Befugnis des Stifters mit Niederlegung seines Amtes erloschen, so wäre bis zum Tod des Stifters niemand für die Bestellung der Vorstandsmitglieder zuständig gewesen. Der Stifter bleibe – unabhängig von seiner Position als Vorstandsmitglied – geborenes Mitgliedes des Vorstandes und habe als dieses die Personalentscheidungen zum Vorstand innegehabt. Selbst wenn man in der Erklärung des Stifters eine Aufgabe seiner besonderen Position als geborenes Vorstandsmitglied sehen wollte, so sei der Stifter jederzeit bis zu seinem Tod berechtigt gewesen, diese Position wieder für sich in Anspruch zu nehmen, was er konkludent mit der Benennung des Vorstandes im Testament getan habe. Die Bestimmung der Anzahl der Maximalmitglieder des Vorstandes gelte nur für den aktiven Vorstand. Der Stifter sei zudem durch § 7 Abs. 5 der Stiftungssatzung nicht gehindert gewesen, die Vorstandsmitglieder für die nunmehr streitgegenständliche Amtszeit zu bestellen, da die Bestellung erst nach dem Beginn der Amtszeit am 11.12.2011 erfolgt sei.

    62

    Hilfsweise beruft sich der Kläger zu 1) darauf, dass der Stifter in Ziffer IV. des Testamentes eine ausdrückliche Bestimmung zur zukünftigen Struktur der Organe der Beklagten vorgenommen habe und diese gerade nicht dem Kuratorium habe überlassen wollen. Diese Bestimmung sei jedenfalls als Vollzugsverpflichtung an die Erbin anzusehen.

    63

    Mit der am 20.12.2016 zugestellten Klage beantragt der Kläger zu 1),

    64

    1. festzustellen, dass

    65

    1.1 er von dem Stifter S durch notarielles Testament vor Notar Dr. Q2 – UR xxx/2012 – vom 27.01.2012 für die Amtsperiode vom 10.12.2016 bis 09.12.2021 zum Vorstandsvorsitzenden der F. Victor S-Stiftung bestellt ist;

    66

    hilfsweise

    67

    1.2 er von dem Stifter S durch notarielles Testament vor Notar Dr. Q2 – UR xxx/2012 – vom 27.01.2012 für den Zeitraum vom 10.12.2016 bis 25.07.2018 zum Vorstandsvorsitzenden der F. Victor S-Stiftung bestellt ist;

    68

    äußerst hilfsweise:

    69

    2. festzustellen, dass

    70

    2.1 er vom Kuratorium aufgrund des notariellen Testaments vor Notar Dr. Q2 – UR xxx/2012 – vom 27.01.2012 für die Amtsperiode vom 10.12.2016 bis 09.12.2021 zum Vorstandsvorsitzenden der F. Victor S-Stiftung zu bestellen ist;

    71

    hilfsweise

    72

    2.2 er vom Kuratorium aufgrund des notariellen Testaments vor Notar Dr. Q2 – UR xxx/2012 – vom 27.01.2012 für den Zeitraum vom 10.12.2016 bis 25.07.2018 zum Vorstandsvorsitzenden der F. Victor S-Stiftung zu bestellen ist.

    73

    Mit Klageschrift vom 19.12.2016 hat der Kläger zu 2) als weiteres, nicht erneut bestelltes Vorstandsmitglied Klage gegen die Beklagte eingereicht. Diese Klage ist zunächst in einem separaten Verfahren vor dem Landgericht Aachen, 8 O 481/16 = 10 O 14/17, rechtshängig gemacht worden. Mit Beschluss vom 27.01.2017 (Bl. 377 d.A.) hat das Gericht die Verfahren 10 O 470/16 und 10 O 14/17 zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung im hiesigen Verfahren verbunden.

    74

    Der Kläger zu 2) meint, der Beschluss des Kuratoriums der Beklagten vom 04.10.2016 sei unwirksam. Vielmehr habe der Stifter ihn mit Testament vom 27.01.2012 wirksam über den 10.12.2016 hinaus für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren, also bis zum 10.12.2021, zum Vorstand der Beklagten bestellt. Der Stifter sei nach § 7 Abs. 1 der Stiftungssatzung geborenes Mitglied des Vorstandes gewesen und habe auf Lebenszeit dem Vorstand der Beklagten angehört. Eine Beendigung dieser Stellung sei auch durch den eigenen Entschluss des Stifters nicht möglich gewesen. Soweit der Stifter mit Schreiben vom 05.12.2011 den übrigen Vorstandsmitgliedern mitgeteilt habe, dass er am 10.12.2011 aus gesundheitlichen Gründen aus dem Vorstand der Beklagten ausscheide, so habe dies nur die Einstellung der aktiven Mitarbeit im Vorstand, nicht dagegen die Aufgabe seiner übrigen satzungsgemäßen Rechte als geborener Vorstand der Beklagten betroffen. Sofern der Stifter bereits zum 10.12.2011 aus dem Vorstand ausgeschieden sein sollte, habe er jedenfalls mit Errichtung seines Testaments eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er wieder die Position einnehmen wollte, die ihm die Bestellung weiterer Vorstandsmitglieder ermöglichte, also das Amt des geborenen Mitglieds des Vorstands. Angesichts der Regelung in § 7 Abs. 2 der Stiftungssatzung sei bezüglich der Kompetenz zur Bestellung der Vorstandsmitglieder ausschließlich zwischen dem Zeitraum bis zum Tod des Stifters und danach zu unterscheiden. Auch sei der Stifter nicht gehindert gewesen, ihn für eine zweite Amtszeit zu bestellen. Die Stiftungssatzung enthalte keine Regelung darüber, wann ein Vorstandsmitglied frühestens gewählt werden dürfe. Insbesondere finde die Vorschrift des § 84 Abs. 1 S. 3 AktG keine Anwendung, da eine analoge Anwendung von aktienrechtlichen Bestimmungen mit dem Wesen einer Stiftung nicht vereinbar sei. Soweit das Kuratorium die Verkleinerung des Vorstandes beschlossen habe, stelle dies in der Sache einen Widerruf seiner Bestellung dar, wofür kein wichtiger Grund im Sinne der Satzung gegeben sei. Insbesondere stelle der Wille des Kuratoriums, den Vorstand zu verkleinern, keinen solchen wichtigen Grund dar. Schließlich habe der Stifter mit Schreiben vom 10.02.2012 bestimmt, dass das Kuratorium der Beklagten seine Funktionen gemäß § 11 der Satzung ab sofort übernehme und sich insoweit lediglich auf die Kompetenzen bezogen, die das Kuratorium laut Stiftungssatzung haben sollte, soweit sie nicht dem Stifter selbst zugestanden hätten. Insbesondere sehe § 7 Abs. 2 S. 2 der Satzung nicht vor, dass bei Einrichtung des Kuratoriums zu Lebzeiten des Stifters dessen Vorstandsbestellungskompetenz bereits mit Errichtung des Kuratoriums auf dieses übergehe.

    75

    Mit der am 10.01.2017 zugestellten Klage beantragt der Kläger zu 2) sinngemäß,

    76

    1. festzustellen, dass er von dem Stifter S durch dessen notarielles Testament vom 27.01.2012 (Urkunde des Notar Dr. Q2 in Köln Nr. xxx/2012 P) für die Amtsperiode vom 10.12.2016 bis zum 10.12.2021 zum Vorstand der F. Victor S-Stiftung bestellt ist;

    77

    2. festzustellen, dass Herr Dr. Q nicht wirksam zum Vorstand der F. Victor S-Stiftung bestellt worden ist;

    78

    hilfsweise zu Ziffer 1.

    79

    3. festzustellen, dass er vom Kuratorium der FS aufgrund des notariellen Testaments des Stifters S vom 27.01.2012 (Urkunde des Notar Dr. Q2 in Köln Nr. xxx/2012 P) für die Amtsperiode vom 10.12.2016 bis zum 10.12.2021 zum Vorstand der F. Victor S-Stiftung zu bestellen ist.

    80

    Die Beklagte beantragt,

    81

    die Klage abzuweisen.

    82

    Die Beklagte behauptet, die Stiftungsaufsicht habe bereits im Jahr 2012 gerügt, dass sich der Stifter bei der Bestellung der Organmitglieder nicht auf die in der Satzung vorgesehene Amtszeit beschränkt habe und habe erklärt, die Bestellungen des Stifters über eine Amtszeit von fünf Jahren hinaus nicht zu genehmigen. Erstmals im vierten Testamentsentwurf, der schlussendlich auch beurkundet worden sei, habe sich der Wunsch des Stifters, den Vorstand für eine zweite Amtsperiode zu bestellen befunden. Im Beurkundungstermin habe Herr Dr. Q2 den Stifter darauf hingewiesen, dass die Bestimmung einer zweiten Amtszeit der Satzung entgegenstehe und insoweit Bedenken bestünden. Da der Stifter sich nicht nur von dem Notar habe beraten lassen, sondern u.a. auch durch den Kläger zu 1), habe sich dieser ungeachtet der rechtlichen Zweifel für die Aufnahme der vorgenannten Regelung entschieden. Der Stifter sei der Meinung gewesen, dass später geklärt werden müsse, ob die Anordnung zulässig sei oder nicht, wozu es indes angesichts des bevorstehenden Todes des Stifters nicht mehr gekommen sei. In der Folgezeit sei es wiederholt zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Vorstand und Kuratorium gekommen, sodass im Jahr 2015 erfolglos ein Mediator eingeschaltet wurde. Insbesondere habe es Streitigkeiten über die Höhe der Vergütung der Vorstandsmitglieder und ihre Abrechnung gegeben. Der frühere Vorstand habe erhebliche Summen entnommen, was für eine gemeinnützige Stiftung undenkbar sei.

    83

    Sie ist der Ansicht, das Kuratorium sei gemäß § 7 Abs. 2 der Satzung für die Bestellung der Vorstandsmitglieder und die Bestimmung von deren Anzahl zuständig gewesen. Die testamentarische Anordnung des Stifters stelle insoweit einen Verstoß gegen die Satzung dar und sei unwirksam. Ausweislich des insoweit eindeutigen Wortlautes der Satzung dürfe der Stifter die übrigen Vorstandsmitglieder nur bestellen, solange er dem Vorstand angehöre. Auch die Bestellung eines geborenen Mitgliedes werde erst wirksam, wenn der Betroffene die Annahme des Amtes erkläre und ein Vorstandsmitglied scheide u.a. durch Niederlegung des Amtes aus. Die Bestellung als „geborenes Mitglied“ führe nicht zu einer vom Willen des Betroffenen unabhängigen lebenslangen Mitgliedschaft und/oder eines jederzeit formlos möglichen Wiederauflebens der Mitgliedschaft in dem jeweiligen Organ. Vielmehr stehe auch ein Stifter der Stiftung nach deren Anerkennung wie ein fremder Dritter gegenüber. Zudem habe die Berufung des Vorstandes für eine zweite Amtszeit im notariellen Testament vom 27.01.2012 erst nach dem Tod des Stifters am 15.02.2012 Wirkung entfaltet. Zu diesem Zeitpunkt sei aber bereits das Kuratorium ernannt gewesen, weshalb es bereits zum Zeitpunkt des Todes des Stifters ein satzungsmäßiges Gremium gegeben habe, welches zur Ernennung des Vorstandes zuständig gewesen sei. Schließlich seien die Kläger auch nicht durch einen organschaftlichen Bestellungsakt zu Lebzeiten ernannt worden, sondern durch Verfügung von Todes wegen. Eine solche Möglichkeit der Bestellung habe die Satzung aber gerade nicht vorgesehen. Schließlich sei die Bestellung für eine zweite Amtszeit für sich betrachtet auch deshalb unzulässig, weil sie mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der Satzung nicht vereinbar sei. Eine Wiederbestellung sei grundsätzlich erst nach Ablauf der Amtszeit zulässig. Die Wiederbestellung dürfe nicht zur Umgehung der zeitlichen Befristung der Amtszeit führen. Vielmehr entspreche es einhelliger Auffassung, dass eine vorzeitige Wiederbestellung für eine volle Amtszeit ohne Anrechnung des Rests der laufenden Amtszeit unzulässig sei. Die insoweit zum Aktienrecht entwickelten Grundsätze würden entsprechend für Vereine und Stiftungen gelten. Aufgrund des zusätzlich zum Vorstand vorhandenen Organs des Kuratoriums, welches die Funktion eines Aufsichtsrates wahrnehme, könne für Stiftungen nichts anderes gelten, als dass das Kuratorium spätestens nach Ablauf einer Wahlperiode überprüfen könne, ob man sich von einem Vorstandsmitglied auch ohne Vorliegens eines wichtigen Grundes trennen wolle.

    84

    Des Weiteren habe der Stifter durch seine testamentarischen Anordnungen das Kuratorium nicht verpflichten können, den Vorstand nach Ablauf der ersten Amtsperiode noch einmal identisch zu besetzen. Das Kuratorium unterliege bei seiner Tätigkeit gerade keinen Weisungen, sondern müsse in eigener Verantwortung die ihm übertragenen Entscheidungen treffen. Eine diesbezügliche Auflage im Testament sei nicht möglich gewesen, sondern lediglich als rechtlich unverbindlicher Wunsch an das Kuratorium zu verstehen.

    85

    Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2017 (Bl. 856 d.A.) ergänzend Bezug genommen.

    86

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

    87

    I.

    88

    Die zulässige Klage hat in der Sache überwiegend Erfolg.

    89

    1. Die Klage erweist sich insgesamt als zulässig.

    90

    Die Hauptanträge der Kläger sind zulässig. Insbesondere handelt es sich bei der begehrten Feststellung, sie seien jeweils Vorsitzender bzw. Mitglied des Vorstandes der Beklagten für die Amtsperiode 2016 – 2021 geworden, um ein zulässiges feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Sie haben insoweit auch ein Interesses an der alsbaldigen Feststellung ihrer Berufung in den Vorstand, weil die Bezirksregierung Köln dem „neuen“ Vorstand unter dem 20.12.2016 eine sog. Vertretungsbescheinigung erteilt hat (vgl. Bl. 227 d.A.) und der Vorstand damit ohne Beteiligung der Kläger bereits tätig wird.

    91

    Auch der Klageantrag zu 2) des Klägers zu 2), mit dem er die Feststellung begehrt, Herr Dr. Q sei nicht wirksam zum Vorstand der Beklagten bestellt worden, ist zulässig. Hierbei handelt es sich zwar nicht um ein streitiges Rechtsverhältnis zwischen den Parteien selbst, sondern über das Bestehen eines Rechtsverhältnisses der Beklagten zu einem Dritten. C2 erkennt jedoch auch ein Drittrechtsverhältnis als zulässigen Gegenstand einer Feststellungsklage an, falls dieses zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist (vgl. BGH, Urteil vom 16.06.1993, VIII ZR 222/92, NJW 1993, 2539, 2540 m.w.N.). Dabei ist es als ausreichend angesehen worden, wenn der Kläger vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Beklagten und einem Dritten in seinem Rechtsbereich auch nur mittelbar betroffen wird (vgl. BGH, Urteil vom 16.06.1993, VIII ZR 222/92, NJW 1993, 2539, 2540). Vorliegend besteht solch eine mittelbare Betroffenheit, weil der Kläger zu 2) und der Dritte, also Herr Dr. Q, bei Obsiegen des Klägers zu 2) mit seinem Klageantrag zu 1) gemeinsame Mitglieder des Vorstandes der Beklagten sein könnten.

    92

    Schließlich hat die Beklagte aufgrund ihrer Anerkennung als Stiftung durch Genehmigung vom 14.06.1996 seitens der Bezirksregierung Köln (Bl. 10 d.A.) gemäß § 80 Abs. 1 BGB Rechtsfähigkeit erlangt und ist daher gemäß §§ 50, 51 ZPO partei- und prozessfähig.

    93

    2. Die Klage des Klägers zu 1) ist mit dem Hauptantrag zu 1) nur teilweise begründet. Denn der Kläger zu 1) wurde durch die unter Ziffer IV. der notariellen Urkunde vom 27.01.2012 abgegebene Erklärung für eine weitere Amtsperiode vom 10.12.2016 bis lediglich einschließlich 25.07.2018 zum Vorstandsvorsitzenden der Beklagten bestellt.

    94

    a) Zunächst konnte der Stifter entgegen der Ansicht der Beklagten im Rahmen der notariellen Urkunde vom 27.01.2012 die Mitglieder des Vorstandes der Beklagten dem Grunde nach wirksam für eine weitere Amtszeit bis einschließlich 09.12.2021 bestellen.

    95

    Durch das sog. Stiftungsgeschäft wird bestimmt (§ 81 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 BGB), wer in den Vorstand einer Stiftung privaten Rechts berufen ist. Der Stifter muss in diesem formbedürftigen Geschäft verbindlich ein Vermögen zur Erfüllung eines von ihm vorgegebenen Zweckes widmen (§ 81 Abs. 1 BGB) und u.a. die Bildung des Vorstandes bestimmen, der als einziges obligatorisches Organ der (nicht körperschaftlich organisierten) Stiftung die Stellung deren gesetzlichen Vertreters einnimmt. Dabei muss der Stifter insbesondere die Zahl der Vorstandsmitglieder festlegen sowie Regelungen bzgl. ihrer Bestellung und Abberufung treffen (vgl. Morsch in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 81 BGB, Rn 13). Die Auslegung der im oder mit dem Stiftungsgeschäft festgelegten Satzung (§ 85 BGB) hat sich am erkennbaren Willen des Stifters zu orientieren; es gelten die §§ 133, 157 BGB (vgl. Juris PK-BGB, aaO, § 81 Rn 15; Palandt/Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 85 Rn 2; BGH, Urteil vom 22.01.1987, III ZR 26/85, juris Rn 32).

    96

    Vorliegend regelt § 7 Abs. 2 der Stiftungssatzung, dass der Stifter, solange er dem Vorstand angehört, die übrigen Vorstandsmitglieder bestellt und deren Zahl bestimmt sowie dass nach seinem Tod diese Befugnis auf das Kuratorium übergeht. Indes enthält die Satzung keine ausdrückliche Regelung für die streitgegenständliche Konstellation, dass der Stifter als geborenes Mitglied des Vorstandes der Beklagten sein Amt niederlegt und dementsprechend bereits vor seinem Tod ausscheidet. Die klägerseits angenommene Unterscheidung zwischen aktiven und inaktiven geborenen Mitgliedern des Vorstandes findet keine Stütze in der Satzung; vielmehr ist insoweit anerkannt, dass auch ein geborenes Mitglied sein Stiftungsamt niederlegen kann (vgl. Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts/Lücke, 4. Aufl. 2016, § 92 Rn 7). Unter Berücksichtigung der weiteren Regelungen der Satzung zeigt sich, dass die Satzung für die streitgegenständliche Konstellation eine unbewusste Regelungslücke enthält. Denn anders als in § 7 Abs. 2 der Satzung findet sich in § 9 Abs. 1 S. 2 der Satzung die ausdrückliche Regelung, dass dem Stifter die Möglichkeit eingeräumt wird, auch noch durch Testament zu bestimmen, wer sein Nachfolger als Vorsitzender des Vorstandes sein soll und zwar ohne Kopplung an seine Eigenschaft als Vorstandsmitglied zu diesem Zeitpunkt. Das Fehlen einer Regelung für die streitgegenständliche Konstellation wird auch aus § 8 Abs. 1 S. 3 der Satzung deutlich. Wenn die Mitglieder des Vorstandes zu Lebzeiten des Stifters von diesem jederzeit aus wichtigem Grund abberufen werden können, dann muss dies im Umkehrschluss auch die Befugnis des Stifters zur Bestellung der Vorstandsmitglieder einschließen und zwar unabhängig von seiner Zugehörigkeit zum Vorstand.

    97

    Die bestehende Regelungslücke ist unter Zugrundelegung der vorgenannten Maßstäbe im Wege der ergänzenden Auslegung zu schließen. Dabei ist auf den mutmaßlichen Stifterwillen abzustellen, der aus dem Gesamtzusammenhang der Satzung zu ermitteln ist. Es ist dementsprechend diejenige Bestimmung zu wählen, für die sich der Stifter entschieden hätte, wenn ihm die Lücke bewusst gewesen wäre (vgl. Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts/Lücke, 4. Aufl. 2016, § 85 Rn 61). Dies führt vorliegend dazu, dass von einer wirksamen Bestellung des Vorstandes durch die Bestimmung in Ziffer IV. der notariellen Urkunde vom 27.01.2012 auszugehen ist. Denn es entspricht nicht nur dem mutmaßlichen, sondern auch dem ausdrücklich geäußerten Willen des Stifters – nämlich im Rahmen der notariellen Urkunde vom 27.01.2012 –, dass ausschließlich der Stifter vor seinem Tod die Mitglieder des Vorstandes bestimmen wollte und auch sollte. Wie das Zusammenspiel der vorgenannten Regelungen der Satzung zeigt, wollte der Stifter zu Lebzeiten stets selbst entscheiden, wer dem Vorstand der von ihm gegründeten Beklagten angehören sollte und erst mit seinem Tod diese Kompetenz auf das von ihm installierte Kontrollgremium – nämlich das Kuratorium – übertragen.

    98

    b) Der Bestimmung der Mitglieder des Vorstandes durch den Stifter im Rahmen der notariellen Urkunde vom 27.01.2012 steht nicht entgegen, dass der Stifter bereits mit Schreiben vom 10.02.2012 und damit fünf Tage vor seinem Tod das Kuratorium installiert hatte. Denn § 7 Abs. 2 S. 2 der Satzung bestimmt lediglich, dass die Befugnis zur Bestellung des Vorstandes mit dem Tod des Stifters auf das Kuratorium übergeht. Insoweit verkennt die Beklagte, dass es sich bei der Bestellung der Vorstandsmitglieder für die Amtsperiode von 2016 – 2021 in Ziffer IV. der notariellen Urkunde nicht um eine Verfügung von Todes wegen, sondern vielmehr um ein Rechtsgeschäft unter Lebenden handelt, welches in seiner Wirksamkeit nicht durch den Tod des Stifters nach Abgabe der Erklärung beeinträchtigt wird, vgl. § 130 Abs. 2 BGB. Es ist insoweit ohne Weitere möglich, auch anderweitige Erklärungen als Bestimmungen auf den Todesfall in ein Testament aufzunehmen, ohne dass damit eine Änderung der Rechtsnatur der Erklärung verbunden wäre (vgl. BeckOK BGB/Müller-Christmann, 42. Ed. 1.2.2017, § 1937 Rn 11; MüKoBGB/Leipold, 7. Aufl. 2017, § 1937 Rn 40). Die Bestellung der Vorstandsmitglieder durch den Stifter wurde als einseitig empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft (vgl. Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts/Lücke, 4. Aufl. 2016, § 85 Rn 61; Palandt/Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 27 Rn 1) bereits im Moment der Aufnahme in das Testament abgegeben und schließlich mit der späteren Kenntnisnahme durch die Kläger wirksam. Dass zum Zeitpunkt des Wirksamwerden der Bestellungserklärung die Kompetenz zur Bestellung des Vorstandes auf das Kuratorium nach § 7 Abs. 2 S. 2 der Satzung übergegangen war, steht dem nicht entgegen, da insoweit auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung abzustellen ist und die Bindungswirkung nur durch einen vorherigen oder gleichzeitigen Widerruf hätte beseitigt werden können (vgl. Palandt/Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 130 Rn 11; BGH, Beschluss vom 19. 10.1967, III ZB 18/67, juris Rn 21; OLG Celle, Beschluss vom 04.07.2006, 4 W 106/06, NJW 2006, 3501, 3502). Dies ist vorliegend jedoch nicht erfolgt.

    99

    Der Kläger zu 1) hat die Annahme seiner Berufung als Vorstandsvorsitzender der Beklagten für die Amtsperiode ab dem 10.12.2016 mit Schreiben vom 28.11.2016 auch ausdrücklich angenommen.

    100

    c) Weiterhin hindert die Regelung des § 7 Abs. 5 der Satzung die vorzeitige Bestellung der bisherigen Vorstandsmitglieder für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren nicht. Insoweit berufen sich die Kläger zu Recht darauf, dass § 7 Abs. 5 der Satzung lediglich vorschreibt, dass spätestens einen Monat vor Ablauf der Amtszeit eines Vorstandsmitgliedes der Nachfolger zu wählen ist, jedoch keine Regelung darüber enthält, wann frühestens ein neuer Vorstand bestellt werden kann oder aber, dass eine bereits laufende Amtsperiode auf die weitere Amtsperiode anzurechnen wäre. Das Gesetz sieht für Stiftungen – anders als z.B. für Aktiengesellschaften – gerade keine Vorgabe für die Dauer der Amtszeit von Vorstandsmitgliedern vor, sodass grundsätzlich sogar eine zeitlich unbefristete Berufung auf Lebenszeit für möglich erachtet wird (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.05.2010, 20 W 175/10, juris Rn 30; Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts/Lücke, 4. Aufl. 2016, § 92 Rn 23). Insbesondere lassen sich die für Aktiengesellschaften von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze einschließlich der Regelung des § 84 Abs. 1 S. 3 AktG aufgrund der unterschiedlichen Strukturen von Aktiengesellschaften und Stiftungen nicht auf Stiftungen übertragen (so auch für den Fall der Befristung der Amtsdauer von Kuratoriumsmitgliedern einer Stiftung ausdrücklich: OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.05.2010, 20 W 175/10, juris Rn 26ff.).

    101

    Allerdings konnte der Stifter den Kläger zu 1) lediglich bis zum Erreichen der Altersgrenze aus § 8 Abs. 1 S. 2 der Satzung, also bis zum Ablauf des 25.07.2018, zum Vorstandsvorsitzenden der Beklagten bestellen. § 8 Abs. 1 S. 2 der Satzung sieht insoweit ein automatisches Ende des Amtes eines Vorstandsmitglieds mit Vollendung des 75. Lebensjahres vor. Eine Ausnahme war nur für den Stifter vorgesehen. Soweit der Stifter nunmehr in Ziffer IV. seines Testaments für den Kläger zu 1) ausdrücklich eine Ausnahme von der in der Satzung festgeschriebenen Altershöchstgrenze von 75 Jahren angeordnet hat, konnte der Stifter eine solche Ausnahme in der notariellen Urkunde vom 27.01.2012 nicht wirksam anordnen. Die beabsichtigte Ausnahmeregelung stellt eine Satzungsänderung dar, für die es einer entsprechenden Beschlussfassung des Vorstandes bedurft hätte. Zwar enthält die Satzung selbst keine ausdrückliche Regelungen dazu, wer zu einfachen Änderungen der Stiftungssatzung befugt ist. § 13 der Satzung enthält lediglich Regelungen zu Änderungen der Satzung, soweit der Zweck der Beklagten betroffen ist. Damit bleibt es bei dem Grundsatz des § 5 Abs. 1 S. 1 StiftG NRW, dass die zuständigen Stiftungsorgane eine Änderung der Satzung beschließen. Dies ist jedoch im Zweifel der Vorstand und nicht der Stifter alleine. Eine entsprechende Beschlussfassung des Vorstandes ist indes weder ersichtlich noch durch den Kläger zu 1) behauptet worden.

    102

    d) Schließlich ist der Kläger zu 1) durch den Beschluss des Kuratoriums vom 04.10.2016 nicht als Vorstandsvorsitzender abberufen worden. Abberufungen von wirksam bestellten Vorstandsmitgliedern – wie den Klägern – sind nach § 8 Abs. 1 S. 3 der Satzung grundsätzlich nur aus wichtigem Grund möglich. Das Vorliegen solch eines wichtigen Grundes ist vorliegend weder ersichtlich noch beklagtenseits dargelegt worden. Im Gegenteil – die Beklagte geht vielmehr davon aus, dass es sich schlicht und ergreifend um eine nicht nochmalige Bestellung der Kläger handelt, für die es naturgemäß keines besonderen Grundes bedurft hätte.

    103

    e) Die Feststellung, dass der Kläger zu 1) für eine weitere Amtsperiode vom 10.12.2016 bis lediglich zum 25.07.2018 zum Vorstandsvorsitzenden der Beklagten bestellt wurde, beruht vorliegend auf einem Teilzuspruch des Hauptantrags zu 1.1. und nicht auf der Stattgabe seines Hilfsantrags zu 1.2. Ein Hilfsantrag ist nur erforderlich, wenn ein Kläger hilfsweise etwas anderes begehrt als mit dem Hauptantrag. In diesem Fall bedarf es eines Hilfsantrages im Hinblick auf § 308 Abs. 1 ZPO, weil die Kammer nicht befugt wäre, dem Kläger etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Ist der mit dem Klageantrag geltend gemachte Anspruch hingegen teilbar, so erlaubt der auf Zusprechung der Gesamtmenge gerichtete Antrag der Kammer auch, dem Kläger eine darin enthaltene Teilmenge zuzusprechen. Es handelt sich dann nicht um etwas anderes, das nicht beantragt ist, sondern um ein Weniger, das stets im Mehr enthalten ist (vgl. BGH, Urteil vom 17.04.1986, III ZR 246/84; NJW-RR 1987, 59, 60).

    104

    Zudem war über die äußerst hilfsweise gestellten weiteren Klageanträge zu 2. nicht zu entscheiden. Der Kläger zu 1) hat insoweit im Rahmen der Klageschrift ausdrücklich erklärt, dass „die Hilfsanträge zu 2. nur dann in Betracht kommen, wenn die Anträge zu Ziffer 1. nicht zum Ziel führen“. Dies war indes vorliegend der Fall, da die Klage bereits mit dem Hauptantrag zu 1.1 teilweise begründet war (s.o.). Soweit der Kläger zu 1) im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 12.06.2017 nunmehr andeutet, das Kuratorium der Beklagten sei bei Begründetheit lediglich des Hilfsantrages zu 1.2 nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, ihn für die Zeit ab dem 26.07.2018 bis zum 09.12.2021 zum Vorstandsvorsitzenden zu bestellen, liegt darin das Begehren einer Entscheidung über die äußerst hilfsweise gestellten weiteren Klageanträge, obgleich die innerprozessuale Bedingung, nämlich eine vollständige Abweisung der Klageanträge zu 1.1 und zu 1.2, nicht eingetreten ist. Einen seinen nunmehr geäußerten Vorstellungen entsprechenden, durch die Stattgabe des vermeintlichen Hilfsantrages zu 1.2 bedingten (unechten) Hilfsantrag hat der Kläger zu 1) gerade nicht gestellt.

    105

    3. Auch die Klage des Klägers zu 2) ist hingegen nur teilweise begründet.

    106

    a) Der Kläger zu 2) wurde durch die unter Ziffer IV. der notariellen Urkunde vom 27.01.2012 abgegebene Erklärung des Stifters für die weitere Amtsperiode vom 10.12.2016 bis einschließlich 09.12.2021 wirksam zum Mitglied des Vorstands der Beklagten bestellt.

    107

    Der Stifter konnte im Rahmen der notariellen Urkunde vom 27.01.2012 wirksam seine Kompetenz zur Bestellung der Vorstandsmitglieder ausüben, ohne dass er insoweit durch die Installation des Kuratoriums und/oder den fehlenden Ablauf der ersten Amtsperiode des Vorstandes gehindert gewesen wäre. Auch eine nachträgliche Abberufung durch das Kuratorium ist nicht erfolgt (s.o.).

    108

    Der Kläger zu 2) hat die Bestellung zum Vorstandsmitglied jedenfalls konkludent angenommen. Die Erklärung der Annahme ist an keine Formerfordernisse gebunden und kann sogar konkludent erfolgen (vgl. Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts/Lücke, 4. Aufl. 2016, § 92 Rn 3). Denn insoweit ist es nach dem Beschluss des Kuratoriums vom 04.10.2016 zu einer außergerichtlichen Korrespondenz zwischen den Parteien gekommen, in der der Kläger zu 2) deutlich gemacht hat, dass er von seiner wirksamen Bestellung zum Vorstandsmitglied für eine weitere Amtszeit ausgehe und diese Amtszeit auch antreten wolle.

    109

    Allerdings geht der Kläger zu 2) fehl in der Annahme, dass die zweite Amtsperiode bis einschließlich 10.12.2021 läuft. Insoweit gelten die Regelungen der §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 8 Abs. 1 S. 1 der Satzung, sodass die Amtsperiode am 10.12.2016 begonnen hat und mit Ablauf des 09.12.2021 endet (vgl. Rüdebusch, ZStV 2013, 218, 221)

    110

    b) Hingegen wurde Herr Dr. Q entgegen der Ansicht des Klägers zu 2) ebenfalls wirksam zum Mitglied des Vorstandes der Beklagten bestellt, sodass die Klage mit dem Klageantrag zu 2) ohne Erfolg bleibt.

    111

    Das Kuratorium der Beklagten konnte Herrn Dr. Q mit Beschluss vom 04.10.2016 zum Mitglied des Vorstandes bestellen, weil die Maximalzahl der Vorstandsmitglieder aus § 7 Abs. 1 der Satzung noch nicht erreicht war.

    112

    Ursprünglich bestand der Stiftungsvorstand aus fünf Mitgliedern und sollte aufgrund des vorgenannten Beschlusses des Kuratoriums mit Wirkung ab der Amtsperiode 2016 auf drei Mitglieder verkleinert werden. Eine Verkleinerung konnte jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) wirksam durch das Kuratorium beschlossen werden, weil der Stifter unter Ausnutzung seiner auch nach Ausscheiden aus dem Vorstand fortbestehenden Kompetenz zur Bestellung von Personen und Bestimmung der Personenanzahl des Vorstandes im Rahmen der notariellen Urkunde vom 27.01.2012 eine entsprechende anderslautende Bestimmung für die Amtsperiode 2016 – 2021 getroffen und fünf Personen namentlich zu Mitgliedern des Vorstandes ernannt hatte. Eine Änderungskompetenz hat das Kuratorium insoweit erst mit dem Tod des Stifters am 15.02.2012 und mit Wirkung für die Amtsperiode ab dem 10.12.2021 erhalten.

    113

    Jedoch konnte das Kuratorium mit Beschluss vom 04.10.2016 Herrn Dr. Q zum Vorstandsmitglied bestellen. Insoweit fehlte es nämlich an der erforderlichen Annahme der Bestellung zum Vorstandsmitglied durch das fünfte Mitglied, Herrn von FS. Mangels Annahme durch den Berufenen ist die durch den Stifter selbst ausgesprochene Bestellung nicht wirksam geworden. Entsprechend der Regelung des §§ 8 Abs. 2, 7 Abs. 2 S. 2 der Satzung konnte das Kuratorium nunmehr Herr Dr. Q als neues Mitglied des Vorstandes bestellen.

    114

    II.

    115

    Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 01.06.2017 enthält kein neues Tatsachenvorbringen und gab auch im Übrigen keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 Abs. 1, Abs. 2 ZPO.

    116

    III.

    117

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs.1, Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 1, 709 S. 2, 1 ZPO.

    118

    IV.

    119

    Der Streitwert wird auf 485.000,00 Euro festgesetzt, vgl. § 39 Abs. 1 GKG. Dieser Streitwert setzt sich zusammen aus der Festsetzung des Streitwertes für die jeweiligen Klageanträge zu 1) auf jeweils 240.000,00 Euro und den Klageantrag zu 2) auf 5.000,00 Euro. Bei der Wertfestsetzung hat die Kammer das wirtschaftliche Interesse der Kläger entsprechend § 3 ZPO berücksichtigt. Maßgeblich in Bezug auf die jeweiligen Klageanträge zu 1) war insoweit der Betrag der maximalen Aufwandsentschädigung für 5 Jahre Vorstandstätigkeit von 300.000,00 Euro abzüglich 20 %, da insoweit lediglich eine positive Feststellungsklage erhoben wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 29.10.2008, XII ZB 75/08, juris Rn 8).

    RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 81 Abs. 1, § 133, § 157