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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    BFH zur Steuerbarkeit wiederkehrender Bezüge

    von RAin Gabriele Ritter FAin für Steuer- und Sozialrecht, Ritter&Partner mbB, Rechtsanwälte und Steuerberater, Wittlich

    Wiederkehrende Bezüge, die ein Steuerpflichtiger aufgrund eines Vermächtnisses von einer gemeinnützigen, vom Erblasser mit Vermögen ausgestatteten Stiftung erhält, sind dem Grunde nach gemäß § 22 Nr. 1 S. 2 HS. 2a EStG steuerbar. Der Höhe nach ist die Besteuerung allerdings auf den Ertragsanteil begrenzt (BFH 15.7.14, X R 41/12, Abruf-Nr. 143108).

     

    Sachverhalt

    Der frühere Ehemann E der K gründete 1984 eine nicht rechtsfähige gemeinnützige Stiftung, die von einer gemeinnützigen Körperschaft X treuhänderisch verwaltet wird. Zweck der Stiftung ist die finanzielle Unterstützung des Stiftungsträgers X bei der Erfüllung seiner u.a. sozialen Aufgaben. E erklärte, der Stiftung durch Zuwendung von Geldbeträgen sowohl unter Lebenden als auch von Todes wegen Mittel zur Verfügung zu stellen. § 3 Abs. 2 der ursprünglichen Stiftungssatzung lautete:

    • § 3 Abs. 2 der ursprünglichen Stiftungssatzung

    Die Stiftung erfüllt ihre Aufgabe zu Lebzeiten des Stifters mit Geldbeträgen, die der Stifter für Zwecke der Stiftung dem X zuwendet, nach dem Ableben des Stifters aus den Erträgnissen des dem X als Stiftungsträger hinterlassenen Vermögens, wobei jedoch entsprechend der letztwilligen Anordnung des Stifters aus den Erträgnissen vorweg 2.000 DM monatlich, höchstens jedoch im Jahr 30 % der Erträgnisse vorweg E abzuführen sind.

     

    1997 änderte E die Stiftungssatzung zuletzt dahin, dass K einen Betrag von jährlich 2 % des dem Stiftungsträger hinterlassenen Vermögens, höchstens 120.000 DM gezahlt werden. Kurz vor dieser Satzungsänderung hatte E ein notarielles Testament errichtet und ordnete zugunsten der K mehrere Vermächtnisse an, u.a. einen lebenslangen wertgesicherten Zahlbetrag. E verstarb 2000. K erhielt von der Stiftung Zahlungen für 2001 bis 2005, erklärte aber für 2005 diese Zahlungen als nicht einkommensteuerbar. Das FA ging davon aus, dass die Bezüge in vollem Umfang steuerbar sind. Das FG vertrat die Auffassung, dass die Bezüge nur i.H. des Ertragsanteils steuerbar sind.

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Der BFH hat sich insofern der Auffassung des FA angeschlossen, als dass die Zahlungen steuerbar sind, allerdings - wie auch das FG entschieden hat - begrenzt auf den Ertragsanteil. Die streitgegenständlichen Bezüge der K sind - so der BFH - gemäß § 22 Nr. 1 S. 2 HS. 2a EStG steuerbar. Nach dieser Vorschrift sind Bezüge, die von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse außerhalb der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 AO gewährt werden, dem Empfänger zuzurechnen, und zwar auch, wenn sie freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht gewährt werden. Die Stiftung stellt eine Vermögensmasse dar. Sie gewährt die Bezüge außerhalb der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke.

     

    • Soweit unter Berufung auf vereinzelte Literaturmeinungen die Auffassung vertreten wird, die Voraussetzungen für die Steuerbarkeit der Destinatärsleistungen seien nicht erfüllt, weil die Stiftung die Zahlungen ausschließlich aus dem Vermögen erbringe, das K von E zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt worden sei, so folgte der BFH dieser nicht. Eine Zusammenschau der Regelungen der Stiftungssatzung und deren Änderungshistorie zeige, dass die Zahlungen an die Klägerin aus den Erträgen des der Stiftung von E zugewandten Vermögens zu erbringen seien. Das FG habe zutreffend darauf abgestellt, dass nach der ursprünglichen Stiftungssatzung ein monatlicher Festbetrag, jedoch begrenzt auf einen bestimmten Prozentsatz der Erträge der Stiftung, an die Klägerin ausgeschüttet werden sollte. Im Übrigen - so der BFH weiter - vertritt auch diese Literaturauffassung, dass ausschließlich aus dem Vermögen geleistete Zahlungen nur anzunehmen sind, wenn in der Satzung zum einen angeordnet wird, dass die Destinatärsleistung erlischt, wenn der Nachlass (d.h. das der Stiftung zum Zweck der Erfüllung der Rentenverpflichtung zugewandte und daher nicht gemeinnützig zu verwendende Vermögen) erschöpft ist und in der Satzung zudem ein Verbot der Verwendung von Erträgen zum Zwecke der Erbringung der Rentenleistungen festgeschrieben ist (Reich, DStR 11, 1742). Derartige Regelungen enthält die Stiftungssatzung vorliegend indes nicht.

     

    • Ferner sieht der BFH keine Gründe für eine teleologische Reduktion des Tatbestands des § 22 EStG. Eine Besteuerung wiederkehrender Bezüge sei geboten, wenn diese Leistungen wegfallende steuerpflichtige Einkünfte ersetzen sollen oder in ihnen ein Zinsanteil enthalten ist. Eine weitere Fallgruppe, für die kein Grund einer teleologischen Reduktion von § 22 Nr. 1 EStG gegeben ist, sind die Destinatärsleistungen, die eine natürliche Person von einer Stiftung bezieht. Eine teleologische Reduktion würde in diesen Fällen nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen, weil die Erträge, aus denen die Bezüge gespeist werden, im Fall einer gemeinnützigen Körperschaft gar keiner Ertragsteuerbelastung unterlegen haben.

     

    Eine Übermaßbesteuerung sowie eine Kumulation mit der Erbschaftsteuer wird dadurch vermieden, dass in diesen Fällen nur der Ertragsanteil gemäß § 22 Nr. 1 S. 3a bb EStG der Einkommensbesteuerung unterliegt. Die Bezüge der E stellen Leibrenten dar. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist der Sachverhalt dahingehend zu würdigen, dass K durch einen Erwerb von Todes wegen - also außerhalb der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre - ein bestimmter Anspruch gegen die Stiftung eingeräumt wurde. Dieser lässt sich - wie für Zwecke der Erbschaftsteuer tatsächlich geschehen - jedenfalls näherungsweise als Kapitalbetrag ausdrücken und bewerten. Wenn dieser Kapitalbetrag, der ihr erbschaftsteuerrechtlich als eigener Erwerb zugerechnet wurde, nun verrentet an K ausgezahlt wird, befindet sie sich im Hinblick auf ihre - einkommensteuerrechtlich zu erfassende - wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in derselben Situation wie jemand, der einem Dritten (z.B. einer Versicherungsgesellschaft) einen Kapitalbetrag überlässt und anschließend verrentet zurück erhält.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 203 | ID 43037095