01.07.2022 · IWW-Abrufnummer 230039
Finanzgericht Münster: Urteil vom 05.05.2022 – 5 K 1753/20 U
Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die Umsatzsteueränderungsbescheide für 2014 bis 2016 vom 29.05.2019 und die Umsatzsteuerfestsetzung für 2018 vom 27.02.2020, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2020, werden dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer auf 11.696,60 € (2014), 17.481,69 € (2015), 10.153,58 € (2016) und auf 6.064,27 € (2018) festgesetzt wird.
Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 20.02.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2020 wird der Beklagte verpflichtet, die Umsatzsteuer für 2017 auf 7.726,51 € festzusetzen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2
Streitig ist, ob unselbständige (nichtrechtsfähige) Stiftungen, die zivilrechtlich nur durch ihren Rechtsträger handeln können, in umsatzsteuerlicher Hinsicht Leistungsempfänger im Rahmen von Leistungsaustauschverhältnissen mit ihrem Rechtsträger sein können.
3
Der Kläger ist ein beim Amtsgericht C eingetragener Verein, dessen Satzung zuletzt mit Datum 09.06.2017 geändert wurde. Vor seiner Umbenennung nannte sich der Verein „U e.V.“. Gemäß der Präambel seiner Satzung unterstützt, berät und verwaltet er als Treuhänder unselbständige Stiftungen und selbständige Stiftungen und ist damit in den Bereichen Schenkungen, Nachlässe, Stiftungsgründungen und Projektförderungen tätig. Er fördert gemeinnützige Zwecke i.S.d. §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO), nämlich die in § 52 Abs. 2 Nr. 1 bis 4, 7 bis 10, 13 bis18 und 23 bis25 AO aufgeführten Zwecke. Er verwirklicht seine gemeinnützigen Zwecke durch Werbung und Mittelbeschaffung für seine Mitglieder und die von ihm verwalteten unselbständigen Stiftungen gemäß § 57 Abs. 2, § 58 Nr. 1 und 2 AO; daneben verfolgt der Kläger seine gemeinnützigen Zwecke auch selbst oder durch Hilfspersonen (vgl. § 3 der Satzung vom 09.06.2017). Mitglieder des Klägers können auf Antrag durch Beschluss des Vorstands alle rechtsfähigen Vereinigungen werden, die gemeinnützig oder mildtätig im Sinne der Steuergesetze sind (§ 2 Abs. 1 der Satzung vom 09.06.2017).
4
Der Kläger hält für den Schwerpunkt seiner Vereinstätigkeit, der Förderung durch Spenden- und Zuwendungsvergabe, wofür beispielsweise im Jahr 2018 insgesamt mehr als 13 Mio. € aufgewendet wurden, gemäß seinen Satzungszwecken inzwischen selbständige (rechtsfähige) Stiftungen, selbst (mit)errichtete unselbständige (nichtrechtsfähige) Stiftungen (sog. Zukunfts- und Themenstiftungen) sowie von anderen Stiftern errichtete sogenannte unselbständige (nichtrechtsfähige) Treuhandstiftungen.
5
Die drei vom Kläger verwalteten rechtsfähigen Stiftungen hat er nach ihrer Gründung aufgrund regionaler Verbundenheit übernommen. Mit deren Verwaltung bildet der Kläger einen ‒ hier unstreitigen ‒ (umsatzsteuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
6
Die ersten unselbständigen Zukunfts- und Themenstiftungen wurden Anfang der 2000er-Jahre aus früheren Abteilungen bzw. beim Kläger intern veranlagter Fonds und Zustiftungen Dritter (durch Abschluss von Treuhandverträgen und Beschluss von Satzungen) gebildet und gegründet. Diese Stiftungen werden funktional als eigene Abteilungen des Klägers und regelmäßig unter dem Kunstnamen „Zukunftsstiftung“ oder „Themenstiftung“ geführt (Zukunftsstiftung M, Zukunftsstiftung F (früher F), Zukunftsstiftung C, H Stiftung und Stiftung T), was die Spendeneinwerbung erleichtert. Nach den jeweiligen Satzungen handelt es sich bei den Zukunfts- und Themenstiftungen um gemeinnützige nichtrechtsfähige Stiftungen des privaten Rechts, welche vom Kläger treuhänderisch verwaltet werden. Wegen der Einzelheiten wird beispielhaft auf den Treuhandvertrag und die Satzung vom 10.11.2001 für die „Zukunftsstiftung F“ Bezug genommen. Zu den dortigen Stiftern gehören neben dem Kläger, welcher den höchsten Vermögensanteil zum Anfangsvermögen der Stiftung beitrug, 17 weitere Stifter (natürliche Personen, Vereine und Unternehmen). Die Zukunftsstiftung F ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Bei Auflösung der Stiftung oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen der Stiftung gemäß § 7 der Satzung dem Kläger an, der es wiederum ausschließlich und unmittelbar für gemeinnützige Zwecke zu verwenden hat.
7
Eine dieser selbst gegründeten Zukunfts- und Themenstiftungen ist die „Stiftung T“. Diese bietet Menschen und Initiativen die Möglichkeit, eigene Stiftungsfonds ‒ beim Kläger auch „kleine Stiftung“ genannt ‒ zu gründen und über die „Stiftung T“ verwalten zu lassen. In der Präambel der Satzung der „Stiftung T“ (Fassung vom 30.05.2016) heißt es auszugsweise wie folgt: „Die Stiftung T wird im Rahmen der gemeinnützigen Zwecke der H e.V. tätig. Sie eröffnet einzelnen Menschen, Gemeinschaften und Einrichtungen die Möglichkeit, mit Schenkungen unter Auflage (Stiftungsfonds) und im Wege von Zustiftungen aus eigener Initiative gemeinnützige und mildtätige Zwecke zu verwirklichen.“ Die „Stiftung T“ ist auf Dauer angelegt. Bei Auflösung oder Aufhebung der Stiftung oder Wegfall der steuerbegünstigten Zwecke fällt das Vermögen der Stiftung gemäß § 7 der Satzung dem Kläger an, der es ausschließlich und unmittelbar für gemeinnützige Zwecke zu verwenden hat. Wegen er Einzelheiten wird auf die Satzung der „Stiftung T“ in der Fassung vom 30.05.2016 Bezug genommen.
8
Unter der „Stiftung T“ wird im Streitzeitraum eine Vielzahl von „Stiftungsfonds“ verwaltet. Zu deren Errichtung wird beispielhaft auf die Vereinbarung über die Errichtung des Stiftungsfonds L Stiftung (Schenkung unter Auflage) vom 18.12.2016 verwiesen. Das dort schenkweise übertragene Kapital in Höhe von 2,1 Mio. € soll vom Kläger 30 Jahre treuhänderisch verwaltet und entsprechend der vereinbarten gemeinnützigen Zwecke eingesetzt werden. Gemäß § 5 („Kostenbeitrag“) beteiligt sich der Stiftungsfond an den Kosten der Stiftung T gemäß Stiftungsbeitragsregelung des Klägers in der jeweils gültigen Fassung, wobei dies im Rahmen der jährlichen Abrechnung zu Lasten der Erträge oder dem Vermögen des Stiftungsfonds geschieht. Das nach Ablauf von 30 Jahren noch vorhanden Stiftungsfondsvermögen soll sodann ebenfalls für die in der Vereinbarung genannten Zwecke verwendet werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom 18.12.2016 Bezug genommen.
9
Neben den drei übernommenen selbständigen Stiftungen und den vom Kläger selbst (mit)gegründeten unselbständigen Zukunfts- und Themenstiftungen ist der Kläger Treuhänder von sogenannten „neuen Treuhandstiftungen“ (Stiftung X, JC Stiftung, Q Stiftung, BB Stiftung, CJ Stiftung, UJ Stiftung, BS Stiftung, D Stiftung, Stiftung W und Y Stiftung). Bei diesen vom Kläger treuhänderisch verwalteten, jüngeren unselbständigen Stiftungen hatten sich die jeweiligen Stifter zur Errichtung überwiegend initiativ an den Kläger gewandt, um die Betriebskosten zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen Handlungsintention gering zu halten und dafür Sorge zu tragen, dass ein größtmöglicher Betrag unmittelbar und möglichst nachhaltig (auch über ihren Tod hinaus) gemeinnützigen Zwecken zugutekommt. Zur Gründung der neuen Treuhandstiftungen haben der Kläger und der jeweilige Stifter jeweils einen Treuhandvertrag (teilweise auch als Schenkung mit Auflage bezeichnet) abgeschlossen und eine Satzung beschlossen. Gemäß den zwischen den Stiftern und dem Kläger abgeschlossenen Treuhandverträgen (vgl. z.B. Treuhandverträge der D Stiftung, Stiftung X und HS Stiftung) übertrugen die Stifter dem Kläger ‒ teilweise ausdrücklich im Wege der Schenkung ‒ Kapital unter Auflage, teils auch mit Widerrufsrecht (insbesondere bei Verstoß gegen die Auflagen), welches das Stiftungsvermögen bildet. Eigentümer des Anfangskapitals und weiterer Mittel wird jeweils der Kläger als Träger des Stiftungsvermögens. Die Geschäfte der jeweiligen unselbständigen Stiftung führt er als Treuhänder jeweils nach Maßgabe des mit dem Stifter geschlossenen Treuhandvertrags und der Satzung der Treuhandstiftung. Bei der Ausführung des Auftrags kann er sich auch anderer fachkundiger Stellen oder Personen bedienen und diesen Aufträge erteilen. Wird der Treuhandvertrag beendet, hat der Treuhänder das Stiftungsvermögen nach Weisung des Stiftungsvorstandes auf den von diesem bestimmten neuen Treuhänder zu übertragen. Eine Rückübertragung des Stiftungsvermögens auf die Stifter ist trotz der explizit treuhänderischen Ausgestaltung im Stiftungsgeschäft nicht vorgesehen.
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Weiter ist in den Treuhandverträgen und auch in den jeweiligen Satzungen geregelt, dass der Kläger jährlich nach Maßgabe seiner „Beitragsordnung“ von der von ihm jeweils verwalteten Stiftung einen „Beitrag“ für seine gemeinnützigen Aufgaben und zur Abdeckung der Aufwendungen, die ihm als geschäftsführender Treuhänder für die Verwaltung der Stiftung entstehen, erhält (vgl. z.B. Treuhandverträge und Satzungen der D Stiftung, HS Stiftung und Stiftung X). Der Jahresbeitrag bemisst sich anhand einer Beitragsstaffel nach dem Bestand des jeweiligen Stiftungsvermögens zum 1. Januar des jeweiligen Kalenderjahres. Der im Jahr der Gründung zu entrichtende Beitrag wurde bereits im Treuhandvertrag festgeschrieben. In den Satzungen der unselbständigen Zukunfts- und Themenstiftungen ist die jährliche Erhebung eines anhand der Beitragsstaffel bemessenen „Stiftungsbeitrags“ gleichermaßen geregelt.
11
Die unselbständigen Stiftungen sind vom Beklagten als gemeinnützige Körperschaften anerkannt.
12
Die unselbständigen Stiftungen ‒ die „Zukunfts- und Themenstiftungen“ und auch die neuen Treuhandstiftungen ‒ schließen schon mangels Rechtsfähigkeit selbst keine Verträge, insbesondere keine Anstellungsverträge. Für das von den Zukunfts- und Themenstiftungen benötigte Personal, um ihre Projekte und Förderungen zu verwirklichen, erfolgt die Anstellung unter Vertragsschluss mit dem Kläger, jedoch unter eindeutiger Benennung des inhaltlichen und fachlichen Einsatzortes in der jeweiligen unselbständigen Treuhandstiftung (vgl. die beiden in der mündlichen Verhandlung überreichten Anstellungsverträge mit der H e.V. bzw. mit der „Zukunftsstiftung C in der H e.V.“ als Arbeitgeber). Die hierdurch dem Kläger entstandenen Personalkosten werden nach einem entsprechendem Vorstandsbeschluss den Zukunfts- und Themenstiftungen belastet.
13
Der Kläger verwaltet das jeweilige Stiftungsvermögen gesondert von seinem übrigen Vermögen. Hierzu führt er für jede unselbständige Stiftung eine Art Spartenrechnung. Im Sinne einer internen Kostentransparenz werden auch sämtliche Sach- und Personalkosten (Miete und Mietnebenkosten, allgemeine Geschäftsführung, Durchführung und Unterstützung der ‒ ggf. operativen ‒ satzungsmäßigen Tätigkeit nach den Vorgaben des Stiftungsgeschäfts und etwaiger stiftungseigener Gremien, EDV-Kosten, Hausmeister, Porto etc.), die unter dem Dach des Klägers entstehen, der verursachenden Abteilung bzw. unselbständigen Stiftung anteilig zugeordnet und verrechnet. Wird beispielsweise beim Kläger eine Mitarbeiterin für den Einsatz „im Bereich Zukunftsstiftung C“ eingestellt, werden die hierdurch dem Kläger entstandenen Personalkosten der Zukunftsstiftung C belastet (vgl. hierzu beispielhaft die in der mündlichen Verhandlung überreichte Personalkostenverrechnung 2015).
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Des Weiteren erhob der Kläger ‒ wie in den Treuhandverträgen und Satzungen der neuen Treuhandstiftungen und der Zukunfts- und Themenstiftungen vorgesehen ‒ für seine Verwaltungs- und Beratungsleistungen (u.a. Buchhaltung und Jahresabschluss, Budgeterstellung und Auswertungen, Antragsmanagement, Zahlungsverkehr, Vermögensanlage, Beratungsleistungen) die anhand der Beitragsstaffel festgelegten pauschalierten „Stiftungsbeiträge“. Diese „Stiftungsbeiträge“ wurden ungeachtet der tatsächlichen oder mutmaßlichen Inanspruchnahme erhoben. Die Erhebung erfolgt durch Gutschrift beim Kläger und Belastung der jeweiligen Stiftung.
15
Der Kläger ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit (u.a. Freistellungsbescheid vom 07.08.2014 für 2013 zur Körperschaftsteuer). Eine partielle Steuerpflicht besteht nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe.
16
In seinen jeweils im Folgejahr abgegebenen Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2014 bis 2016, die gemäß § 168 AO jeweils einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich standen, erklärte der Kläger Umsatzsteuern i.H.v. 7.176,35 € (2014), 12.699,24 € (2015) und 5.308,26 € (2016).
17
Im Jahr 2018 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung J (GKBP) eine Betriebsprüfung (Bp) beim Kläger durch, deren Prüfungsgegenstand u.a. die Umsatzsteuer 2014-2016 umfasste. In ihrem Prüfungsbericht vom 17.12.2018 (Gerichtsakte Bl. 49 ff.) stellte die Prüferin u.a. Folgendes fest:
18
Tz. 2.3 (Personal- und Sachkostenerstattungen) des GKBP-Berichts:
19
Mit der entgeltlichen Überlassung von Räumen und der bloßen Weiterberechnung entstandener Kosten für EDV, Porto und Hausmeister an die eigenen gemeinnützigen Zukunftsstiftungen werde ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet. Während die Raumüberlassung in Form einer Untervermietung steuerfrei nach § 4 Nr. 12a Umsatzsteuergesetz (UStG) erfolge, seien die übrigen Sachkostenerstattungen umsatzsteuerpflichtig zu 19 %. Da zu den übrigen Sachkostenerstattungen jedoch Eingangsrechnungen mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer vorlägen, bestehe ein Vorsteuerabzug in gleicher Höhe, sodass hier aus Vereinfachungsgründen auf eine Darstellung verzichtet werde.
20
Die dauerhafte Überlassung des Personals des Klägers für verschiedene Tätigkeiten (Projektarbeit, Geschäftsführer, Antragsmanagement u.a.) bei den nichtrechtsfähigen Zukunfts- und Themenstiftungen würden umsatzsteuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen gegen Aufwandsersatz darstellen. Es sei insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 14 AO anzunehmen, die über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgehe. Auch nichtrechtsfähige Stiftungen könnten umsatzsteuerliche Leistungsempfänger sein.
21
Da eine Nachberechnung der Umsatzsteuer für den Prüfungszeitraum aufgrund der bestehenden Vereinbarungen nicht mehr erfolgen könne, sei die Umsatzsteuer für den Prüfungszeitraum i.H.v. 19 % aus den vereinnahmten Entgelten herauszurechnen.
22
Beträge in €
2014
2015
2016
Aufwandsersatz
Brutto
416.976,20
601.710,59
714.679,81
Netto
350.400,17
505.639,15
600.571,27
USt
66.576,03
96.071,44
114.108,54
23
Tz. 2.4 (Stiftungsbeiträge für die Verwaltung von Treuhandstiftungen) des GKBP-Berichts:
24
Der Kläger verwalte als Treuhänder u.a. das Stiftungsvermögen von insgesamt 18 Treuhandstiftungen (sog. „Zukunftsstiftungen“ und für Kunden errichtete nicht rechtsfähige Stiftungen). Die von ihm für seine Verwaltungs- und Beratungsleistungen erhobenen pauschalierten Stiftungsbeiträge würden der Umsatzsteuer (19 %) unterfallen. Die Treuhandstiftungen seien als sonstige Wirtschaftsgebilde umsatzsteuerliche Leistungsempfänger.
25
Die Verwaltungstätigkeit erbringe der Kläger im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Die selbständige und nachhaltige Tätigkeit des Klägers stelle keine vermögensverwaltende Tätigkeit dar; die Erhebung eines nur kostendeckenden Entgelts sei unschädlich, da eine Gewinnerzielungsabsicht ausdrücklich nicht erforderlich sei. Ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb liege nicht vor. Ein solcher würde nach § 65 AO spätestens daran scheitern, dass der Kläger mit der Stiftungsverwaltung in einen vermeidbaren Wettbewerb mit nicht begünstigten Einrichtungen eintrete, die ähnliche Leistungen anböten (§ 65 Nr. 3 AO). Die als Stiftungsbeiträge bezeichneten Vergütungen seien auch keine nicht steuerbaren Mitgliedsbeiträge i.S.d. § 8 Abs. 5 KStG.
26
Nach den vertraglichen Vereinbarungen sei grundsätzlich von einer sogenannten Netto-Vereinbarung auszugehen, sodass die Umsatzsteuer auf die vereinnahmten Beträge aufzuschlagen sei. Da nach Auskunft des Klägers für den Prüfungszeitraum eine Nachberechnung der Umsatzsteuer aufgrund der bestehenden Vereinbarung nicht mehr vorgenommen werden könne, werde die Umsatzsteuer aus den vereinnahmten Entgelten herausgerechnet:
27
Beträge in €
2014
2015
2016
Beiträge Stiftungen lt. Staffel
brutto
135.326,60
147.610,00
141.655,00
Beiträge Dachstiftung
brutto
223.174,98
213.250,00
251.284,27
Summe brutto
358.501,58
360.860,00
392.939,27
Summe netto
301.261,83
303.243,70
330.201,07
USt
57.239,75
57.616,30
62.738,20
28
Ergänzung zur umsatzsteuerlichen Organschaft
29
Nichtrechtsfähigen Stiftungen wie vorliegend fehle es an der nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG geforderten finanziellen Eingliederung einer Organgesellschaft, da sie über keine Anteilseigner verfügen würden und auch sonst nicht kapitalistisch strukturiert seien.
30
Im Rahmen einer mündlichen Erörterung verzichtete der Kläger auf den Nachweis und die Ermittlung von etwa angefallenen Vorsteuerbeträgen.
31
Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 17.12.2018 der GKBP Bezug genommen.
32
Zur Umsetzung der Feststellungen der durchgeführten Bp erließ der Beklagte nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide 2014 bis 2016 vom 20.03.2019, mit denen er die Umsatzsteuer auf 135.512,38 € (2014), 171.169,46 € (2015) und 187.000,26 € (2016) festsetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde zugleich jeweils aufgehoben.
33
Gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2015 und 2016 legte der Kläger fristgemäß Einsprüche ein. Gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid für 2014 erhob der Kläger hingegen zwecks Durchführung eines Musterverfahrens Sprungklage zum Finanzgericht Münster (Az. 5 K 1265/19 U). Als der Beklagte die Zustimmung zur Sprungklage nicht erteilte, wurde die Klage gemäß § 45 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) als Einspruch behandelt.
34
Zur Begründung seiner Einsprüche führte der Kläger u.a. aus, dass die unselbständigen Stiftungen nicht die Qualität eines Rechtssubjekts aufweisen und daher auch nicht Empfänger umsatzsteuerbarer Leistungen bezüglich der gezahlten „Personalkostenerstattungen“ und „Stiftungsbeiträge“ sein würden. Die Treuhandstiftungen seien nicht rechtsfähig und zivilrechtlich allein aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen Stifter und Stiftungsträger fingiert. In ihrer rechtlichen wie wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit seien sie zwingend Teil des Vermögens des Rechtsträgers. Die Fiktion der Steuersubjektivität in § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG könne aus systematischen Gründen nicht für die Umsatzsteuer herangezogen werden. Nach Art. 9 und 10 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) sei Unternehmer nur, wer selbständig im zivilrechtlichen Sinne sei. Die nichtrechtsfähige Stiftung sei aber durch ein Rechtsverhältnis ihrem Rechtsträger unterworfen und selbst nicht rechtlich handlungsfähig.
35
Zumindest aber müssten die streitgegenständlichen Vorgänge nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz den Grundsätzen der Bruchteilsgemeinschaft (Bundesfinanzhof(BFH)-Urteil vom 22.11.2018, V R 65/17) entsprechend als nicht steuerbar behandelt werden.
36
Hiernach könnten im Außenverhältnis vertragliche Beziehungen allein zum Stiftungsträger begründet werden und zwischen Stiftungsträger und nichtrechtsfähiger Stiftung umsatzsteuerbare sonstige Leistungen nicht erfolgen. Anders als rechtsfähige Stiftungen seien nichtrechtsfähige Stiftungen unfähig, Träger von Rechten und Pflichten zu sein und würden weder selbst noch durch Vertreter am Rechtsverkehr teilnehmen. Vielmehr müsse der Rechtsträger für die nichtrechtsfähige Stiftung handeln.
37
Würden prinzipiell steuerbare Verwaltungsleistungen angenommen, müsste konsequenterweise eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen dem Kläger als Organträger und der nichtrechtsfähigen Stiftungen als Organgesellschaften angenommen werden. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG sei über die Personengesellschaften hinaus erst recht auf die unselbständigen Stiftungen zu erstrecken. Nichtrechtsfähige Stiftungen seien mangels rechtlicher Eigenständigkeit von vornherein eingebunden und würden ohnehin nur in Gestalt des Stiftungsträgers existieren bzw. handlungsfähig sein. An sich seien sie tatsächlich gar nicht erst als personenverschieden zu behandeln.
38
Aufgrund hier nicht aufgeführter weiterer Ausführungen des Klägers in seiner Einspruchsbegründung betreffend die unselbständige HS Stiftung erließ der Beklagte am 29.05.2019 gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO geänderte Umsatzsteuerbescheide 2014 bis 2016, mit denen er die steuerpflichtigen Umsätze um jeweils 21.000 € minderte, weil sich die Personalkostenerstattungen (Tz. 2.3 des Bp-Berichts vom 17.12.2018) nunmehr wie folgt darstellten:
39
Beträge in €
2014
2015
2016
GKBP Tz. 2.3
Aufwandsersatz
brutto
416.976,20
601.710,59
714.679,81
Korrektur wg. HS Stiftung
./.21.000,00
./.21.000,00
./.21.000,00
verbleiben
brutto
395.976,20
580.710,59
693.679,81
netto
332.753,11
487.992,09
582.924,21
USt
63.223,09
92.718,50
110.755,60
40
Die Umsatzsteueränderungsbescheide 2014 bis 2016 vom 29.05.2019, mit den die Umsatzsteuer auf 132.159,45 € (2014), 167.816,53 € (2015) und 183.647,33 € (2016) herabgesetzt wurde, wurden Gegenstand des anhängigen Einspruchsverfahrens (§ 365 Abs. 3 Satz 1 AO).
41
Für 2017 gab der Kläger zunächst am 11.02.2019 und nochmals am 14.02.2019 eine Umsatzsteuerjahreserklärung ab, in denen er die Entgelte für Personalkosten und Stiftungsbeiträge noch nicht als steuerpflichtige Umsätze berücksichtigte. In einer am 22.05.2019 eingereichten, berichtigten Umsatzsteuererklärung berücksichtigte er entgegen seiner eigenen Auffassung die streitigen Vorgänge als steuerpflichtige Umsätze und erklärte eine festzusetzende Umsatzsteuer i.H.v. 216.199,06 € (Gerichtsakte Bl. 83 ff.). Für den gegen die daraufhin erfolgte „Abrechnung“ zur Umsatzsteuer vom 14.06.2019 eingelegten Einspruch bat der Kläger am 04.02.2020 um Auslegung als Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung. Diesen Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20.02.2020 ab. Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein.
42
In der erstmaligen Umsatzsteuererklärung für 2018 mit Datum 27.02.2020 meldete der Kläger eine festzusetzende Umsatzsteuer i.H.v. 270.003,61 € an (Gerichtsakte Bl. 90 ff.) und berücksichtigte auch hier entgegen seiner eigenen Auffassung die streitigen Vorgänge als steuerpflichtige Umsätze. Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein.
43
Die streitbefangenen Beträge, aufgegliedert nach Personalkostenerstattung und Stiftungsbeiträge lauteten nunmehr (noch):
44
Beträge in €
2014
2015
2016
2017
2018
Aufwandsersatz
brutto
416.976,20
601.710,59
714.679,81
882.878,91
1.086.680,40
Korrektur wg. HS Stiftung
./.21.000,00
./.21.000,00
./.21.000,00
-
-
verbleiben
brutto
395.976,20
580.710,59
693.679,81
882.878,91
1.086.680,40
netto
332.753,11
487.992,09
582.924,21
741.915,05
913.176,86
USt
63.223,09
92.718,50
110.755,60
140.963,86
173.503,60
45
Beträge in €
2014
2015
2016
2017
2018
Beiträge Stiftungen lt. Staffel
brutto
135.326,60
147.610,00
141.655,00
Beiträge Dachstiftung
brutto
223.174,98
213.250,00
251.284,27
Summe brutto
358.501,58
360.860,00
392.939,27
426.402,44
570.673,77
Summe netto
301.261,83
303.243,70
330.201,07
358.321,38
479.557,79
USt
57.239,75
57.616,30
62.738,20
68.081,06
91.115,98
46
Mit Einspruchsentscheidung vom 19.05.2020 wies der Beklagte die Einsprüche wegen Umsatzsteuer 2014 bis 2016 und 2018 sowie wegen Ablehnung des Antrags auf Änderung der Umsatzsteuer 2017 als unbegründet zurück. Die Umsatzsteuerfestsetzungen für 2017 und 2018 beließ er unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Zur Begründung führte der Beklagte u.a. wie folgt aus:
47
Tz. 2.3 des GKBP-Berichts:
48
Mit der Personalüberlassung an ihre nichtselbständigen Stiftungen habe der Kläger steuerbare Umsätze in Form von sonstigen Leistungen gegen Entgelt erbracht. Mit der Überlassung des Personals habe der Kläger Einnahmen im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 14 AO erzielt. Der Personalüberlassung liege ein steuerbarer Leistungsaustausch zugrunde. Auch nichtrechtsfähige Stiftungen könnten umsatzsteuerliche Leistungsempfänger sein (Lippross, Umsatzsteuer, Grüne Reihe Steuerrecht für Studium und Praxis, 24. Aufl., S. 88 ff.). Das Entgelt sei in Form eines Aufwandsersatzes erbracht worden, aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen sei.
49
Tz. 2.4 des GKBP-Berichts:
50
Bei den für die Verwaltung der Treuhandstiftungen vereinnahmten Stiftungsbeiträgen (Beitragsregelung vom 10.04.2008) handele es sich entsprechend der Prüfungsfeststellungen ebenfalls um Einnahmen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§§ 14, 64 AO). Der Kläger sei mit seinen Verwaltungsarbeiten (Buchhaltung und Jahresabschluss, Budgeterstellung und Auswertungen, Spendenquittierung, Antragsmanagement, Zahlungsverkehr, Vermögensanlage, Beratungsleistungen, Reisen von Mitarbeitern des Klägers) selbständig und nachhaltig tätig gewesen und habe Einnahmen in Form von Stiftungsbeiträgen erzielt.
51
Die Verwaltungsdienstleistungen seien entgeltlich im Rahmen eines steuerbaren Leistungsaustauschs erbracht worden. Auch Treuhandstiftungen als sonstige Wirtschaftsgebilde könnten umsatzsteuerlich Leistungsempfänger sein. Die für die Tätigkeit als Treuhänder erzielten Einnahmen in Form von Stiftungsbeiträgen würden das Entgelt hierfür darstellen, wobei unschädlich sei, dass es sich nur um ein kostendeckendes Entgelt handele. Bei den Stiftungsbeiträgen handele es sich auch nicht um nicht steuerbare Mitgliedsbeiträge im Sinne von § 8 Abs. 5 KStG, da die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Denn die verwalteten nichtrechtsfähigen Stiftungen seien keine Mitglieder des Klägers, mitgliedsfähig wären u.a. nur rechtsfähige Stiftungen. Die Stiftungsbeiträge könnten auch nicht wie Mitgliedsbeiträge behandelt werden.
52
Als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt werden könne das pauschaliert berechnete Entgelt, auch wenn dieses keinen Gewinnaufschlag umfasse. Denn es würden ausschließlich steuerbegünstigte Stiftungen verwaltet; der vorliegende Verzicht auf Zahlung eines marktüblichen Entgelts sei auch gemeinnützigkeitsrechtlich unschädlich. Die Umsatzsteuer sei aus dem vereinnahmten Entgelt jeweils herauszurechnen.
53
Umsatzsteuerliche Organschaft
54
Eine umsatzsteuerliche Organschaft liege nicht vor, weil es an einer finanziellen Eingliederung wie bei einer juristischen Person fehle. Unselbständige Stiftungen würden über keine Anteilseigner verfügen und seien auch sonst nicht kapitalistisch strukturiert. Damit fehle nichtrechtsfähigen Stiftungen die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG geforderte Eigenschaft einer Organgesellschaft. Es liege keine finanzielle Eingliederung vor.
55
Hierauf hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er wie folgt vorträgt:
56
Weder bei den Personalkostenerstattungen für die Zukunfts- und Themenstiftungen, noch bei den sogenannten Stiftungsbeiträgen handele es sich um steuerbare Umsätze des Klägers.
57
a) Die nichtrechtsfähigen Stiftungen (die Zukunfts- und Themenstiftungen sowie die neuen Treuhandstiftungen) seien bereits keine tauglichen Empfänger umsatzsteuerlicher Leistungen von ihrem Rechtsträger, da die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit notwendige Voraussetzung für die umsatzsteuerliche Einordnung als Empfänger einer steuerbaren Leistung sei.
58
Zivilrechtlich sei die unselbstständige (d. h. nichtrechtsfähige) Stiftung in ihrer Existenz seit jeher allgemein anerkannt. Teilweise sei ihre genaue dogmatische Einordnung in zivil- bzw. gesellschaftsrechtliche Kategorien umstritten. Allgemein verstehe man unter einer unselbstständigen Stiftung die Zuwendung von Vermögen durch den Stifter an eine natürliche Person oder einen anderen mit Rechtsfähigkeit ausgestatteten Stiftungsträger (juristische Person, Personenhandelsgesellschaft, Gesellschaft bürgerlichen Rechts) mit der Maßgabe, die übertragenen Werte wirtschaftlich getrennt von seinem Eigenvermögen als Sondervermögen zu verwalten und dauerhaft zur Verfolgung von Zwecken zu nutzen, die der Stifter festgelegt habe.
59
Zivilrechtlich sei zumindest bei einer Stiftung unter Lebenden die dogmatische Einordnung der unselbständigen Stiftung teilweise umstritten, werde aber - mangels Regelung in §§ 80 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - nicht als einseitiger Errichtungsakt, sondern schuldrechtlich entweder als Schenkung unter Auflagen (§§ 516 ff. BGB) oder als Treuhandvertrag (also Auftrag bzw. Geschäftsbesorgung gemäß §§ 662 ff., 675 BGB) zwischen Stifter und Stiftungsträger behandelt. Die Treuhandstiftung sei demnach ein klassischer Unterfall der unselbstständigen Stiftung. Im Streitfall sei eine Rückübertragung des Stiftungsvermögens auf die Stifter trotz der explizit treuhänderischen Ausgestaltung im Stiftungsgeschäft nicht vorgesehen, so dass es sich zivilrechtlich um Schenkungen unter Auflagen handeln dürfte.
60
Die Steuersubjektqualität der unselbständigen Stiftung sei für jede Steuerart vor dem Hintergrund der jeweiligen Besteuerungszwecke gesondert zu bewerten. Eine reflexhafte Übertragung der ertragsteuerlichen Fiktion einer Steuersubjektqualität auf eine Verkehrs- bzw. Verbrauchsteuer scheide aus. Sofern einzelne der streitgegenständlichen Treuhandstiftungen grundsätzlich ertragsteuerpflichtig sein sollten, ließe sich diese Wertung nicht auf das Umsatzsteuerrecht übertragen, da beide Steuerarten unterschiedlichen Regelungs- und Steuerzwecken dienen würden. Sinn und Zweck einer ertragsteuerlichen Steuersubjektivität der nichtrechtsfähigen Stiftung (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 3 KStG) liege u.a. in dem Erfordernis begründet, die aufgrund der Zweckbindung des Vermögens in ihr verkörperte (objektive) Leistungsfähigkeit überhaupt einem Steuersubjekt zuordnen und damit besteuern zu können. Auch habe die grundsätzliche Steuersubjektivität im KStG eine Kehrseite in der Möglichkeit der persönlichen Steuerbefreiung. Das deutsche Umsatzsteuerrecht kenne dagegen keine persönliche, sondern lediglich sachliche Steuerbefreiungen bzw. einen vergünstigten Steuersatz für gemeinnützige Körperschaften. Die umsatzsteuerlichen Maßstäbe der Steuersubjektqualität würden sich vielmehr an den zivilrechtlichen Wertungen orientieren.
61
Die nichtrechtsfähigen Stiftungen würden zivilrechtlich nicht die Qualität eines Rechtssubjekts aufweisen und seien nach zivilrechtlicher Wertung nur rechtlich unselbständige Bestandteile des Vermögens ihres Rechtsträgers. Nichtrechtsfähige Stiftungen seien damit selbst nicht handlungsfähig und könnten nur durch ihren Rechtsträger handeln. Dies sei auch umsatzsteuerlich maßgebend. Eine Leistung an sich selbst unterliege nicht der Umsatzsteuer.
62
Die Treuhandstiftung sei ein klassischer Unterfall der unselbständigen Stiftung. Auch in Treuhandgestaltungen führe die fehlende Rechtspersönlichkeit der unselbständigen Stiftung dazu, dass das Stiftungsvermögen zivilrechtlich als Teil des Vermögens des Stiftungsträgers angesehen werde. Das Stiftungsvermögen sei eine(Sonder-)Vermögensmasse, die mit einer bestimmten Zweckbestimmung wirtschaftlich verselbständigt sei, die aber grundsätzlich das insolvenz- und vollstreckungsrechtliche Schicksal des Eigenvermögens des Stiftungsträgers teile. Regelmäßig müsse der Stiftungsträger das Konto für das Treuhandvermögen eröffnen und Anstellungsverträge abschließen, da er der einzige sei, der im Geschäftsverkehr auftreten könne. Es würden insofern keine Leistungsbeziehungen zu einem Dritten vorliegen. Der Umstand, zivilrechtlich zu einem bestimmten Tätigwerden verpflichtet zu sein, führe hier nicht zu einer Leistung an einen Dritten.
63
Innerhalb eines einheitlichen Unternehmens seien steuerbare Umsätze nicht möglich. Umsatzsteuerlich liege vielmehr ein einheitliches Unternehmen in Gestalt des Klägers in seiner Funktion als Stiftungs- und Rechtsträger der nichtrechtsfähigen Stiftungen vor.
64
Eine Rechtsbeziehung bestehe nur zwischen Stifter und Stiftungsträger. Zwischen Stiftungsträger und unselbständiger Stiftung könne mangels zivilrechtlicher Verselbständigung keine Rechtsbeziehung bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht würden. Zwar müsse der umsatzsteuerliche Leistungsempfänger keine Unternehmereigenschaft aufweisen. Doch müssten zumindest zwei Personen interagieren. Dies fehle im Verhältnis des Stiftungsträgers zu seiner unselbständigen Stiftung, welche allein in Gestalt der Tätigkeit des Stiftungsträgers in Erscheinung trete und damit ein (zivil-)rechtliches Nullum sei.
65
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Abschn. 1.1 Abs. 12 Satz 2 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE). Denn während bei entgeltlichen Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen zwei unterschiedliche Rechtssubjekte vorlägen, nämlich die Gesellschaft und der Gesellschafter, handele es sich bei dem Stiftungsträger einer nichtrechtsfähigen Stiftung um den zivilrechtlichen Eigentümer des Stiftungsvermögens; er sei auch nicht Organ der Stiftung.
66
Die Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Rechtslage für die Bestimmung umsatzsteuerbarer Leistungsbeziehungen entspreche der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
67
(1) So werde die Auffassung des Klägers durch das BFH-Urteil vom 22.11.2018, V R 65/17, BFH/NV 2019, 359, gestützt. Danach seien die Rechtsfähigkeit und andere zivilrechtliche Tatbestandsmerkmale entscheidend für die rechtliche Existenz oder Nichtexistenz als Partner einer Leistungsbeziehung auch im Steuerrecht. So habe der BFH entschieden, dass eine Bruchteilsgemeinschaft gemäß §§ 741 ff. BGB kein Unternehmer und damit schon grundsätzlich kein Steuerpflichtiger sein könne, weil nur deren Gemeinschafter, nicht aber die Gemeinschaft selbst (rechts-)handeln könne. Das Gericht nehme damit einen Vergleich mit der zivilrechtlichen Wertung vor. Soweit sich im Umsatzsteuerrecht die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis bestimmen würden, könnten die maßgeblichen Rechtsverhältnisse allein zu den Gemeinschaftern einer Bruchteilsgemeinschaft bestehen. In Übertragung der dahinter stehenden Wertung müsse dasselbe für den Leistungsbezug einer nichtrechtsfähigen Stiftung gelten. Ebenso wenig wie zwischen Gemeinschaftern und Gemeinschaft könnten zwischen Stiftungsträger und nichtrechtsfähiger Stiftung Handlungen mit rechtsgeschäftlicher Qualität und mithin umsatzsteuerbare sonstige Leistungen erfolgen.
68
(2) Sofern der XI. Senat des BFH in seiner EuGH-Vorlage vom 11.12.2019, XI R 16/18, BFH/NV 2020, 598, Rn. 59, für die Annahme der selbständigen Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit darauf abstelle, ob der Betroffene seine Tätigkeiten im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausübe, und ob er das mit der Ausübung dieser Tätigkeiten einhergehende wirtschaftliche Risiko trage, wäre einer nichtrechtsfähigen (oder auch „unselbständigen“) Stiftung auch nach diesem Maßstab keine Selbständigkeit beizumessen. Denn eine solche könne nicht in eigenem Namen und in eigener Verantwortung handeln. Vielmehr handle der Rechtsträger mit Wirkung für das ihm anvertraute Vermögen. Eine Rechtsbeziehung unmittelbar zur nichtrechtsfähigen Stiftung könne nicht entstehen. Die nichtrechtsfähige Stiftung sei kein Betroffener, der auf eigene Rechnung und für eigene Verantwortung handlungsfähig sei.
69
b) Selbst wenn nichtrechtsfähige Stiftungen grundsätzlich taugliche Empfänger einer steuerbaren Leistung sein sollten, würde vorliegend eine Steuerbarkeit dennoch ausscheiden, weil zwischen Stiftung und Stiftungsträger in jedem Fall die Grundsätze der umsatzsteuerlichen Organschaft anzuwenden seien. Nichtrechtsfähige Stiftungen seien rechtlich nicht eigenständig und würden nur in Gestalt des Stiftungsträgers existieren und handlungsfähig sein. Eine engere wirtschaftliche, rechtliche und finanzielle Eingliederung als die von nichtrechtsfähigen Stiftungen in den Rechtsträger sei nicht denkbar. Die Rechtsordnung betrachte die Vermögen finanziell als Einheit. Damit sei es zwar dogmatisch richtiger, sie gar nicht erst als personenverschieden vom Rechtsträger zu behandeln.
70
Aus der EuGH-Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 16.07.2015, C-108/14 und C-109/14, Larentia + Minerva, BStBl II 2017, 604, Rn. 43, 46; BFH, Urteil vom 19.01.2016, XI R 38/12, BStBl II 2017, 567, Rn. 91) folge im Hinblick auf den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtsformneutralität methodisch nicht nur die Ausweitung der Organschaft auf Personengesellschaften, sondern auch auf nichtrechtsfähige Stiftungen. Diese könnten selbst nicht handeln und die Rechtsordnung betrachte das Vermögen finanziell als Einheit. Funktional würden die nicht selbst handlungsfähigen Stiftungen als Abteilungen des Klägers geführt und seien daher wirtschaftlich eingegliedert.
71
Die drei selbständigen Stiftungen, die der Kläger in seiner Betreuung habe, habe er in einen umsatzsteuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingeordnet. Denn es sei nachvollziehbar, dass rechtsfähige Stiftungen untauglich für die Rolle einer Organgesellschaft seien, weil ihnen die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederbarkeit fehlen würden. Dies treffe auf die streitgegenständlichen nichtrechtsfähigen Stiftungen hingegen nicht zu.
72
Der Kläger beantragt,
73
die Umsatzsteueränderungsbescheide für 2014 bis 2016 vom 29.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2020 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 11.696,60 € (2014), 17.481,69 € (2015) und 10.153,58 € (2016) festgesetzt wird,
74
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 20.02.2020 und der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2020 den Beklagten zu verpflichten, die Umsatzsteuer für 2017 auf 7.726,51 € festzusetzen, und
75
die Umsatzsteuerfestsetzung für 2018 vom 27.02.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2020 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 6.064,27 € festgesetzt wird.
76
Der Beklagte beantragt,
77
die Klage abzuweisen,
78
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
79
Er verweist auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung vom 19.05.2020.
80
Die Sache ist am 05.05.2020 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Es wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
81
Entscheidungsgründe
82
I. Die Klage ist begründet.
83
Die Umsatzsteueränderungsbescheide für 2014 bis 2016 vom 29.05.2019 und die Umsatzsteuerfestsetzung für 2018 vom 27.02.2020, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2020, sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Ablehnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2017 vom 20.02.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).
84
Den von den unselbständigen Stiftungen gezahlten Stiftungsbeiträgen für die Verwaltung der unselbständigen Stiftungen sowie den von den Zukunfts- und Themenstiftungen erhaltenen Personalkostenerstattungen liegen keine umsatzsteuerbaren Leistungen des Klägers zugrunde. Es mangelt jeweils an dem Vorliegen von Leistungsaustauschverhältnissen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG.
85
Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Urteile vom 18.03.2004, V R 101/01, BStBl II 2004, 798; vom 11.07.2012, XI R 11/11, BFH/NV 2013, 326; vom 10.08.2016, XI R 41/14, BStBl II 2017, 590). Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch i.S. des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt (vgl. BFH, Urteile vom 15.04.2015, V R 46/13, BStBl II 2015, 947, Rz 39; vom 14.01.2016, V R 63/14, BStBl II 2016, 360, Rz 14; vom 06.04.2016, V R 12/15, BFH/NV 2016, 1398, Rz 26).
86
Eine Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt einen Leistenden und einen Leistungsempfänger voraus (Friedrich-Vache in: Reiß/Kraeusel/Langer, § 1 UStG Rn. 158). Sog. „Innenleistungen“, d.h. beispielsweise Leistungen im Verhältnis zwischen Unternehmen und Betriebsstätten desselben Unternehmens sind keine Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG). Auch Leistungen im Inland zwischen Organträgerunternehmen und deren Organgesellschaften sind keine Leistungen, da sie innerhalb eines Unternehmens bewirkt werden (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG).
87
1. Den für die Verwaltung der unselbständigen Stiftungen („Zukunfts- und Themenstiftungen“ sowie „neue Treuhandstiftungen“) zu deren Lasten gebuchten Stiftungsbeiträgen (Tz. 2.4 des Bp-Berichts vom 17.12.2018) liegen keine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbaren Leistungen des Klägers zugrunde.
88
a. Der Kläger hat mit seinen Verwaltungsleistungen (u.a. Buchhaltung und Jahresabschluss, Budgeterstellung und Auswertungen, Antragsmanagement, Zahlungsverkehr, Vermögensanlage, Beratungsleistungen) keine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbaren Leistungen an seine unselbständigen Stiftungen erbracht. Insofern fehlt es an einem Leistungsaustauschverhältnis i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zwischen dem Kläger und den unselbständigen Stiftungen.
89
Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die unselbständigen Stiftungen des Klägers umsatzsteuerlich taugliche Leistungsempfänger der Leistungen des Klägers sind, ist zu verneinen. Die unselbständigen Stiftungen des Klägers können vorliegend selbst nicht umsatzsteuerliche Leistungsempfänger sein, so dass in den Verwaltungsleistungen des Klägers, für die er anhand einer Beitragsstaffel bemessene „Stiftungsbeiträge“ erhielt, keine Leistungen des Klägers an die unselbständigen Stiftungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu sehen sind.
90
Nach ständiger BFH-Rechtsprechung bestimmt sich die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, mithin den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 28.08.2014, V R 49/13, BStBl II 2021, 821, Rn. 25 m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung; Urteil vom 05.04.2001, V R 5/00, BFH/NV 2001, 1307). Ebenso ist es im Unionsrecht und nach der EuGH-Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 22.11.2018, V R 65/17, HFR 2019, 303, Rn. 19, mit Verweis auf EuGH-Urteil Newey vom 20.06.2013 C-653/11, EU:C:2013:409, Rz 40, 43). Ob das für die Annahme eines Leistungsaustauschs erforderliche Rechtsverhältnis auf schuldrechtlichen oder (bei Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter) gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen oder etwa (bei Leistungen eines Vereins an seine Mitglieder) auf der Vereinssatzung beruht, ist unerheblich (FG Münster, Urteil vom 06.10.2009, 15 K 1318/05 U, EFG 2010, 272, Rn. 18).
91
Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (BFH, Urteil vom 05.04.2001, V R 5/00, BFH/NV 2001, 1307, Rn. 15, m.w.N.). Leistender kann jede Person, jeder Personenzusammenschluss, jedes Zweckvermögen und sonstige Wirtschaftsgebilde sein; der Leistende muss zusätzlich Unternehmer sein (Oelmaier in: Sölch/Ringleb, Stand Oktober 2021, § 1 UStG Rn. 4). Der Kreis möglicher Umsatzsteuersubjekte (Unternehmer) macht anders als im Ertragsteuerrecht nicht an der Rechts- bzw. Unternehmensform fest. Für Zweckvermögen (so auch nichtrechtsfähige Stiftungen) legen insbesondere § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, §§ 34 Abs. 1 und 2, 267 Satz 2 AO nahe, dass ihre vermögensrechtliche Verselbständigung im Wirtschaftsverkehr auch für umsatzsteuerliche Zwecke als hinreichend anzusehen sind; als Unternehmer tritt nach außen aber regelmäßig nur der Stiftungsträger auf (vgl. Englisch in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Umsatzsteuer, II. Unternehmer, 2. Abstrakte Unternehmerfähigkeit, Rn. 17.35 unter f)).
92
Diese Grundsätze sind auf die Person des Leistungsempfängers zu übertragen. Auch Leistungsempfänger kann jede Person, jeder Personenzusammenschluss, jedes Zweckvermögen und sonstige Wirtschaftsgebilde sein; der Leistungsempfänger muss aber nicht auch Unternehmer sein (vgl. Oelmaier in: Sölch/Ringleb, § 1 UStG Rn. 4; Wäger, UR 2020, 627).
93
(1) Im Streitfall wurden die vertraglichen Regelungen über die pauschalen Stiftungsbeiträge für die Verwaltung der unselbständigen Stiftungen jeweils in dem anlässlich der Errichtung der jeweiligen unselbständigen Stiftung geschlossenen Treuhandvertrag und den entsprechend beschlossenen Satzungen geregelt. Hierbei war Vertragspartner des jeweiligen Treuhandvertrags nicht die in diesem Rahmen errichtete unselbständige Stiftung. Die Treuhandverträge wurden allein zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Stifter oder den jeweiligen Stiftern geschlossen. Die unselbständigen Stiftungen konnten zivilrechtlich selbst gar nicht Vertragspartner werden. Für sie konnte vorliegend auch nicht stellvertretend i.S.v. § 164 Abs. 1 BGB gehandelt werden und für sie selbst konnten auch unmittelbar keine Rechte und Pflichten begründet werden. Denn ihnen war bzw. ist es mangels Rechtsfähigkeit nicht möglich, im Rechtsverkehr aufzutreten.
94
Die jeweilige Stiftung konnte selbst nicht Vertragspartner des Treuhandvertrags werden, weil sie als unselbständige Stiftung des Klägers errichtet wurde.
95
Der Senat legt die jeweiligen Stiftungsgeschäfte zudem dahingehend aus, dass ihnen zivilrechtlich eine Schenkung unter Auflagen zugrunde liegt. Hierfür spricht teilweise bereits die ausdrückliche Bezeichnung der Treuhandverträge als Schenkung unter Auflagen. Ferner ist die Vermögensüberlassung erkennbar auf Dauer und nicht nur für eine vorübergehende treuhänderische Verwaltung erfolgt. Sie erfolgt insbesondere zeitlich unbefristet und ‒ bei natürlichen Personen ‒ auch über den Tod des Stifters hinaus. Eine Rückübertragung des Stiftungsvermögens auf den oder die Stifter ist nicht vorgesehen. Vielmehr soll das jeweilige Stiftungsvermögen auch bei Auflösung der Stiftung weiterhin für gemeinnützige eingesetzt werden. Der Kläger ist damit planmäßig dauerhaft zivilrechtlicher Eigentümer des Stiftungsvermögens geworden (soweit er es nicht bereits ‒ wie teilweise bei den Zukunfts- und Themenstiftungen ‒ schon zuvor war) , auch wenn er im Treuhandvertrag zugleich verpflichtet wurde, das jeweilige Stiftungsvermögen gesondert von seinem übrigen Vermögen zu verwalten und entsprechend der zivilvertraglichen Auflagen zweckgerichtet zu verwenden. Das jeweilige Stiftungsvermögen als Zweckvermögen hat durch die Errichtung der Stiftung als unselbständige Stiftung des Klägers keine eigene Rechtspersönlichkeit erlangt, wie es die selbständige Stiftung hätte (vgl. zur rechtsfähigen Stiftung § 80 BGB; Wiese in: Erman BGB-Kommentar, § 80 Rn. 1 ff.; Hof in: Steuerberater Rechtshandbuch, Stand 166. Lfg. 2022, II. Arten und Errichtung der Stiftung, Rn. 2). Es handelt sich nur um eine Vermögensmasse, die nunmehr dem Kläger gehört, der es ‒ wenn auch treuhänderisch ‒ gesondert von seinem übrigen Vermögen verwaltet. Das Stiftungsvermögen ist vollstreckungs- und insolvenzrechtlich Vermögen des Klägers, so dass das Stiftungsvermögen auch Forderungen von Gläubigern des Klägers ausgesetzt sein kann (siehe hierzu unter I.1.a.(4)). Die unselbständige Stiftung hingegen hat kein vollstreckungsfähiges oder insolvenzfähiges Vermögen (siehe unter I.1.a.(4)).
96
Da die unselbständige Stiftung lediglich Teil des Vermögens des Klägers ist, ohne dass hierdurch eine weitere Rechtspersönlichkeit entsteht, ist diese selbst nicht handlungsfähig. Die unselbständige Stiftung selbst kann mithin zivilrechtlich keine Verpflichtungen eingehen. Deshalb ist der Kläger gehalten, für die unselbständigen Stiftungen die notwendigen Verträge abzuschließen; er stellt bei sich Personal an, welches er aufgrund interner Organisationsanweisungen (auch) in den unselbständigen Stiftungen einsetzt (vgl. hierzu die beiden in der mündlichen Verhandlung überreichten Anstellungsverträge). Förderanträge werden beim Kläger gestellt; die Zuwendungen werden von ihm bewilligt. Eine Rechtspersönlichkeit und damit zugleich eine Rechtsfähigkeit der unselbständigen Stiftungen werden auch nicht dadurch begründet, dass der Kläger bei ihrer Verwaltung, z. B. auch bei der Vergabe gemeinnütziger Mittel, den Namen der jeweiligen unselbständigen Stiftung benennt (vgl. hierzu die in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen zu einer Vergabe von Mitteln aus der Zukunftsstiftung C durch den Kläger). Bei der Benennung der Treuhandstiftung handelt es sich nicht um einen Namen im Rechtssinne, da ein solcher nur von selbständigen Personen oder Personenvereinigungen getragen werden kann. Die Bezeichnung, die eine Treuhandstiftung führt und die für sie durchaus auch von zentraler Bedeutung sein kann, kennzeichnet daher grundsätzlich nicht mehr als das Rechtsverhältnis zwischen dem Stiftungsträger und dem Treuhänder. Die Bezeichnung der jeweiligen unselbständigen Treuhandstiftung ist vor diesem Hintergrund allein im Sinne einer Zuordnung zu einer internen Organisationseinheit des Klägers zu sehen, nicht aber in der Zuerkennung einer Rechtsfähigkeit. Mithin treten die unselbständigen Treuhandstiftungen trotz ihrer Benennung allein in Gestalt des Klägers als Stiftungsträger im Rechtsverkehr in Erscheinung. Der Treuhänder ist nicht Organ der unselbständigen Stiftung, sondern handelt im Rechtsverkehr im eigenen Namen. Die Treuhandstiftung ihrerseits ist kein Rechtssubjekt, sondern ein Rechtsverhältnis zwischen dem Stifter und dem Träger der Stiftung.
97
Da die unselbständigen Treuhandstiftungen unfähig sind, Träger von Rechten und Pflichten zu sein und damit weder selbst noch durch Vertreter am Rechtsverkehr teilnehmen, konnte auch keine der Vertragsparteien der Treuhandverträge für die Treuhandstiftungen auftreten, z. B. im Rahmen eines Stellvertretungsverhältnisses. Zwischen Stiftungsträger (dem Kläger) und unselbständiger Stiftung können keine Rechtsbeziehungen bestehen, da das Stiftungsvermögen nicht zivilrechtlich verselbständigt ist. Es besteht vielmehr allein ein Rechtsverhältnis zwischen dem/n Stifter/n und dem Kläger als Träger der jeweiligen Stiftung.
98
Des Weiteren hat dies zur Folge, dass auch keine zivilrechtlichen Rechte oder Pflichten zugunsten bzw. zulasten der unselbständigen Treuhandstiftungen als Dritten begründet werden konnten.
99
Die nichtrechtsfähigen Stiftungen, die keine Verpflichtungen eingehen können, können vielmehr umsatzsteuerrechtlich insgesamt selbst keine Leistungen beziehen (vgl. hierzu auch die die Rechtsprechung des V. Senats des BFH zur Bruchteilsgemeinschaft unter Aufgabe früherer Rechtsprechung, wonach die Bruchteilsgemeinschaft i.S.d. §§ 741 ff. BGB mangels Rechtsfähigkeit im Verhältnis zu Dritten rechtlich inexistent und damit weder Leistende noch Leistungsempfängerin sein kann (BFH, Urteil vom 22.11.2018, V R 65/17, HFR 2019, 303, Rn. 20-23; vgl. hierzu auch Wäger, UR 2020, 627). Auch die Bruchteilsgemeinschaft ist unfähig, Trägerin von Rechten und Pflichten zu sein; sie nimmt weder selbst noch durch Vertreter am Rechtsverkehr teil (BFH, Urteil vom 01.10.1998, V R 31/98, BStBl II 2008, 497, Rn. 14). Bestimmt sich die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, wäre es widersprüchlich, eine Person, die mangels eigener Rechtspersönlichkeit wie auch wegen fehlender Rechtsfähigkeit nicht Partei derartiger Rechtsverhältnisse sein kann, als Leistenden oder als Leistungsempfänger anzusehen (Wäger, UR 2020, 627).
100
(2) Auch durch die Regelungen zu jährlichen pauschalen Stiftungsbeiträgen in den Satzungen der unselbständigen Stiftungen (der „neuen“ Treuhandstiftungen sowie auch der Zukunfts- und Themenstiftungen) konnten die unselbständigen Stiftungen wegen fehlender Rechtsfähigkeit nicht als spätere Leistungsempfänger verpflichtet werden. Wie unter I.1.a.(1) dargestellt können die unselbständigen Stiftungen zivilrechtlich keine Verpflichtungen eingehen; als unselbständige Stiftung des Klägers sind sie lediglich Teil des Vermögens des Klägers, ohne dass eine weitere Rechtspersönlichkeit besteht.
101
(3) Auch in tatsächlicher Hinsicht erfolgten die Verwaltungsleistungen des Klägers hier nur innerhalb seines eigenen Unternehmens an eine in seinem eigenen Eigentum stehende Organisationseinheit. Der Kläger als Stiftungsträger ist zivilrechtlicher Eigentümer des Stiftungsvermögens und handelt nicht als Organ der Stiftung. Die unselbständigen Stiftungen sind Teil des Klägers. Das jeweilige Stiftungsvermögen wird lediglich organisatorisch und buchhalterisch getrennt, ohne dass hierdurch mehrere Unternehmen i.S.v. § 2 Abs. 1 UStG existieren würden. Die gesondert verwalteten Stiftungsvermögen sind damit ähnlich wie mehrere Betriebe eines einheitlichen Unternehmens anzusehen. Sog. „Innenleistungen“ zwischen den Organisationseinheiten des einheitlichen Unternehmens des Klägers sind entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG keine umsatzsteuerlich relevanten Leistungen.
102
Auch handelt es sich nicht um Leistungen eines Gesellschafters an eine Gesellschaft oder andersherum. Hierzu müssten zwei unterschiedliche Rechtssubjekte betroffen sein. Der Kläger ist jedoch weder an der unselbständigen Stiftung beteiligt wie es als Gesellschafter der Fall wäre noch ist dies andersherum der Fall. Die unselbständigen Stiftungen sind nur getrennt verwaltetes Stiftungsvermögen des Klägers; wegen ihrer fehlenden Rechtsfähigkeit können sie zivilrechtlich keine Mitglieder sein. Wie ausgeführt handelt es sich bei der unselbständigen Stiftung vielmehr nur um einen Teil des Vermögens des Klägers, zu dessen gesonderter Verwaltung er zivilrechtlich verpflichtet wurde. Es fehlt damit an einem vom Kläger verschiedenen Rechtsträger, der als Leistungsempfänger angesehen werden könnte.
103
Die aus dem Stiftungsvermögen zu entrichtenden Stiftungsbeiträge sind vorliegend vielmehr allein dem Umstand geschuldet, dass der Kläger das ihm gehörende Stiftungsvermögen gesondert verwaltet und er deshalb eine buchhalterische Trennung seiner Vermögensteile vornimmt.
104
(4) Auch unter Beachtung des Unionsrechts ist keine andere Beurteilung geboten.
105
Nach der EuGH-Rechtsprechung ist eine Leistung nur dann steuerbar, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden (vgl. EuGH, Urteile vom 03.03.1994, C-16/93, Tolsma, HFR 1994, 1132, Rn. 14; vom 21.03.2002, C-174/00, Kennemer Golf, HFR 2006, 624, Rn. 34; vom 16.09.2020, C-528/19, HFR 2020, 1085, Rn. 43). Für die Frage, ob ein solches Rechtsverhältnis besteht, so dass die erbrachten Leistungen der Mehrwertsteuer unterlägen, ist zu untersuchen, ob beide Beteiligten verschiedene Rechtssubjekte sind. Sind beide zusammen als ein und derselbe Steuerpflichtige im Sinne von Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL anzusehen, ist nur einer der Teil des anderen, besteht ein solches Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, nicht (vgl. hierzu auch EuGH, Urteil vom 23.03.2006, C-210/04, FCE Bank, HFR 2006, 624, Rn. 34 m.w.N.).
106
Für die Frage, ob jemand i.S.v Art. 9, 10 MwStSystRL eine wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausübt und damit Steuerpflichtiger bzw. nach deutschem Umsatzsteuerrecht „Unternehmer“ ist, ist zu prüfen, ob der Betroffene seine Tätigkeiten im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausübt und ob er das mit der Ausübung dieser Tätigkeiten einhergehende wirtschaftliche Risiko trägt (EuGH, Urteile vom 29.09.2015, C-276/14, Gmina Wroclaw, HFR 2015, 1087, Rn. 34; vom 13.06.2019, C-420/18, HFR 2019, 729, Rn. 39; BFH, Vorlagebeschluss vom 11.12.2019, XI R 16/18, BFH/NV 2020, 598, Rn. 59). Zwar setzt die Person des Leistungsempfängers nicht auch die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit voraus, doch ist zumindest eine Selbständigkeit des Leistungsempfängers erforderlich, um ein eigenes Rechtssubjekt sein zu können.
107
Den unselbständigen Treuhandstiftungen fehlt es vorliegend an einer solchen Selbständigkeit, um ein eigenes Rechtssubjekt sein zu können. Es sind nicht die unselbständigen Stiftungen, sondern der Kläger, der im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelt und das mit der Ausübung dieser Tätigkeiten einhergehende wirtschaftliche Risiko trägt.
108
Durch Abschluss der vorliegend streitigen Stiftungsgeschäfte wurde der Kläger als Stiftungsträger zivilrechtlicher Eigentümer des Stiftungsvermögens („neue Treuhandstiftungen“) bzw. war es teilweise bereits (Zukunfts- und Themenstiftungen). Seine Aufgabe besteht bei den „neuen Treuhandstiftungen“ darin, das zugewendete Vermögen im Sinne der/s Stifter/s zu verwenden. Auch bei den Anfang der 2000er-Jahre aus früheren Abteilungen bzw. beim Kläger intern veranlagten Fonds und Zustiftungen Dritter gebildeten und gegründeten Zukunfts- und Themenstiftungen ist der Kläger verpflichtet, das jeweilige Stiftungsvermögen zweckentsprechend zu verwenden. Dabei handelt der Kläger ‒ wie ausgeführt ‒ in eigenem Namen, auch wenn er die jeweils betroffene unselbständige Stiftung namentlich nennt. Obwohl er über das Vermögen nicht frei verfügen kann, sondern den vom Stifter auferlegten Beschränkungen unterliegt (Rengers in: Blümich, § 1 KStG, Rn. 110), ist es der Kläger und nicht die unselbständige Stiftung, die eigenverantwortlich handelt. Durch seine Entscheidungen wird das Stiftungsvermögen geschmälert oder vergrößert. Zwar trägt das Stiftungsvermögen ein eigenes wirtschaftliches Risiko dadurch, dass mit dem als Sondervermögen getrennt vom übrigen Vermögen des Klägers verwalteten Stiftungsvermögen zweckgerichtet gehandelt wird und es sich dabei selbst tragen soll. Letztlich ist es aber der Kläger, der für Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, die er im Rahmen der Stiftungsverwaltung abschließt, persönlich und mit seinem gesamten Vermögen haftet (vgl. hierzu Staudinger, Vorbem. Zu § 80 ff. Rn. 167). So handelt der Kläger als Stiftungsträger ‒ obwohl er nach außen erkennbar als Treuhänder der unselbständigen Stiftung auftritt ‒ rechtlich nicht als „Vertreter“ für diese Stiftung, sondern als Eigentümer des Stiftungsvermögens im eigenen Namen. Dadurch kann das Stiftungsvermögen, das in das Eigentum des Klägers als Stiftungsträger übergegangen ist, dem Zugriff von Gläubigern des Klägers ausgesetzt sein, auch wenn deren Forderungen nicht im Zusammenhang mit der Stiftungsarbeit bzw. der Stiftungsverwaltung stehen. Zwar würde einem Stifter als zivilrechtlichen Eigentümer des Stiftungsvermögens die Möglichkeit einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 Zivilprozessordnung (ZPO) möglich sein, hier liegt der Fall jedoch so, dass die Treuhandstiftungen entweder durch eine Schenkung unter Auflage oder aus früheren Abteilungen bzw. beim Kläger intern veranlagter Fonds und Zustiftungen Dritter begründet wurde, so dass das Stiftungsvermögen dauerhaft in das Eigentum des Stiftungsträgers, des Klägers, übergegangen ist und dem Haftungszugriff der Gläubiger des Klägers auch für stiftungsfremde Verbindlichkeiten ausgesetzt ist. Der Stifter der „neuen Treuhandstiftungen“ hat bei der Auflagenschenkung allein die Möglichkeit, die Inanspruchnahme des Stiftungsvermögens zu verhindern, indem er sich für den Fall der Insolvenz des Trägers im Schenkungsvertrag die Rückforderung des Stiftungsvermögens vorbehält. So haben sich die Stifter vorliegend teilweise einen Widerruf der Schenkung vorbehalten, wenn auch aus anderen Gründen (vgl. § 5 der Vereinbarung über die Errichtung und Verwaltung der HS Stiftung ‒ Änderungsvereinbarung vom 10./18.01.2011).
109
Die unselbständige Stiftung selbst ist nicht insolvenzfähig (Ehricke in: Jaeger, Insolvenzordnung, 1. Aufl. 2004, § 11 Zulässigkeit des Insolvenzverfahrens, Rn. 38). Sie hat keine eigene Rechtspersönlichkeit und weist kein rechtlich verselbständigtes Vermögen auf. Soweit im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Treuhänders dem Stifter das Aussonderungsrecht gemäß § 47 Insolvenzordnung (InsO) zustehen soll (Prütting in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 11 Zulässigkeit des Insolvenzverfahrens, Rn. 57), würde dies auf den Streitfall nicht zutreffen, weil das Stiftungsvermögen dauerhaft und grundsätzlich endgültig in das Eigentum des Stiftungsträgers, des Klägers, übergegangen ist.
110
(5) Schließlich erscheint es dem Senat auch als systemkonform und den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer entsprechend, dass Leistungsaustauschverhältnisse zwischen dem Kläger und seinen unselbständigen Treuhandstiftungen nicht angenommen werden.
111
Dass die unselbständigen Stiftungen ertragsteuerlich als eigenständiges Steuersubjekt angesehen werden, steht der umsatzsteuerlich anderslautenden Wertung schon deshalb nicht entgegen, weil das Ertragsteuerrecht anders als die Umsatzsteuer an die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Steuersubjekts anknüpft. Die Umsatzsteuer ist hingegen als eine indirekte Verbrauchsteuer konzipiert. Anders als das Körperschaftsteuergesetz, das in § 1 Abs. 1 Nr. 5 ausdrücklich eine unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht für nichtrechtsfähige Stiftungen vorsieht, existiert im UStG eine entsprechende Regelung nicht.
112
Im Übrigen stünde den unselbständigen Stiftungen kein Vorsteuerabzugsrecht zu, da diese nur vermögensverwaltend und nicht unternehmerisch tätig sind. Es wäre jedoch nicht sachgerecht, die unselbständigen Stiftungen als Endverbraucher zu besteuern und sie damit endgültig mit Umsatzsteuer zu belasten, weil sie tatsächlich keine „Endverbraucher“ im Sinne des Mehrwertsteuerrechts sind, sondern lediglich eine Vergabestelle von Mitteln.
113
b. Auch hat der Kläger mit den an die unselbständigen Stiftungen erbrachten Verwaltungsleistungen keine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbaren Leistungen an die jeweiligen Stifter erbracht. Zwischen dem Kläger und den jeweiligen Stiftern fehlt es ebenfalls an einem Leistungsaustauschverhältnis i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG.
114
Zwar liegen zwischen dem Kläger und dem/n jeweiligen Stifter/n anlässlich der Errichtung der jeweiligen Treuhandstiftung geschlossene Treuhandverträge vor. Auch wurde hierin sogleich die Erbringung von Verwaltungsleistungen zugunsten der unselbständigen Stiftung, von der hierfür „Stiftungsbeiträge“ erhoben werden, geregelt. Doch erhält der Stifter keinen verbrauchsfähigen Vorteil durch die vom Kläger erbrachten Verwaltungsleistungen. Soweit die Leistungen des Klägers dem Stiftungsvermögen zugutekommen, war dieses durch Schenkung unter Auflage entstandene Stiftungsvermögen bereits dauerhaft in das zivilrechtliche Eigentum des Klägers übergegangen. Denn infolge der Schenkung unter Auflage war der Vermögensübergang auf Dauer angelegt. Ein durch die Verwaltung des Stiftungsvermögens etwa eingetretener verbrauchsfähiger Vorteil verblieb deshalb allein bei dem leistenden Kläger; der Stifter hingegen hat keinen verbrauchsfähigen Vorteil mehr in Form der Verwaltung des Stiftungsvermögens erhalten. Mithin fehlt es auch hier an einem weiteren Beteiligten für die Begründung eines gegenseitigen Leistungsaustauschverhältnisses.
115
Auf einen Leistungsaustausch zwischen Kläger und Stifter hat der Beklagte auch nicht abgestellt.
116
c. Schließlich erkennt der Senat in der Personalgestellung an die unselbständigen Stiftungen keine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbaren Leistungen des Klägers an die Personen, die Mittel aus dem Stiftungsvermögen zugewendet erhalten. Auch insofern fehlt es an einem Leistungsaustauschverhältnis i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG.
117
Der Senat sieht bei denjenigen, denen die Mittel des Stiftungsvermögens im Rahmen der gemeinnützigen Mittelvergabe zugutekommen, keinen unmittelbar eingetretenen verbrauchsfähigen Vorteil. Dieser Zusammenhang ist allenfalls mittelbarer Natur und dem Mittelbegünstigten nicht hinreichend zuordbar.
118
2. Den Personalkostenerstattungen der Zukunfts- und Themenstiftungen (Tz. 2.3 des Bp-Berichts vom 17.12.2018) liegen ebenfalls keine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbaren Leistungen des Klägers zugrunde.
119
a. Der Kläger hat mit der Personalgestellung keine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbaren Leistungen an seine unselbständigen Stiftungen erbracht. Insofern fehlt es ebenfalls an einem Leistungsaustauschverhältnis i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zwischen dem Kläger und den unselbständigen Stiftungen.
120
Für die von den unselbständigen Stiftungen erhaltenen Personalkostenerstattungen gibt es keine schriftliche Regelung, auch wurden mit den „Personalkostenverrechnungen“ (siehe hierzu die in der mündlichen Verhandlung beispielhaft überreichte Personalkostenverrechnung 2015) keine klassischen Rechnungen gestellt. Die Erstattungen erfolgten vielmehr ‒ im Anschluss an einen Vorstandsbeschluss ‒ nur im Rahmen einer Art „betrieblichen Übung“. Das Personal wurde hierbei nur innerhalb des eigenen Unternehmens des Klägers zur Verfügung gestellt, nämlich an die unselbständigen Stiftungen als im Eigentum des Klägers stehende Organisationseinheiten. Die Personalkostenerstattung wird lediglich im Hinblick auf das gesondert zu verwaltende Stiftungsvermögen innerhalb des Vermögens des Klägers vorgenommen, um auch insoweit eine organisatorische und buchhalterische Trennung vorzunehmen. Hierdurch existieren aber nicht mehrere Unternehmen i.S.v. § 2 Abs. 1 UStG; es handelt sich auch insoweit nur um sog. „Innenleistungen“ zwischen den Organisationseinheiten des einheitlichen Unternehmens des Klägers, welche entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG keine umsatzsteuerlich relevanten Leistungen sind (siehe hierzu bereits unter I.1.a.). Die unselbständigen Stiftungen jeweils als Teil des Vermögens des Klägers sind selbst nicht rechts- und handlungsfähig. Sie können zivilrechtlich keine Verpflichtungen eingehen und auch nicht Leistungsempfänger eines umsatzsteuerlichen Leistungsaustauschs sein, so dass in den streitigen Personalgestellungen des Klägers keine Leistungen an die unselbständigen Stiftungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu sehen sind (siehe hierzu bereits unter I.1.a.).
121
b. Zudem hat der Kläger die streitigen Personalgestellungen nicht an die jeweiligen Stifter oder an die Personen, die Mittel aus dem Stiftungsvermögen zugewendet erhalten, erbracht. Insoweit fehlt es ebenfalls an Leistungsaustauschverhältnissen i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG (siehe hierzu unter I.1.b. und c.).
122
3. Damit war die Umsatzsteuer ‒ antragsgemäß und unter Berücksichtigung von Rundungsdifferenzen ‒ auf 11.696,60 € (2014), 17.481,69 € (2015), 10.153,58 € (2016), 7.726,51 € (2017) und auf 6.064,27 € (2018) festzusetzen:
123
Beträge in €
2014
2015
2016
2017
2018
Bisher festgesetzte USt
132.159,45
167.816,53
183.647,33
216.199,06
270.003,61
Abzgl. USt Aufwands-ersatz (Personalkosten-erstattung)
63.223,09
92.718,50
110.755,60
140.963,86
173.503,60
Abzgl. USt Stiftungsbeiträge (Verwaltungsleistungen)
57.239,75
57.616,30
62.738,20
68.081,06
91.115,98
Vorsteuerkorrektur (nicht streitbefangen)
-
-
-
+ 572,32
+ 680,13
Festzusetzende USt
11.696,61
17.481,73
10.153,53
7.726,45
6.064,16
124
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
125
Die Revision war zur Fortbildung des Rechts und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache über den Einzelfall hinaus zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).
126
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.