10.12.2015 · IWW-Abrufnummer 145973
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Beschluss vom 16.07.2015 – 3 Wx 53/15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 Wx 53/15
5 VI 14/14 Amtsgericht Lübeck
Beschluss
In der Nachlasssache
hat der 3. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 16. Juli 2015 beschlossen:
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Amtsgerichts Lübeck vom 12. März 2015 geändert:
Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) gemäß Erbscheinsverhandlung des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in Danzig vom 28. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten in beiden Instanzen. Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.000,00 € festgesetzt.
Dem Beteiligten zu 2) wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt E1 ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt.
G r ü n d e
I.
Der 1921 in Westpreußen geborene Erblasser, der deutscher Staatsangehöriger ist, war verheiratet und hatte eine Tochter. Ehefrau wie Tochter sind im Laufe des Jahres 2004 vorverstorben. Der Erblasser hat in den Jahren 2005 und 2007 jeweils ein von dem Notar Z1 in Lübeck beurkundetes Testament bei dem Amtsgericht Lübeck hinterlegen lassen. Diese beiden Testamente sind jeweils von ihm persönlich aus der Hinterlegung genommen worden. Unter dem 23. April 2008 hat der Erblasser zur UR-Nr. /2008 des Notars Z1 in Lübeck eine Verfügung von Todes wegen errichtet und darin den Beteiligten zu 2) zu seinem Alleinerben eingesetzt. Er hat dort den Wert seines Vermögens mit 35.000,00 € angegeben. Bei dem Beteiligten zu 2) handelt es sich um einen Neffen des Erblassers. Der Beteiligte zu 3) ist ein weiterer Neffe und die in Polen lebende Beteiligte zu 1) eine Nichte des Erblassers.
Unter dem 30. Juli 2009 erteilte der Erblasser – wiederum beurkundet von dem Notar Z1 in Lübeck – einer in der Nähe wohnenden Nichte seiner verstorbenen Ehefrau, Frau Erika M1, eine Vorsorgevollmacht.
Unter dem 7. März 2012 regte der Internist Dr. E2 eine Betreuung für den Erblasser bei dem Amtsgericht Lübeck an. Im Zuge des Betreuungsverfahrens hörte der Sachbearbeiter der Betreuungsstelle des Kreises Ostholstein den Erblasser und auch Frau M1 an. Es wurde ein Gutachten des Arztes für psychosomatische Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. med. D1 aus Lübeck eingeholt, dass dieser unter dem 12. Oktober 2012 - nach Untersuchung und Befragung des Erblassers - erstattete. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, bei dem Erblasser liege eine leicht kognitive Auffälligkeit an der Grenze zu einer leichten dementiellen Störung vor. Es bestehe keine zwingende Notwendigkeit zur Einrichtung einer Betreuung trotz der grenzwertigen kognitiven Einschränkungen, da eine gut reflektierte Vertrauensbeziehung zu der Generalvollmachtnehmerin (Frau M1) bestehe und der Erblasser sich durchaus seiner Hilfsbedürftigkeit bewusst sei. Es liege eine ausreichende Vollmachtsfähigkeit vor, der Betroffene sei zu einer freien Willensbildung im Rahmen seiner aktuellen Situation angemessen in der Lage. Er könne auf Grundlage intellektueller Einsicht eine von überwiegenden Einflüssen Dritter unabhängige Entscheidung über die Zustimmung oder Ablehnung einer Betreuung/Betreuungsperson treffen. Das Betreuungsverfahren wurde daraufhin eingestellt.
Nach dem Tod des Erblassers am 15. März 2013 reichte Frau Erika M1 auf Aufforderung des Amtsgerichts mit einem dort am 6. Mai 2013 eingetroffenen Anschreiben den teilweise abgerissenen Hinterlegungsschein betreffend das notarielle Testament des Notars Z1 Ur.-Nr. /2008 und einen weiteren originalen handschriftlichen Zettel zur Akte, in dem es heißt:
„Mein Heutige Testament!
Donnerstag 09. (folgende Zahlen schwer leserlich) 09.
Iwona J1 erbt nach meinem Ableben Alle meine Ersparten Gelder (DM)
S1/C1 Lübeck
Frau T1 verwaltet es. Alfons P1“
In einer Erbscheinsverhandlung vor dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Danzig vom 28. Januar 2014 beantragte die Beteiligte zu 1) die Ausstellung eines Erbscheins nach dem Erblasser, wonach sie Alleinerbin geworden sei.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 18. Februar 2014 meldete sich der Beteiligte zu 2) zur Akte und führte aus, bei dem handschriftlichem Vermerk vom 09.01(oder 02)09. handele es sich - wenn überhaupt um eine letztwillige Verfügung - um ein Vermächtnis von Ersparnissen für die Beteiligte zu 1), nicht aber um eine Erbeinsetzung. Der handschriftliche Vermerk werde indes insgesamt als unwirksam angesehen, weil der Erblasser, wenn der Vermerk denn von ihm stammen würde, nicht orientiert gewesen sei. Weder der 09.01.2009 noch der 09.02.2009 seien ein Donnerstag gewesen. Soweit er der Beteiligten zu 1) lediglich seine ersparten Gelder vermacht und dahinter auch noch „DM“ gesetzt habe, sei unklar, um was für Beträge es sich handele. Es müsste bestritten werden, dass der Erblasser überhaupt testierfähig gewesen sei. Er habe unter erheblichem Medikamenten- und Alkoholeinfluss gestanden.
Der Beteiligte zu 3) meldete sich ebenfalls zur Akte und teilte unter dem 1. März 2014 mit, der Beteiligte zu 1) gehe es nur um das Geld.
Die Beteiligte zu 1) meldete sich schriftlich im August 2014 bei dem Amtsgericht und teilte mit, sie habe im Jahr 2006 angefangen, den Erblasser in Deutschland zu besuchen. Er sei (damals) 85 Jahre alt gewesen und voll belastbar im physischen sowie intellektuellen Sinn. Bis 2012 habe sie ihren Onkel im Krankenhaus und später auch im Altersheim besucht. Jedes Jahr habe sie viel Zeit mit ihm in Deutschland verbracht. Sie habe keine Verschlechterung seiner Gesundheit oder seines physischen Empfindens beobachtet. Bis zu seinem 89. Lebensjahr hätte er sich noch Untersuchungen unterzogen, die es ihm erlaubt hätten, ein Fahrzeug zu führen. Sie habe ihn auch von Polen aus jeden Tag angerufen, um ihn aufzuwecken. Er habe ihr gesagt, dass er im Testament für ihre Zukunft sorgen werde. Sie habe nie nachgefragt, in welcher Form er dies tun wolle. Der Onkel habe überlegt, wie er sein Vermögen schneller teilen könne, damit sie schon früher einen Teil bekomme. Damit sei sie aber nicht einverstanden gewesen. Sie habe keine teuren Geschenke annehmen wollen. Sie habe ihren Onkel nie dazu überredet, was er mit seinem Vermögen machen solle.
Das Amtsgericht holte ein Testierfähigkeitsgutachten ein, das der damit beauftragte Arzt für psychosomatische Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Peter D1 unter dem 5. Dezember 2014 erteilte (Bl. 86 ff. d. A.). Dort heißt es zusammenfassend am Ende, es sei festzustellen, dass weder vor der in Frage stehenden Testierung am 09.01.(oder 02) 2009, noch zeitnah zu dieser Testierung Hinweise zu finden seien, die eine Testierunfähigkeit begründen könnten. Die ab Ende 2009 bis zum Ableben des Betroffenen insgesamt 8 stationären Behandlungen und zugehörigen Entlassungsberichte würden erst ab etwa Mitte 2012 Hinweise für eine kognitive Veränderung im Grenzbereich zur Demenz zeigen. Aus psychiatrischer Sicht würden sich insgesamt keine hinreichenden Zweifel an dem Vorliegen von Testierfähigkeit zum fraglichen Zeitpunkt des handschriftlichen Testamentes vom 09.01.(bzw. 02) 2009 finden lassen.
In seiner Stellungnahme nach Zusendung dieses Gutachtens führte der Beteiligte zu 2) aus, das „angeblich vom Erblasser stammende Geschreibsel vom 09.01.2009(?)“ sei „nicht als Testament zu werten“. Der Erblasser habe zuvor drei notarielle Testamente errichtet, es sei deshalb absolut nicht nachvollziehbar warum er nunmehr ein Testament gemacht haben solle, dessen Inhalt belege, dass er zum Zeitpunkt der Errichtung dieses „Testaments“ nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sei. Angesichts der Testierung- der 09.01.2009 sei ebenso wenig wie der 09.02.2009 ein Donnerstag gewesen – müsse bestritten werden, dass dieses „TestamentZ“ überhaupt nach dem letzten notariellen Testament errichtet worden sei. Dagegen spreche auch, dass der Erblasser als Währung DM angegeben habe und nicht €. Diese falsche Währungsangabe sei umso erstaunlicher, als er angeblich bis zum Schluss seine Bankgeschäfte selbst gemacht habe. Der Erblasser habe außer ein wenig Bargeld nichts von Wert hinterlassen. Wenn in seinem Testament von 2008 noch ein Vermögen von 35.000,00 € angegeben worden sei, werde davon ausgegangen, dass er von den ihn pflegenden Personen ausgenommen worden sei.
Unter dem 12. März 2015 hat das Amtsgericht beschlossen, die erforderlichen Tatsachen zur Erteilung eines Erbscheins mit dem Inhalt, dass der Erblasser von der Beteiligten zu 1) beerbt worden sei, würden für festgesellt erachtet. Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses werde ausgesetzt. Zur Begründung wird in dem Beschluss ausgeführt, dass Testierunfähigkeit bei Errichtung des Testamentes vom 09.01/09.02.2009 nicht bewiesen worden und damit von voller Testierfähigkeit des Erblassers auszugehen sei. Dies ergebe sich aus dem überzeugenden und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten. Sei eine krankheitsbedingte Beeinträchtigung des Geisteszustandes nicht bewiesen, komme es bei der Entscheidung nicht darauf an, ob die Beteiligte zu 1) den Erblasser bei Testamentserrichtung beeinflusst habe, weil nicht jede Einflussnahme zur Testierunfähigkeit führe. Bei dem fraglichen Testament handele es sich auch um eine Erbeinsetzung und nicht nur um die Aussetzung eines Vermächtnisses, weil der Erblasser über „alle“ seine Gelder und damit über den gesamten Nachlass verfügt habe.
Gegen diesen ihm am 17. März 2015 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 2) am 14. April 2015 Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen. Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei bereits bei dem „Schmierzettel“ vom 09.01./09.02.2009 der erforderliche Wille zur Abgabe einer rechtsverbindlichen Erklärung nicht feststellbar. Der Zettel gebe nicht her, dass er von dem Erblasser in dem Bewusstsein niedergeschrieben worden sei, eine rechtsverbindliche letztwillige Verfügung zu errichten. Dagegen würde die äußere Form der Urkunde sprechen, die deutlich von den üblichen Gepflogenheiten abweiche, weil der Erblasser drei verschiedene notarielle letztwillige Verfügungen hätte beurkunden lassen. Schmierzettel dieses Formats würden üblicherweise für kurze Notizen, nicht aber für rechtsgeschäftliche Erklärungen verwendet.
Auch die Erklärung selbst spreche gegen einen ernstlichen Testierwillen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Erblasser seine Pflegerin als Alleinerbin einzusetzen beabsichtigt habe. Dem Inhalt der Notiz lasse sich kein Anhalt dafür entnehmen, dass der Verfasser ihr eine Bedeutung beigemessen habe, die über die bloße Verfügung über seine Ersparnisse hinausgehe. Selbst wenn das Amtsgericht annehme, dass der Erblasser damit eine Verbindlichkeit hätte herbeiführen wollen, unterstreiche das lediglich die Bedeutung der auf dem Zettel enthaltenen Handlungsanweisung, trage aber nicht die Annahme, dass der Erblasser diesem Schriftstück damit die Bedeutung einer verbindlichen letztwilligen Verfügung verleihen wolle. Aus dem Schriftstück werde vielmehr deutlich, dass der Erblasser davon ausgegangen sei, in einer anderen Urkunde verbindlich letztwillige Verfügungen getroffen zu haben. Die Notiz sei als unverbindliche Aufforderung gehalten worden. Ein Wille, letztwillig zu verfügen, sei dabei nicht feststellbar.
Unabhängig davon bestünden nach wie vor erhebliche Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers. Dieser habe nach Informationen des Beschwerdeführers ständig zwölf verschieden Medikamente eingenommen. Das würden die in der Anlage zur Beschwerdebegründung vorgelegten Fotokopien der Medikamente des Erblassers beweisen. Dort finden sich zwei Fotos, auf denen ein Tisch mit verschiedenen Medikamenten zu sehen ist, versehen jeweils mit dem Datum vom 17. Mai 2012 (unter einem dieser Fotografien befindet sich der Satz „Onkel Alfons P1 seine Medikamente in Lübeck“).
Das Amtsgericht hat dieser Beschwerde unter Hinweis darauf nicht abgeholfen, dass sich der Testierwille des Erblassers aus dem Wortlaut des Testaments vom 09.01./09.02.2009 ergebe (Beschluss vom 15.4.2015).
Der Beteiligten zu 1) und dem Beteiligte zu 3) ist der Beschwerdeschriftsatz und der Nichtabhilfebeschluss übersandt worden. Sie haben keine weitere Stellungnahme abgegeben.
II.
Über die nach den §§ 58 ff FamFG zulässige, insbesondere fristgerecht eingereichte Beschwerde des Beteiligten zu 2) kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 14.1.2010, 3 Wx 92/09, FamRZ 2010, 1178 ff; zustimmend Kammergericht, Beschluss vom 29.6.2010, 1 W 161/10, bei juris Rn. 10 ff).
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat auch in der Sache Erfolg. Der von der Beteiligten 1) beantragte Erbschein, der sie als Alleinerbin nach dem Erblasser ausweisen soll, hätte nur auf der Grundlage des mit „Mein Heutige Testament!“ überschriebenen Schriftstücks Erfolg haben können. Nach Einsicht des Senats in das Original dieses Schriftstücks ergibt sich indes, dass es sich dabei wegen der unklaren Datierung nicht um ein gültiges Testament handelt.
1.
Allerdings kann nicht festgestellt werden, dass der Erblasser, sollte das fragliche Schriftstück – wovon die Beteiligte zu 1) ausgeht - Anfang 2009 errichtet worden sein, zu diesem Zeitpunkt testierunfähig i.S.v. § 2229 Abs. 4 BGB war.
Aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. D1 vom 5. Dezember 2014 ergibt sich jedenfalls für die Zeit bis Ende 2011 keine ausreichend sicher feststellbare Krankheitsdiagnose im Sinne dieser Norm. Zwar wäre eine – jedenfalls mittlere – Demenz eine ausreichende Krankheitsdiagnose. Indes hat ein durchgeführter Mini-Mental-Status-Test erstmals Mitte 2010 grenzwertigere Hinweise auf eine Demenz gezeigt. In dem zugehörigen Entlassungsbericht der D2 r–Klinik sei – so der Gutachter - aber konstatiert worden, dass der klinische Eindruck trotzdem gegen eine Demenz spreche. Im Übrigen werde von einer Demenz des Erblassers bei einer cerebralen Gefäßstörung erstmals ab 2012 gesprochen.
Das Sachverständigengutachten im vorliegenden Verfahren vom 5. Dezember 2014 steht in keinem Widerspruch zu den Erkenntnissen desselben Gutachters anlässlich seiner Untersuchung des Erblassers Anfang Oktober 2012 im Betreuungsverfahren (dortiges Gutachten vom 12.10.2012).
Es fehlt für einen Testierzeitpunkt zu Beginn des Jahres 2009 - unbeschadet der fehlenden Krankheitsdiagnose – aber auch an ausreichend konkret festzustellenden psychopathologischen Funktionsdefiziten des Erblassers, die einen Schluss auf Testierunfähigkeit nachvollziehbar zulassen würden.
Mit der Beschwerdebegründung führt der Beteiligte zu 2) aus, der Erblasser habe „nach hiesigen Informationen“ ständig 12 verschiedene Medikamente eingenommen. Zum Beweis bezieht er sich aber nur auf die vorgelegten Fotos eines Tisches mit verschiedenen (zu sehen sind wohl 9) Medikamentenschachteln. Diese Fotos stammen angesichts der auf ihnen enthaltenen Datierung vom 17. Mai 2012. Daraus ergeben sich mithin keine Anhaltspunkte für die Situation im Testierzeitpunkt Anfang 2009.
2.
Bei dem Schriftstück „Mein Heutige Testament“ (Original in der Klarsichtfolie nach Bl. 124 d.A.) handelt es sich gemäß § 2247 Abs. 5 S. 1 BGB nicht um ein gültiges Testament, weil mangels sicherer Datierung nicht festgestellt werden kann, ob es zeitlich nach dem jedenfalls wirksamen, inhaltlich aber entgegenstehenden notariellen Testament vom 23. April 2008 (Ur.Nr.: /2008 des Notars Z1 in Lübeck) errichtet worden ist.
a)
Soweit der Beteiligte zu 2) die äußere Form des Schriftstücks mit dem Hinweis angreift, es handele sich um einen „Schmierzettel“, ist allerdings festzuhalten, dass ein Testament durchaus auch auf einem „Notizzettel“ errichtet werden kann (Litzenburger in Beck´scher Online Kommentar zum BGB, Herausgeber Bamberger/Roth, Stand 1.5.2015, § 2247 Rn. 8 mit Rechtssprechungsnachweisen). Betrachtet man den Inhalt dieses Schriftstückes, wird daraus gerade nicht deutlich, dass es sich um einen bloßen Entwurf handeln sollte. Dagegen spricht schon die Überschrift „Mein Heutige Testament!“, die dann folgende (im Ergebnis allerdings unklare und unvollständige) Datierung, die Formulierung dahingehend, dass die Beteiligte zu 1) nach dem „Ableben“ des Erblassers alle seine ersparten Gelder „erbt“, und schließlich die den gesamten Text abschließende Unterschrift mit vollem Vor- und Nachnamen.
b)
Inhaltlich dürfte das fragliche Schreiben auch eine Erbeinsetzung, nämlich die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) zur Alleinerbin des Erblassers, enthalten. Die Wirksamkeit des Testamentes wäre zwar auch nicht in Frage gestellt, wenn dort nur ein Vermächtnis ausgesetzt ist. Dagegen spricht indes die Formulierung „erbt“ und der Umstand, dass der Erblasser neben seinen Ersparnissen nicht über sonstiges wesentliches Vermögen verfügt hat. Soweit er in dem Testament nur „alle meine ersparten Gelder“ anspricht, greift vor dem Hintergrund, dass es sich dabei um sein wesentliches Vermögen handelt, nicht die Zweifelsregel des § 2087 Abs. 2 BGB ein. Vielmehr findet § 2087 Abs. 1 BGB Anwendung, wonach eine Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen ist, wenn der Erblasser sein Vermögen dem Bedachten zuwendet. Hier ist der Erblasser ersichtlich davon ausgegangen, dass es sich bei „allen meinen ersparten Geldern“ um sein wesentliches Vermögen handelt.
c)
Der Beteiligte zu 2) macht zutreffend darauf aufmerksam, dass der Erblasser zuvor allerdings in den Jahren 2005, 2007 und 2008 mit notariellen Testamenten testiert hat. Nicht zu verkennen ist, dass er auch Mitte des Jahres 2009, nämlich am 30. Juli 2009 noch einmal bei demselben Notar, nämlich dem Notar Rolf Z1 in Lübeck, gewesen ist und dort eine Vorsorgevollmacht zu Gunsten der Nichte seiner verstorbenen Ehefrau, Frau Erika M1, hat beurkunden lassen. Formell war er allerdings dennoch nicht gehindert, Anfang 2009 – wenn auch abweichend von seiner bisherigen Übung und unabhängig von dem Umstand, dass er durchaus den Notar Z1 hätte wieder aufsuchen können - ein eigenhändiges handschriftliches Testament zu errichten. Angesichts des Aufbaus und des Inhalts dieses Schriftstücks, das deutlich eine letztwillige Verfügung über das Erblasservermögen erkennen lässt, spricht die mehrfache vorherige Testierung mit notariellen Testamenten nicht dagegen, aus ihm auf einen bei seiner Abfassung vorhandenen Testierwillen des Erblassers zu schließen. Insbesondere die unzweideutige Überschrift und die abschließende Unterschrift lassen – wie ausgeführt - gerade nicht den Eindruck aufkommen, dass es sich nur um einen Entwurf/eine Notiz handeln könnte.
d)
Die zwingenden formellen Erfordernisse des § 2247 BGB sind im Hinblick auf das handschriftliche Schriftstück im Grundsatz erfüllt. Es fehlt zwar eine Ortsangabe. Insoweit bestimmt § 2247 Abs. 2 BGB aber nur, dass der Erblasser in der Erklärung angeben „solle“, an welchem Ort er sie niedergeschrieben habe. Fehlt die Ortsangabe d– wie hier -, führt dies nur dann zur Unwirksamkeit, wenn sich gerade hieraus Zweifel an der Gültigkeit des Testamentes ergeben (§ 2247 Abs. 5 S. 2 BGB). Solche Zweifel werden etwa bei im Ausland errichteten Testamenten diskutiert (vgl. Hagena in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 2247 Rn. 47 und Otte in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 2247 Rn. 125). Hier sind Zweifel nicht erkennbar.
e)
Die fehlende Gültigkeit ergibt sich hier aber daraus, dass eine sichere Datierung des Testamentes nicht feststellbar ist und deshalb insbesondere möglich bleibt, dass das handschriftliche Testament zeitlich vor dem letzten, inhaltlich entgegenstehenden notariellen Testament errichtet worden ist. Es kommt dann nicht mehr darauf an, dass es aber auch wesentlich später zum Ende des Lebens des Erblassers hin errichtet worden sein könnte, wo die Krankheitsdiagnose „Demenz“ gesichert erscheint und dann Testierunfähigkeit vorliegen könnte.
Gemäß § 2247 Abs. 2 BGB soll der Erblasser in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) er sie niedergeschrieben hat. Enthält ein eigenhändig errichtetes Testament keine Angabe über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit so ist das Testament gemäß § 2247 Abs. 5 S. 1 BGB nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweitig treffen lassen.
Weil nach § 2247 Abs. 2 BGB die Zeitangabe kein zwingendes Formerfordernis ist, führen falsche Orts- und Zeitangaben nicht schon von sich aus zur Unwirksamkeit des Testaments. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich das richtige Datum aus dem sonstigen Inhalt der Urkunde ermitteln lässt. Der genaue Errichtungszeitpunkt ist im Übrigen nur dann von Bedeutung, wenn ab einem bestimmten Zeitpunkt Testierfähigkeit des Erblassers nicht mehr vorlag, oder wenn es beim Vorliegen mehrerer Testamente darauf ankommt, welches das spätere Testament ist (vgl. Otte in Staudinger, a.a.O., § 2247 Rn. 119 f, 123 f und Hagena in Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 2247 Rn. 42). Die eigenhändige Orts- und Zeitangabe in einem privatschriftlichen Testament hat bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung der Richtigkeit für sich. Diese Vermutungswirkung gilt aber nur für Zeit- und Ortsangaben, die insgesamt nicht nur formgerecht eigenhändig sondern auch fehlerfrei bzw. unzweideutig geschrieben worden sind (OLG München ZEV 2009, 479 f: BayObLG ZEV 2001, 101 f und FamRZ 1994, 593 f; KG FamRZ 1991, 486 ff – alle genannten Judikate betreffen Testamente mit klaren Datierungen; s.a. Otte in Staudinger, a.a.O., § 2247 Rn. 123). § 2247 Abs. 5 BGB regelt zwar ausdrücklich nur den Fall, dass das Testament keine Angaben über den Zeitpunkt der Errichtung enthält. Die Vorschrift ist aber erweiternd dahin auszulegen, dass sie auch Anwendung findet, wenn das Testament ungenaue Zeitangaben enthält und sich hieraus Zweifel über die Gültigkeit ergeben (Otte in Staudinger, a.a.O., § 2247 Rn. 126; vgl. auch Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2247 Rn. 13).
Im vorliegenden Fall enthält das Testament zwar eine Zeitangabe, indes fehlt eine sichere Angabe jedenfalls des Jahres der Errichtung. Klar und deutlich ausgeschrieben sind nur zwei Doppelziffern, nämlich jeweils 09. Dort sind die Ziffern deutlich voneinander getrennt und nach der letzten Ziffer 9 jeweils versehen mit einem deutlichen Punkt. Dazwischen befinden sich unklare eng aneinander gefügte Zeichen, die am ehesten zu deuten sind als eine weitere 0 der aber unmittelbar eine 2 folgt, die möglicherweise zunächst eine 1 gewesen sein könnte. Von Bedeutung ist einerseits, dass hinter diesen Zeichen gerade kein Punkt folgt und andererseits, dass diese eng aneinander gefügten Zeichen ausgemalt sind, so dass sich für den Betrachter insgesamt der Eindruck ergibt, dass diese Zeichen nicht gelten sollen, nämlich gestrichen sind. Daraus folgt aber weiter, dass eine Jahreszahl nicht erkennbar ist, insbesondere die letzte Ziffernfolge „09.“ nicht als Jahresangabe angesehen werden kann, wobei nicht ausschlaggebend erscheint aber am Rande zu vermerken ist, dass hinter einer Jahresangabe ein Punkt auch nicht zu erwarten wäre.
Das Ergebnis – Jahresangabe lässt sich nicht feststellen – verstärkt sich deutlich dadurch, dass der 9. Januar oder der 9. Februar 2009 (wollte man die abschließenden „09.“ doch einmal als Jahresangabe unterstellen und die mittleren unklaren Zeichen als Monatsangabe Januar oder Februar) kein Donnerstag gewesen sind, sondern ein Freitag bzw. ein Montag. Die den Ziffern vorgeschaltete Angabe „Donnerstag“ ist indes unzweideutig geschrieben. In den Jahren 2007 bis 2013 war der 9. Januar und der 9. Februar niemals ein Donnerstag. Zuletzt war der 9. Februar 2006 ein Donnerstag.
Zu bedenken ist, dass der Erblasser auch bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. D1 Anfang Oktober 2012 eine sichere Angabe über das Jahr nicht machen konnte (Gutachten vom 12.10.2012, S. 4 unten). Die Datierung erscheint weiter zweifelhaft, weil der Erblasser im Hinblick auf seine ersparten Gelder noch von „DM“ spricht. Zudem verweist er auf die S1/C1 Lübeck, hat sich die S1 Lübeck aber mit Schreiben vom 18. September 2013 gegen über den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) dahin geäußert, dass der Erblasser jedenfalls in den vergangenen 10 Jahren dort kein Konto geführt habe. Danach käme in Betracht, dass das handschriftliche Dokument deutlich älteren Datums als von 2009 sein könnte. Angesichts der nicht sicher feststellbaren Jahreszahl in dem Schriftstück kommt es nicht darauf an, dass allerdings der 09.09.2010 ein Donnerstag war.
Lässt sich mithin eine Jahresangabe aus dem Testament nicht – sicher – erkennen, kann der Senat hinsichtlich des Jahrs der Entstehung des Zettels auch keine Umstände feststellen, die in Abgrenzung zu dem feststehenden Datum des zeitletzten notariellen Testaments vom 23. April 2008 zu einer verlässlichen, sicheren zeitlich späteren Datierung führen könnten. Dann aber ergibt sich aus § 2247 Abs. 5 S. 1 BGB, dass das handschriftliche Schriftstück „Mein Heutige Testament!“ nicht als gültig angesehen werden kann.
3.
Über die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen war – weil die Beschwerde erfolgreich ist – nach § 81 FamFG zu entscheiden (vgl. Zimmermann in Keidel, FamFG, 18. A. 2014, § 84 Rn. 8). Gemäß § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Hier waren die Gerichtskosten der Beteiligten zu 1) insgesamt aufzuerlegen, weil sie das Verfahren durch ihren Erbscheinsantrag veranlasst hat und nach dem Ergebnis des Beschwerdeverfahrens mit diesem Antrag unterlegen ist. Zu bedenken ist allerdings, dass keiner der Fälle des § 81 Abs. 2 FamFG vorliegt. Das Ergebnis des Senats – nämlich die Ungültigkeit des handschriftlichen Testaments – ist Folge einer schwierigen Anwendung einschlägiger Rechtsgrundsätze unter nicht einfacher Bewertung des Inhalts des fraglichen handschriftlichen Testaments in Bezug auf dessen Datierung. Deshalb erschien hier angemessen, keine Kostenerstattung anzuordnen.
Der Beschwerdewert richtet sich gemäß den §§ 61, 40 Abs. 1 Ziff. 2 GNotKG nach dem Wert des gesamten Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls unter Abzug nur der bereits vom Erblasser herrührenden Verbindlichkeiten. Der Erblasser selbst hat sein Vermögen in dem notariellem Testament vom 23. April 2008 noch mit 35.000,00 € angegeben. Dem Mitarbeiter des Kreises Ostholstein hatte der Erblasser im September 2012 im Rahmen des Betreuungsverfahrens mitgeteilt, über ein Sparguthaben in Höhe von noch etwa 20.000,00 € zu verfügen. Die von diesem Mitarbeiter befragte Frau M1 hatte indes angegeben, der Erblasser habe ein Sparguthaben von noch ca. 8.000,00 € bis 9.000,00 € und auf seinem Girokonto befänden sich derzeit ca. 4.500,00 €. Er habe in den vergangenen Jahren viel Geld nach Polen überwiesen und seine Rente von 1.600,00 € decke die Heimkosten von monatlichen 1.800,00 € nicht vollständig. Auf der Grundlage dieser Angaben der Frau M1 im Betreuungsverfahren im Herbst 2012 bestimmt der Senat den Gegenstandswert mit 12.000,00 €.
4.
Der Beteiligte zu 2) hat für das Verfahren über die von ihm allerdings unbedingt eingelegte Beschwerde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Diese war ihm nach den § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 114 ff ZPO in Form von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwalts ohne Ratenzahlungsanordnung zu bewilligen, weil hinreichende Erfolgsaussichten nach dem vorstehenden Ausführungen bestehen und die wirtschaftlichen Voraussetzungen dargelegt sind.