22.02.2019 · IWW-Abrufnummer 207357
Verwaltungsgericht Magdeburg: Urteil vom 21.11.2018 – 8 A 98/18
Ein "Sippenverband" ist nicht rechtskräftiger Vertreter einer "Familienstiftung", wenn diese nach ihrem letzten Statut die Vertretung durch ein Kuratorium vorsieht.
Verwaltungsgericht Magdeburg
Urt. v. 21.11.2018
Az.: 8 A 98/18
Tatbestand
Bei der Klägerin handelt es sich um eine der ältesten Familienstiftungen in Deutschland, deren Keim bis in das Jahr 1516 zurückgeht. Nach den Unterlagen ist festzustellen, dass die Stiftung sich zuletzt die Verwaltungsordnung vom 22.09.1870 gab, deren Rechtskraft das Königliche Stadt- und Kreisgericht A-Stadt am 21.06.1878 bestätigte. Aufgrund der Inflation nach dem 1. Weltkrieg wurden nahezu keine Stipendien mehr ausgezahlt. 1934 wurde im Einvernehmen mit dem Magistrat der Stadt A-Stadt als Patron der Stiftung festgelegt, bis zum Erreichen des früheren Vermögensstandes keine Auszahlungen mehr vorzunehmen.
Im Jahr 1935 wurde der S... (...) gegründet. Zweck des Verbandes war die Wiederbelebung der Familienstiftung.
Aus den Unterlagen ist bekannt, dass zuletzt im Jahre 1955 Herr L.M. Kurator der Stiftung gewesen ist.
Mit Beschluss des Rates der Stadt A-Stadt vom 26.01.1955 wurde die B. mit Sitz in A-Stadt gem. § 87 BGB wegen Vermögenslosigkeit und Nichterfüllung des Stiftungszweckes durch den Patron aufgelöst. Unter dem 26.11.2007 stellte das Landesverwaltungsamt (Referat Stiftungen) fest, dass der Beschluss des Rates der Stadt A-Stadt als Patron vom 26.01.1955 nicht wirksam sei und die Stiftung formell fortbestehe. Eine Reaktivierung der Stiftung sei durch ihr satzungsgemäßes Organ, einem Kuratorium möglich.
Unter dem 18.12.2007 meldete sich Prof. Dr. J.H. Kirchner bei dem Oberbürgermeister der A. als Vertreter des Sippenverbandes zwecks Wiederbelebung der Z. Familienstiftung. Nach der noch geltenden Verwaltungsordnung von 1870/78 bestimme die Stadt A-Stadt als Patron der Stiftung die Kuratoren für die Stiftung. Die früheren Kuratoren seien alle verstorben. Daher müssten neue Kuratoren eingesetzt werden.
Unter dem 22.12.2010 teilte die Stiftungsaufsicht der Klägerin mit, dass diese in das Stiftungsverzeichnis eingetragen werde. Dabei seien als vorläufiger Vorstand die Herren PD Dr. Dr. C.S., Prof. Dr. J.H. und Prof. Dr. C.H. eingetragen worden. Diese seien aufgefordert eine Familienversammlung einzuberufen, um einen satzungsgemäßen Vorstand zu bestimmen und eine den heutigen Gegebenheiten angepasste Satzung zu beschließen.Daraufhin teilte Herr Dr. Dr. S. unter dem 01.05.2011 mit, dass die Klägerin aufgrund der erst jetzt wiederhergestellten Handlungsfähigkeit den am 12.08.1990 durch Frau R. B. als Schatzmeisterin des Sippenverbandes als eigenen vermögensrechtlichen Antrag übernehme.
Unter dem 12.08.1990 erklärte Frau R. B. als Schatzmeisterin des Sippenverbandes Z.A. gegenüber der Stadt A-Stadt die Anfechtung der Aufhebung des Beschlusses von 1955 und machte Schadensersatzansprüche für Uraltguthaben geltend. Unter dem 13.10.1990 wurde dieser Antrag durch Frau R. B. ausdrücklich als vermögensrechtlicher Antrag auf "Rückbereinigung des Stiftungsvermögens der Z. Familienstiftung" als "Bevollmächtigte von der Z. Familienstiftung" gestellt. Dem lag eine Vollmacht der Vorsitzenden des Sippenverbandes, Frau Y.B. bei, welche Frau R.B. bevollmächtigte, die Rechte der Z. Familienstiftung zu vertreten. Der Sippenverband sei berechtigt, die Interessen der Familienstiftung wahrzunehmen, den seine Mitglieder seien Nachkommen der Familie Ziering [...]." Ebenso stellte Frau B. für den Sippenverband unter dem 09.07.1990 und 06.08.1990 vermögensrechtliche Anträge und suggerierte dabei die Vertretungsbefugnis für die klägerische Familienstiftung. Der Sippenverband sei laut Satzung befugt, die Interessen der Z. Familienstiftung wahrzunehmen. Weitere Klärungen folgten unter dem 14.01.1991.
Weitere Mitglieder des Sippenverbandes, so Herr M.P. und Herr H. meldeten sich für den Sippenverband, stellten aber später klar, dass die Vertretung durch Frau B. bzw. Frau R. B. für den Sippenverband geschehen solle.
Mit dem streitbefangenen Bescheid vom 27.10.2016 lehnte die Beklagte vermögensrechtliche Ansprüche der Klägerin mit der Begründung ab, dass der Sippenverband nicht für die klägerische Familienstiftung antragsberechtigt gewesen sei. Denn das Statut der klägerischen Stiftung habe diese Vertretungsberechtigung nicht vorgesehen. Nach dem letzten Statut von 1870 sei die Familienstiftung vom Kuratorium vertreten worden (§ 7), das aus 3 Männern bestanden habe (§§ 2, 3, 5). Diese mussten in A-Stadt wohnen oder einen dort wohnenden Stellvertreter benennen, der sie weisungsunabhängig vertreten habe (§ 3). Mit der Änderung des Wohnsitzes ende das im Übrigen lebenslange Amt des Kurators (§ 4). Das Kuratorium entscheide als Kollegium durch Mehrheitsentscheidung und handele nach Außen durch Unterschrift von mindestens 2 der Kuratoren.
Sei ein Kurator verhindert, so entscheide der Dienstältere von ihnen. Unterzeichnen müssten dann beide (§ 7). Ein Kurator könne nicht allein für die Familienstiftung handeln.
All diese Voraussetzungen seien in der Antragstellung durch den Sippenverband nicht erfüllt. Demnach sei eine fristgerechte Antragstellung nach § 30a Abs. 1 VermG; § 6 Abs. 1 S. 3 Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG) nicht gegeben.
Darüber hinaus seien die Anträge auch materiell-rechtlich unbegründet.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt - Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen - mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2018 als unbegründet zurück und vertiefte dabei die Ausführungen des Ausgangsbescheides zur nicht fristgerechten Antragsstellung. Der Antrag der Frau R.B. vom 12.08.1990 sei nicht für die Klägerin sondern für den Sippenverband gestellt worden und könne daher nicht Grundlage des vorliegenden Verfahrens sein. Soweit Frau R.B. im Antrag vom 13.10.1990 diesen ausdrücklich im Namen der Klägerin gestellt habe, habe der Sippenverband die klägerische Familienstiftung nicht wirksam vertreten können. Denn die Vertretung der Klägerin habe sich nach der Verwaltungsordnung von 1870 gerichtet. Der Sippenverband habe erst mit seiner Umwandlung in einen eingetragenen Verein im Jahre 2008 - und damit nach Ablauf der Antragsfrist - Rechtsfähigkeit erlangt. Zudem sei Frau R.B. kein Kurator der klägerischen Familienstiftung gewesen und diese hätte durch mindestens zwei Kuratoren gemeinsam vertreten werden müssen.
Eine Genehmigung eines vollmachtlos gestellten Antrages nach Fristablauf des § 30a VermG sei nicht möglich. Ebenso sei eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht zulässig und die sog. Nachsichtgewährung wegen Versäumung der Anmeldefrist wegen staatlichen Fehlverhaltens sei nicht gegeben.
Darüber hinaus sei eine vermögensrechtliche Schädigung nicht gegeben. Denn das im Jahr 1955 in Folge der Auflösung frei gewordene Eigentum sei durch die Umschreibung der Vermögenswerte in Volkseigentum nur ein Akt des Vollzuges der Auflösung gewesen.
Mit der fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und ist im Wesentlichen der Auffassung, dass der Sippenverband die klägerische Familienstiftung bei der fristgerechten Antragstellung vertreten habe. Der Sippenverband habe auch vor diesen Anträgen und auch danach wirksam für die Klägerin gehandelt. So sei der Sippenverband in anderen Verfahren, etwa bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau, behördlich als Vertreter und Interessenverwalter der Klägerin und Familie anerkannt worden. Dies müsse daher auch in den vermögensrechtlichen Verfahren gelten. Die Vertretung der Klägerin durch den Sippenverband ergebe sich im Übrigen aus den Regelungen über die Familienstiftung im Allgemeinen Preußischen Landrecht (ALR). So gelte beispielsweise nach II.4 § 8 ALR das allgemeine Gesellschaftsrecht hinsichtlich der Willensbildung der Familien auch im Hinblick auf Familienstiftungen. Als Teil der Stiftungsverfassung im Sinne des § 85 BGB seien diese Regelungen auch noch nach in Kraft treten des BGB anwendbar, zumal auch Art. 163 EGBGB hinsichtlich des intertemporalen Kollisionsrechts keine andere Regelung treffe. Genau diese Funktion der Familie sei dann 1935 mit der Gründung des Sippenverbandes abgebildet worden. Folgerichtig hätten die gewählten Vertreter des Sippenverbandes Vorsorgemaßnahmen für die Klägerin in der Zeit ihrer Handlungsunfähigkeit ergreifen können und ebenso die Kuratoren bestimmen können.
Hilfsweise sei die sog. Nachsichtgewährung hier einschlägig. Denn eine Handlungsunfähigkeit der Klägerin sei von ihr unverschuldet gewesen.
Schließlich sei die verspätete Anmeldung dem Zweck der Anmeldefrist nicht verfehlt, weil die Beklagte erst im Jahr 2017 über die Anträge entschieden habe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 27.10.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2018 zu verpflichten, den für die Klägerin gestellten vermögensrechtlichen Anträgen zu entsprechen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und verteidigt die in den Bescheiden zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht zur nicht fristgerechten Antragstellung.
Aufgrund der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht vom 04.10.2018 gab das Gericht der Klägerin mit Aufklärungs- und Auflagenbeschluss auf, dem Gericht bis zum 12.11.2018 geeignete gesetzliche Nachweise zur Vertretungsbefugnis des Sippenverbandes für die klägerische Stiftung sowie geeignete Rechtsprechung dazu, unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung problematisierten gesetzlichen Vorgaben der Ausschlussfrist des Vermögensgesetzes, vorzulegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, über die durch den Einzelrichter (§ 6 VwGO) ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) entschieden werden konnte, ist unbegründet.
Die streitbefangenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf vermögensrechtliche Leistungen. Denn es mangelt an einer fristgerechten Antragstellung.
Nach § 30a VermG endete die insoweitige vermögensrechtliche Antragstellung am 31.12.1992 bzw. für bewegliches Vermögen am 30.06.1993.
Nach § 6 Abs. 1 S. 3 Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG) endet für weitere Anträge die Ausschlussfrist am 31.05.1995. Diese Ausschlussfristen sind vorliegend für entsprechende vermögensrechtliche Anträge der klägerischen Familienstiftung nicht eingehalten worden.
Zum Antrag berechtigt ist die materiell-berechtigte geschädigte Person bzw. deren Rechtsnachfolger (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 u. 6 VermG).
Beansprucht werden hier Uraltguthaben der klägerischen Familienstiftung.
Ein solcher rechtswirksamer Antrag für die klägerische Familienstiftung liegt nicht vor. Mit den streitbefangenen Bescheiden ist das Gericht der Auffassung, dass sich die Vertretung der klägerischen Familienstiftung nach den Regelungen des zuletzt bekannten Statuts, nämlich der Verwaltungsordnung vom 22.09.1870, bestätigt am 21.06.1878, richtet. Denn dabei handelt es sich um das zuletzt bekannte noch geltende Statut der Familienstiftung. Daher bestimmt sich danach die satzungsgemäße Vertretung der Stiftung. Hiernach wird die Familienstiftung vom Kuratorium vertreten (§ 7) welches aus 3 Männern besteht (§§ 2, 3, 5). Diese müssen in A-Stadt wohnen oder einen dort wohnenden Stellvertreter benennen, der sie weisungsunabhängig vertritt (§ 3). Mit Änderung des Wohnsitzes endet das im Übrigen lebenslange Amt des Kurators (§ 4).
Diese Voraussetzungen liegen bei den für den Sippenverband handelnden Personen, insbesondere Frau R.B. und Frau R.B., nicht vor.
Auch aus sonstigen gesetzlichen Rechtsgrundlagen ist eine Vertretung der Familienstiftung durch den Sippenverband nicht ersichtlich. Ein "Sippenverband" stellt zunächst kein rechtliches Gebilde, sondern einen familiären Zusammenschluss (Blutsbande) dar und ist eher ein Begriff aus der Genealogie. Soweit sich eine "Sippenverband" ein vereinsrechtliches Gefüge gibt, sind die Regelungen des Vereins anwendbar. So wohl auch hier. Daraus ergibt sich aber keine - gesetzliche - Vertretung für die Familienstiftung, auch wenn die Mitglieder sogar identisch sein sollten.
"Familienstiftung" und "Sippenverband" sind juristisch eindeutig zu unterscheiden.
Soweit die Klägerin pauschal auf die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Preußischen Allgemeinen Landrechts zu den Familienstiftungen verweist, ergibt sich daraus nichts anderes. Entscheidend ist, dass gerade der Wille der Stiftung selbst erkennbar sein muss, ihre - im Übrigen gesetzlich geforderte - Vertretung zu regeln. Dies ist durch die Verwaltungsordnung von 1870 geschehen. Statuten zeitlich danach sind nicht bekannt. Allein die Gründung des familiären Sippenverbandes im Jahre 1935 ändert daran nichts. Denn darin kann keine satzungsmäßige gesetzliche Vertretung der Familienstiftung selbst gesehen werden. Die Verfassung ist die stiftungsrechtliche Grundordnung der Stiftung (vgl. §§ 85, 25 BGB). Nach den anzuwendenden Vorschiften über den Verein vertritt der Vorstand den Verein gerichtlich und außergerichtlich und wird im Übrigen durch die Satzung bestimmt (vgl. § 26 BGB). Dabei ist die Familienstiftung eine Unterart der Stiftung, die nach ihrem Zweck ausschließlich dem Interesse einer oder mehreren bestimmten Familien dient. Das frühere preußische Recht enthielt für Familienstiftungen begünstigende Sonderregelungen, wie abgeschwächte Stiftungsaufsicht, Zuständigkeit des Amtsgerichts (vgl. Palandt, BGB, Vorbemerkung vor § 80, Rz. 9). Ausnahmen zur gesetzlichen Vertretung - wie von der Klägerin behauptet - sind nicht bekannt. Allein der Hinweis, dass nach dem Gesellschaftsrecht die Willensbildung der Familien auch im Hinblick auf Familienstiftungen zu berücksichtigen sei, ist dabei nicht hilfreich. Schließlich kam die Klägerin dem Aufklärungs- und Auflagenbeschlusses des Gerichtes aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2018 auch nicht nach, geeignete gesetzliche Nachweise zur Vertretungsbefugnis des Sippenverbandes für die klägerische Stiftung sowie geeignete Rechtsprechung dazu unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben der Ausschlussfrist des Vermögensgesetzes vorzulegen.
Auch in der Folgezeit sind bis zum entscheidungserheblichen Ausschlussdatum des § 30a Abs. 1 S. 1 VermG (spätestens 30.06.1993) keine Anträge der Klägerin gestellt oder Vollmachten vorgelegt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss ein Restitutionsantrag die Person des Berechtigten hinreichend konkret bezeichnen und durch eine hinter dem Rückgabeantrag stehende Willenserklärung des Berechtigten gedeckt sein (vgl. nur BVerwG, Urteil v. 13.12.2006, 8 C 24.05; juris). Der Restitutionsantrag muss also sowohl hinsichtlich der Person als auch in Bezug auf den oder die begehrten Vermögensgegenstände individualisierbar sein. Hierbei auftretende Zweifelsfragen sind, da der Antrag eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB im Wege der Auslegung zu klären (BVerwG, Urteil v. 15.11.2000, 8 C 28.99; juris).
Auch die Möglichkeit einer zunächst vollmachtlosen Vertretung hilft nicht weiter. Denn auch dann wäre die Vollmacht innerhalb der Ausschlussfrist beizubringen gewesen, was nicht geschehen ist. Zweck der Ausschlussfrist ist es, im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern und damit auch im gesamtstaatlichen Interesse sobald wie möglich Rechtsklarheit und Rechtssicherheit darüber herbeizuführen, und in welchem Umfang Vermögenswerte aufgrund von Rückübertragungsansprüchen in ihrer Verkehrsfähigkeit beeinträchtigt sind. Aus diesem Grund erfordert es eine fristwahrende Anmeldung, den geltend gemachten Anspruch durch Angaben zu Art, Umfang und Ort der Belegenheit des Vermögenswertes sowie durch eindeutige Bezeichnung der Person des Berechtigten zu individualisieren (vgl. nur VG Magdeburg, Urteil v. 13.12.2016, 8 A 121/16; juris). Dies ist nicht geschehen. Denn erst in den 2010er Jahren verfügte die Klägerin wieder über ein vertretungsberechtigtes Kuratorium.
Der Sippenverband kann auch nicht als Rechts- oder Funktionsnachfolger der Z. Familienstiftung angesehen werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin zum entscheidungserheblichen Antragszeitpunkt tatsächlich aufgelöst war oder nicht (vgl. VG Magdeburg, Urteil v. 15.06.2004, 7 A 515/01; n.v.; VG Greifswald, Urteil v. 11.01.2007, 6 A 1119/05; juris). Von § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG erfasster Rechtsnachfolger ist, wer kraft Gesetzes, kraft Rechtsgeschäft oder kraft Hoheitsaktes hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft an dem entsprechenden Vermögenswert entweder durch Universal- oder Singularsukzession an die Stelle des von dem Vermögensverlust Betroffenen getreten ist (vgl. nur: BVerwG, Beschluss v. 23.02.1994, 7 B 4.94; juris). Dies ist bei dem 1935 gegründeten Sippenverband nicht der Fall. Denn der Sippenverband hatte den Zweck der Wiederbelebung der Familienstiftung; wollte also selbst nicht an die Stelle der Familienstiftung treten.
In dem Schreiben von Frau R.B. vom 14.01.1991 (Bl. 409 Beiakte A) wird darauf hingewiesen, dass es in der Neufassung der Satzung von 1962 heißt, dass Zweck des Sippenverbande sei, "die Tradition der Z. Familienstiftung aufrecht zu erhalten, um diese später einmal in irgendeiner Form wieder lebensfähig zu machen". In dem von "O. F." unterzeichneten Bericht zur "Z. Familienstiftung" (Bl. 393 [398], Beiakte A) heißt es: "Die 1935 erfolgte Gründung des Sippenverbandes [...] legte, anknüpfend an den Gedanken der Familien-Stiftung, in ihrer Satzung fest, dass familiengeschichtliche Forschungen unter Verwendung des überlieferten Materials zu betreiben, dass der Gedanke der Familienzusammengehörigkeit zu pflegen sei und die Z. Familien-Stiftung in irgendwelcher Form unterstützt und wieder lebendfähig gemacht werden sollte."
Auf die fehlende Rechtsnachfolge weist im Übrigen auch Herr Dr. M.P. in seinem Schreiben vom 12.03.2008 hin (Bl. 416 Beiakte A).
Schließlich ging der Sippenverband frühzeitig selbst nicht von einer Rechtsnachfolge aus. Denn in den im Verwaltungsvorgang (Bl. 391 ff., Beiakte A) befindlichen Auszügen aus den "Z. Nachrichten"; Sonderausgabe 1968 heißt es: "Der Vorstand des Sippenverbandes neigt zu der Ansicht, dass die Z. Familienstiftung nicht erloschen ist, zumal die Kuratoren auf Lebenszeit berufen sind und die oberste Instanz, die Familienversammlung, jederzeit zusammen treten könnte. Danach dürfte auch eine - übrigens rechtlich wohl ziemlich problematische - Rechtsnachfolge des Sippenverbandes kaum aktuell sein."
Schließlich wurde der Sippenverband, später Familienverband als Familienbeirat und Familienversammlung in der Verwaltung der Stiftung einbezogen und führt die familiengeschichtliche Traditionspflege fort (Bl. 400, Beiakte A).
Somit könnte allenfalls eine Funktionsnachfolge bestehen, welche von der Berechtigtenstellung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG nicht erfasst ist (BVerwG, Beschluss v. 23.02.1994, 7 B 4.94; VG Magdeburg, Urteil v. 31.05.2018, 8 A 513/17; alle juris; vgl. zu Stiftungen: VG Gera, Urteil v. 29.03.2001, 5 K 1919/97.GE; juris; VG Magdeburg, Urteil v. 15.06.2004, 7 A 515/01; n.v.: auch: VG Cottbus, Urteil v. 27.08.2008, 1 K 770/03; juris).
Da es sich bei den vermögensrechtlichen Antragsfristen (vgl. nur: § 30a VermG, § 6 Abs. 1 S. 2 AusglLeistG) um materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfristen handelt, ist eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht möglich. Wird eine solche Ausschlussfrist versäumt, ist eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand unzulässig (BVerwG, Urteil v. 28.03.1996, 7 C 28.95; juris). Angesichts der Anzahl der seinerzeit vorliegenden Anmeldungen konnte davon ausgegangen werden, dass nahezu alle Anmeldeberechtigten von ihrer Anmeldemöglichkeit Gebrauch gemacht hatten, insofern sah der Gesetzgeber ein Bedürfnis, eine Ausschlussfrist für weitere Anmeldungen nach den Gesetzen einzuführen. Die Ausschlussfrist dient dem Interesse, die vermögens- und entschädigungsrechtlichen Verfahren innerhalb eines vertretbaren Zeitraums abzuschließen. Hinsichtlich von Entschädigungsansprüchen sollte damit auch dem fiskalischen Interesse Rechnung getragen werden, angesichts der angespannten Haushaltslage zum Zweck der Finanzplanung einen möglichst genauen Überblick über bestehende Entschädigungsansprüche zu erhalten und den Umfang der zu leistenden Entschädigungen für den Bund absehbar zu machen (vgl. nur: BVerwG, Urteil v. 25.03.2010, 5 C 15.09; BVerfG, Beschluss v. 10.01.2000, 1 BvR 1398/99; VG Magdeburg, Urteil v. 31.05.2018, 8 A 58/18; alle juris).
Auch die von der Klägerin gesehene Nachsichtgewährung scheidet aus. Eine Nachsichtgewährung ist etwa dann angebracht, wenn staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften gegeben ist, ohne deren konkrete Beachtung der Anmelder seine Rechte nicht wahren konnte und wenn durch die Berücksichtigung der verspäteten Anmeldung der Zweck der Anmeldevorschriften nicht verfehlt würde (vgl. nur: BVerwG, Beschluss v. 29.06.2006, 8 B 43.06; VG Magdeburg, Urteil v. 08.07.2016, 8 A 21/16; VG Magdeburg, Urteil v. 13.12.2016, 8 A 121/16; alle juris). Diese Ausnahmen lassen sich nicht allgemein gültig, sondern nur im Einklang mit dem Regelungsbereich, in dem die Ausschlussfrist wirkt, und mit Blick auf ihre dortige Funktion bestimmen (BVerwG, Urteil v. 28.03.1996, 7 C 28.95; juris). Für den Bereich des Vermögens- und Wiedergutmachungsrechts bedeutet dies, dass der Berechtigte durch konkrete Kausalhandlungen der mit der Vermögens- und Wiedergutmachungssache befassten Behörde an der Einhaltung der Ausschlussfrist gehindert war.
Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Denn es ist bereits überhaupt nicht erkennbar, durch welche Handlungen hier die Beklagte als vermögensrechtliche Antragsbehörde die Klägerin - also die Familienstiftung - an der Ausübung ihrer Rechte gehindert hätte. An der satzungsgemäßen Vertretung durch die Verwaltungsordnung von 1870 konnte nichts geändert werden. Auch die Problematik um die Auflösung der Familienstiftung im Jahr 1955 und die damit bedingte "schwebende" Unwirksamkeit bis zur Entscheidung des Landesverwaltungsamtes über den Fortbestand der Stiftung im Jahr 2007 ändert daran nichts und ist nicht dem Vermögensamt zuzurechnen. Denn die Klägerin und damit die Familienstiftung hätte sich letztendlich selbst über ihre Vertretung bewusst sein müssen und frühzeitig für eine satzungsgemäße Vertretung sorgen müssen. Fehlende Rechtskenntnis geht dabei zu ihren Lasten. Auf die Anerkennung der Vertretungsbefugnis durch andere Behörden kommt es nicht an. Entscheidend muss das staatliche Fehlverhalten auf die Abhaltung der konkreten Antragsfrist durch das handelnde Vermögensamt hindeuten; dafür fehlt es bei staatlichen Vorgängen ganz anderer Behörden oder staatlicher Institutionen vor mehr als 20 Jahren bereits an Kausalzusammenhang. (vgl. zusammenfassend nur: VG Magdeburg, Urteil v. 31.05.2018, 8 A 58/18; juris).
Schließlich kann auch dahinstehen, ob die Schreiben der Vertreter des Sippenverbandes als eigene vermögensrechtliche Anträge für den Sippenverband gestellt und hätten beschieden werden müssen. Denn unstreitig standen die geltend gemachten Uraltguthaben nicht im Eigentum des Sippenverbandes, sondern der klägerischen Stiftung, sodass eine Berechtigtenstellung von vornherein ausscheidet.
Zusammenfassend folgt das Gericht der ausführlichen rechtlichen Bewertung der Beklagten in den streitbefangenen Bescheiden und den Schriftsätzen, worauf zur ergänzenden Begründung verwiesen werden darf (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG, wobei das Gericht dem klägerischen Vorbringen folgt.