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  • 18.12.2013 · IWW-Abrufnummer 134033

    Landessozialgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 25.10.2013 – L 1 KR 477/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landessozialgericht Berlin-Brandenburg

    Urt. v. 25.10.2013

    Az.: L 1 KR 477/12

    In dem Rechtsstreit

    Dr. C B,

    T, B,

    - Kläger und Berufungsbeklagte -

    B S,

    T, B,

    - Klägerin und Berufungsbeklagte -

    Prozessbevollmächtigte zu 1) und 2):

    Rechtsanwälte: Dr. V D, Dr. T K,

    Dr. J D, C B, E-H D,

    U, B,

    Gz.: ,

    gegen

    Deutsche Rentenversicherung Bund,

    Ruhrstraße 2, 10709 Berlin,

    Gz.: ,

    - Beklagte und Berufungsklägerin -

    Bundesagentur für Arbeit,

    der Agentur für Arbeit Berlin Mitte,

    Charlottenstraße 87 - 90, 10969 Berlin,

    Gz.: ,

    KKH - Kaufmännische Krankenkasse,

    Karl-Wiechert-Allee 61, 30625 Hannover,

    Gz.:

    KKH - Kaufmännische Krankenkasse

    - Pflegekasse -,

    Karl-Wiechert-Allee 61, 30625 Hannover,

    Gz.:

    - Beigeladene -

    hat der 1. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Weinert, den Richter am Landessozialgericht Pfistner und den Richter am Landessozialgericht Dr. Schneider sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Bela-van Eek und Zimmermann für Recht erkannt:
    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2012 aufgehoben. Die Klagen werden abgewiesen.

    Kosten sind nicht zu erstatten.

    Die Revision wird nicht zugelassen.
    Tatbestand

    Im Streit ist die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

    Mit notarieller Erklärung vom 01. Februar 2001 errichtete der Onkel des Klägers die Klägerin, eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in B mit einem Anfangsvermögen von 500.000,00 €. Nach § 1 der Stiftungssatzung führt die Stiftung den Namen B Stiftung. Stiftungszweck ist nach § 2 der Satzung im Wesentlichen die Förderung gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke. Organe der Stiftung sind nach § 4 der Satzung der Vorstand und das Kuratorium. Nach § 5 Abs. 1 der Satzung besteht der Vorstand aus mindestens einem, höchstens zwei Mitgliedern. Der Vorstand wird vom Kuratorium bestellt, das auch die Zahl der Mitglieder bestimmt, soweit in der Satzung nichts anderes bestimmt ist. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 der Satzung beträgt die Amtszeit des oder der bestellten Vorstandsmitglieder fünf Jahre. Eine Wiederbestellung sowie eine vorzeitige Abberufung aus wichtigem Grund nach § 8 Abs. 2 sind möglich (§ 5 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3).

    Durch notarielle Erklärung vom 30. März 2006 wurde § 5 Abs. 4 der Satzung wie folgt geändert:

    "Zum ersten Mitglied des Vorstandes wird der Stifter, Herr B, in B bestimmt. Er ist Vorstandsmitglied auf Lebenszeit und berechtigt, die Stiftung stets einzeln zu vertreten. Von den Beschränkungen des § 181 BGB ist B befreit. Er ist berechtigt, sein Amt als Vorstandsmitglied jederzeit niederzulegen. Zu seinen Lebzeiten kann er ein weiteres Vorstandsmitglied neben sich in das Vorstandsamt berufen. Nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstandsamt wird der Vorstand zu Lebzeiten von H-O B von diesem ernannt. Verzichtet B auf dieses Recht oder erlischt es durch Tod, bestellt das Kuratorium den Vorstand. Es soll dann - auch wiederholt - den Neffen des Stifters, Herrn Dr. C B (den Kläger), zum Mitglied des Vorstands bestellen, wenn er damit einverstanden ist."

    Dem § 5 wurde ein neuer Absatz 6 angefügt:

    "Die Vorstandsmitglieder erhalten eine angemessene Vergütung, deren Höhe dem voraussichtlichem Zeitaufwand und der Verantwortung für die von ihnen wahrzunehmenden Aufgaben entsprechen soll. Die Vergütung wird durch das Kuratorium nach pflichtgemäßem Ermessen festgesetzt. Der Stifter erhält keine Vergütung."

    Nach § 6 Abs. 1 der Satzung (Aufgaben des Vorstandes) verwaltet der Vorstand die Stiftung umfassend. Er trifft seine Entscheidungen einstimmig. Gibt es zwischen den Vorstandsmitgliedern Meinungsverschiedenheiten über die Durchführung oder Unterlassung einer Verwaltungsmaßnahme, entscheidet auf Antrag eines der Vorstandsmitglieder das Kuratorium darüber, ob die Maßnahme durchgeführt wird oder unterbleiben soll. Der Vorstand ist an den Beschluss gebunden.

    Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 der Satzung bedürfen bestimmte Rechtshandlungen des Vorstandes im Innenverhältnis der Zustimmung des Kuratoriums. Dies sind:

    a. der Abschluss externer Verwaltungsverträge über Gegenstände des Stiftungsvermögens mit einer mehr als dreijährigen Laufzeit;

    b. die Aufnahme oder Gewährung von Darlehen;

    c. die Übernahme von Bürgschaften oder bürgschaftsähnlichen Garantien;

    d. die Veräußerung, der Erwerb sowie die Belastung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten;

    e. die Vergabe von Bau- und Architektenverträgen auf dem Grundbesitz der Stiftung und/oder Instandsetzungsarbeiten, wenn die Einzelmaßnahme 10 v. H. der prognostizierten Jahreserträge der Stiftung übersteigt oder alle beabsichtigten oder bereits laufenden Einzelmaßnahmen zusammen 50 v. H. des Jahresbudgets übersteigen.

    Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 der Satzung kann das Kuratorium durch Beschluss weitere Maßnahmen der Geschäftstätigkeiten des Vorstandes seiner Zustimmung unterwerfen. Nach § 6 Abs. 3 der Satzung ist der Vorstand verpflichtet, über Einnahmen und Ausgaben der Stiftung eine den steuerlichen Anforderungen entsprechende Buchhaltung zu führen. Er hat binnen drei Monaten nach Schluss eines Geschäftsjahres eine Jahresabrechnung mit einer Vermögensübersicht und einem Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks dem Kuratorium zur Prüfung und Feststellung vorzulegen. Das Kuratorium kann mit dieser Prüfung des Abschlusses einen öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer oder eine anerkannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragen. Der Prüfungsauftrag muss sich auch auf die Erhaltung des Stiftungsvermögens sowie die satzungsgemäße Verwendung der Erträge und etwaiger Zuwendungen unter Erstellung eines Prüfungsberichts erstrecken.

    Nach § 7 Abs. 1 der Satzung besteht das Kuratorium mindestens aus drei, höchstens fünf Mitgliedern. Sie dürften nicht zugleich Vorstandsmitglieder sein. Seit seiner Gründung besteht dieses Kuratorium aus drei Mitgliedern. Vorsitzender des Kuratoriums ist ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Weitere Mitglieder des Kuratoriums sind ein Rechtsanwalt und Notar sowie eine dritte Person, die allesamt mit dem Kläger nicht verwandt sind oder waren.

    Nach § 8 Abs. 1 der Satzung bestellt das Kuratorium die Vorstandsmitglieder. Nach § 8 Abs. 2 können die Mitglieder des Vorstandes durch das Kuratorium aus wichtigem Grund abberufen werden. Ein wichtiger Grund stellt insbesondere eine nicht nur unerhebliche Pflichtverletzung bei der Führung der Geschäfte dar. Nach § 8 Abs. 3 der Satzung hat das Kuratorium den Vorstand zu beraten und die Geschäftsführung des Vorstandes zu überwachen. Zu diesem Zweck hat sich das Kuratorium über die Angelegenheiten der Stiftung Bericht erstatten zu lassen. Es kann selbst oder durch einzelne von ihm zu bestimmende Mitglieder die Bücher und Schriften der Stiftung einsehen sowie den Bestand des Stiftungsvermögens überprüfen. Es beschließt über die Entlastung des Vorstandes.

    Zum 01. August 2006 wurde der Kläger als alleiniges Vorstandsmitglied der Klägerin berufen. Am 18. Juli 2007 schlossen er und die Klägerin einen "Dienstvertrag." Nach § 1 Abs. 2 dieses Vertrages verwaltet der Kläger die Stiftung nach Maßgabe der Stiftungssatzung, dieses Vertrages und der Gesetze. Der Kläger ist dabei an Weisungen nicht gebunden (§ 1 Abs. 3). Die Bestimmung von Ort und Zeit an dem der Kläger seine Pflichten aus dem Dienstvertrag erfüllt, unterliegt seinem pflichtgemäßen Ermessen. Er unterliegt auch insoweit keinerlei Weisungen oder Präsenzpflichten (§ 1 Abs. 4). Der Kläger ist berechtigt, neben seiner Vorstandstätigkeit "anderweitige Tätigkeiten auszuüben" (§ 1 Abs. 5). Nach § 2 Abs. 1 des Dienstvertrages ist der Vorstand verpflichtet, vor Beginn eines Rechnungsjahres (= Kalenderjahr) einen Wirtschaftsplan mit entsprechenden Budgetposten aufzustellen. Diese Planung ist dem Kuratorium zur Genehmigung vorzulegen. Im Rahmen der genehmigten Planung kann der Vorstand nach seinem pflichtgemäßen Ermessen vorbehaltlich eines Zustimmungserfordernisses nach § 2 Abs. 2 frei disponieren. Soweit Maßnahmen ergriffen werden sollen, die zu einer Überschreitung der Budgetansätze führen, bedürfen diese der Zustimmung des Kuratoriums.

    Nach § 2 Abs. 2 des Dienstvertrages bedürfen im Innenverhältnis die in § 6 Abs. 2 Satz 1 der Stiftungssatzung aufgeführten Rechtshandlungen stets der Zustimmung des Kuratoriums. Auch im Dienstvertrag ist noch einmal ausdrücklich festgehalten, dass das Kuratorium durch Beschluss weitere Maßnahmen der Geschäftstätigkeit des Vorstandes seiner Zustimmung unterwerfen kann. Die Ausübung von Stimmrechten in Gesellschaften, in denen die Stiftung beteiligt ist, bedarf der vorherigen Abstimmung mit dem Kuratorium (§ 2 Abs. 3 des Dienstvertrages).

    Nach § 3 sollte dieser Vertrag mit Rückwirkung auf den 01. August 2006 gelten. Er endete am 31. Juli 2011 und wurde für weitere fünf Jahre verlängert. Eine Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich. Sie bedarf der Schriftform. Die Kündigung durch den Vorstand ist an den Vorsitzenden des Kuratoriums zu richten (§ 3 Abs. 2). Nach § 4 des Dienstvertrages erhielt der Kläger als Vergütung für seine Tätigkeit zunächst ein Bruttojahresgehalt in Höhe von 120.000,00 €, das in zwölf gleichen Raten am Anfang eines jeden Monats gezahlt worden ist. Nach der Verlängerung seines Vertrages erhielt der Kläger ein Bruttojahresgehalt in Höhe von 90.000,00 €. Die Reduzierung des Gehalts erfolgte, weil sich die Tätigkeit des Klägers nach Beendigung eines Bauvorhabens in der Realisierung des Stiftungszwecks erschöpft.

    Nach § 5 Abs. 1 des Dienstvertrages werden bei einer vorübergehenden Dienstunfähigkeit die Bezüge für die Dauer von sechs Monaten, längstens bis zum Ende des Dienstvertrages, weitergezahlt. Nach § 5 Abs. 2 haben im Falle des Ablebens des Klägers seine Witwe und seine Kinder Anspruch auf Fortzahlung des Gehaltes für den Sterbemonat und die drei folgenden Monate.

    Am 16. September 2008 beantragten die Kläger die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers für seine Tätigkeit als Vorstand der Stiftung. Der Kläger gab an, dass seine "wesentlichen Arbeitsfelder die Verwaltung von Vermögen und die Entscheidung über die Mittelverwendung für gemeinnützige Zwecke der Stiftung" sein.

    Nach Anhörung der Kläger stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2009 fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Vorstand seit dem 01. August 2006 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Die hiergegen gerichteten Widersprüche der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2009 zurück.

    Hiergegen haben die Kläger jeweils am 16. Juli 2009 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 24. Juni 2010 hat das Sozialgericht Berlin beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Zur Begründung haben die Kläger vorgetragen, dass der Kläger dem Kuratorium gegenüber nicht weisungsgebunden sei, sondern seine Tätigkeit frei gestalten könne. Insbesondere seien die in der Satzung und in dem Dienstvertrag vorgesehenen Zustimmungsrechte des Kuratoriums hinsichtlich bestimmter Geschäfte nicht mit einem Weisungsrecht gleichzusetzen. Die Tätigkeit des Kuratoriums setze erst ein, wenn der Kläger seine Entscheidung schon getroffen habe. Die Stellung eines Vorstandes einer Stiftung sei nicht zu vergleichen mit der eines Geschäftsführers einer GmbH.

    Mit Bescheid vom 08. Oktober 2009 hat die Beklagte den Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ergänzt und festgestellt, dass der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig sei.

    Mit Urteil vom 24. Oktober 2012 hat das Sozialgericht Berlin den Bescheid der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht versicherungspflichtig sei. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Anhaltspunkte, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen, überwögen. Es messe dabei insbesondere der Weisungsfreiheit sowie der familiären Bindung des Klägers zu der Klägerin großes Gewicht bei. Die in dem Dienstvertrag festgelegte Weisungsfreiheit des Klägers sowie die vorgenommene Konkretisierung dieser Freiheit würden zur Überzeugung der Kammer auch tatsächlich gelebt. Der Kläger habe glaubhaft geschildert, alle Geschäfte ohne Weisungen seitens des Kuratoriums vornehmen zu können. Die Entscheidungen treffe er allein. Der Kläger sei zudem alleiniger Vorstand.

    Gegen das ihr am 01. November 2012 zustellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 23. November 2012. Zur Begründung hat die Beklagte vorgetragen, dass das Sozialgericht die familiären Verbindungen zum Stiftungsgeber nicht zutreffend gewertet habe. Solche Verbindungen vermögen nicht die gleichen Folgen auszulösen, die in sogenannten Familien - GmbHs möglich seien, was sich bereits aus der Zweckbindung des in der Stiftung eingebrachten Kapitals ergebe. Im Übrigen sei familiäre Verbundenheit oder Rücksichtnahme grundsätzlich nicht geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergebe, gänzlich zu negieren. Eine "Schönwetter-Selbständigkeit" aufgrund familiärer Verbundenheit, die im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten nicht mehr funktioniere, sei mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit der sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar. Im Übrigen habe das Sozialgericht selbst festgestellt, dass das eine die Selbständigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko nicht vorliege.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2012 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

    Die Kläger beantragen,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie tragen vor, dass die Beklagte verkenne, dass die Klägerin dem Kläger gegenüber nicht weisungsberechtigt sei. Der Dienstvertrag habe die in der Satzung der Klägerin festgelegte Weisungsfreiheit des Klägers aufgenommen und diese Weisungsfreiheit sei auch von den Vertragsparteien gelebt worden. Das Sozialgericht habe auch zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der Klägerin um eine gemeinnützige Stiftung handele, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolge. Zu Recht habe deshalb das Sozialgericht dem Merkmal des Unternehmerrisikos für den vorliegenden Fall kein entscheidendes Gewicht beigemessen. Im Übrigen aber unterliege der Kläger selbstverständlich dem Haftungsrisiko nach §§ 86, 27 Abs. 3, 664 ff. und 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Der Kläger hafte mithin für schuldhafte Verstöße gegen die Interessenwahrungspflicht gegenüber der Klägerin. Es treffe zwar auch zu, dass der Kläger seine Vorstandsbezüge monatlich ausgezahlt erhalte und die in § 5 des Dienstvertrages bezeichneten Leistungen, wie vom Gericht zitiert, vereinbart wurden. Angesichts des selbständigen Wirkens des Klägers und der aufgrund von Stiftervorgaben gebotene Zurückhaltung des Kuratoriums bei der Ausübung seiner Überwachungsaufgaben träten diese Kriterien bei der anzustellenden Gesamtschau allerdings in den Hintergrund.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2012 ist begründet. Das Sozialgericht Berlin hat den angefochtenen Bescheid der Beklagten zu Unrecht aufgehoben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2009 und des Bescheides vom 08. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

    Der Bescheid vom 08. Oktober 2009 ist nach § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn er ist nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen und er hat die angefochtene Entscheidung ergänzt. Der Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides erhielt die unzulässige Elementenfeststellung, dass der Kläger seit dem 01. August 2006 bei der Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Diese Feststellung ist durch den Bescheid vom 08. Oktober 2009 dahingehend ergänzt worden, dass der Kläger seit dem 01. August 2006 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Die Ergänzung einer - gemessen an den gesetzlichen Regelungen der Versicherungspflicht - bisher unvollständigen isolierten Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung durch einen weiteren Bescheid, mit dem das Bestehen von Versicherungspflicht für einen bestimmten Zeitraum festgestellt wird, gehört zu den in § 96 SGG geregelten Fällen der nachträglichen Ergänzung eines Ausgangsbescheides (Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -).

    Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer die Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung.

    Maßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Tätigkeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (Urteile des BSG vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R - und vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -).

    Im vorliegenden Fall überwiegen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Der Kläger hat mit der Beklagten einen Dienstvertrag geschlossen, in dem er sich zur Übernahme bestimmter, im Einzelnen aufgeführter Aufgaben (§1 Abs. 2 und § 2) verpflichtet hat. Wesentliche Aufgabe des Klägers ist danach die "umfassende" Verwaltung der Stiftung. Die Tätigkeit des Klägers erschöpft sich damit nicht in der Übernahme repräsentativer Aufgaben, sondern ihm ist auch die kaufmännische Leitung der Stiftung übertragen worden, die regelmäßig dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglich ist (vgl. Küstermann, npoR 2011, S. 37 ff. [39]). Nach § 2 Abs. 2 unterliegt der Kläger zudem für bestimmte Rechtshandlungen einem Zustimmungserfordernis des Kuratoriums der Stiftung. Danach bedürfen Rechtshandlungen, die für die Stiftung von wesentlicher Bedeutung sind, wie der Abschluss von Verwaltungsverträgen über Gegenstände des Stiftungsvermögens mit einer mehr als dreijährigen Laufzeit, die Aufnahme oder die Gewährung von Darlehen, die Übernahme von Bürgschaften und die Veräußerung oder den Erwerb von Grundstücken stets der Zustimmung des Kuratoriums. Dieses Kuratorium kann nach § 6 Abs. 2 Satz 2 der Stiftungssatzung, dem § 2 Abs. 2 Satz 2 des Dienstvertrages entspricht, sogar durch Beschluss weitere Maßnahmen der Geschäftstätigkeiten des Vorstandes seiner Zustimmung unterwerfen.

    Der Kläger kann damit wesentliche Entscheidungen nicht allein, aufgrund unternehmerischer Entscheidungsfreiheit treffen, sondern er bedarf hierfür immer der Zustimmung des weiteren Organs der Stiftung, des Kuratoriums. Zudem kann er es nicht verhindern, dass das Kuratorium weitere Maßnahmen, für die er als alleiniges Vorstandsmitglied zuständig ist, seiner Zustimmung unterwirft. Auch erschöpft sich die Aufgabe des Kuratoriums nicht ausschließlich in einer beratenden Funktion. Nach § 8 Abs. 3 der Stiftungssatzung hat das Kuratorium die Geschäftsführung des Vorstandes zu überwachen Zu diesem Zweck kann es sich von dem Vorstand Bericht erstatten lassen und selbst oder durch einzelne von ihm zu bestimmende Mitglieder Einblick in die Bücher und Schriften der Satzung nehmen sowie den Bestand des Stiftungsvermögens überprüfen (§ 8 Abs. 3 Sätze 2 und 3).

    Zudem bestellt das Kuratorium nicht nur die Vorstandsmitglieder (§ 8 Abs. 1 Satz 1 der Stiftungssatzung), sondern es kann diese im Falle einer nicht unerheblichen Pflichtverletzung aus wichtigem Grund abberufen (§ 8 Abs. 1 Satz 1). Dem entspricht die Regelung in § 3 Abs. 2 des Dienstvertrages des Klägers. Danach kann er aus wichtigem Grund gekündigt werden.

    Als dies spricht für eine Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation der Klägerin und für eine Weisungsgebundenheit.

    Vor diesem Hintergrund vermögen auch § 1 Abs. 3 und Abs. 4 des Dienstvertrages des Klägers, nach denen er "an Weisungen nicht gebunden ist" und er auch hinsichtlich der "Bestimmung von Ort und Zeit...keinerlei Weisungen oder Präsenzpflichten" unterliegt, nicht für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Konkrete Handlungsanweisungen werden gerade bei Diensten höherer Art regelmäßig nicht, jedenfalls aber nur in einem sehr eingeschränkten Umfang erteilt. Das Direktions- und Weisungsrecht des Arbeitgebers reduziert sich insoweit zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess (Urteil des BSG vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 12/05 R -, zitiert nach juris). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen, der Betroffene also in den Betrieb eingegliedert ist. Bezeichnend ist es insoweit, dass der Kläger in dem Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status vom 16. September 2008 selbst angegeben hat, dass er "am Betriebssitz seines Auftraggebers arbeitet".

    Soweit der Kläger vorträgt, dass ihm tatsächlich während seiner Tätigkeit für die Klägerin keine Weisungen erteilt werden, vermag dies Vorbringen ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage führen. Allein aus dem Umstand, dass das zweite Organ einer Stiftung, hier das Kuratorium, bislang nie die Zustimmung zu einem zustimmungspflichtigen Geschäft verweigert hat, kann nicht geschlossen werden, es wolle von seinen rechtlichen Befugnissen gegenüber dem Vorstand auch künftig keinen Gebrauch machen und diesem völlig freie Hand lassen (Küstermann, aaO., S. 38, m. w. Nachw.). Entscheidend ist, dass der Kläger in seiner Tätigkeit der Überwachung durch das Kuratorium unterliegt und bei einer wesentlichen Pflichtverletzung aus wichtigem Grund abberufen werden kann. Wesentlich ist der rechtliche Bestand dieser Regelungen. Wollte man anders entscheiden, gäbe es im Falle der "Schönwetter-Selbständigkeit" in den erst nach Beendigung der Tätigkeit anhand des bisherigen Ausbleibens von Weisungen festgestellt werden könnte, ob es sich um eine selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung gehandelt hat. Das stünde indessen im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bereits bei Aufnahme der Tätigkeit und damit im Voraus feststehen muss (Urteil vom BSG vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 -, zitiert nach juris). Besondere Umstände welche es von Beginn an ausgeschlossen erschienen ließen, dass dem Kläger jemals eine Weisung erteilt werden würde, liegen nicht vor.

    Soweit das Sozialgericht in diesem Zusammenhang auf die "familiäre Bindung des Klägers zu der Klägerin" verweist und dieser Bindung "großes Gewicht" beimessen will, vermag der Senat dieser Argumentation nicht zu folgen. Die Klägerin ist eine rechtsfähige juristische Person des Privatrechts (§§ 80 ff. Bürgerliches Gesetzbuch). Was mit "familiären Bindungen" in diesem Zusammenhang gemeint ist, erschließt sich nicht. Jedenfalls waren und sind die bisherigen jeweils drei Kuratoriumsmitglieder mit dem Kläger nicht verwandt.

    Für eine abhängige Beschäftigung spricht auch, dass die Vertragsparteien in § 4 des Dienstvertrages eine Vergütungsvereinbarung getroffen haben, nach der der Kläger für seine Tätigkeit ein Bruttojahresgehalt von 120.000,00 € erhalten hat, das in zwölf gleichen Raten am Anfang eines jeden Monats gezahlt worden ist. Mit dem Abschluss eines Bauvorhabens wurde dieses Bruttojahresgehalt, der Einschränkung des Aufgabenkreises des Klägers auf die Realisierung des Stiftungszwecks entsprechend, auf 90.000,00 Euro reduziert. Schließlich haben die Vertragsparteien in § 5 des Dienstvertrages festgelegt, dass der Kläger bei einer vorübergehenden Dienstunfähigkeit seine Bezüge für die Dauer von sechs Monaten weiter erhält. Die Vereinbarung einer festen und gleichbleibenden Vergütung, die ohne Rücksicht auf den Arbeitserfolg gezahlt wird spricht ebenso für eine abhängige Beschäftigung (vgl. Küstermann, aaO., S. 39). wie auch die Vereinbarung einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle.

    Schließlich trägt der Kläger auch kein eigenes Unternehmerrisiko. Wesentliches Indiz für die Selbständigkeit einer Tätigkeit ist, dass die betreffende Person ein eigenes Unternehmerrisiko trägt. Voraussetzung hierfür ist der Einsatz eigenen Kapitals oder auch der eigenen Arbeitskraft mit dem Risiko ihres Verlustes. Der Kläger hat aber weder eigenes Kapital noch seine Arbeitskraft mit dem Risiko des Verlustes eingesetzt. Der Kläger erhält, wie dargelegt, ein festes monatliches Gehalt, welches unabhängig von dem Erfolg seiner Arbeit gezahlt wird. Der Umstand allein, dass der Kläger eine Haftung für schuldhaftes Verhalten unterliegt, begründet noch kein Unternehmerrisiko, da auch Arbeitnehmer einer Haftung für schuldhaftes Verhalten unterliegen (Küstermann, aaO., m. w. Nachw.). Der Einwand der Kläger, dass dem Merkmal des Unternehmerrisikos im vorliegenden Fall kein entscheidendes Gewicht beizumessen sei, weil es sich bei der Klägerin um eine gemeinnützige Stiftung handele, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolge, vermag nicht durchzugreifen. Nicht der Betrieb oder das Unternehmen muss mit einem unternehmerischen Risiko auf dem Markt auftreten, sondern die betreffende Person muss mit einem entsprechenden Risiko tätig werden. Gerade weil diese Voraussetzung im vorliegenden Falle nicht gegeben ist, sind an die übrigen Voraussetzungen, wie die Frage der Eingliederung in die Arbeitsorganisation und die Weisungsgebundenheit, besonders strenge Anforderungen zu stellen.

    Die Entscheidung über den Beginn der Versicherungspflicht beruht auf § 7a Abs. 6 SGB IV. Danach tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn u. a. der Antrag auf Feststellung des versicherungsrechtlichen Status nach § 7a Abs. 1 SGB IV innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wird. Bereits diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Der Kläger hat die Tätigkeit bei der Klägerin bereits am 01. August 2006 aufgenommen. Den Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status hat er am 16. September 2008 also mehr als zwei Jahres nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.

    Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2. Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.