16.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122146
Verwaltungsgericht Aachen: Urteil vom 17.04.2012 – 8 K 86/11
Ein rechtliches Interesse an der Kenntnis einer begehrten Information im Sinne des § 9 Abs. 1 e) IFG NRW liegt vor, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang mit Rechtsverhältnissen des Auskunftsbegehrenden besteht. Das kann auch dann der Fall sein, wenn ein Destinatär mit seinem Auskunftsbegehren - hier bezüglich der Namen und Anschriften der Stifternachkommen, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen und sie über die Stiftung und die damit aktuell verbundenen Problemstellungen zu informieren, insbesondere dem Kreis der Betroffenen die jährliche Rechnungslegung über das Stiftungsvermögen bekannt zu machen - die Umsetzung des Stifterwillens unterstützen möchte bzw. die Kontrolle der Stiftungsverwaltung und nötigenfalls Durchsetzung des mutmaßlichen Stifterwillens bezweckt.
Tenor:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2010 verurteilt, dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen, welche Personen nach seiner Kenntnis zur Nachkommenschaft des Stifters K. B. C. gehören und unter welchen Anschriften sie zu erreichen sind.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Nachkomme des im Jahr 1871 verstorbenen Aachener Tuchfabrikanten und Handelsgerichtspräsidenten K. B. C. , der mit seinem Testament vom April 1858 der damaligen Armenverwaltung der Stadt B1. den "E. Hof" zum Zweck einer Stiftung übergeben hat. Die Beklagte ist Trägerin der "Stiftung C. " und verwaltet das Stiftungsvermögen. Zweck der Stiftung ist die Gewährung von Ausbildungsstipendien an die Stifternachkommen unter bestimmten Voraussetzungen. Der Kläger ist auch Mitglied des im März 2005 gegründeten Familienverbandes C. e. V., der nach seiner Satzung die Interessen der "Stiftung C. " sowohl gegenüber der Stadt B1. als auch gegenüber Dritten einheitlich wahren soll.
Ende November 2010 wandte sich Herr I. E1. , Mitglied des Familienverbandes, an die Beklagte und bat um Mitteilung der Namen und Adressen der dort bekannten Stifternachkommen. Ihm wurde mitgeteilt, dass eine solche Liste aus Gründen des Datenschutzes nur nach vorherigem Einverständnis der jeweiligen Betroffenen herausgegeben werden könne.
Mit Schreiben vom 29. November 2010 wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Überlassung der Liste der Stifternachkommen. Er führte aus, datenschutzrechtliche Bedenken seien nicht gegeben. Der familienbezogene Charakter der Stiftung liege auf der Hand. Die Beklagte müsse als Verwalterin der Stiftung selbst daran interessiert sein, alle Destinatäre vom Bestehen der Stiftung und ihrer Bestimmung unterrichtet zu sehen.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2010 lehnte die Beklagte es ab, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 29. November 2010 Zugang zu den bei der Stiftungsverwaltung vorhandenen Informationen über Namen und Anschriften aller Stifternachkommen zu gewähren. Zur Begründung heißt es, aus datenschutzrechtlichen Gründen sei vor einem Informationszugang eine Anfrage an die Stifternachkommen und deren Einverständnis mit der Datenweitergabe erforderlich. Der Kläger habe das Angebot der Beklagten ausgeschlagen, die erforderlichen Anfragen durchzuführen und stattdessen um die Bescheidung des Antrages aufgrund der derzeitigen Sach- und Rechtslage gebeten. Gemäß § 9 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) sei ein Antrag auf Informationszugang abzulehnen, wenn durch den Zugang personenbezogene Daten Dritter offenbart würden, es sei denn, die betroffenen Personen hätten eingewilligt. Eine Freigabe personenbezogener Daten ohne Zustimmung der Betroffenen sei nur möglich, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Information geltend mache und überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht entgegen stünden (§ 9 Abs. 1 e) IFG NRW).
Der Kläger hat am 20. Januar 2011 Klage erhoben.
Er trägt vor, die erbetene Auskunft diene erkennbar nur der Erfassung der Personen, die für eine Förderung nach der von der Beklagten im April 2007 beschlossenen Stiftungsverfassung in Betracht kämen. Der Familienverband habe es sich zur Aufgabe gemacht, dem Kreis der Betroffenen die j ährliche Rechnungslegung über das Stiftungsvermögen bekannt zu machen, zu deren Vorlage sich die Beklagte in dem beim Verwaltungsgericht B1. geführten Verfahren 4 K 1374/08 durch Vergleich verpflichtet habe. Dies diene dem Schutz der Betroffenen und liege in ihrem ureigensten Interesse.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2010 zu verurteilen, ihm darüber Auskunft zu erteilen, welche Personen nach seiner Kenntnis zur Nachkommenschaft des Stifters J. A. C. gehören und unter welchen Anschriften sie zu erreichen sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte führt aus, der Kläger habe am 17. Dezember 2010, dem Tag, an dem der Ablehnungsbescheid verfasst worden sei, telefonisch mitgeteilt, dass er nicht mit der Verfahrensweise einverstanden sei, dass die Beklagte bei den Betroffenen Zustimmungen zur Offenbarung der personenbezogenen Daten einhole. Die Klage sei unbegründet, weil die Voraussetzungen für einen Informationszugang nicht gegeben seien. Insoweit wiederholt die Beklagte ihren Vortrag aus dem Ablehnungsbescheid.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Über die vorliegende Klage kann der Vorsitzende entscheiden, und die Entscheidung kann durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten hierzu im Er örterungstermin vom 28. März 2012 ihr Einverständnis gemäß §§ 87a Abs. 2, 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)erklärt haben.
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zugang zu der begehrten Information (Überlassung einer Liste mit Namen und Anschriften der der Beklagten bekannten Stifternachkommen). Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er wird aufgehoben.
Die Voraussetzungen für ein Informationsrecht nach § 4 IFG NRW sind erfüllt. Danach hat jede natürliche Person nach Maßgabe des IFG NRW gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen einen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen.
Es liegen keine bereichsspezifischen Regelungen vor, die gemäß der Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG dem Informationsfreiheitsgesetz vorgehen. Die Regelung in § 12 Stiftungsgesetz Nordrhein-Westfalen (StiftG NRW), wonach die behördlichen Unterlagen über die Anerkennung und Beaufsichtigung einzelner Stiftungen nicht dem Informationszugang nach dem IFG NRW unterliegen, betreffen inhaltlich nicht den hier geltend gemachten Anspruch.
Dem vom Kläger als natürlicher Person geltend gemachten Anspruch steht auch nicht entgegen, dass sich sein Begehren mit dem des Familienverbandes C. e. V. deckt und dass der Antrag letztlich dem Ziel dient, die Arbeit des Familienverbandes zu erleichtern,
vgl. zu einer ähnlichen Konstellation: Ober-verwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 21. August 2008 - 8 B 913/08 -, DVBl. 2008, 1384; NWVBl. 2009, 60.
Dem Anspruch des Klägers kann auch nicht der gesetzliche Verweigerungsgrund aus § 9 Abs. 1 IFG entgegen gehalten werden. Danach ist der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, soweit durch das Bekanntwerden der Information personenbezogene Daten offenbart werden. Solche Daten stehen hier in Rede, denn zu den personenbezogenen Daten gehören nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen - DSG NRW -) Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (betroffene Person). Diese Definition umfasst alle Angaben über den Betroffenen selbst, seine Identifizierung und Charakterisierung oder einen auf ihn beziehbaren Sachverhalt im Sinne eines sehr weiten Begriffsverständnisses und in jedem Fall den Namen und die Anschrift einer Person.
Die Offenbarung personenbezogener Daten hat gemäß § 9 Abs. 1 IFG NRW keine Ablehnung des Antrages zur Folge, wenn die betroffene Person eingewilligt hat. Solche Einwilligungen der Betroffenen liegen hier allerdings nicht vor. Der Kläger wollte sich nicht darauf einlassen, dass die Beklagte diese einzuholen versucht.
Dennoch - trotz der fehlenden Einwilligungen - ist der Informationszugang hier ausnahmsweise gemäß § 9 Abs. 1 e) IFG NRW zulässig. Nach dieser Vorschrift dürfen personenbezogene Daten offenbart werden, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der begehrten Information geltend macht und überwiegende schutzwürdige Belange der Person der Offenbarung nicht entgegenstehen.
Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn die Klägerin macht ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Information geltend und überwiegende schutzwürdige Belange der Beigeladenen stehen der Offenbarung nicht entgegen. Ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Information im Sinne des § 9 Abs. 1 e) IFG NRW liegt vor, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang mit Rechtsverhältnissen des Auskunftsbegehrenden besteht. Die Kenntnis der Daten muss zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich sein, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2003 - 8 A 175/03 -,
so etwa, um im Wege der zivilrechtlichen Nachbarklage den Umfang der Grunddienstbarkeit klären zu lassen,
vgl. Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 25. November 2005 - 27 K 6171/03 -, NWVBl. 2006, 308,
oder um einen Schadenersatzprozess vorzubereiten,
vgl. Schoch, IFG, § 5 Rdnr. 32, zu § 5 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG), wonach ähnlich wie hier Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden darf, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszuganges überwiegt.
Ein rechtliches Interesse in diesem Sinn liegt auch vor, wenn ein Destinatär mit seinem Auskunftsbegehren die Umsetzung des Stifterwillens unterstützen möchte bzw. die Kontrolle der Stiftungsverwaltung und nötigenfalls Durchsetzung des mutmaßlichen Stifterwillens bezweckt, wobei Letzteres gemäß § 4 Abs. 1 StiftG NRW zugleich eine gesetzliche Verpflichtung der Stiftungsverwaltung ist.
Zwar kommen den Destinatären - zu denen der Kläger zählt - keine stiftungsaufsichtsrechtlichen Befugnisse zu. Die Vorschriften des Stiftungsgesetzes dienen ihrer Zielrichtung nach im Wesentlichen dem Interesse der Allgemeinheit an einer rechtmäßigen Erfüllung der Stiftungsaufgaben und dem Schutz der Stiftung selbst. Die Destinatäre sind von Gesetzes wegen auch nicht Inhaber einer Rechtsposition im Sinne mitgliedschaftlicher Befugnisse. In begrenztem Umfang dienen die stiftungsrechtlichen Vorschriften aber auch ihrem Schutz,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 1992 - 15 A 2130/90 u. a. -, NWVBl. 1992, 360.
Diese können - die vorliegende Stiftung betreffend - ihre Rechte aus der Stiftungsverfassung der Stiftung C. vom 1. Oktober 2006 einklagen, insbesondere die aus § 2 Abs. 2 (Stiftungszweck) und §§ 6, 7 (Regelungen über die aus der Stiftung berechtigten Personen und über das Verfahren), rechtlich vorgelagert - und auch bereits vor Inkrafttreten der Stiftungsverfassung - aber schon unmittelbar aus dem Geltungsanspruch des Stifterwillens nach dem Stiftungsrecht und inhaltlich nach dem im Testament des Stifters vom April 1858 festgehaltenen Stiftungszweck. Es gilt: "Oberstes Prinzip des Stiftungsrechts ist der Stifterwille",
so grundsätzlich Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Januar 1987 - III ZR 26/85 -, BGHZ 99, 344, NJW 1987, 2364 = MDR 1987, 740; vgl. auch den bereits erwähnten § 4 Abs. 1 StiftG NRW.
Mindestens als Annex hierzu kommt den Destinatären das Recht zu, durch eigene Maßnahmen die Umsetzung des Stifterwillens zu gewährleisten und hierzu die Namen und Anschriften der Berechtigten zu erfahren, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen und sie über die Stiftung und die damit aktuell verbundenen Problemstellungen zu informieren, insbesondere dem Kreis der Betroffenen die jährliche Rechnungslegung über das Stiftungsvermögen bekannt zu machen, zu deren Vorlage sich die Beklagte in dem beim Verwaltungsgericht B1. geführten Verfahren 4 K 1374/08 durch einen am 20. September 2010 geschlossenen Vergleich verpflichtet hat. Das gilt jedenfalls in diesem besonderen Einzelfall, in dem sich durch über Jahrzehnte geführte Rechtsstreitigkeiten erwiesen hat, dass die Stiftungsverwaltung einer solchen Unterstützung bedarf bzw. eine parallele private Unterstützung nötig ist. Betreffend die Stiftung C. mussten Destinatäre verschiedene Verwaltungsgerichtsverfahren anstrengen und ließ sich die Beklagte mehrfach zur Einhaltung des Stifterwillens verurteilen (Urteil des VG B1. vom 28. April 1981 im Verfahren 5 K 246/80, Urteil des OVG NRW vom 23. März 1984 im Verfahren 15 A 1620/81, Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 17. Januar 1985 im Verfahren 7 B 98.84; Urteil des VG B1. vom 10. Mai 1990, im Verfahren 4 K 967/86, Beschluss des OVG NRW vom 11. März 1996 im Verfahren 25 A 1508/90; Urteil des VG B1. vom 10. Juni 2002 im Verfahren 4 K 1245/99, Urteil des OVG NRW vom 23. Juni 2004 im Verfahren 8 A 3587/02). Die Verfahren 4 K 750/08 und andere endeten mit dem oben erwähnten Vergleich, in dem sich die Beklagte u. a. verpflichtete, jedem Stifternachkommen die Prüfung der Rechnungslegung durch einen Wirtschaftsprüfer/Steuerberater/Rechtsanwalt seiner Wahl auf seine eigenen Kosten zu ermöglichen. Es darf aus eigener Kenntnis des Gerichts aus einem vorherigen Verfahren 8 K 450/01, zu dessen Erledigung sich die Kammer die gesamte Stiftungsgeschichte vor Augen geführt hat, noch bemerkt werden, dass es der Beklagten durchgängig wenig gelungen ist, die vorprozessualen und prozessualen Auseinandersetzungen nicht sehr zögerlich zu führen, d. h., dass sie es etwa im Verfahren 8 K 450/01 nicht vermochte, durch Auflagenbeschluss der Kammer gesetzte Fristen trotz dringender Erinnerungen auch nur annähernd einzuhalten.
Jedenfalls angesichts dieser besonderen Handhabung der Stiftungsverwaltung kann es als rechtliches Interesse eines Destinatärs im Sinne des § 9 Abs. 1 e) IFG NRW gelten, zur Umsetzung des Stifterwillens (auch zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten) Namen und Anschriften der der Beklagten bekannten Stifternachkommen zu erhalten, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen und sie aktiv über ihre Rechte und die jährliche Rechnungslegung ins Bild zu setzen. Denn es dürfte hier zum Stifterwillen gehören, dass dessen Nachkommen in bestmöglicher Weise und vollständig über die Stiftung informiert werden, um ggf. ein Stipendium aus der Stiftung zu erhalten.
Dem rechtlichen Interesse des Klägers am Informationszugang stehen keine überwiegenden schutzwürdigen Belange der ihm oder dem Familienverband noch nicht bekannten Stifternachkommen entgegen. Zwar gehören, wie bereits eingangs ausgeführt, Namen und Anschriften zu den aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und gemäß § 3 Abs. 1 DSG NRW grundsätzlich geschützten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer Person. Sie sind im Sinne des § 9 Abs. 1 e) IFG NRW schutzwürdig, allerdings nicht absolut geschützt und hier im Verhältnis zum Informationsinteresse nicht überwiegend schutzwürdig. Bei der zwischen den beteiligten Interessen vorzunehmenden Abwägung ist zunächst zu berücksichtigen, um welche Art von Daten es sich handelt. Gehen die Daten in Richtung des unantastbaren Persönlichkeitsbereichs, ist das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen tendenziell höher zu bewerten,
vgl. Fetzer in Fluck/Teurer, Informationsfreiheitsrecht, zu dem ähnlich konzipierten § 5 IFG, Rdnr. 35.
Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob es sich um nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG (EG-Datenschutzrichtlinie) und daraus folgend nach § 4 Abs. 3 DSG NRW besonders geschützte Daten handelt (personenbezogene Daten über die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, die Gewerkschaftszugehörigkeit, die Gesundheit oder das Sexualleben) oder ob die Daten nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs (SGB) besonders geschützt sind,
vgl. Schoch, a. a. O., § 5 IFG, Rdnr. 41.
Um solche so genannten sensitiven Daten geht es hier nicht, sondern um relativ wenig problematische Grunddaten.
Zu untersuchen ist weiter zur Ermittlung des Maßes der Schutzwürdigkeit des Geheimhaltungsinteresses des Betroffenen und zur Interessenabwägung, welche Folgen sich aus der Offenbarung für den Dritten ergeben, also etwa, ob die Gefahr einer Stigmatisierung in der Öffentlichkeit oder sonstiger persönlichkeitsbeeinträchtigender Schäden droht,
vgl. Fetzer in Fluck/Teurer, a. a. O., § 5 IFG, Rdnr. 35.; Schock, a. a. O., § 5 IFG, Rdnr. 35.
Derartige Gefahren sind hier nicht im Ansatz erkennbar. Der Kläger oder der Familienverband wird in Kenntnis der Namen und Anschriften die betreffenden Stifternachkommen anschreiben und ihnen ein Informationsangebot unterbreiten, das nicht mit der Eingehung irgendwelcher Verpflichtungen verbunden ist. Es ist sogar davon auszugehen, dass die Stifternachkommen, die bisher keine Kenntnis über die Stiftung und die Rechte der Destinatäre haben, ein hohes Interesse an diesen Informationen und damit daran haben, dass ihre Daten gegenüber dem Kläger offengelegt werden. Denn dies ermöglicht ihnen, bei Erfüllung der Voraussetzungen als berechtigte Personen für sich oder ihre Nachkommen ein Ausbildungsstipendium in u. U. nicht unbeträchtlicher Höhe zu erhalten. Eine andere, im Erörterungstermin seitens des Beklagten-Vertreters angesprochene Frage ist es, ob die bereits über die Möglichkeiten eines Stipendiums aus der Stiftung informierten berechtigten Personen es durchgehend begrüßen, dass sich der Kreis der antragstellenden Personen mit der Wirkung vergrößern kann, dass sich die Höhe der jeweils ausgeschütteten Stipendien reduziert. Diese Frage spielt bei der Abwägung nach § 9 Abs. 1 e) IFG NRW allerdings keine Rolle. Sie ist aus der Abwägung auszuscheiden, weil die Intentionen dieses (dem Kläger oder dem Familienverband schon bekannten) Personenkreises durch die Vorschrift nicht angesprochen sind. In der Abwägung nach § 9 Abs. 1 e) IFG NRW wird nur gehört, wer seine eigenen Daten nicht preisgeben möchte, nicht derjenige, der die Offenbarung der Daten anderer verhindern möchte, um deren Bereicherung zu verhindern. Mit anderen Worten: Es geht hier von der Wirkung her nur um die Daten der Differenzmenge der bisher dem Kläger nicht bekannten potentiellen Destinatäre. Abzuwägen ist allein das Interesse dieser unbekannten potentiellen Destinatäre, nicht aber ein etwaiges Interesse der ohnehin bereits bekannten Berechtigten daran, dass nicht noch mehr Andere von ihrer Berechtigung erfahren und als Antragsteller auftreten können. Es wäre auch ausgeschlossen, dass etwa die Beklagte innerhalb der vorzunehmenden Abwägung quasi als Sachwalter dieser nicht einzubeziehenden Interessen mit dem Einwand gehört werden müsste, Namen und Anschriften nicht herausgeben zu wollen, um den jeweiligen "Anteil am Kuchen" nicht kleiner werden zu lassen. Eine solche Parteinahme wäre hier nicht zu berücksichtigen und käme der Stiftungsverwaltung überdies nicht zu. Sie würde sogar dem oben umrissenen und für die Beklagte verbindlichen mutmaßlichen Stifterwillen widersprechen, möglichst alle in Betracht kommenden Nachkommen in den Genuss der Stiftungsmittel kommen zu lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.