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  • 29.06.2012 · IWW-Abrufnummer 121999

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 26.04.2012 – 4 K 2239/09

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:
    1.
    Die Klage wird abgewiesen.
    2.
    Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
    3.
    Die Revision wird zugelassen.
    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin hinsichtlich der Streitjahre die Gemeinnützigkeit deswegen zu versagen ist, weil die unternehmerischen Aktivitäten der Klägerin die gemeinnützigen Aktivitäten übersteigen und die Klägerin die von ihr erwirtschafteten Mittel ausschließlich an andere Körperschaften weitergeleitet hat, deren steuerbegünstigte Satzungszwecke nicht denen der Klägerin entsprechen.

    Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom ...08.2004 gegründet, alleinige Gesellschafterin war die A GmbH, deren alleinige Gesellschafterin wiederum die B AG war. In den Streitjahren war die Klägerin ihrerseits alleinige Gesellschafterin der von ihr gegründeten C GmbH mit einem Stammkapital in Höhe von xx.xxx EUR. Zur Finanzierung des Beteiligungserwerbs hatte die B AG ihre Beteiligung an der A GmbH um xx.xxx EUR erhöht. Diese xx.xxx EUR wurden dann von der A GmbH für die Gründung der Klägerin verwendet, die wiederum die C GmbH gründete. Die C GmbH ist keine gemeinnützige Körperschaft im Sinne des Steuerrechts.

    Zu Geschäftsführern der Klägerin wurden die Herren H und P bestellt, die gleichzeitig Angestellte der B AG sind. Zwischen der Klägerin und ihren Geschäftsführern wurden keine Geschäftsführeranstellungsverträge oder Zusatzvereinbarungen getroffen. Die Tätigkeit der Geschäftsführer wird nach Mitteilung der Klägerin über die B AG vergütet.

    Laut § 2 des gegenwärtigen Gesellschaftsvertrags der Klägerin (vom ...02.2007) verfolgt sie "ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke der Abgabenordnung". Gesellschaftszweck ist die Förderung der Wissenschaft und des Sports. Der Satzungszweck wird insbesondere verwirklicht durch die finanzielle Förderung anderer steuerbegünstigter Körperschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts, die der selbstlosen Förderung der Wissenschaft und/oder des Sports dienen"(Bl. 96ff des Akten-Sonderbandes "Verträge").

    Der ursprüngliche für die Streitjahre geltende Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom ...08.2004 enthielt zum Teil noch andere inhaltliche Regelungen hinsichtlich des Gesellschaftszwecks (§ 2) und hinsichtlich der Vermögensverwendung bei Auflösung der Gesellschaft (§ 17) als die aktuelle Fassung des Gesellschaftsvertrages (wegen des Inhalts des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages im Einzelnen wird auf Bl. 11ff. des Akten-Sonderbandes "Verträge" verwiesen). Insoweit wies das zwischenzeitlich mit der Bearbeitung befasste FA ... für Körperschaften mit Schreiben vom 30.0.2005 darauf hin, dass der eingereichte Vertrag nicht in allen Punkten und insbesondere hinsichtlich der Vermögensbindung nicht den gesetzlichen Bestimmungen für gemeinnützige Gesellschaften entsprechen würde. Es forderte die damaligen Bevollmächtigten auf bis 31.12.2006 die notwendigen Änderungen in der Satzung vorzunehmen (Bl. 5f. der Körperschaftsteuerakte). Daraufhin änderte die Klägerin ihren Gesellschaftsvertrag durch Beschluss einer Gesellschafterversammlung vom ...02.2007 entsprechend den Vorschlägen des FA ... . Die Änderungen wurden am ...04.2007 in das Handelsregister eingetragen (vgl. dazu Bl. 96ff. des Akten-Sonderbandes "Verträge").

    Das ursprünglich - auf Schreiben der damaligen Bevollmächtigten vom 12.08.2004 hin - mit der Sache befasste Finanzamt ... hatte der Klägerin zunächst am 07.09.2004eine auf 18 Monate befristete vorläufige (widerrufliche) Bescheinigung darüber erteilt, dass die Klägerin nach der eingereichten Satzung steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken dient. Das anschließend mit der Sache befasste FA ... für Körperschaften forderte die Klägerin dann mit dem zitierten Schreiben vom 30.09.2005 zur Änderung des Gesellschaftsvertrages mit Fristsetzug zum 31.12.2006 auf. Auf entsprechende Anforderung dieses FA hin gab die Klägerin dann am 26.09.2006 die Steuererklärung für das Jahr 2004 ab. Am 27.12.2006 erließ das FA ... für Körperschaften einen das Kalenderjahr 2004 betreffenden Freistellungsbescheid (wegen des Inhalts des Bescheides im Einzelnen wird auf Bl. 33ff. der Körperschaftsteuerakte verwiesen).

    In den Jahren 2005 und 2006 hatte die Klägerin ausweislich der Buchführung lediglich Einkünfte aus wirtschaftliche Aktivitäten erwirtschaftet: in 2005 Provisionserlöse im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der C GmbH in Höhe von x.xxx,xx EUR und im Jahre 2006 entsprechende Provisionserlöse in Höhe von x.xxx.- EUR. Im Jahre 2006 hatte sie darüber hinaus Vergütungen für Managementleistungen gegenüber der D GmbH, ebenfalls eine 100%ige Tochter der A GmbH, in Höhe von x.xxx.- EUR erzielt. Im Jahre 2007 erzielte sie Vergütungen aus Managementleistungen in Höhe von xx.xxx.- EUR, aber keine weiteren Erlöse. Die Dienstleistungen der Klägerin wurden nach ihren Angaben jeweils auf der Grundlage mündlicher Vereinbarungen erbracht. Die in der mündlichen Verhandlung überreichten Rechnungen enthielten keine weiteren Aufschlüsselungen hinsichtlich der erbrachten Leistungen.

    Im Jahre 2005 wendete die Klägerin x.xxx.- EUR und im Jahre 2006 x.xxx.- EUR dem Verein "Verein für ... - ... -" (V) zu, der laut den für die Streitjahre geltenden Freistellungsbescheiden des FA ... wegen der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege oder der Bekämpfung von ... (Bl. 58 Körperschaftsteuerakte) als gemeinnützig anerkannt war. Der V bestätigte der Klägerin durch Bescheinigung vom 19.05.2006, dass die Zuwendung in 2005 für die öffentliche Gesundheitspflege (Bl. 43 Körperschaftsteuerakte) und durch Bescheinigung vom 23.01.2007, dass die Zuwendung in 2006 für die Förderung wissenschaftlicher Projekte verwandt worden seien (Bl.51 der Körperschaftsteuerakte).

    Das Finanzamt erließ am 01.10.2008 Körperschaftsteuerbescheide und Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sowie damit einhergehende Folgebescheide (vgl. im Einzelnen Bl. 12 ff. der Finanzgerichtsakte) und versagte die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. In einer Anlage zu den Bescheiden führte das Finanzamt aus, eine Befreiung von der Körperschaftsteuer bzw. Gewerbesteuer komme für die Jahre 2005 und 2006 nicht in Betracht. Mit der Erzielung von Provisionserlösen und Vergütungen für Managementleistungen habe die GmbH eigene wirtschaftliche Aktivitäten entfaltet, die dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen seien. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dürfe jedoch nicht im Vordergrund stehen. Da die Aktivitäten der Klägerin jedoch überwiegend im wirtschaftlichen Bereich und im Bereich der Vermögensverwaltung lägen, sei eine selbstlose Förderung der satzungsmäßigen Zwecke nicht mehr gegeben. Darüber hinaus seien in den Jahren 2005 und 2006 die Mittel der GmbH nicht satzungsgemäß zur Förderung der Wissenschaft oder des Sports verwandt worden. Die Spenden seien an den V gegangen, der wegen Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege als gemeinnützig anerkannt worden sei (vgl. Bl. 65 der Körperschaftsteuerakte).

    Den dagegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 31.07.2009 als unbegründet zurück (Bl. 29 ff. der Finanzgerichtsakte). Im Rahmen des Einspruchsverfahrens hatte die Klägerin ein weiteres Schreiben des V vom 28.10.2008 vorgelegt, worin der V nochmals bestätigte, dass die Zuwendungen für wissenschaftliche Zwecke verwendet worden seien, weil der V das Früherkennungszentrum der Klinik für ... der Universität ... unterstütze (Bl. 5 des Aktenbandes "Einspruchsverfahren 2005/2006"). Aus einem weiteren Schreiben des V an das Finanzamt, Eingang bei dem Finanzamt am 20.11.2009, und dem diesem Schreiben beigefügten Anlage ergibt sich, dass mit den Zuwendungen des V im Bereich der Klinik der Universität ... eine BAT IIa/2-Stelle finanziert wurde.

    Zur Begründung ihrer Klage bringt die Klägerin vor, durch ihre Spenden an den V habe sie nicht gegen Gemeinnützigkeitsrecht verstoßen. Zum einen interpretiere das Finanzamt den Satzungszweck der Klägerin in einer einengenden Weise. Gesellschaftszweck der Klägerin sei insbesondere die finanzielle Förderung anderer steuerbegünstigter Körperschaften. Allein aus dieser Wortwahl (insbesondere statt ausschließlich) werde deutlich, dass die Weitergabe der Mittel an andere gemeinnützige Empfänger-Körperschaften, die von ihrer Satzung her auch wiederum nicht auf die Förderung von Wissenschaft oder Sport beschränkt sein müssten, von der Satzung der Klägerin gedeckt seien, sofern nur letztlich mit den weitergebenen Mitteln die Wissenschaft oder der Sport gefördert würden. Dies sei auch - wie sich aus den Bescheinigungen des V ergebe - der Fall. Darüber hinaus ergäbe sich aus dem Wort "insbesondere" ebenfalls, dass die Klägerin die gemeinnützigen Zwecke entweder selbst unmittelbar im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 1 AO fördere oder aber die Mittel an Dritte (im Sinne des § 58 Nr. 1 oder Nr. 2 AO) weiterleite, die dann mit diesen Mitteln die satzungsmäßigen Zwecke fördern würden.

    Wie sich aus § 58 Nr. 2 AO eindeutig ergebe, könne vorliegend auch dahinstehen, ob die Geschäftsführung der Klägerin sich innerhalb ihrer satzungsmäßigen Grenzen bewege. § 58 Nr. 1 AO unterscheide sich von § 58 Nr. 2 AO dadurch, dass bei der erstgenannten Vorschrift satzungsmäßig feststehe, dass die Mittel zur Gänze - und nicht nur wie bei § 58 Nr. 2 AO "teilweise" - für eine andere Körperschaft gedacht seien. § 58 Nr. 2 AO stehe bei der Mittelweitergabe neben § 58 Nr. 1 AO, eine Weitergabe der Mittel sei nach beiden Vorschriften zulässig. Bei § 58 Nr. 2 AO brauche weder die Weitergabe der Mittel noch der steuerbegünstigte Zweck, für den die Mittel von der Empfänger-Körperschaft verwendet würden, Satzungszweck der Körperschaft zu sein, die die Mittel - vorliegend der Klägerin - weitergebe. Es sei vielmehr ausreichend, dass die Mittel überhaupt an den V mit der Maßgabe überlassen worden seien, damit steuerbegünstigte Zwecke zu fördern.

    Darüber hinaus sei evident, dass es sich bei dem Früherkennungszentrum der Klinik für ... der Universität ..., welches der V mit den ihm von der Klägerin überlassenen Mitteln gefördert habe, um eine wissenschaftliche Einrichtung im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO handele. Dabei sei es im Rahmen wissenschaftlicher medizinischer Forschung zwangsläufig logisch, dass die Steuerbefreiung nach § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO und diejenigen des öffentlichen Gesundheitswesens nach § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO sich überlagern würden.

    Hervorzuheben sei auch, dass die Voraussetzungen des § 58 Nr. 1 AO erfüllt worden seien. Dieser Tatbestand setze nur voraus, dass die Körperschaft die Mittel für die Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft beschaffe. Davon, dass diese Empfänger-Körperschaft denselben Satzungszweck aufweisen müsse wie die die Mittel weiterleitende Körperschaft stehe in dem Gesetzestext nichts. Im Übrigen werde der Umstand, dass der Satzungszweck der empfangenden Körperschaft hinter der tatsächlichen Verwendung der durch die Förderkörperschaft beschafften Mittel zurücktrete, auch durch den Vergleich mit einem Verein deutlich, der für im Ausland ansässige Körperschaften Mittel beschaffe. Dieser müsse lediglich den Nachweis führen, dass die ausländische Körperschaft eine Tätigkeit entfalte, die dann, wenn sie in Deutschland ausgeführt würde, steuerbegünstigt sei.

    Soweit das Finanzamt die Auffassung vertrete, die Klägerin sei nicht gemeinnützig, weil ihre Aktivität überwiegend im wirtschaftlichen Bereich und im Bereich der Vermögensverwaltung läge, sei dies nicht zutreffend. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15.07.1998 (I R 156/94, BStBl II 2002, 162) verfolge eine Körperschaft nicht schon allein deswegen in erster Linie eigene wirtschaftliche Zwecke, weil sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalte und weil die unternehmerischen Aktivitäten die gemeinnützigen übersteigen würden. Selbstloses Handeln im Sinne des § 55 AO sei erst dann zu verneinen, wenn die eigene Opferwilligkeit zugunsten anderer wegfalle oder in den Hintergrund gedrängt werde und an deren Stelle in erster Linie Eigennutz trete. Somit verleihe allein das Unterhalten eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes der gemeinnützigen Körperschaft nicht steuerschädliches Gepräge. Das gelte selbst dann, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb die einzige Einkunftsquelle der gemeinnützigen Organisation sei.

    Übertrage man die Rechtsprechung des BFH auf den vorliegenden Fall, so seien die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit gegeben. Zwar habe die Klägerin in den Jahren 2005 und 2006 Einkünfte ausschließlich aus wirtschaftlichen Aktivitäten erwirtschaftet, diese Einkünfte seien jedoch, nach Abzug der Kosten der Gesellschaft, ausschließlich für satzungsgemäße gemeinnützige Zwecke verwendet worden.

    Letztlich sei für den Ausgang des Verfahrens auch unerheblich, ob der V berechtigt gewesen sei, eine Zuwendungsbestätigung hinsichtlich der Förderung wissenschaftlicher Zwecke auszustellen. Es gehe vorliegend nicht um eine Abzugsfähigkeit der von der Klägerin an den V weitergeleiteten Mitteln nach § 10 b des Einkommensteuergesetzes, sondern um die Gemeinnützigkeit der Klägerin nach § 51 ff. AO.

    Die Klägerin beantragt sinngemäß,

    die Körperschaftsteuerbescheide 2005 und 2006, die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 2005 und 2006, die Bescheide zum 31.12.2005 und 31.12.2006 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG, die Bescheide auf den 31.12.2005 und 31.12.2006 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2005 und 31.12.2006 jeweils vom 01.10.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2009 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, für die Jahre 2005 und 2006 hinsichtlich der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer Freistellungsbescheide zu erteilen,

    hilfsweise

    die Revision zuzulassen.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise

    die Revision zuzulassen.

    Das Finanzamt vertritt die Ansicht, durch die Weiterleitung von Mitteln an den V sei der Satzungszweck der Klägerin nicht verwirklicht worden. Der V sei bis zu dem Veranlagungszeitraum 2006 nicht berechtigt gewesen, Zuwendungsbestätigungen auszustellen, die die Verwendung der Mittel zur Förderung der Wissenschaft bestätigen würden. Es läge mithin ein Verstoß gegen § 63 Abs. 1 AO und § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO vor. Die tatsächliche Geschäftsführung entspreche nicht den Bestimmungen, die die Satzung für die Voraussetzung der Steuerbegünstigungen enthalte.

    Ob die Voraussetzungen des § 58 Nr. 1 und 2 AO erfüllt seien, könne dahingestellt bleiben. Denn allein die Erfüllung dieser Tatbestände sei noch nicht ausreichend, um einen steuerbegünstigten Zweck zu verwirklichen. Vielmehr würden diese Normen Ausnahmetatbestände darstellen. Soweit die Klägerin ausführe, es sei evident, dass es sich bei dem Früherkennungszentrum der Klinik für ... der Universität ..., welches der V gefördert habe, um eine wissenschaftliche Einrichtung im Sinne des § 52 Abs. 1 Nr. 1 AO handele, könne dies zu keiner anderen Bewertung führen. Denn für den Fall, dass eine Körperschaft mehrere Zwecke gleichzeitig fördere, bestehe die Möglichkeit, auch die unterschiedlichen Zwecke in Freistellungsbescheiden anzuerkennen.

    Darüber hinaus sei das Unterhalten des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes schädlich für die Anerkennung der Klägerin als steuerbegünstigte Körperschaft. Wie die Klägerin selbst ausgeführt habe, habe sie im Veranlagungszeitraum wie auch in den vorherigen Veranlagungszeiträumen ihre Einkünfte ausschließlich aus wirtschaftlichen Aktivitäten erwirtschaftet. Ferner übe die Klägerin außer den wirtschaftlichen keine anderen, mithin auch keine steuerbegünstigten Aktivitäten aus. Zur Beurteilung des Tatbestandes des § 55 Abs. 1 Satz 1 AO sei zwischen der steuerbegünstigten und der wirtschaftlichen Tätigkeit der Körperschaft zu gewichten. Gebe eine wirtschaftliche Tätigkeit der Körperschaft bei einer Gesamtbetrachtung das Gepräge, so sei die Gemeinnützigkeit zu versagen (unter Hinweis auf Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 15.02.2002, BStBl I 2002, 267). In diese vorzunehmende Gesamtbetrachtung der Tätigkeiten seien nicht nur die durch die verschiedenen Tätigkeitsbereiche erzielten Einnahmen, sondern auch die Gesamtaktivitäten des Vereins seiner Organe und Mitglieder sowie deren zeitliche Gewichtung mit einzubeziehen. Im vorliegenden Fall handele es sich um eine Förderkörperschaft, deren Mittelbeschaffung im ideellen Bereich gegenüber der Mittelbeschaffung durch einen wirtschaftlichen Geschäftsbereich nicht nur nicht überwiege, sondern bei der überhaupt keine weiteren Mittelbeschaffungsmaßnahmen über den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb hinaus stattfänden. Somit könne die angestrebte Steuerbegünstigung schon wegen des Verstoßens gegen § 55 Abs. 1 Satz 1 AO nicht gewährt werden.

    Es sei auch nicht völlig unerheblich, wie die Mittel beschafft würden. Zwar sei das Unterhalten eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes durch eine steuerbegünstigte Körperschaft grundsätzlich unschädlich, jedoch könne es im Hinblick auf das Wettbewerbsverbot nicht im Interesse des Gesetzgebers sein, allein durch die Weitergabe von Mitteln zu steuerbegünstigten Zwecken, die Besteuerung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes zu umgehen. Hierin läge eine Übervorteilung gegenüber anderen Gewerbetreibenden.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die in dem Verfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

    Dem Gericht haben 6 Bände Steuerakten und die Akten der gerichtlichen Verfahren 4 V 2550/09 und 4 V 2623/09 vorgelegen.


    Entscheidungsgründe
    1.

    Die Klage ist unbegründet.

    Das Finanzamt hat zu Recht hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 2005 und 2006 Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide sowie damit verbundene Bescheide erlassen und damit den von der Klägerin beantragten Freistellungsbescheid versagt, weil die Klägerin mit ihrer tatsächlichen Geschäftsführung in den Streitjahren nicht unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgte.

    Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KStG bzw. § 3 Nr. 6 GewStG sind Körperschaften von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zu befreien, die nach ihrer Satzung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne von § 51 AO dienen. Nach § 52 Abs. 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Gemäß § 52 Abs. 2 AO sind unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AO als Förderung der Allgemeinheit insbesondere die dort genannten Tätigkeiten, darunter grundsätzlich auch die Förderung der Wissenschaft (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO) und des Sports (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO) anzusehen.

    Nach § 59 AO wird die Steuervergünstigung gewährt, wenn sich aus der Satzung (oder dem Gesellschaftsvertrag) ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird; die tatsächliche Geschäftsführung muss diesen Satzungsbestimmungen entsprechen.

    a)

    In den Streitjahren war die Klägerin nicht steuerbegünstigt weil sie mit ihrer tatsächlichen Geschäftsführung nicht unmittelbar die in ihrem Gesellschaftsvertrag festgelegten Zwecke verfolgt hat und weil die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände des § 58 Nr. 1 und 2 AO nicht erfüllt waren.

    Nach § 63 Abs. 1 AO muss die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält. Darüber hinaus ergibt sich aus § 52 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Satz 1 AO, dass die Förderung gemeinnütziger Zwecke selbstlos und aus § 57 Abs. 1 Satz 1 AO, dass diese Förderung grundsätzlich unmittelbar erfolgen muss.

    Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft unmittelbar ihre steuerbegünstigten Satzungszwecke, wenn sie selbst diese Zwecke verwirklicht. Nach § 58 Nr. 1 AO wird eine Steuervergünstigung jedoch nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft Mittel für die Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke einer anderen Körperschaft oder für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts beschafft. Dabei setzt die Beschaffung von Mitteln für eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft voraus, dass diese selbst steuerbegünstigt ist. Nach § 58 Nr. 2 AO ist es grundsätzlich unschädlich, wenn eine Körperschaft ihre Mittel teilweise einer anderen ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu steuerbegünstigten Zwecke zuwendet.

    aa)

    Die Klägerin hat durch ihre tatsächliche Geschäftsführung ihren Gesellschaftszweck (Förderung der Wissenschaft und des Sports) nicht unmittelbar i.S.d § 57 Abs. 1 Satz 1 AO verwirklicht, weil sie nicht selbst durch ihr zurechenbare Aktivitäten oder tatsächliche Handlungen ihre Gesellschaftszwecke verfolgt hat. Vielmehr hat sie in beiden Streitjahren lediglich die ihr zur Verfügung stehenden und von ihr erwirtschafteten Mittel an andere Körperschaften weitergeleitet. Dies wäre unschädlich, wenn sie durch ihre tatsächliche Geschäftsführung die Voraussetzungen der hier in Betracht kommenden Ausnahmetatbestände gem. § 58 Nr. 1 oder 2 AO erfüllt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.

    Die Voraussetzungen des § 58 Nr. 1 AO werden nicht erfüllt, weil die Klägerin in beiden Streitjahren zwar Mittel an den steuerbegünstigten V weitergegeben hat, der V jedoch nicht wegen der Förderung der Wissenschaft oder des Sports als gemeinnützig anerkannt war (insoweit auch keine entsprechenden Freistellungsbescheinigungen ausstellen durfte) sondern wegen der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und der Bekämpfung von ... (vgl. im Einzelnen Bl. 43, 51, 56 und 58 der Körperschaftsteuerakte). Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt eine unschädliche Mittelbeschaffung bzw. Mittelweitergabe i.S.d. § 58 Nr. 1 AO nicht schon immer dann vor, wenn eine Körperschaft unabhängig von ihrem eigenen Gesellschafts- oder Satzungszweck Mittel für eine andere steuerbegünstigte Körperschaft beschafft und an diese weitergibt. Aus der Regelungssystematik der §§ 57 Abs. Satz 1, 63 Abs. 1 AO und des § 58 Nr. 1 AO und dem Wortlaut des § 58 Nr. 1 AO folgt vielmehr, dass die Mittelbeschaffung i.S.d. § 58 Nr. 1 AO voraussetzt, dass die Steuerbegünstigten Zwecke der geförderten Körperschaft denen der fördernden Körperschaft entsprechen müssen. Denn § 58 Nr. 1 AO stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der Unmittelbarkeit dar, die ihrem Wortlaut nach eine Mittelbeschaffung für die Verwirklichung "der steuerbegünstigten Zwecke" einer anderen Körperschaft voraussetzt. Das bedeutet, dass die Mittelbeschaffung auf der Ebene der Fördergesellschaft zu denselben Zwecken erfolgen muss, die auch die geförderte Körperschaft nach ihrer Satzung verfolgt. Jede andere Auslegung des § 58 Nr. 1 AO würde dazu führen, dass der eigene Satzungs- oder Gesellschaftszweck für die Gemeinnützigkeit reiner Fördergesellschaften letztlich keine Rolle mehr spielen würde und eine beliebige Weitergabe an andere steuerbegünstigte Körperschaften zulässig wäre.

    Für die oben aufgezeigte, am Wortlaut des § 58 Nr. 1 AO orientierte Auslegung spricht auch die Form- und Inhaltsstrenge des Gemeinnützigkeitsrechts (vgl. dazu BFH-Urteil vom 15.07.1998 I R 156/94, BStBl II 2002, 162). Insoweit muss es den Finanzämtern möglich sein, gerade im Falle der reinen Fördergesellschaften zuverlässig zu prüfen, ob die beschafften Mittel auch für die Zwecke der Fördergesellschaft verwendet werden. Dies kann zuverlässig nur dadurch gewährleistet werden, dass die durch Freistellungsbescheide nachgewiesenen steuerbegünstigten Zwecke der geförderten Körperschaft denen der Förderungskörperschaft entsprechen. Denn in den meisten Fällen wird es dem für die Förderkörperschaft zuständigen Finanzamt nicht möglich sein, die Mittelverwendung auf der Ebene der geförderten Körperschaft zu prüfen, weil insoweit die Zuständigkeit eines anderen Finanzamts gegeben ist. Die Kläger weist zwar grundsätzlich zutreffend darauf hin, dass es bei der Förderung ausländischer/nicht unbeschränkt steuerpflichtiger Körperschaften u.U. ausreicht, dass lediglich der tatsächliche Verwendungszweck nachgewiesen wird. Diese auf die tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalles abstellende Regelung (§ 58 Nr. 2. Halbsatz AO) führt jedoch nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung, sondern trägt dem Umstand Rechnung, dass ausländische bzw. nicht unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften nicht nach dem inländischen Recht der Bundesrepublik steuerbegünstigt sein können bzw. die Steuerfreiheit nicht durch einen inländischen Freistellungsbescheid festgestellt werden kann.

    bb)

    Die Voraussetzungen des § 58 Nr. 2 AO, als einer weiteren Ausnahme vom Grundsatz der Unmittelbarkeit, werden durch die tatsächliche Geschäftsführung der Klägerin bereits deswegen nicht erfüllt, weil die Klägerin ihre eigenen steuerbegünstigten Zwecke nicht, auch nicht teilweise unmittelbar verfolgt. Nach dem Wortlaut des § 58 Nr. 2 AO ist die Zuwendung eigener Mittel an eine ebenfalls steuerbegünstigte Körperschaft unschädlich, wenn dies "teilweise" geschieht. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass die jeweilige Körperschaft auch selbst, und damit unmittelbar i.S.d. § 57 Abs. 1 Satz 1 AO, ihre steuerbegünstigten Zwecke verwirklicht (dazu BFH-Urteil vom 15.07.1998 I R 156/94, BStBl II 2002, 162). Dies tut die Klägerin weder in den Streitjahren noch (ausweislich der Steuerakten) in 2007. Darüber hinaus bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie durch längerfristig angelegte (Groß-)Projekte ihre Gesellschaftszwecke unmittelbar zu fördern beabsichtigt. Ob und inwieweit § 58 Nr. 2 AO auch typischen Förderkörperschaften i.S.d. § 58 Nr. 1 AO eine teilweise Mittelweitergabe zu anderen als eigenen Satzungszwecken gestattet kann dahinstehen, da eine solche Mittelweitergabe allenfalls teilweise zulässig wäre, die Klägerin jedoch durch ihre Mittelweitergabe insgesamt nicht den Vorgaben des § 58 Nr. 1 AO entspricht.

    b)

    Da bereits die tatsächliche Geschäftsführung der Klägerin nach Auffassung des Senats dazu führt, dass die Gemeinnützigkeit der Klägerin zu versagen ist, kann dahinstehen, ob auch die inhaltlichen Mängel des für die Streitjahre geltenden Gesellschaftsvertrages im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen wären oder ob dies auch in dem hier anhängigen gerichtlichen Verfahren aus Gründen des Vertrauensschutzes ausgeschlossen ist.

    Der ursprüngliche, für die Veranlagungszeiträume 2005 und 2006 geltende Gesellschaftsvertrag vom ...08.2004 (geändert durch eine Gesellschafterversammlung am ...02.2007, Eintragung der Änderungen in das Handelsregister am ...04.2007) entsprach nicht den Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 AO, weil der Zweck, für den das verbleibende Vermögen verwendet werden soll, in § 17 des Gesellschaftsvertrages nicht so genau bestimmt wird, dass allein anhand des Vertrages geprüft werden kann, ob der Zweck steuerbegünstigt ist (vgl. zu den Anforderungen BFH-Urteil vom 12.01.2011 I R 91/06, BFH/NV 2011, 1111, dabei ist die im jeweiligen Veranlassungszeitraum geltende Satzung zugrunde zu legen, § 60 Abs. 2 AO, BFH-Urteil vom 21.07.1999 I R 2/98, BFH/NV 2000, 297). Darüber hinaus begegnete der Gesellschaftsvertrag unter dem Gesichtspunkt der formellen Satzungsmäßigkeit i.S.d. § 60 Abs. 1 AO auch deswegen Bedenken, weil in § 2 Nr. 1 des Vertrages festgelegt ist, dass die Klägerin steuerbegünstigte Zwecke "unmittelbar" verfolgt, in § 2 Nr. 3 Satz 1 des Vertrages wird dann jedoch lediglich eine mittelbare Zweckverfolgung näher konkretisiert. So soll der "Satzungszweck" "insbesondere" "durch die finanzielle Förderung anderer steuerbegünstigter Körperschaften" verwirklicht" werden. Es bleibt unklar, ob die Gesellschaftszwecke auch unmittelbar verfolgt werden sollen und, falls dies der Fall ist, durch welche Aktivitäten dies geschehen soll.

    2.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

    3.

    Die Revision war auf der Grundlage des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

    Vorschriften§ 5 Abs. 1 Nr. 1 KStG § 3 Nr. 6 GewStG § 52 Abs. 1 S. 1 AO