04.02.2015 · IWW-Abrufnummer 174671
Bundesfinanzhof: Urteil vom 24.09.2014 – V R 11/14
Gründe
1
I. Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Organträger der X GmbH. Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der X GmbH ist Zweck der Gesellschaft die Unterstützung von Personen, die in Folge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Der Satzungszweck wird verwirklicht, insbesondere durch den Betrieb von Integrationsprojekten i.S. des § 132 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) , die die Erbringung von Dienstleistungen für Archivsysteme, deren Entwicklung und deren Vertrieb und damit zusammenhängende Dienstleistungen zum Gegenstand haben und in denen mindestens 40 v.H. der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen i.S. von § 132 Abs. 1 SGB IX sind.
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Die X GmbH beschäftigt neben dem Geschäftsführer K den schwerbehinderten Mitarbeiter H. H war vor Gründung der X GmbH bei der Klägerin beschäftigt. Die Klägerin erhielt für die behindertengerechte Ausstattung eines Arbeitsplatzes einen Zuschuss des zuständigen Integrationsamtes von 47.000 EUR.
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Nach dem Arbeitsvertrag zwischen der X GmbH und H umfasste dessen Tätigkeit den Dienstleistungsbereich EDV sowie die logistische Problemlösung. H stand ein monatlicher Bruttoarbeitslohn von 1.500 EUR zu.
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Nachdem die X GmbH ihre tatsächliche Tätigkeit zur Jahresmitte 2009 praktisch beendete, wurde H seit 1. Mai 2009 bei einer Schwestergesellschaft, der G GmbH beschäftigt.
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Für die Streitjahre (2007 bis 2009) wurden zunächst unter Annahme, dass die X GmbH eigenständiges Steuersubjekt sei, Umsatzsteuererklärungen abgegeben, in denen sämtliche Ausgangsleistungen der X GmbH mit dem ermäßigten Steuersatz erklärt wurden. Dies waren z.B. für 2007 283.615 EUR und für 2008 41.676 EUR. Die Umsätze für das Jahr 2007 ergeben sich aus dem Verkauf von drei Scannern, der zusätzlichen Inrechnungstellung für Verkauf, Zubehör, Aufstellung und Einweisung, sowie für die Weiterberechnung der Wartung der Scanner durch den technischen Kundendienst. Die X GmbH hatte die Scanner von der Klägerin erworben. Die Klägerin ist Vertriebspartner des Herstellers der Scanner, der Firma F. Die Scanner wurden an die Versicherungsgesellschaft C veräußert.
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Ab dem Jahr 2008 war H an seinem Arbeitsplatz auch direkt mit dem Einscannen (Digitalisieren) von Dokumenten für die Versicherungsgesellschaft tätig. Für diesen Bereich rechnete die X GmbH gegenüber C eigenständig Dienstleistungen ab. Von den erklärten Umsätzen des Jahres 2008 der X GmbH von 41.676 EUR entfallen auf diese Dienstleistungen 28.888 EUR (netto).
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Für das Jahr 2009 berücksichtigte die Klägerin in ihrer Steuererklärung die Organschaft mit der X GmbH und erklärte insoweit begünstigte Umsätze aus Dienstleistungen des Digitalisierens im Umfang von 2.952 EUR (netto). Daneben erklärte die Klägerin für 2009 Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 27.621 EUR.
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Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erteilte für die Streitjahre am 1. Dezember 2011 Umsatzsteuerbescheide, in denen er die Organschaft mit der X GmbH berücksichtigte und die erklärten Umsätze nicht dem ermäßigten, sondern dem Regelsteuersatz unterwarf.
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Die Klage hatte nach erfolglosem Einspruchsverfahren nur zu einem geringen Teil Erfolg; für das Streitjahr 2007 wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab, die Umsatzsteuer 2008 setzte es um 2.913,70 EUR, die Umsatzsteuer 2009 um 297,68 EUR herab. Zwar sei die X GmbH als Zweckbetrieb anzuerkennen, weil sie sowohl die Voraussetzungen des § 132 Abs. 1 SGB IX für die Anerkennung eines Integrationsprojektes als auch den von § 68 Nr. 3 Buchst. c der Abgabenordnung (AO) geforderten Grad der Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen erfülle. Es sei aber eine Verwirklichung des Integrationsprojektes der X GmbH durch die Veräußerung der Scanner und der damit im Zusammenhang stehenden Leistungen nicht ersichtlich. Insoweit sei der Regelsteuersatz anzuwenden. Nur soweit die Klägerin durch die X GmbH Dienstleistungen erbracht habe, die außerhalb der Lieferung und Wartung der Scanner lägen und sich auf das Digitalisieren von Daten bezögen, seien die Leistungen dem begünstigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3, 2. Satzteil des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu unterwerfen.
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Hiergegen richten sich sowohl die Klägerin als auch das FA mit der Revision.
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Zur Zulässigkeit ihrer Revision trägt die Klägerin vor, zwar habe sie die Revision erst nach Ablauf der am 4. Juni 2014 abgelaufenen Revisionsbegründungsfrist begründet, ihr sei aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Am letzten Tag der Frist habe ihr Prozessbevollmächtigter, Rechtsanwalt Y, um ca. 17:15 Uhr die Revisionsbegründung an den Bundesfinanzhof (BFH) gefaxt. Die Geräusche des Faxgerätes hätten den Schluss nahegelegt, dass das Gerät eine Verbindung hergestellt habe. Allerdings habe das Faxgerät keine Faxbestätigung ausgedruckt. Das Faxjournal weise kein Fax vom 3. Juni 2014 an den BFH aus, wohl aber eines vom 4. Juni 2014. Infolge eines technischen Defektes sei die Revisionsbegründung wohl erst am 4. Juni 2014 gesendet worden.
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Zur Begründetheit trägt sie vor, bei der X GmbH habe es sich um ein Integrationsprojekt i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG gehandelt. Sinn von Integrationsprojekten sei es, behinderte Menschen in die reguläre Arbeitswelt zu integrieren. Das sei bei dem Mitarbeiter der X GmbH der Fall gewesen.
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Die Klägerin beantragt,
ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i.S. des § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gewähren.
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Darüber hinaus beantragt sie sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben, die Umsatzsteuerbescheide 2007, 2008 und 2009 vom 1. Dezember 2011 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2012 unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf alle Leistungen der X GmbH zu ändern und die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.
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Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Das FA macht Verletzung materiellen Rechts und Verfahrensfehler geltend.
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Eine Anerkennung der X GmbH als Integrationsprojekt scheide aus, weil nur ein schwerbehinderter Mitarbeiter beschäftigt worden sei und damit die auch nach oben begrenzte Beschäftigungsquote des § 68 Nr. 3 Buchst. c AO überschritten sei. Außerdem habe die X GmbH keine weiteren nichtbehinderten Mitarbeiter beschäftigt, so dass die von Integrationsprojekten angestrebte Inklusion nicht habe erreicht werden können. Auch die für eine Anerkennung als Integrationsprojekt unabdingbare arbeitsbegleitende Betreuung des H habe nicht stattgefunden.
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Das FG-Urteil leide zudem an Verfahrensfehlern, weil das FG seine Pflicht zur Sachaufklärung verletzt habe. Das FG habe wesentlichen Sachvortrag unbeachtet gelassen.
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Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 13. März 2014 die Revision zugelassen. Der Beschluss ist sowohl den Prozessbevollmächtigten der Klägerin als auch dem FA am 3. April 2014 zugestellt worden. Die am 2. Mai 2014 eingelegte Revision der Klägerin ist mit einem am 4. Juni 2014 beim BFH eingegangenen Schriftsatz begründet worden. Die Revision des FA ist mit einem am 16. April 2014 beim BFH eingegangenen Schriftsatz eingelegt und begründet worden.
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II. Die Revision der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen ( § 126 Abs. 1 FGO ). Die Revision des FA ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und zur Zurückverweisung an das FG ( § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO ).
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A. Die Revision der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht rechtzeitig begründet wurde.
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1. Die Revision war von der Klägerin gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz FGO innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Da der Beschluss am 3. April 2014 zugestellt worden war, lief die Frist gemäß § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 , Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) , §§ 187 Abs. 1 , 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ablauf des 3. Juni 2014 (einem Dienstag) ab. Die Revisionsbegründung ist jedoch erst am 4. Juni 2014 --und damit verspätet-- beim BFH eingegangen.
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2. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ( § 56 FGO ) kann nicht gewährt werden. Die Gründe für eine Wiedereinsetzung sind weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht worden.
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a) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird auf Antrag gewährt, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten ( § 56 Abs. 1 FGO ). In formeller Hinsicht setzt die Wiedereinsetzung voraus, dass innerhalb dieser Frist die versäumte Rechtshandlung nachgeholt wird ( § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO ) und diejenigen Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll ( § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO ; vgl. BFH-Beschluss vom 23. August 2011 X R 2/11 , BFH/NV 2011, 1913, m.w.N.). Das erfordert grundsätzlich eine in sich schlüssige Darstellung der für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen innerhalb dieser Frist. Verschulden i.S. des § 56 Abs. 1 FGO umfasst Vorsatz und Fahrlässigkeit, so dass auch leichte Fahrlässigkeit der Gewährung der Einsetzung in den vorigen Stand entgegensteht. Der Beteiligte darf nicht die Sorgfalt außer Acht lassen, die für einen gewissenhaften Beteiligten nach den Umständen des Einzelfalls geboten und zumutbar war, um die Frist einzuhalten ( BFH-Beschluss vom 17. Februar 2010 I R 38/09 , BFH/NV 2010, 1283).
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b) Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden.
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aa) Dem Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 17. Juni 2014 lässt sich nicht entnehmen, dass die Fristversäumnis unverschuldet war; es sind Tatsachen, aus denen sich dies ergeben könnte, weder vorgetragen noch den Anforderungen des § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO entsprechend glaubhaft gemacht worden.
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Zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird vorgetragen, dass Rechtsanwalt Y die Revisionsbegründung am 3. Juni 2014 um ca. 17:15 Uhr per Telefax übermittelt habe. Es wird allerdings auch vorgetragen, dass keine Faxbestätigung ausgedruckt wurde. Allein dieser Umstand hätte bereits Veranlassung gegeben, sich von der korrekten Übermittlung der Sendung zu überzeugen.
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Das gilt umso mehr, als die Revisionsbegründung am letzten Tag der Frist übersandt wurde. Zwar dürfen die technischen Risiken der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze durch Telefax nicht auf den Nutzer des Mediums abgewälzt werden, wenn die technische Störung im Bereich des Telefaxempfangsgerätes liegt. Im Streitfall lag --auch unter Zugrundelegung des Vortrags im Wiedereinsetzungsantrag-- die (behauptete) technische Störung der Telefaxverbindung aber auf Seiten der Klägerin und daher in deren Sphäre. Verlässt sich ein Prozessbevollmächtigter bei der Fertigstellung und Übersendung fristwahrender Schriftstücke an das Gericht quasi in letzter Minute auf ein Telefaxgerät, so muss er dessen Funktionieren so rechtzeitig sicherstellen, dass er bei einer eventuellen Störung der Telefaxverbindung andere noch mögliche und zumutbare Maßnahmen für einen sicheren Zugang des fristwahrenden Schriftsatzes beim zuständigen Gericht ergreifen kann ( BFH-Beschluss vom 15. November 2012 XI B 70/12 , BFH/NV 2013, 401). Dasselbe gilt, wenn --wie hier-- am letzten Tag der Frist ein fristwahrendes Schriftstück per Telefax übermittelt wird und aufgrund des Fehlens einer Sendebestätigung die Vermutung naheliegt, dass die Übermittlung fehlgeschlagen sein könnte. Auch in diesem Fall sind erhöhte Sorgfaltsanforderungen an den Prozessbevollmächtigten zu stellen.
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bb) Im Übrigen hat die Klägerin die Behauptung, ihr Prozessbevollmächtigter habe bereits am 3. Juni 2014, also innerhalb der Frist, versucht, die Revisionsbegründung zu faxen, lediglich schriftsätzlich vorgetragen, ohne sie --z.B. durch die Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen ( § 294 Abs. 1 ZPO )-- mit geeigneten Mitteln glaubhaft zu machen (vgl. hierzu BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1283 [BFH 17.02.2010 - I R 38/09] ). Es ist auch kein Faxjournal über die am 3. und 4. Juni 2014 gesendeten Telefaxe vorgelegt worden. Lediglich die für die Frage des Zeitpunkts der Sendung der Revisionsbegründung nichtssagenden Protokolle über die eingegangenen Faxe hat die Klägerin eingereicht. Auch deshalb kann der Antrag auf Wiedereinsetzung keinen Erfolg haben.
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B. Die Revision des FA ist begründet. Die Feststellungen des FG lassen eine Beantwortung der Frage, ob die Umsätze der Klägerin von der Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG erfasst werden, nicht zu.
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1. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer u.a. für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen ( §§ 51 bis 68 AO ). Das gilt allerdings gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG (eingefügt m.W.v. 19. Dezember 2006 durch Art. 7 Nr. 5 Buchst. a des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006, BGBl. I 2007, 2878) "für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, ... nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht".
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a) Die Steuerermäßigung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG beruht auf Art. 98 Abs. 2 und 3 der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) i.V.m. Anhang III Nr. 15. Danach können die Mitgliedstaaten auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien einen ermäßigten Steuersatz anwenden. In Anhang III der MwStSystRL sind steuerpflichtige Leistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit (Anhang III Nr. 15) genannt.
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b) Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Zwar gehört zur Förderung der Allgemeinheit nach § 52 Abs. 2 Nr. 10 AO u.a. die Förderung der Hilfe für Behinderte. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit stellt aber darüber hinaus an den Gesellschaftsvertrag weitere Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der sog. Vermögensbindung nach § 61 AO . Das FG hat insoweit über den Hinweis auf § 2 des Gesellschaftsvertrages der X GmbH zum Gegenstand der Gesellschaft und zum Satzungszweck hinaus keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, auch nicht im Wege der Bezugnahme. Der Senat kann schon deshalb nicht beurteilen, ob die Anforderungen der Gemeinnützigkeit erfüllt sind.
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c) Die Feststellungen des FG lassen auch eine Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft der Klägerin nicht zu.
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aa) Fördert eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, ergibt sich hieraus kein uneingeschränkter Anspruch auf Gewährung der Steuervergünstigung durch Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG schließt diese Steuervergünstigung selbst bei Verfolgung gemeinnütziger Zwecke aus, wenn diese Zweckverfolgung zur Erbringung von Leistungen führt, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Bei einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handelt es sich um eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht (vgl. § 14 AO ).
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Liegt, was im vorliegenden Fall unstreitig gegeben ist, ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S. von § 14 AO vor, bleibt gemäß § 64 Abs. 1 AO die Steuervergünstigung nur erhalten, wenn es sich bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb um einen Zweckbetrieb handelt ( BFH-Urteil vom 12. Juni 2008 V R 33/05 , BFHE 221, 536, BStBl II 2009, 221 [BFH 12.06.2008 - V R 33/05] ).
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bb) § 68 AO zählt einzelne Zweckbetriebe mit rechtsbegründender Wirkung auf (vgl. BTDrucks 11/4176, 12) und ist im Verhältnis zu der allgemeinen Definition des Zweckbetriebes in § 65 AO lex specialis ( BFH-Urteile vom 23. Februar 2012 V R 59/09 , BFHE 237, 255, BStBl II 2012, 544 [BFH 23.02.2012 - V R 59/09] ; vom 29. Januar 2009 V R 46/06 , BFHE 224, 176, BStBl II 2009, 560 [BFH 29.01.2009 - V R 46/06] ; vom 4. Juni 2003 I R 25/02 , BFHE 202, 391, BStBl II 2004, 660 [BFH 04.06.2003 - I R 25/02] ; vom 18. Januar 1995 V R 139-142/92, BFHE 177, 147, BStBl II 1995, 446).
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Gemäß § 68 Nr. 3 Buchst. c AO sind Zweckbetriebe u.a. auch:
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(1) Gemäß § 132 Abs. 1 SGB IX sind Integrationsprojekte
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Gemäß § 132 Abs. 2 SGB IX sind schwerbehinderte Menschen i.S. des Abs. 1 insbesondere
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§ 132 Abs. 3 SGB IX :
Integrationsunternehmen beschäftigen "... mindestens 25 Prozent schwerbehinderte Menschen im Sinne von Absatz 1. Der Anteil der schwerbehinderten Menschen soll in der Regel 50 Prozent nicht übersteigen".
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Außerdem bieten Integrationsprojekte den schwerbehinderten Menschen Beschäftigung und arbeitsbegleitende Betreuung an, soweit erforderlich auch Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung oder Gelegenheit zur Teilnahme an entsprechenden außerbetrieblichen Maßnahmen und Unterstützung bei der Vermittlung in eine sonstige Beschäftigung in einem Betrieb oder einer Dienststelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie geeignete Maßnahmen zur Vorbereitung auf eine Beschäftigung in einem Integrationsprojekt ( § 133 SGB IX ; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 237, 255, [BFH 23.02.2012 - V R 59/09] BStBl II 2012, 544 [BFH 23.02.2012 - V R 59/09] ). Sie erhalten diesen besonderen Aufwand im Rahmen der Projektförderung erstattet (BFH-Urteil in BFHE 237, 255, [BFH 23.02.2012 - V R 59/09] BStBl II 2012, 544 [BFH 23.02.2012 - V R 59/09] ; vgl. auch Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht 3. Senat, Urteil vom 5. Dezember 2008 L 3 AL 11/07).
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(2) Das FG hat weder Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob der Schwerbehinderte H ein Schwerbehinderter i.S. des § 132 Abs. 1 SGB IX ist, noch hat es Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin dem bei ihr beschäftigten Schwerbehinderten H neben der Beschäftigung auch eine arbeitsbegleitende Betreuung und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung oder Gelegenheit zur Teilnahme an entsprechenden außerbetrieblichen Maßnahmen und Unterstützung bei der Vermittlung in eine sonstige Beschäftigung in einem Betrieb oder einer Dienststelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt i.S. des § 133 SGB IX angeboten hat. Es hat auch nicht festgestellt, ob eine entsprechende Projektförderung erfolgt ist (zur Förderung von Integrationsprojekten durch die Integrationsämter vgl. Verwaltungsgericht München, Urteil vom 28. Juli 2010 M 18 K 09.5079). Das FG wird hierzu entsprechende Feststellungen nachholen müssen.
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d) Bei seiner erneuten Entscheidung wird das FG auch berücksichtigen müssen, dass die Begriffe, die --mittelbar oder unmittelbar-- gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG zur Anwendung des Regelsteuersatzes führen, weit und die Begriffe, die zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führen, eng auszulegen sind.
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aa) Dieses Gebot beruht zum einen darauf, dass Vorschriften, die den Regelsteuersatz einschränken, im Hinblick auf ihren Ausnahmecharakter eng und Vorschriften, die im Rahmen einer sog. Rückausnahme die Geltung des Regelsteuersatzes (wieder) anordnen, weit auszulegen sind (vgl. z.B. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 18. Januar 2001 C-83/99 , Kommission/Spanien, Slg. 2001, I-445, m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung; BFH-Urteil in BFHE 224, 176, BStBl II 2009, 560, unter II.2.b).
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bb) Das Gebot einer den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG einschränkenden Auslegung ergibt sich im Streitfall darüber hinaus aus der fehlenden Vereinbarkeit von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG mit dem Unionsrecht ( BFH-Urteile vom 20. März 2014 V R 4/13 , BFHE 245, 397, BFH/NV 2014, 1470 [BFH 20.03.2014 - V R 4/13] zu Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 14; vom 8. März 2012 V R 14/11 , BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, [BFH 08.03.2012 - V R 14/11] unter II.2.a bb (1) zur gleichlautenden Nachfolgeregelung in Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 15).
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§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG entspricht nur insoweit dem Unionsrecht, als Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 15 den Mitgliedstaaten erlaubt, einen ermäßigten Steuersatz für die "Lieferung von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch von den Mitgliedstaaten anerkannte gemeinnützige Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit, soweit sie nicht gemäß Art. 132, 135, und 136 steuerbefreit sind", anzuwenden. Demgegenüber ist § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG insoweit richtlinienwidrig, als die Vorschrift nicht nur die Leistungen, die steuerbegünstigte Körperschaften für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit erbringen, sondern alle Leistungen dieser Körperschaften umfasst (BFH-Urteile in BFHE 245, 397, BFH/NV 2014, 1470, [BFH 20.03.2014 - V R 4/13] und in BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630).
48
cc) Die Umsätze der Klägerin werden von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 15 nicht umfasst, weil weder die Veräußerung von Scannern noch die Erbringung von Dienstleistungen für Archivsysteme sowie deren Entwicklung und Vertrieb und damit zusammenhängende Dienstleistungen Leistungen für wohltätige Zwecke oder im Bereich der sozialen Sicherheit sind.
49
2. Da das Urteil bereits aus den unter II.B.1. dargestellten Gründen aufzuheben ist, kommt es auf das Vorliegen der geltend gemachten Verfahrensfehler nicht an.
50
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 , § 143 Abs. 2 FGO .