03.11.2006 · IWW-Abrufnummer 063207
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 08.08.2001 – I B 40/01
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
I B 40/01
Gründe:
I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist ein eingetragener Verein. Sein satzungsmäßiger Zweck ist die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Fortbildung auf dem Gebiet bestimmter medizinischer Behandlungsmethoden. Durch Freistellungsbescheid vom 8. September 1997 erkannte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Antragsteller für die Jahre 1993 bis einschließlich 1995 als eine gemeinnützige Zwecke verfolgende Körperschaft an.
1998 und 1999 fand beim Antragsteller eine Außenprüfung statt. Aufgrund der Feststellungen der Prüfer gelangte das FA zu der Auffassung, der Antragsteller sei abweichend von seiner Satzung nicht selbstlos tätig und ihm sei daher die Gemeinnützigkeit zu versagen. Den Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit sah das FA darin, dass der Antragsteller seinem Mitglied und 1. Vorsitzenden des Vorstandes A für die Vorstandstätigkeit Vergütungen gezahlt hatte, die nach Auffassung des FA überhöht waren. Das FA änderte deshalb den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Freistellungsbescheid und veranlagte den Antragsteller für die Jahre 1993 bis 1998 zur Körperschaft- und Umsatzsteuer und erließ für diese Erhebungszeiträume Gewerbesteuermessbescheide (Bescheide vom 23. Juni 2000 für die Jahre 1993 bis 1995, Bescheide vom 10. Juli 2000 für die Jahre 1996 bis 1998). Außerdem setzte das FA für die auf das Jahr 1998 folgenden Veranlagungszeiträume Körperschaftsteuervorauszahlungen fest (Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid vom 10. Juli 2000).
Der Antragsteller legte fristgerecht Einsprüche ein. In den Einspruchsschreiben vom 26. Juli und 7. August 2000 werden die Bescheide, gegen die sich die Rechtsbehelfe richten, wie folgt bezeichnet: "Bescheide vom 23. Juni 2000 über Körperschaftsteuer für 1993 bis 1995, den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1993 bis 1995 und Umsatzsteuer für 1993 bis 1995" und "Bescheide vom 10. Juli 2000 über Körperschaftsteuer für 1996 bis 1998, den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1996 bis 1998 und Umsatzsteuer für 1996 bis 1998". Gleichzeitig beantragte der Antragsteller, die Vollziehung der so bezeichneten Bescheide auszusetzen.
Über die Einsprüche wurde bisher noch nicht entschieden. Die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte das FA ab (Verwaltungsakte vom 16. und 21. August 2000). Auch der danach beim Finanzgericht (FG) gestellte Antrag auf AdV der Bescheide für 1993 bis 1998 und des Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheides für 1999 bis 2001 war erfolglos (FG-Beschluss vom 21. November 2000, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2001, 538). Durch Beschluss vom 22. Januar 2001 ließ das FG nachträglich die Beschwerde zu.
Der Antragsteller zahlte die Steuern und legte gegen die Entscheidung des FG Beschwerde ein. Während des Beschwerdeverfahrens hat das FA die Bescheide für 1996 bis 1998 geändert (Änderungsbescheide vom 3. April 2001) und durch Bescheide vom 30. April bzw. 23. Mai 2001 die Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2001 und die Folgejahre sowie die Umsatzsteuer für 1997 auf jeweils 0 DM herabgesetzt. Die Beteiligten haben daraufhin erklärt, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, soweit er die Aufhebung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 1997 betrifft. Der Antragsteller hat auch den Rechtsstreit wegen Aufhebung der Vollziehung des Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheides, soweit er die Vorauszahlungen 2001 betrifft, in der Hauptsache für erledigt erklärt. Dieser Erklärung hat sich das FA nicht angeschlossen. Es ist der Auffassung, der beim FG gestellte Antrag auf AdV des Vorauszahlungsbescheides sei unzulässig gewesen.
Der Antragsteller beantragt nunmehr sinngemäß,
- den Beschluss des FG vom 21. November 2000 und die Vollziehung der Körperschaftsteuer-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 1993 bis 1995 vom 23. Juni 2000, der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 1996 bis 1998 und der Umsatzsteuerbescheide für 1996 und 1998 vom 3. April 2001 sowie des Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheides vom 10. Juli 2000 hinsichtlich der Vorauszahlungen für 1999 und 2000 ohne Sicherheitsleistung und mit der Maßgabe aufzuheben, dass bereits entstandene Säumniszuschläge nicht zu erheben sind,
- festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit er die Aufhebung der Vollziehung des Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheides vom 10. Juli 2000 hinsichtlich der Vorauszahlungen für 2001 betrifft.
Das FA beantragt sinngemäß, den Feststellungsantrag abzulehnen und die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
II. Dem Beschwerdebegehren, den FG-Beschluss vom 21. November 2000 und die Vollziehung der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 1993 bis 1998, der Umsatzsteuerbescheide für 1993 bis 1996 und 1998 und des Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheides hinsichtlich der Vorauszahlungen für 1999 und 2000 aufzuheben, war nicht zu entsprechen. Die Beschwerde ist insoweit unbegründet und war daher zurückzuweisen.
A. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vollziehung eines angefochtenen Steuer- oder Steuermessbescheides auf Antrag vom Gericht auszusetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Bescheid im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits vollzogen, kann das Gericht die völlige oder teilweise Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Bescheides bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte (s. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Juli 1994 I B 241/93, BFH/NV 1995, 334). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit müssen jedoch solche sein, die den Schluss zulassen, dass der angefochtene Bescheid zu Ungunsten des Antragstellers rechtswidrig sein könnte. Ergibt die summarische Prüfung z.B., dass die Steuer im angefochtenen Bescheid keinesfalls zu hoch, sondern möglicherweise zu niedrig festgesetzt worden ist und dass nur deshalb Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen, kommt eine Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung wegen der ernstlichen Zweifel nicht in Betracht.
B. Hinsichtlich des Antrags auf Aufhebung der Vollziehung des Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheides ist die Beschwerde bereits deshalb unbegründet, weil der Bescheid nicht angefochten wurde.
In dem die Bescheide vom 10. Juli 2000 betreffenden Einspruchsschreiben vom 7. August 2000 sind die Bescheide, gegen die der Einspruch erhoben wurde, eindeutig bezeichnet. Der Vorauszahlungsbescheid gehört nicht zu ihnen. Er wird in dem Schreiben vom 7. August 2000 weder erwähnt noch befasst sich das Schreiben mit den Vorauszahlungen. Der Vorauszahlungsbescheid ist zwar Teil des Sammelbescheides vom 10. Juli 2000, der mit "Bescheid für 1998 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag" überschrieben ist. Dies lässt aber nicht die Auslegung zu, der mit Schreiben vom 7. August 2000 eingelegte Einspruch richte sich auch gegen den Vorauszahlungsbescheid. Das Einspruchsschreiben stammt von Rechtsanwälten. Bezeichnen sie die Bescheide, gegen die Einspruch erhoben wird, als "Bescheide ... über Körperschaftsteuer für 1996 bis 1998", dann geben sie durch diese Formulierung zu erkennen, dass sie nur die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 1998 und nicht auch den Vorauszahlungsbescheid für die Folgejahre anfechten.
C. Die Beschwerde ist auch unbegründet, soweit der Antragsteller die Aufhebung der Vollziehung der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 1993 bis 1998 und der Umsatzsteuerbescheide für 1993 bis 1996 und 1998 begehrt.
1. Aufgrund der präsenten Beweismittel und des unstreitigen Sachverhaltes geht der beschließende Senat davon aus, dass dem Antragsteller die Steuerbefreiungen und -vergünstigungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), § 3 Nr. 6 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und § 12 Abs. 2 Nr. 8 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für die Jahre 1993 bis 1998 nur dann zu versagen sind, wenn er in diesen Jahren abweichend von seiner Satzung nicht selbstlos i.S. des § 55 der Abgabenordnung (AO 1977) tätig war. Dass dem Antragsteller die Steuerbefreiungen und -vergünstigungen für die Jahre 1993 bis 1995 möglicherweise auch wegen der von den Außenprüfern festgestellten Aufzeichnungsmängel zu versagen sind, hat das FA ausdrücklich verneint.
2. Das FG und das FA sehen einen Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit darin, dass A vom Antragsteller eine als "Aufwandsentschädigung" bezeichnete und sich am Verdienstausfall in seiner freiberuflichen ärztlichen Praxis orientierende Tätigkeitsvergütung von 144 000 DM pro Jahr erhielt, obwohl er nach der Satzung des Antragstellers ehrenamtlich und daher --so meinen FA und FG-- unentgeltlich tätig gewesen sei und keinen Anspruch auf Vergütung von Zeitaufwand und Ersatz des Verdienstausfalls gehabt habe. Nach Auffassung des FA und des FG war die Vergütung zudem überhöht.
3. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage geht der beschließende Senat davon aus, dass der Antragsteller durch die Zahlung der Tätigkeitsvergütungen gegen das Gebot der Selbstlosigkeit verstieß und damit in den Jahren 1993 bis 1998 nicht die Voraussetzungen für die begehrten Steuerbefreiungen und -vergünstigungen erfüllte. Hinsichtlich der Versagung dieser Steuerbefreiungen und -vergünstigungen ist die Rechtmäßigkeit der Bescheide für 1993 bis 1998 daher nicht ernstlich zweifelhaft.
a) Gem äß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO 1977 setzt die Selbstlosigkeit einer Körperschaft voraus, dass die Mitglieder der Körperschaft weder Gewinnanteile noch in ihrer Eigenschaft als Mitglieder sonstige Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten. Gewinnanteile sind nicht nur die offen ausgeschütteten Gewinne. Auch verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG verstoßen gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO 1977 (s. z.B. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 55 AO Rz. 130; Jost in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, Stand August 1999, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG Rz. 55 m; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., Stand Oktober 1997, § 55 AO Rz. 9).
vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sind auch bei Vereinen möglich (s. Senatsurteile vom 9. August 1989 I R 4/84, BFHE 158, 510, BStBl II 1990, 237; vom 13. November 1991 I R 45/90, BFHE 166, 335, BStBl II 1992, 429; Blümich/Rengers, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Stand Juni 1997, § 8 KStG Rz. 101). Es sind bei ihnen die Minderungen oder verhinderten Mehrungen ihres Vermögens, die sich auf das Einkommen auswirken, in keinem Zusammenhang mit offenen Gewinnausschüttungen stehen und durch das Mitgliedschaftsverhältnis veranlasst sind. Eine Veranlassung durch das Mitgliedschaftsverhältnis ist anzunehmen, wenn der Verein einem Mitglied einen Vermögensvorteil zuwendet, den ein ordentlicher und gewissenhafter Vereinsvorstand einem Nichtmitglied nicht gewährt hätte (vgl. Senatsurteil in BFHE 166, 335, BStBl II 1992, 429).
b) Die an A für seine Vorstandstätigkeit gezahlten Vergütungen waren vGA. Sie minderten das Vermögen und Einkommen des Antragstellers, standen nicht mit offenen Gewinnausschüttungen in Zusammenhang und waren durch das Mitgliedschaftsverhältnis veranlasst. A hatte keinen Anspruch auf die Vergütungen. Ein ordentlicher und gewissenhafter Vereinsvorstand hätte dies beachtet und einem Nichtmitglied, der sich wie A zur unentgeltlichen Führung der Vorstandsgeschäfte verpflichtet hätte, keine Vergütungen gezahlt.
aa) Gemäß § 9 der Satzung des Antragstellers in der ab 20. März 1985 gültigen Fassung hatte der allein aus dem 1. Vorsitzenden bestehende Vorstand für den Verein ehrenamtlich zu arbeiten. Am 8. Juli 1995 beschloss die Mitgliederversammlung, diese Bestimmung zu ergänzen. § 9 Abs. 4 Sätze 2 und 3 der Satzung lauten seitdem: "Vorstand und Beisitzer arbeiten ehrenamtlich. Dem steht nicht entgegen, dass die Mitgliederversammlung beschließen kann, dem Vorsitzenden für die aufgewendete Arbeitszeit eine angemessene Vergütung zu bezahlen."
A war demnach verpflichtet, seine Tätigkeit als 1. Vorsitzender ehrenamtlich und damit unentgeltlich auszuüben. Frühestens ab der Satzungsänderung vom 8. Juli 1995 gestattete es die Satzung, ihm eine Vergütung für seine Vorstandstätigkeit zu zahlen, allerdings nur aufgrund eines entsprechenden auch die Höhe der Vergütung festlegenden Beschlusses der Mitgliederversammlung.
bb) Die Auffassung des Antragstellers, unter der ehrenamtlichen Arbeit im Sinne der Satzung sei eine Tätigkeit zu verstehen, für die eine sich am Zeitaufwand, der Qualifikation und dem Verdienstausfall orientierende Vergütung zu zahlen sei, wird von den bisher bekannten Tatsachen und präsenten Beweismitteln widerlegt.
Zwar ist es richtig, dass eine als ehrenamtlich bezeichnete Tätigkeit nicht stets eine unentgeltliche ist (s. z.B. § 4 Nr. 26 UStG, § 41 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch --SGB IV--; Urteil des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 28. Juni 2000 B 6 KA 64/98 R, BSGE 86, 203, Sozialrecht 3. Folge --SozR 3-- 2500 § 80 Nr. 4; s.a. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 14. Dezember 1987 II ZR 53/87, Neue Juristische Woche - Rechtsprechungsreport Zivilrecht --NJW-RR-- 1988, 745). Entscheidend für die erforderliche Auslegung der Satzung ist aber nicht, wie der Begriff "ehrenamtlich" in einem anderen Zusammenhang oder in anderen Satzungen verstanden wird, sondern wie er aufgrund der beim Antragsteller gegebenen Umstände zu verstehen ist.
Der Antragsteller stützt seine Auslegung der Satzungsbestimmung über die ehrenamtliche Tätigkeit des Vorstandes daher auch auf den Umstand, dass seinen Mitgliedern und den Verfassern der Satzung als Ärzten die hohen Vergütungen bekannt waren, die kassenärztliche Vereinigungen ihren ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitgliedern zahlen (s. BSG-Urteil in BSGE 86, 203), und dass sie daher --so sinngemäß die Behauptung des Antragstellers-- selbstverständlich davon ausgegangen seien, auch A müsse eine angemessene Vergütung für seine Tätigkeit im Interesse des Vereins erhalten. Dies überzeugt jedoch schon deshalb nicht, weil die 1995 beschlossene Satzungsänderung gerade nicht davon ausgeht, dass A eine Vergütung zu erhalten habe. Sie lässt die Zahlung einer Vergütung zwar zu, macht sie aber von einem entsprechenden Beschluss der Mitgliederversammlung abhängig. Die Tätigkeit des A für den Antragsteller lässt sich auch nicht mit der eines Vorstandsmitgliedes einer kassenärztlichen Vereinigung vergleichen. A wendete monatlich nur etwa vier Tage --ab 1996 nach Angabe des Antragstellers sechs Tage-- für seine wissenschaftlichen und organisatorischen Vorstandstätigkeiten beim Antragsteller auf. Es handelte sich somit um eine Arbeit, die er noch in der Freizeit und ohne größere Vernachlässigung seiner ärztlichen Praxis hätte ausüben können, was den Vorstandsmitgliedern kassenärztlicher Vereinigungen in der Regel nicht möglich ist. Dass A auch für drei weitere Vereine tätig war und deshalb nach Angabe des Antragstellers seine ärztliche Praxis nur noch halbtags an etwa 33 bis 37 Tagen im Jahr betrieb, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn dies ändert nichts daran, dass die Tätigkeit des A als Vorstand des Antragstellers nur einen Umfang hatte, der es A erlaubte, noch andere --und wie die A von zwei weiteren Vereinen gezahlten Vergütungen von insgesamt über 500 000 DM pro Jahr zeigen-- sehr gut bezahlte Tätigkeiten auszuüben.
cc) Ob die Satzung im Sinne des Antragstellers auszulegen wäre, wenn --was der Antragsteller behauptet hat-- die Mitgliederversammlung jährlich die Zahlungen an A bewilligte, kann offen bleiben. Der Antragsteller hat diese Bewilligungen nicht glaubhaft gemacht. Die vorgelegten Protokolle über die Mitgliederversammlungen, auf die er sich beruft, enthalten keine Hinweise auf entsprechende Beschlüsse. Bei der summarischen Prüfung ist deshalb davon auszugehen, dass in den Mitgliederversammlungen eine Diskussion über die an A gezahlten Vergütungen vermieden wurde und außer A nur die Kassen- und Buchprüfer von den satzungswidrigen Zahlungen Kenntnis hatten. Die Tatsache, dass die Prüfer die Rechnungslegungen des A nicht beanstandeten, führt nicht dazu, dass die Zahlungen als satzungskonform anzusehen sind. Vielmehr ist bei summarischer Prüfung nicht auszuschließen, dass A zu seinen Gunsten eigenmächtig und ohne ausreichende Kontrolle über Mittel des Antragstellers verfügte.
dd) Entscheidungsunerheblich ist, ob die Vergütung angemessen oder überhöht war. Selbst wenn unterstellt wird, dass die Tätigkeitsvergütung nicht i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 unverhältnismäßig hoch war, sind die Zahlungen vGA. Entscheidend ist, dass A sich durch die Übernahme des Amtes des 1. Vorsitzenden in Kenntnis der Satzung bereit erklärt und verpflichtet hatte, die Vorstandstätigkeit unentgeltlich auszuüben, und dass deshalb ein ordentlicher und gewissenhafter Vereinsvorstand nicht bereit gewesen wäre, einem Nichtmitglied unter im Übrigen gleichen Umständen eine Vergütung für die Amtsausübung zu zahlen.
4. Ernstlich zweifelhaft ist die Rechtmäßigkeit der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 1993 bis 1998 jedoch hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Steuern und Messbeträge. Das FA berücksichtigte die an A gezahlten Tätigkeitsvergütungen bei der Ermittlung der Gewinne und Gewerbeerträge, mit denen der Antragsteller aufgrund der Versagung der Steuerbefreiungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG und § 3 Nr. 6 Satz 1 GewStG der Besteuerung unterliegt, weitgehend gewinnmindernd. Gewinnkorrekturen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG unterblieben wohl deshalb, weil das FA die Zahlungen als Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 und nicht als vGA beurteilte. Eine Aufhebung der Vollziehung der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide wegen der aus diesem Grunde bestehenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide kommt indes nicht in Betracht, da sich der dem FA möglicherweise unterlaufene Fehler zu Gunsten des Antragstellers auswirkt.
5. Die Aufrechterhaltung der Vollziehung der Bescheide führt für den Antragsteller zur keiner unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller in eine existenzbedrohende Notlage gerät, wenn er das ihm nach seinen Angaben von Vorstandsmitgliedern zur Zahlung der streitigen Steuern gewährte kurzfristige Darlehen wegen der Ablehnung des Antrags auf Aufhebung der Vollziehung nicht fristgerecht zurückzahlen kann. Da die Darlehensgeber Mitglieder des Vorstandes des Antragstellers sind, war ihnen bei Gewährung des Darlehens das bei einem Misserfolg des Antrags auf Aufhebung der Vollziehung bestehende Risiko der nicht fristgerechten Tilgung des Darlehens bekannt. Sie haben es zur Rettung des Antragstellers in Kauf genommen. Dies lässt den Schluss zu, dass sie die Existenz des Antragstellers nicht durch ein kurzfristiges Tilgungsverlangen gefährden werden. Zudem würde die begehrte Aufhebung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung das Ausfallrisiko von den Darlehensgebern wieder auf das FA zurückverlagern. Dies würde dem berechtigten öffentlichen Interesse an der Sicherung der Steueransprüche widersprechen.
D. Der FG-Beschluss ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht wegen Versagung rechtlichen Gehörs aufzuheben. Selbst wenn man unterstellt, dass die Entscheidung des FG eine Überraschungsentscheidung war, weil das FG die Ablehnung des Antrags auf AdV mit der ehrenamtlichen Tätigkeit des A begründete und dieser rechtliche Gesichtspunkt zuvor nicht erörtert worden war, würde dieser Verfahrensfehler keine isolierte Aufhebung des FG-Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das FG erfordern. Denn der --unterstellte-- Verfahrensfehler wurde dadurch geheilt, dass der Antragsteller im Beschwerdeverfahren Gelegenheit hatte, auch zu diesem rechtlichen Gesichtspunkt ausführlich Stellung zu nehmen (s. Birkenfeld in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, a.a.O., § 69 FGO Rz. 826, 827).
III. Dem Antrag, die Erledigung des Rechtsstreites in der Hauptsache festzustellen, soweit der Rechtsstreit die Aufhebung der Vollziehung des Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheides hinsichtlich der Vorauszahlungen für 2001 betrifft, war nicht zu entsprechen.
Die begehrte Feststellung setzt voraus, dass der beim FG gestellte Antrag auf AdV des Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheides zulässig war (vgl. Senatsbeschluss vom 3. April 2000 I B 68/99, BFH/NV 2000, 1226, m.w.N.). Daran fehlt es. Der Antrag war gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO unzulässig. Er wurde gestellt, obwohl zuvor keine AdV des Vorauszahlungsbescheides beim FA beantragt und deshalb vom FA auch kein entsprechender Antrag ganz oder teilweise abgelehnt worden war. Die beim FA gestellten Anträge auf AdV bezogen sich auf die mit Einspruch angefochtenen Bescheide. Gegen den Vorauszahlungsbescheid wurde kein Einspruch eingelegt (s. oben II. B.). Dass der Antrag ausnahmsweise gemäß § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FGO wegen einer drohenden Vollstreckung zulässig war, hat der Antragsteller nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
IV. Aufgrund der übereinstimmenden Erklärung der Beteiligten ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, soweit er die Aufhebung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 1997 betrifft. Insoweit ist nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 138 Abs. 1 FGO).
V. Dem Antrag des Antragstellers, das FA zur Vorlage weiterer Akten und Unterlagen zu verpflichten, war nicht zu entsprechen.
Soweit sich der Antrag auf Akten eines anderen mit dem Antragsteller verbundenen Vereins bezieht, hat sich das FA bereit erklärt, die Akten vorzulegen, falls der andere Verein der Vorlage zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO 1977). Diese Zustimmung ist bisher nicht erteilt worden. Das FA hat deshalb die Akten wegen des Steuergeheimnisses auch nicht vorgelegt. Bei dieser Sachlage bestand kein Grund, das FA zur Vorlage der Akten zu verpflichten. Zudem enthalten die vom FA vorgelegten Akten des Antragstellers keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Akten des anderen Vereins zu irgendwelchen für den Rechtsstreit relevanten Erkenntnissen führen könnten.
Auch soweit sich der Antrag auf Akten oder Unterlagen (z.B. die Arbeitsakte der Betriebsprüfer) bezieht, deren Inhalt Rückschlüsse darauf zulassen sollen, warum das FA Außenprüfungen beim Antragsteller und den anderen mit ihm verbundenen Vereinen anordnete, war ihm nicht zu entsprechen. Das FA hat die Vorlage dieser Akten und Unterlagen abgelehnt, da es sich um interne Vermerke und Anweisungen der Finanzverwaltung handele und es nicht verpflichtet sei, die Aufzeichnungen über die Grundlage seiner Entscheidungsbildung und die Motive des Verwaltungshandelns offen zu legen. Auch nach Auffassung des beschließenden Senats besteht insoweit bei summarischer Prüfung keine Verpflichtung des FA zur Vorlage. In der vom FA vorgelegten allgemeinen Steuerakte des Antragstellers befindet sich zwar eine anonyme Anzeige vom November 1997, in der u.a. die von den Vereinen insgesamt an A und dessen Ehefrau gezahlten Vergütungen als überhöht angeprangert werden. Der Antragsteller vermutet, dass die Außenprüfung zumindest auch wegen dieser oder weiterer Anzeigen angeordnet wurde. Das FA ist in solchen Fällen aber grundsätzlich berechtigt, die Vorlage von Unterlagen zu verweigern, die u.U. Rückschlüsse auf die Person des Anzeigenerstatters zulassen (s. BFH-Beschluss vom 25. Juli 1994 X B 333/93, BFHE 174, 491, BStBl II 1994, 802). Ob in einem etwaigen Hauptsacheverfahren diese Unterlagen ausnahmsweise vorzulegen sind, muss im jetzigen Verfahren nicht entschieden werden.