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  • 07.06.2021 · IWW-Abrufnummer 222786

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 05.03.2018 – 10 K 3622/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Baden-Württemberg

    Urteil vom 05.03.2018


    In dem Finanzrechtsstreit
    - Kläger -
    prozessbevollmächtigt:
    gegen
    Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Anerkennung der Gemeinnützigkeit

    hat der 10. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2018 durch
    Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
    Richter am Finanzgericht
    Richterin am Finanzgericht
    Ehrenamtliche Richter

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides über die Ablehnung einer gesonderten Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO vom 15. Dezember 2015 und der Einspruchsentscheidung vom 9. November 2016 verpflichtet, die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gem. § 60a Abs. 1 AO gesondert festzustellen.
    2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
    3. Die Revision wird nicht zugelassen.
    4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 €, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 € kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob dem Kläger gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AO ein Anspruch auf gesonderte Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO zusteht.

    Der am xx. März 2012 gegründete Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in X. Die Eintragung in das Vereinsregister erfolgte am xx. Juni 2012. Vorsitzender ist Y. (geboren 1985), sein Stellvertreter Z. (geboren 1984).

    Nach seiner Satzung ist der Kläger eine islamische Religionsgemeinschaft in X, die unmittelbar und mittelbar durch ihre Mitglieder der umfassenden Glaubensverwirklichung dient. Er widmet sich der Pflege, Vermittlung und Ausübung der islamischen Religion im Rahmen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Pflege des interkulturellen und interreligiösen Dialogs (§ 2 der Satzung). Als Religionsgemeinschaft verfolgt er ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und förderungswürdige Zwecke (§ 3 der Satzung). Jede Person muslimischen Glaubens kann Mitglied werden (§ 4 der Satzung). Der Kläger wird gerichtlich und außergerichtlich vom Vorsitzenden und vom stellvertretenden Vorsitzenden vertreten (§ 6 Abs. 1 der Satzung). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Satzung verwiesen (vgl. Gemeinnützigkeitsakten Bl. 2 ff.).

    Der Kläger betreibt in X eine Moschee.

    Auf seiner Internetseite unter www....de führt der Kläger aus, er distanziere sich von jeglichen Personen, Gruppen, Parteien und Sekten, die zu Gewalt, Extremismus und Fremdenfeindlichkeit aufrufen.

    Nach den Angaben des Klägers bestanden seine Vereinsaktivitäten in der Abhaltung des wöchentlichen Freitagsgebets mit 300 bis 500 Teilnehmern, der Durchführung des Fastenmonats Ramadan mit einem gemeinsamen Abendessen sowie weiterer islamischer Feiertage, der Organisation eines monatlichen Infostands zum Islam in der Xer Fußgängerzone, dem Anbieten einer Anlaufstelle für Kinder, der moralischen und finanziellen Unterstützung in Not geratener Gemeindemitglieder, der Durchführung von Reparaturen in den Gebetsräumen, der Krankenhaus- und Gefängnisseelsorge sowie dem Arabischunterricht für Männer und Frauen (vgl. Gemeinnützigkeitsakten Bl. 59 f.). In einem Schreiben des Bürgermeisters der Stadt X B. vom xx.xx. 2018 wird dem Kläger bestätigt, dass er Bestandteil des interreligiösen Dialogs der Stadt sei und regelmäßig an den Sitzungen teilnehme. Darüber hinaus wird bestätigt, dass der Kläger an dem Erfahrungsaustausch zwischen Landratsamt C, Polizeipräsidium aa. , der Stadt X und den muslimischen Gemeinden des C teilnehme. Außerdem sei der Kläger an den internationalen Wochen gegen Rassismus aktiv beteiligt (GA Bl. 213).

    Der Kläger ist nicht im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt.

    Am 3. April 2012 beantragte der Kläger beim beklagten Finanzamt (FA) die Anerkennung der Gemeinnützigkeit.

    Am 26. Juni 2012 erteilte ihm das FA eine vorläufige Bescheinigung über die Gemeinnützigkeit mit Widerrufsvorbehalt für die Dauer von längstens 18 Monaten (Gemeinnützigkeitsakten Bl. 16 ff.).

    Am xx. xx. 2013 hielt der promovierte Theologe W. aus Saudi-Arabien in der Moschee des Klägers vor mehreren hundert Zuhörern einen Vortrag, zu dem der Kläger auf seiner Homepage am xx. Dezember 2012 eingeladen hatte (Gemeinnützigkeitsakten Bl. 40).

    W. sei nach den Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (LfV BW) ein populärer saudischer Gelehrter. Er sei vor allem als Multifunktionär in verschiedenen Gremien und Einrichtungen zur Verbreitung des Islam in Saudi-Arabien tätig und unternehme zahlreiche Auslandsreisen. Er soll trotz Einreiseverbots in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sein. Auch die Schweizer Behörden hätten bereits am 13. Dezember 2012 gegen ihn ein Einreiseverbot verfügt, nachdem bekannt geworden sei, dass er am 15. Dezember 2012 auf der Jahreskonferenz des islamischen Zentralrats der Schweiz hätte auftreten sollen. Dies sei damit begründet worden, dass W. eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Hintergrund seien dessen Reden, die sich oft gegen den Westen, aber auch gegen Schiiten, Juden und Homosexuelle richteten. Es bestünde die Gefahr, dass sein Auftritt in der Schweiz radikalisierend auf junge Muslime einwirken und seine Reden diese dazu animieren könnten, in den bewaffneten Kampf zu ziehen. W. rufe zum Dschihad ("Heiliger Krieg") in Syrien auf. Zudem werde W. nachgesagt, er habe die Kämpfer in Syrien auf Twitter zu Massenvergewaltigungen und Zeitehen aufgerufen. Dies habe er bei seinem Vortrag am xx. Januar 2013 in X jedoch bestritten (vgl. Vermerk des LfV BW vom 12. Mai 2017, GA Bl. 143 ff.).

    Zum Vortrag von W. liegt eine vom FA übersandte dreiteilige Videoaufzeichnung vor. Unter den Zuhörern befanden sich u.a. F. alias G., H. (Vorstandsmitglied des "J e.V." - .. -), K. (Vorsitzender der "L e.V." in D) und Ö. (Vorsitzender des J e.V.).

    W. appellierte in seiner Rede an die Zuhörer, mit den Mitmenschen gut umzugehen, sich zu bemühen, ein positives Islambild abzugeben, und zur Arbeit zu gehen. Die Rede hatte unstreitig keinen Inhalt, der gegen § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) verstoßen oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwidergehandelt hätte (vgl. § 51 Abs. 3 Satz 1 AO).

    Nachdem das FA aufgrund einer Kurzmitteilung der Oberfinanzdirektion Ä vom xx.xx. 2013, der ein Artikel aus der Zeitschrift des LfV BW "Verfassungsschutz Aktuell", Ausgabe 1 und 2/2013 beigefügt war, von der Veranstaltung am xx. xx. 2013 Kenntnis erhalten hatte, hörte es den Kläger mit Schreiben vom 7. März 2013 an, ob es zu einem Verstoß gegen den gemeinnützigen Satzungszweck gekommen sei (Gemeinnützigkeitsakten Bl. 27).

    Hierzu nahm der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 26. Juli 2013 Stellung (Gemeinnützigkeitsakten Bl. 52 ff.). Der Prediger W. sei nicht vom Kläger eingeladen worden. Vielmehr sei er von einem Moscheebesucher darauf hingewiesen worden, dass dieser nach Deutschland komme und Vorträge halte. Der Besucher habe gefragt, ob Interesse bestünde, dass W. auch in der Moschee des Klägers einen Vortrag halte. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass der Prediger ohne Probleme nach Deutschland eingereist sei. Nicht nachvollziehbar sei, dass eine einzige Veranstaltung bei einem Verein, der bereits zahlreiche Veranstaltungen im Sinne des Satzungszwecks durchgeführt habe, zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen solle. Von einem Treffen bestimmter Personen sei dem Kläger nichts bekannt. Zudem werde der Wahrheitsgehalt der Erkenntnisse zu W. bezweifelt. Hierbei handele es sich um Artikel von Laien in Online-Blogs. Der Kläger distanziere sich ausdrücklich von Gewalt, Terror und Diskriminierung und lehne Extremismus ab. Er verstehe sich als Teil der hiesigen Gesellschaft.

    Auf Aufforderung des FA reichte der Kläger am 29. September 2013 eine Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2012 ein (Gemeinnützigkeitsakten Bl. 62 ff.). Im Unterschriftenfeld findet sich oberhalb des Hinweises, dass die Steuererklärung vom gesetzlichen Vertreter der Körperschaft eigenhändig unterschrieben sein müsse, der Name "Q.". Nach den Angaben in einer E-Mail vom 25. September 2013 an das FA handelt es sich hierbei um den Kassenwart des Vereins (Gemeinnützigkeitsakten Bl. 61). Nach der beigefügten Gewinn- und Verlustrechnung vereinnahmte der Kläger Einnahmen aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen in Höhe von xx.xxx,xx €. Dem gegenüber standen Ausgaben für Miete, Nebenkosten, Reparaturen etc. in Höhe von xx.xxx,xx €. Der Überschuss sollte nach den Angaben in der Gewinn- und Verlustrechnung in Höhe von xx.xxx € für ein Bauprojekt verwendet werden.

    Mit Schreiben vom 4. Oktober 2013 forderte das FA den Kläger auf, eine Auflistung der einzelnen Spender und eine Aufgliederung einzelner Kosten vorzulegen.

    Am 20. Februar 2014 teilte der Bevollmächtigte des Klägers schriftlich mit, dass die Spenden im Rahmen des Freitagsgebets geleistet worden seien. Es habe nur eine einzige Überweisung eines P. in Höhe von xx.xxx € gegeben, der zur medizinischen Behandlung in Deutschland gewesen und am 9. Dezember 2013 verstorben sei. Eine Spendenbescheinigung sei nicht ausgestellt worden.

    Am 10. September 2014 forderte das FA den Kläger schriftlich auf, eine Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2013, Tätigkeitsberichte und eine Aufstellung des Vermögens zum 31. Dezember 2013 vorzulegen.

    Am 11. März 2015 legte der Kläger eine Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2013 vor. Die Einnahmen von xx.xxx,xx € bestanden ganz überwiegend aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Die vereinnahmten Zinsen betrugen xx,xx €. Der nach Abzug der Ausgaben für Miete, Nebenkosten, Bau, Vorbeter und Reparaturen verbleibende Überschuss sollte nach den Angaben in der Gewinn- und Verlustrechnung in Höhe von xx.xxx,xx € für ein Bauvorhaben verwendet werden.

    Mit Schreiben vom 29. Mai 2015 fragte das FA beim LfV BW nach, ob ihm neue Erkenntnisse zum Kläger vorlägen.

    Das LfV BW führte im Schreiben vom 13. Juli 2015 an das FA aus, dass ihm keine gerichtsverwertbaren Erkenntnisse über verfassungsfeindliche Bestrebungen des Klägers vorlägen (Gemeinnützigkeitsakten Bl. 108).

    Nach Rücksprache mit der Oberfinanzdirektion Ä versagte das FA mit Bescheid vom 15. Dezember 2015 dennoch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ab Bestehen des Klägers. Zudem widerrief das FA klarstellend die am 26. Juni 2012 erteilte vorläufige Bescheinigung über die satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke (Gemeinnützigkeitsakten Bl. 164 ff.; GA Bl. 49 ff.).

    Den hiergegen mit Schreiben vom 13. Januar 2016 eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 9. November 2016 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolge eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet sei, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Der Sinngehalt des unbestimmten Rechtsbegriffs "Förderung der Allgemeinheit" sei wesentlich geprägt durch die objektive Wertordnung, wie sie insbesondere im Grundrechtskatalog der Art. 1 bis 19 GG zum Ausdruck komme. Eine Tätigkeit, die mit diesen W ertvorstellungen nicht vereinbar sei, sei keine Förderung der Allgemeinheit. Der Kläger verfolge nach seiner Satzung den steuerbegünstigten Zweck der Pflege und Verkündung des islamischen Religionsbekenntnisses und die Bekanntmachung des Islams als Religion. Die Förderung der Religion sei ausdrücklich in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO benannt. Infolgedessen erfülle die Satzung des Vereins die Voraussetzungen des § 52 AO. Zusätzlich hierzu setze gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 AO eine Steuervergünstigung voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen im Sinne des § 4 BVerfSchG fördere. Hierunter fielen solche Bestrebungen, die gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet seien. Zudem dürfe die Körperschaft dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandeln. Gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte sich eine Körperschaft, wenn sie auf eine Störung des Friedens unter den Völkern und Staaten abziele, sich gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts wende oder auch von rassistischen Anschauungen ausgehe. Das FA sei aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse zu den Aktivitäten des Vereins zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich beim Kläger um eine Körperschaft handele, die diese Voraussetzungen nicht erfülle. Der Kläger habe mit verschiedenen Veranstaltungen Personen, die für die Verbreitung demokratiefeindlichen salafistischen Gedankenguts bekannt seien, ein Forum gegeben. Folglich fehle es am Merkmal der Förderung der Allgemeinheit.

    Am 29. November 2016 erließ das FA Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2012 und 2013. Die festgesetzte Körperschaftsteuer betrug jeweils 0 €. Die Bescheide ergingen gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (vgl. Gemeinnützigkeitsakten Bl. 170 und 174). Nach Aktenlage wurden gegen die Bescheide keine Einsprüche eingelegt.

    Gegen die Einspruchsentscheidung vom 9. November 2016 reichte der Kläger am 8. Dezember 2016 Klage ein.

    Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte im Wesentlichen vor, W. habe keine Rede verfassungsfeindlichen Inhalts gehalten, sondern erklärt, dass eine Fatwa, die ihm zugeschrieben werde, nicht von ihm stamme. Hierin gehe es um eine angebliche Erlaubnis für die Kämpfer in Syrien, sich jede Frau zu nehmen, die sie wollten. Er habe ausdrücklich gesagt, dass das falsch sei. Er habe die Zuhörer aufgefordert, ein positives Islambild abzugeben, produktiv zu sein und in Deutschland arbeiten zu gehen.

    Der Kläger distanziere sich ausdrücklich von Gewalt, Terror und Diskriminierung. Er verstehe sich als Teil der hiesigen Gesellschaft und habe zahlreiche Aktivitäten im Sinne des Satzungszwecks durchgeführt.

    Der Kläger beantragt,

    den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides über die Ablehnung einer gesonderten Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO vom 15. Dezember 2015 und der Einspruchsentscheidung vom 9. November 2016 zu verpflichten, die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gemäß § 60a Abs. 1 AO gesondert festzustellen,

    hilfsweise für den Fall, dass das Gericht erwägt, die Klage abzulehnen, wird beantragt,

    1.
    Ladung und Vernehmung des Bürgermeisters B., Adresse wie im Schreiben

    vom 15.2.2018;

    Beweisthema: wie im Schriftsatz vom 2.3.2018, Seite 3;

    2.
    Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen;

    Beweisthema:

    Die Tätigkeit des Klägers verstößt nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Ergänzend zur Einspruchsentscheidung führt es aus, es spiele keine entscheidungserhebliche Rolle, ob bei der Veranstaltung am 1. Januar 2013 strafrechtlich relevante Äußerungen getätigt worden seien oder nicht.

    Beim Kläger hätten nach den Erkenntnissen des LfV BW (vgl. Vermerk des LfV BW vom 12. Mai 2017, GA Bl. 143 ff.) wiederholt Veranstaltungen stattgefunden, zu denen Prediger als Vortragende eingeladen worden seien, die eindeutig dem salafistischen Spektrum zuzurechnen seien. H. habe im Jahr 2017 mehrfach beim Kläger Unterrichte abgehalten. Der salafistische Prediger sei Imam in O und betreibe eine Onlinekoranschule. Auf dieser verbreite er salafistische Positionen des saudi-arabischen Staatsislam. Verfassungswidrige Positionen entstünden in Korankommentaren, in denen historische Aspekte des islamischen Rechts in die Neuzeit transportiert würden. Dies betreffe Sklaverei und muslimische Kriegsführung. Wenn derartige Passagen in heiligen Schriften unmittelbar als rechtliche Grundlage heutigen Handelns propagiert würden, entstehe verfassungsrechtliche Relevanz. Dies sei bei H. der Fall. Er verwende den algerischen Korankommentar als Grundlage für seine Vorträge. Der überwiegende Teil des Korankommentars vermittele friedliche und verfassungskonforme Inhalte. Jedoch beschäftigten sich einige wenige zentrale Passagen auch mit dem kriegerischen Dschihad.

    Zudem seien weitere salafistische Prediger (T. und Ö.) beim Kläger als Redner aufgetreten. Dadurch werde Personen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung wendeten, eine Plattform geboten, um auf sich als Person und ihre Haltung aufmerksam zu machen. Dadurch mache sich der Kläger deren salafistisches Gedankengut zu eigen. Die Veranstaltungen würden auf der Internetseite des Klägers und durch Aushänge öffentlich beworben und richteten sich an Moscheebesucher. Damit müsse sich der Kläger dies zurechnen lassen. Schließlich ließen sich auf der Internetseite des Klägers im Bereich Links und Downloads zahlreiche Bezüge in das salafistische Spektrum (Weiterleitung zur Internetseite des Vereins I.. e.V. und zu www....com) feststellen. Schließlich fördere der Kläger nicht die Allgemeinheit, weil er als Mitglieder nur Personen muslimischen Glaubens aufnehme.

    Mit Beweisbeschluss vom 11. Januar 2018 ordnete der Senat die Vernehmung von Dr. U. vom LfV BW als Zeugen an.

    Der Senat hat den Streitfall am 5. März 2018 mündlich verhandelt und den ersten Vorsitzenden des Klägers Y. informatorisch zur Sache befragt (auf die Sitzungsniederschrift und die Aufzeichnung auf Datenträger 00:00:00 - 00:27:37 wird verwiesen). Er gab an, er sei von Beruf Gymnasiallehrer mit vollem Deputat für die Fächer Deutsch und Englisch an einer Privatschule in aa.. Er sei in Deutschland geboren und aufgewachsen, habe in X auf Lehramt studiert und an der Privatschule, an der jetzt unterrichte, als Beamter das Referendariat absolviert. Er sei deutscher Staatsangehöriger, wohnhaft in aa., verheiratet und habe eine kleine Tochter. Beim Vorgängerverein habe es Unruhe wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten gegeben, die aber letztendlich nicht bewiesen werden konnten. Hauptgrund für die Gründung des Klägers sei gewesen, einen Trägerverein für die Moschee zu bilden und diese spirituell und organisatorisch zu betreiben. Es sei geplant, eine neue Moschee zu bauen, weil das derzeitige Moscheegebäude nicht angemessen sei. Die Gemeinde sei sehr stark gewachsen und umfasse ca. 1.000 Personen, die aber nicht alle Vereinsmitglieder seien. Die Moschee stehe allen - auch nichtmuslimischen - Personen offen. Der Kläger habe einen hauptberuflichen Imam angestellt, der auf Arabisch mit Simultanübersetzung ins Deutsche predige. Am Freitagsgebet nähmen regelmäßig mindestens 500 Gläubige teil. Neben der Abhaltung des Freitagsgebets seien weitere Schwerpunkte die Organisation von gemeinsamen Gebeten während des Ramadan mit Fastenbrechen sowie die Durchführung der zweimal jährlich stattfindenden Festtagsgebete. In den letzten Jahren habe auch die Flüchtlingshilfe eine große Rolle gespielt (Beschaffung von Essen und Kleidung; Begleitung bei Behördengängen; Hilfe beim Ausfüllen von Formularen). An Samstagen finde Schulunterricht für Kinder in den Fächern Arabisch, Koran und Islam statt. Den Infostand in der Xer Fußgängerzone gebe es sei ca. eineinhalb Jahren nicht mehr. Im Zuge des Moscheebauprojekts seien Kontakte zu Bürgermeister B. von der Stadt X geknüpft worden. Daraus sei ein jour-fixe mit Austausch zum Bauprojekt und anderen Themen entstanden, aus dem sich wiederum ein interreligiöser Dialog mit anderen Gruppen ergeben habe. Es fänden vierteljährliche Plenumssitzungen und verschiedene Arbeitsgemeinschaften mit Vertretern aller religiösen Richtungen in X statt. Die Haupteinnahmequelle des Klägers bestehe aus Spenden, die häufig beim Freitagsgebet geleistet würden. Der Kläger unterhalte keine Kontakte nach Syrien. Die Flüchtlingshilfe habe sich auf X beschränkt. Dort habe es eine große Anlaufstelle für Flüchtlinge gegeben. W. sei dem Vorstand als prominente Person bekannt gewesen. Über ein Gemeindemitglied sei der Vorstand des Klägers vier Tage vor dem Vortrag darauf gemacht worden, dass W. nach X kommen werde und Interesse habe, in der Moschee eine Rede zu halten. Da er eine prominente Persönlichkeit gewesen sei, habe der Vorstand zugestimmt. Von einem Einreiseverbot sei dem Vorstand nichts bekannt gewesen. W. habe als Mainstreamprediger gegolten. Von Inhalten seiner Reden, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verstießen, sei nichts bekannt gewesen. Es sei selbstverständlich, dass sich der Kläger von Gewalt und Extremismus distanziere. Dies zeige auch die Zusammenarbeit mit der Polizei in X. H. halte beim Kläger Vorträge auf Deutsch zum Ablauf von Gebeten und zu Handelsregeln im Islam. Aufrufe zum Dschihad seien nie vorgekommen und würden vom Kläger auch nicht toleriert werden. Im Übrigen sei dies auch nicht die Einstellung von H.. Ansonsten würde er beim Kläger nicht mehr vortragen. Die Aussagen von H. im Internet seien dem Vorstand nicht bekannt. T., früherer Imam in aa., halte beim Kläger ebenfalls Vorträge in deutscher Sprache. Ö., ein Stuttgarter Imam, sei nur zwei- bis dreimal beim Kläger gewesen. Die Internetseite mit Verlinkungen pflege ein Vorstandsmitglied. Auf den verlinkten Seiten stünden Bücher verschiedener Autoren über den Islam zum Download bereit.

    In der mündlichen Verhandlung hat der Senat des Weiteren den Zeugen Dr. U. vernommen (auf die Sitzungsniederschrift und die Aufzeichnung auf Datenträger 00:27:37 - 01:15:41 wird verwiesen). Der Zeuge gab an, er leite die Analysegruppe zum internationalen Extremismus und Terrorismus beim LfV BW. Nach den vorliegenden Erkenntnissen zähle der klägerische Verein zum salafistischen Spektrum. Als zwei Hauptströmungen unterscheidet der Zeuge den politischen - hier spiele die Gewaltfrage eine kleinere Rolle - und den dschihadistischen Salafismus, der auch Gewalt als Mittel zulasse. Am 1. Januar 2013 sei der weltweit bekannte und umstrittene Prediger W. in der Moschee des Vereins als Gastredner aufgetreten. Dabei seien weitere sehr prominente Vertreter des Salafismus anwesend gewesen, die der Zeuge in den Videos erkannt habe. W. hätte nicht nach Deutschland einreisen dürfen. Es sei für den Schengen-Raum ein Einreiseverbot verhängt worden. Die Schweizer Behörden hätten die Einreise verweigert, nachdem sich W. zum Dschihad in Syrien geäußert habe. Dies sei dem Zeugen aus einem Zeitungsartikel 2013 und aus einer Bundestagsdrucksache bekannt. Bei der Rede von W. in X sei es um Identität und einen authentischen Islam gegangen. Er habe sich plump über die Evolutionslehre lustig gemacht. Hauptaspekt der Rede sei die Aufforderung gewesen, in einem nicht muslimischen Umfeld ein vorbildliches Leben zu führen. Die Ausführungen in X hätten kaum Anlass zu Beanstandungen gegeben. Problematisch seien hingegen ältere Äußerungen in YouTube-Videos. Man könne ihn in einer Aufnahme aus Jemen als Militärimam in Uniform sehen. W. stehe für das Antimoderne, wenn es um die Evolutionslehre gehe. Er vertrete eine kreationistische Lehre und eine antiplurale Einstellung. Verfassungsschutzrechtliche Relevanz ergebe sich in diesem Zusammenhang aus vier Punkten: Frauenfeindlichkeit, Homophobie, ambivalentes Verhältnis zur Ausübung des Dschihad und Propagierung von Hadd-Strafen (Körperstrafen). H. vertrete den Angriffsdschihad und befürworte Sklaverei. Das LfV BW mache dem Kläger selbst im Hinblick auf Gewalt keine Vorwürfe. Es lägen keine Erkenntnisse vor, dass der Kläger zum Dschihad oder zu Gewalt aufgerufen habe. Über mehrstufige Verlinkungen von der Homepage des Klägers gelange man z.B. auf das Buch "Botschaft des Islam" von Al-Shehah. Unter anderem würden darin die Rechte des Ehemannes gegenüber seiner Frau thematisiert. Das Buch sei als jugendgefährdende Schrift indiziert.

    Dem Senat lagen bei seiner Entscheidung die den Streitfall betreffenden Akten des Finanzamts vor (1 Bd. Rechtsbehelfsakten; 1 Bd. Gemeinnützigkeitsakten).

    Entscheidungsgründe

    I. Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet.

    Die Ablehnung einer gesonderten Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO mit Bescheid vom 15. Dezember 2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. November 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten.

    Die Sache ist spruchreif. Das FA wird verpflichtet, die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gemäß § 60a Abs. 1 AO gesondert festzustellen (§ 101 Satz 1 FGO).

    II. Gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 AO wird die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO gesondert festgestellt. Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit ist für die Besteuerung der Körperschaft und der Steuerpflichtigen, die Zuwendungen in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen an die Körperschaft erbringen, bindend (§ 60a Abs. 1 Satz 2 AO). Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit erfolgt auf Antrag der Körperschaft (§ 60a Abs. 2 Nr. 1 AO) oder von Amts wegen bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer, wenn bisher noch keine Feststellung erfolgt ist (§ 60a Abs. 2 Nr. 2 AO).

    1. Grundlage der Feststellung gemäß § 60a AO ist die Satzung der Körperschaft, im Streitfall mithin die Satzung des Klägers vom xx. März 2012. Das FA prüft im Rahmen des Feststellungsverfahren, ob die Satzung den Anforderungen des §§ 51, 59, 60 und 61 AO entspricht. Zu untersuchen ist daher, ob die Körperschaft nach ihrer Satzung Bestrebungen im Sinne des § 4 BVerfSchG verfolgt oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwider handelt (§ 51 Abs. 3 AO), ob sich aus der Satzung ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, ob der Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 entspricht und ob er im Sinne der §§ 56 und 57 AO ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird (§ 59 AO), ob die Satzung bestimmt genug ist und die in der Anlage 1 zur AO bezeichneten Feststellungen enthält (§ 60 AO) und ob eine satzungsmäßige Vermögensbindung vorliegt (§ 61 AO).

    2. Im Streitfall erfüllt die Satzung des Klägers vom xx. März 2012 die Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61 AO.

    a) Der Satzungszweck ist aus § 2 der Satzung hinreichend erkennbar. Er entspricht zudem den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO. Der Kläger verfolgt nach der Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke.

    Bestrebungen im Sinne des § 4 BVerfSchG sind aus der Satzung nicht ersichtlich, die Satzung ist hinreichend bestimmt und enthält die in der Anlage 1 zur AO bezeichneten Feststellungen. Die satzungsmäßige Vermögensbindung (§ 61 AO) ist durch die Regelung in § 3 Abs. 3 der Satzung gegeben.

    b) Zudem liegen die Voraussetzungen des § 59 AO vor, insbesondere fördert der Kläger die Allgemeinheit.

    Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.

    Eine Förderung der Allgemeinheit setzt voraus, dass der Kreis der Personen, denen die Förderung zugutekommt, weder fest abgeschlossen ist, zum Beispiel bei einer Zugehörigkeit zu einer Familie oder der Belegschaft eines Unternehmens, noch infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann (§ 52 Abs. 1 Satz 2 AO). Unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AO ist als Förderung der Allgemeinheit auch die Förderung der Religion anzuerkennen (§ 52 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AO). Religion ist nach dem Verfassungsbegriff der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1, 2 GG) zu bestimmen. Religion ist nicht auf christliche Religionsrichtungen beschränkt (BFH-Urteil vom 15. Juni 1973 VI R 35/70, BFHE 110, 112, BStBl II 1973, 850; Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 151. Lieferung 02.2018, § 52 AO Rz. 20 f.; m.w.N.). Im Rahmen der Gemeinnützigkeit ist es nicht erforderlich, dass die gemeinnützige Körperschaft als öffentlich-rechtliche Körperschaft anerkannt ist (Gersch in: Klein, AO, 13. Auflage, 2016, § 52 Rz. 17). Da die Religion in vielfältiger Weise gefördert werden kann, muss der Satzungszweck "Förderung der Religion" in der Satzung hinreichend bestimmt sein (§ 60 Abs. 1 Satz 1 AO; sog. formelle Satzungsmäßigkeit; vgl. BFH-Urteil vom 31. Oktober 1984 I R 21/81, BFHE 142, 386, BStBl II 1985, 162; FG Nürnberg, Urteil vom 29. August 2000 I 78/1999, EFG 2000, 1351). Dem entsprechen die Regelungen in § 2 der Satzung des Klägers.

    aa) Das FA hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, der Kläger fördere wegen der Regelung in § 4 Abs. 1 der Satzung, wonach nur Personen muslimischen Glaubens Mitglieder des Klägers werden können, nicht die Allgemeinheit. Nach dem BFH-Urteil vom 17. Mai 2017 V R 52/15, BFHE 258, 124, BFH/NV 2017, 1220 sei eine Freimaurerloge, die Frauen von der Mitgliedschaft ausschließt, nicht gemeinnützig. Dieser Gedanke sei auf den vorliegenden Streitfall zu übertragen, mit der Folge, dass der Kläger wegen des Ausschlusses von Personen nichtmuslimischen Glaubens von einer Mitgliedschaft nicht gemeinnützig sei.

    bb) Nach Auffassung des Senats ist die Voraussetzung, dass nur Personen muslimischen Glaubens Mitglieder des Klägers werden können, sachlich gerechtfertigt und steht daher der Feststellung der Gemeinnützigkeit nicht entgegen.

    Bei dem Tatbestandsmerkmal einer Förderung der "Allgemeinheit" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Gehalt wesentlich geprägt wird durch die objektive Wertordnung, wie sie insbesondere im Grundrechtskatalog der Art. 1 bis 19 GG zum Ausdruck kommt. Eine Tätigkeit, die mit diesen Wertvorstellungen nicht vereinbar ist, ist keine Förderung der Allgemeinheit (BFH-Urteile vom 11. April 2012 I R 11/11, BFHE 237, 22, BStBl II 2013, 146, Rz. 16; vom 13. Dezember 1978 I R 39/78, BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482; vom 29. August 1984 I R 215/81, BFHE 142, 243, BStBl II 1985, 106; BFH-Beschluss vom 16. Oktober 1991 I B 16/91, BFH/NV 1992, 505). Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht nur dann ausgeschlossen, wenn sich die Tätigkeit einer Körperschaft gegen verfassungsrechtlich garantierte Freiheiten richtet, sondern auch bei einem Verstoß gegen Gleichheitsrechte des Art. 3 GG.

    Allerdings erkennt der BFH in seinem vom FA angeführten Urteil in BFHE 258, 124, BFH/NV 2017, 1220 [BFH 17.05.2017 - V R 52/15] dann keinen Verstoß gegen das Gebot der Förderung der Allgemeinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn sachliche Gründe im Zusammenhang mit der Art des gemeinnützigen Zwecks eine Beschränkung des Kreises der Mitglieder eines Vereins erforderlich machen (vgl. auch Gersch, a.a.O., § 52 Rz. 12, z.B. ein Männergesangsverein fördert nur Männer). Im vorliegenden Streitfall liegen sachliche Gründe für die in § 4 der Satzung geregelten Voraussetzung vor, dass nur Personen muslimischen Glaubens Mitglieder werden können. Der Kläger ist eine islamische Religionsgemeinschaft, die unmittelbar und mittelbar durch ihre Mitglieder der umfassenden Glaubensverwirklichung dient. Er widmet sich der Pflege, Vermittlung und Ausübung der islamischen Religion im Rahmen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und verfolgt damit einen förderungswürdigen Zweck im Sinne von § 52 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AO. Bei einer Aufnahme von Personen nichtmuslimischen Glaubens bestünde die Gefahr, dass die Erreichung dieses Zwecks erschwert oder sogar vereitelt werden könnte.

    III. Nach dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 60a, Nr. 2 Satz 4 in der Neufassung vom 31. Januar 2014, IV A 3 - S 0062/14/10002, BStBl I 2014, 290 soll die Feststellung nach § 60a Abs. 1 AO abzulehnen sein, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung bereits Erkenntnisse vorliegen, dass die tatsächliche Geschäftsführung nicht den Anforderungen des § 51 AO entspricht (dazu nach früherem Recht vor Einführung des § 60a AO mit Wirkung vom 29. März 2013 durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21. März 2013, BGBl I 2013, 556: BFH-Beschluss vom 11. Juni 2001 I B 30/01 BFH/NV 2001, 1223, 1225 [BFH 11.06.2001 - I B 30/01]). Hierauf beruft sich das FA auch im vorliegenden Streitfall.

    Diese Auffassung widerspricht jedoch dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Wie aus dem Wortlaut von § 60a Abs. 1 AO bereits hervorgeht ("Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60, 61 AO"), kontrolliert die Finanzverwaltung im Verfahren nach § 60a AO nur die Satzung als solche. Eine Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung (§ 63 AO) ist nicht vorgesehen. Die Tatsachenermittlung bleibt dem Veranlagungsverfahren vorbehalten. Dem § 60a AO ist somit das Verbot zu entnehmen, die Entscheidung über die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen von einer Tatsachenermittlung abhängig zu machen (Leisner-Egensperger in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 245. Lieferung 11.2017, § 60a AO Rz. 10; Gersch, a.a.O., § 60a AO Rz. 2; Niewerth in: Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, 106. Lieferung 02.2018, § 60a AO Rz. 2; Koenig in: Koenig, AO, 3. Auflage, 2014, § 60a Rz. 2). Auch eine auf § 51 Abs. 3 Satz 1 AO beschränkte - und also gegen nicht in der Satzung abgebildete extremistische Bestrebungen gerichtete - Berücksichtigung der tatsächlichen Geschäftsführung bereits im Feststellungsverfahren und nicht erst im Veranlagungsverfahren lässt sich mit dem eindeutigen Wortlaut des § 60a Abs. 1 Satz 1 AO nicht vereinbaren (vgl. Unger in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Auflage 1995, 137. Lieferung, § 60a AO Tz. 12; Kirchhain DStR 2014, 289, 292; Hüttemann DB 2014, 442, 445).

    Zwar würde es zur Verfahrensvereinfachung beitragen, wenn die Entscheidung über den Gemeinnützigkeitsstatus insgesamt - auch in materieller Hinsicht - in einem den einzelnen Steuerbescheiden vorgeschalteten Feststellungsverfahren getroffen würde. Allerdings würde die Prüfung der tatsächlichen Geschäftsführung das Verfahren deutlich verzögern; zudem eignet sich das instabile Merkmal der tatsächlichen Geschäftsführung nicht für eine Grundlagenfeststellung mit Wirkung für spätere Veranlagungszeiträume. Deshalb beschränkt sich § 60a AO zu Recht auf die Feststellung der formellen Satzungsmäßigkeit und ist kein vollständiges Anerkennungsverfahren (Seer, a.a.O., § 60a AO Rz. 2 und 16).

    IV. Es haben sich für den Senat aber auch keine hinreichenden Anhaltspunkte ergeben, dass der Kläger in seiner tatsächlichen Geschäftsführung gegen die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit verstoßen hat. Das Merkmal der Förderung der Allgemeinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 Satz 1 AO kann insbesondere nicht aufgrund verfassungsfeindlicher Bestrebungen des Klägers verneint werden.

    1. Als Förderung der Allgemeinheit sind solche Bestrebungen nicht anzuerkennen, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung Deutschlands richten. Nach der Regelung des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO setzt eine Steuervergünstigung voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen im Sinne des § 4 BVerfSchG fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, ist widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO nicht erfüllt sind (§ 51 Abs. 3 Satz 2 AO).

    Die objektive Feststellungslast für die Tatsachen, aus denen sich die Gemeinnützigkeit ergibt, trägt grundsätzlich die Körperschaft (BFH-Beschluss vom 28. Oktober 2004 I B 95/04, BFH/NV 2005, 160). Dass die Körperschaft im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung nicht gegen die Wertordnung des Grundgesetzes verstößt, ist allerdings eine negative Tatsache, die von der Körperschaft nur dann darzutun ist, wenn die Finanzbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass das nicht der Fall ist (BFH-Urteil vom 11. April 2012 I R 11/11, BFHE 237, 22, BStBl II 2013, 146). Als ein solcher Anhaltspunkt kommt die Erwähnung der Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes in Betracht.

    2. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil in BFHE 237, 22, BStBl II 2013, 146 [BFH 11.04.2012 - I R 11/11]) setzt die (widerlegbare) Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO voraus, dass die betreffende Körperschaft im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den zu beurteilenden Veranlagungszeitraum ausdrücklich als extremistisch eingestuft wird. Nicht ausreichend ist, dass die Körperschaft nur als Verdachtsfall oder sonst beiläufig Erwähnung findet.

    Im vorliegenden Streitfall ist der Kläger nicht in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes ausdrücklich als extremistisch eingestuft worden, so dass die (widerlegbare) Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO nicht eingreift.

    3. Die fehlende Anwendbarkeit des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO ändert nach der Rechtsprechung des BFH in BFHE 237, 22, BStBl II 2013, 146 [BFH 11.04.2012 - I R 11/11] jedoch nichts daran, dass der betreffende Verfassungsschutzbericht für die Beurteilung der Aktivitäten der Körperschaft ausgewertet und zum Anlass für weitere Ermittlungen genommen werden darf.

    a) Nach den Erkenntnissen des LfV BW (vgl. Vermerk des LfV BW vom 12. Mai 2017, GA Bl. 143 ff.) hätten beim Kläger wiederholt Veranstaltungen stattgefunden, zu denen Prediger als Vortragende eingeladen worden seien, die eindeutig dem salafistischen Spektrum zuzurechnen seien. Der als Zeuge vernommene Dr. U. vom LfV BW bestätigte die im Vermerk des LfV BW vom 12. Mai 2017 gemachten Äußerungen.

    b) Nach Auffassung des Senats sind jedoch die Auftritte der im Vermerk des LfV BW vom 12. Mai 2017 genannten Prediger - ebenso wie die vom Zeugen Dr. U. geschilderten mehrstufige Verlinkungen von der Homepage des Klägers auf Literatur zum Islam - alleine nicht geeignet, von verfassungsfeindlichen Aktivitäten des Klägers selbst auszugehen.

    aa) Der Zeuge Dr. U. hat in seiner Vernehmung eingeräumt, dass die Rede von W. am xx. xx. 2013 in der Moschee des Klägers keinen Inhalt hatte, der gegen § 4 BVerfSchG verstoßen oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwidergehandelt hätte. Hauptaspekt der Rede sei vielmehr die Aufforderung gewesen, in einem nicht muslimischen Umfeld ein vorbildliches Leben zu führen. Nach der weiteren Aussage des Zeugen liegen beim LfV BW keine Erkenntnisse vor, dass der Kläger selbst zu Gewalt aufgerufen bzw. verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt habe.

    bb) Es konnte auch nicht belegt werden, ob dem Kläger das vom Zeugen Dr. U. geschilderte problematische Gedankengut von W. (Frauenfeindlichkeit, Homophobie, ambivalentes Verhältnis zur Ausübung des Dschihad und Propagierung von Körperstrafen) bekannt war und - falls ja - ob er es sich gar zu eigen gemacht hat. Der erste Vorsitzende des Klägers Y. wies in seiner informatorischen Befragung darauf hin, dem Kläger sei von verfassungsfeindlichen Inhalten früherer Reden W.s - ebenso wie H.s - nichts bekannt gewesen. Er hätte solche Inhalte auch nicht akzeptiert. Es sei selbstverständlich, dass sich der Kläger von Gewalt und Extremismus distanziere und andersartige Inhalte bei seinen Veranstaltungen nicht dulde. Dies gelte auch für den Prediger H., der beim Kläger Vorträge auf Deutsch zum Ablauf von Gebeten und zu Handelsregeln im Islam halte. Aufrufe zum Dschihad seien nie vorgekommen und würden vom Kläger auch nicht toleriert werden.

    In diesem Zusammenhang sind das im Bestätigungsschreiben des Bürgermeisters der Stadt X B. vom xx.xx. 2018 geschilderte Engagement des Klägers im interreligiösen Dialog der Stadt X sowie die Teilnahme am Erfahrungsaustausch zwischen Landratsamt C, Polizeipräsidium aa., der Stadt X und den muslimischen Gemeinden des C zu beachten. Außerdem ist der Kläger an den internationalen Wochen gegen Rassismus aktiv beteiligt. Diese Aktivitäten stehen in deutlichem Gegensatz zur Annahme des FA und des LfV BW, der Kläger verfolge verfassungsfeindliche Bestrebungen.

    cc) Dennoch weist der Senat den Kläger darauf hin, dass er künftig bei der Auswahl seiner Gastredner größere Sorgfalt walten lassen sollte als er es in der Anfangszeit nach seiner Gründung - im Falle von W. nach den tatsächlichen Abläufen offenbar auch übereilt - getan hat. Der einmalige Auftritt eines salafistischen Predigers wie W., dessen problematische Positionen vom Zeugen Dr. U. kompetent, glaubhaft und eindrücklich geschildert wurden, mag noch nicht genügen, an der Verfassungstreue des Klägers zu zweifeln (vgl. auch FG Niedersachsen, Urteil vom 29. Januar 2015 10 K 274/13, nicht veröffentlicht, GA Bl. 215 ff.). Offen kann im vorliegenden Verfahren daher bleiben, wie der Sachverhalt zu beurteilen wäre, wenn es zu regelmäßigen Auftritten solch umstrittener Persönlichkeiten wie W. kommen würde.

    Dabei verkennt der Senat nicht, dass andere Prediger wie H. häufiger in der Moschee des Klägers gesprochen haben. Nach den Ausführungen des ersten Vorsitzenden halte H. beim Kläger Vorträge auf Deutsch zum Ablauf von Gebeten und zu Handelsregeln im Islam. Aufrufe zum Dschihad seien nie vorgekommen und würden vom Kläger auch nicht toleriert werden. Im Übrigen sei dies auch nicht die Einstellung von H.. Ansonsten würde er beim Kläger nicht mehr vortragen. Der Zeuge Dr. U. wiederum konnte zu den konkreten Inhalten der Reden H.s keine Angaben machen, so dass für den Kläger für das vorliegende Verfahren keine nachteiligen Schlussfolgerungen zu ziehen waren.

    V. Da die Klage bereits in ihrem Hauptantrag erfolgreich ist, war über die gestellten Hilfsanträge nicht mehr zu entscheiden.

    VI. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

    VII. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO bei der im vorliegenden Verfahren zu treffenden Einzelfallentscheidung nicht gegeben waren.

    VIII. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 FGO i.V. mit 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

    RechtsgebieteAO, BVerfSchGVorschriften§ 52 Abs. 1 S. 1 AO, § 60a Abs. 1 S. 1, 2 AO, § 60a Abs. 2 Nr. 1, 2 AO, § 4 BVerfSchG