· Fachbeitrag · Destinatär
So werden die Leistungen an die Destinatäre einer Familienstiftung besteuert
von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de
| Erhalten Destinatäre Leistungen aus einer Familienstiftung, so sind diese Leistungen steuerpflichtig. Dabei ist die Abgrenzung zwischen den einzelnen Einkunftsarten nicht einfach und die Besteuerungshöhe jeweils unterschiedlich. SB informiert Sie über die geltenden Regelungen und zeigt, wie Destinatäre erhaltene Leistungen versteuern müssen. |
Zahlungen an begünstigte Destinatäre und Besteuerung
Destinatäre sind die Personen, die satzungsgemäß von den Leistungen der Stiftung profitieren sollen. Bei einer Familienstiftung sind dies meist der Ehegatte sowie die Abkömmlinge des Stifters. Sie erhalten regelmäßig Zahlungen aus den Stiftungserträgen. Aus Gründen des Vermögensschutzes haben sie darauf allerdings regelmäßig keinen Rechtsanspruch; die Zahlungen sind freiwillig. Zudem können Destinatäre weitere Zahlungen von der Stiftung erhalten, indem sie für diese verschiedene Tätigkeiten erbringen (z. B. als Vorstand oder Angestellter).
Die Familienstiftung unterliegt einer pauschalen Körperschaftsteuer von lediglich 15 Prozent. Im Gegenzug müssen die Destinatäre die Vergütungen versteuern; und zwar
- entweder als Einkünfte aus Kapitalvermögen
- oder als sonstige Einkünfte.
Leistungen an Destinatäre als Einkünfte aus Kapitalvermögen
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen die Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG, die unter anderem mit Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (z. B. Dividenden) wirtschaftlich vergleichbar sind.
Damit stellen Zuwendungen an Destinatäre einer Familienstiftung Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Familienstiftung im Ausland befindet, also im Inland weder über ihren Sitz noch über ihre Geschäftsleitung verfügt (§ 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 EStG). Einzige Voraussetzung: Die Leistungen müssen wirtschaftlich vergleichbar mit regulären Gewinnausschüttungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sein (BMF, Schreiben vom 27.06.2006, Az. IV B 7 ‒ S 2252 ‒ 4/06, Abruf-Nr. 062611). Dieses Kriterium wird nach Ansicht des BFH immer dann erfüllt, wenn der jeweilige begünstigte Destinatär unmittelbar oder zumindest mittelbar (z. B. über die Besetzung der Stiftungsorgane) Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen kann (BFH, Urteil vom 03.11.2010, Az. I R 98/09, Abruf-Nr. 110728). Seine Stellung muss wirtschaftlich betrachtet derjenigen eines Anteilseigners an einer Kapitalgesellschaft entsprechen. Unbeachtlich ist, ob der Destinatär auch rechtlich die Stellung eines Anteilseigners innehat.
Wichtig | Haben also die Destinatäre ähnlich wie die Gesellschafter einer „normalen“ Kapitalgesellschaft Einfluss auf die Verwendung der Erträge der Familienstiftung und letztlich auch über das Vermögen, beziehen sie Einkünfte aus Kapitalvermögen. Diese Einflussnahme kann sich z. B. daraus ergeben, dass die Destinatäre selbst die Höhe der Vergütungen in Anlehnung an die Satzung bestimmen oder, sofern die Vergütungen von Dritten bestimmt werden, sie diese Dritten jederzeit durch eigenen Beschluss abberufen könnten. Maßgebend sind also die jeweiligen satzungsmäßigen Rechte der Destinatäre sowie der Stiftungszweck selbst.
Unter diese Regelung fallen sowohl laufende als auch einmalige Leistungen einer Stiftung. Erfasst werden seit dem Jahr 2007 auch Leistungen, die anlässlich der Auflösung der Stiftung erbracht werden (BFH, Urteil vom 28.02.2018, Az. VIII R 30/15, Abruf-Nr. 201904).
Steuerabzug durch die Stiftung
Sind die Leistungen an Destinatäre entsprechend § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen einzuordnen, unterliegen sie der Kapitalertragsteuer (§ 43 Abs. 1 Nr. 7a EStG). Diese beträgt pauschal 25 Prozent des Kapitalertrags, hier also der Leistung der Stiftung (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Hinzu kommen noch Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer. Diese Steuern muss die Stiftung einbehalten. Sie muss zudem eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung beim Finanzamt bis zum zehnten des Folgemonats abgeben und die einbehaltenen Steuern ans Finanzamt abführen.
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Eine nicht steuerbegünstigte Familienstiftung leistete am 27.06.2020 an einen Destinatär (konfessionslos) einmalig 10.000 Euro.
Ergebnis: Die Familienstiftung musste von den 10.000 Euro die Kapitalertragsteuer von 25 Prozent (2.500 Euro) und den Solidaritätszuschlag (137,50 Euro) einbehalten, also insgesamt 2.637,50 Euro. Die Stiftung hat folglich 7.362,50 Euro auf das Konto des Destinatärs überwiesen. Die einbehaltenen Steuern musste die Stiftung bis zum 10.07.2020 beim Finanzamt anmelden und abführen. |
Wichtig | Ein Freistellungsauftrag bis zur Höhe von 801 Euro (bzw. bei Ehegatten 1.602 Euro), wie er etwa bei Banken erteilt werden kann, ist für Leistungen einer Stiftung nicht vorgesehen. Leistungen einer Stiftung fallen nicht in den Anwendungsbereich des Freistellungsauftrags (§ 44a Abs. 1 EStG).
Abgeltungswirkung beim Destinatär
Der Steuerabzug auf der Ebene der Stiftung führt beim Destinatär zur Abgeltungswirkung (§ 43 Abs. 5 EStG). Durch den Steuerabzug sind also sämtliche Steuern beim Destinatär abgegolten. Er muss die Erträge in seiner persönlichen Einkommensteuererklärung regelmäßig nicht angeben.
PRAXISTIPP | Oft empfiehlt es sich trotzdem, die Erträge anzugeben und dadurch einen Antrag auf Überprüfung des Steuerabzugs zu stellen. Denn je nach Sachverhalt kann es sein, dass der Steuerabzug auf Ebene der Stiftung zu hoch gewesen ist. Dann kommt es durch die Veranlagung zur Einkommensteuer zu einer Steuererstattung. In der Praxis kommen daher folgende Anträge in Frage:
Es kann ein Antrag, aber auch beide Anträge gemeinsam gestellt werden. Die Antragstellung erfolgt innerhalb der persönlichen Einkommensteuererklärung des Destinatärs auf der Anlage KAP in den Zeilen 4 und 5. In der Anlage KAP sind dann auch die erhaltenen Leistungen aus der Stiftung zu erklären. |
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Der Destinatär ist Schüler und 15 Jahre alt. Im Jahr 2020 hat er neben der Destinatärsvergütung in Höhe von 10.000 Euro weder über weiteres Einkommen noch über Kapitalerträge verfügt. Er beantragt eine Überprüfung des Steuereinbehalts beim Finanzamt durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung. Die Steuererstattung ermittelt sich für 2020 wie folgt:
Ergebnis: Der Destinatär erhält eine Steuererstattung von 2.637,50 Euro. |
Leistungen an Destinatäre als sonstige Einkünfte
Sind die Leistungen der Familienstiftung nicht mit Gewinnausschüttungen vergleichbar, z. B. weil der Destinatär weder unmittelbar noch mittelbar auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung Einfluss nehmen kann, handelt es sich um sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG. Anwendbar ist § 22 Nr. 1 EStG also nur für feststehende wiederkehrende Leistungen der Stiftung an einen Destinatär, die nicht bereits unter § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG fallen.
Wichtig | Handelt es sich um Leistungen nach § 22 Nr. 1 EStG, behält die Familienstiftung keine Kapitalertragsteuer ein. Es tritt keine Abgeltungswirkung ein. Folglich muss der Destinatär die Leistungen im Rahmen seiner persönlichen Steuererklärung angeben. Erst dort werden sie besteuert.
Regelfall: Volle Versteuerung der Leistungen an Destinatär
Zählt die Leistung an den Destinatär also zu den sonstigen Einkünften, dürfte sie regelmäßig der vollständigen Besteuerung (§ 22 Nr. 1 S. 2 EStG) unterliegen und die steuerlichen Anforderungen an eine Leibrente nicht erfüllen. Das liegt daran, dass die Leistungen an den Destinatär durch die Stiftung regelmäßig in der Höhe nicht vorausbestimmbar sind, weil sie von variablen Bemessungsgrundlagen ‒ z. B. von den Stiftungserträgen ‒ abhängen.
Die Vorausbestimmbarkeit der Leistungshöhe ist aber Voraussetzung für eine steuerbegünstigte Leibrente, die nur mit dem Ertragsanteil ‒ in Abhängigkeit vom Lebensalter des Destinatärs bei Beginn der Zahlungen ‒ besteuert wird (§ 22 Nr. 1 S. 3 EStG). So hat es jüngst auch der BFH gesehen (BFH, Beschluss vom 16.06.2020, Az. X B 153/19, Abruf-Nr. 217869).
Volle Versteuerung ‒ aber Teileinkünfteverfahren
Auch hier versteuert die Familienstiftung die Leistungen an den Destinatär auf Ebene der Stiftung ‒ wie bereits beschrieben ‒ mit 15 Prozent Körperschaftsteuer. In diesen Fällen kann der Destinatär das Teileinkünfteverfahren anwenden. Nach § 3 Nr. 40 Buchst. i EStG sind bei ihm dann 40 Prozent der Vergütungen steuerfrei. Er muss nur 60 Prozent versteuern (§ 22 Nr. 1 EStG).
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Eine Familienstiftung zahlt an einen Destinatär monatlich variable Beträge (eine Art Rente, angepasst auf die jeweiligen Erträge der Stiftung). Im Jahr 2020 wurden insgesamt 20.000 Euro gezahlt. Der Destinatär hat keine Möglichkeit, auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung unmittelbar oder mittelbar Einfluss zu nehmen.
Ergebnis: Die Zahlungen sind als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 1 S. 2 EStG) einzuordnen. Davon sind nach § 3 Nr. 40 Buchst. i EStG 40 Prozent steuerfrei, weil die Erträge bereits bei der Stiftung der Körperschaftsteuer unterlegen haben. Der Destinatär muss daher folgende steuerpflichtige sonstige Einkünfte in seiner Steuererklärung angeben:
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Belastungsvergleich: Kapitalertrag versus sonstige Leistung
Fallen die Leistungen der Familienstiftung an den Destinatär unter die Abgeltungsteuer, erfolgt die Besteuerung pauschal mit 25 Prozent. Sind die Leistungen der Familienstiftung sonstige Einkünfte, muss der Destinatär 60 Prozent der Zahlungen mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern.
- Belastungsgleichheit tritt damit bei einem persönlichen Spitzensteuersatz des Destinatärs von rund 42 Prozent ein (42 Prozent von 60 Prozent steuerpflichtiger Anteil entspricht 25,2 Prozent ‒ und damit in etwa der Abgeltungsteuer).
- Liegt der persönliche Spitzensteuersatz des Destinatärs unterhalb von 42 Prozent, ist folglich rein steuerlich gesehen das Teileinkünfteverfahren und damit eine sonstige Leistung nach § 22 Nr. 1 EStG günstiger als die lineare Abgeltungsteuer.
So werden „Sondertätigkeiten“ für die Stiftung behandelt
Ist der Destinatär im Übrigen für die Stiftung tätig und erhält er für diese Tätigkeit eine Vergütung, so ist diese Vergütung den übrigen Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes zuzuordnen und strickt von den Vergütungen als Destinatär zu trennen.
Wird der Destinatär z. B.
- im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses für die Stiftung tätig, handelt es sich um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 EStG;
- als Rechtsanwalt oder Steuerberater für die Stiftung tätig, handelt es sich bei den Vergütungen um Betriebseinnahmen nach § 18 EStG;
- als Vermieter von Gebäuden für die Stiftung tätig, stellen die Mieterträge Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG dar.
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Ein Destinatär erhält von einer Stiftung, auf die er unmittelbar Einfluss nehmen kann, 15.000 Euro. Im Übrigen ist er als Steuerberater tätig und erstellt die Steuererklärungen der Stiftung. Dafür erhält er zusätzlich 10.000 Euro.
Ergebnis: Die Vergütung als Destinatär (15.000 Euro) ist als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG) zu versteuern. Die übrigen 10.000 Euro stellen Einnahmen im Rahmen der Tätigkeit als Steuerberater nach § 18 EStG dar. |
Weiterführender Hinweis
- Beitrag „Leistungen an Destinatäre der Stiftung ‒ auf die richtige Gestaltung achten“, SB 4/2021, Seite 76 → Abruf-Nr. 47131868