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  • · Fachbeitrag · Grunderwerbsteuer

    Erwerb von Immobilien: In diesen Fällen sind Stiftungen von der Grunderwerbsteuer befreit

    von RAin Gabriele Ritter, FAin für Steuer- und Sozialrecht, BDO AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Köln

    | Im Non-Profit-Bereich wird die Stiftung zunehmend als interessante Variante zur GmbH, zum e.V. oder auch zur AG diskutiert. Kommunen ­versuchen so einer Privatisierung im Sinne eines Verkaufs an Dritte entgegenzuwirken. In aller Regel sind damit grunderwerbsteuerliche Frage­stellungen ­verbunden. Auch mehren sich angesichts der schwindenden Ertragskraft vieler ­Stiftungen die Fälle der Zulegung oder Zusammenlegung. Auch hier stellt sich die Frage nach einer möglichen Grunderwerbsteuerpflicht. |

    1. Steuerbarkeit und Ausnahmen

    Der Grunderwerbsteuer unterliegen Erwerbs­vorgänge, die sich auf inländische Grundstücke beziehen (§ 1 Abs. 1 GrEStG). Der Status der ­Gemeinnützigkeit ist für die Grunderwerbsteuer unbeachtlich. Non-Profit-Organisationen unterliegen daher im Grundsatz genauso der Grunderwerbsteuer wie erwerbswirtschaftliche Unternehmen. Bemessungsgrundlage ist die Gegenleistung, in der Regel also der Kaufpreis (§ 8 Abs. 1 i.V. mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Bei einem symbolischen Kaufpreises von ­einem EUR liegt zwar eine vertragliche Regelung über den Kaufpreis vor. Dieser wird jedoch von der Rechtsprechung nicht anerkannt, da er als nicht ernsthaft vereinbarte Gegenleistung zu sehen ist (BFH 7.12.94, II R 9/92, BStBl II 95, 268). Etwas anderes gilt, wenn Indizien, wie z.B. ein schlechter Gebäude­zustand, eine andere Beurteilung zulassen. Ist eine Gegenleistung nicht ­vorhanden oder ermittelbar, tritt subsidiär die Regelung des § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GrEStG ein, wonach die Bemessungsgrundlage nach dem Bedarfswert i.S. des § 138 Abs. 2 bis 4 BewG festzusetzen ist.

     

    Nicht jeder grunderwerbsteuerbare Vorgang unterliegt jedoch der Steuerpflicht. Das Grunderwerbsteuergesetz sieht allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung vor. Diese sind in § 3 GrEStG geregelt. Bei Stiftungen kommen insbesondere folgende Ausnahmetatbestände in Betracht:

     

    • Nach § 3 Nr. 2 GrEStG sind u.a. von der Grunderwerbsteuer ausgenommen die Grundstücksschenkungen i.S. des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

     

    • Weiter ist von der Grunderwerbsteuer ausgenommen der Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden (§ 3 Nr. 2 GrEStG, § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG). Der Gesetzgeber hat seinerzeit allerdings § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG nur deshalb als eigenständigen Schenkungsteuertatbestand geschaffen, weil damals nicht geklärt schien, ob die Zuwendung an eine erst noch zu errichtende Stiftung begrifflich eine Schenkung sein könne. Die Voraussetzungen der Steuerbarkeit sind (deshalb) die gleichen wie bei § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (BFH 9.12.09, BStBl II 10, 363).

     

    • Ebenfalls von der Grunderwerbsteuer ausgenommen ist das, was bei Aufhebung einer Stiftung erworben ist, § 3 Nr. 2 GrEStG, § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG.

    2. Schenkung nach dem ErbStG

    Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist. Dies setzt voraus:

     

     

    Gesellschaftsrechtlich veranlasste unentgeltliche Grundstücksschenkungen unterliegen daher grundsätzlich der Grunderwerbsteuer. Eine Schenkung an eine Stiftung z.B. in einem „konzernähnlichen Verbund“ ist hingegen im ­Allgemeinen freigebig, da angesichts fehlender Beteiligungsrechte bzw. -möglichkeiten an einer Stiftung gesellschaftsrechtliche „Gegenwerte“ nicht ­geschaffen werden und daher keine gesellschaftsrechtlichen Beziehungen vorliegen. Steuerlich relevant wird die Grundstücksübertragung nur, soweit die Über­tragung durch ein Gesellschaftsverhältnis veranlasst wäre. In ­diesem Fall wäre eine Freigebigkeit nicht gegeben (BFH 17.10.07, II R 63/05, Abruf-Nr. 080107). Dies ist bei der Grundstücksübertragung auf eine Stiftung aber ­gerade nicht der Fall. Sie ist eine gesellschaftsrechtliche Struktur, die weder außenstehende Eigentümer noch Mitglieder oder Gesellschafter kennt. Anders wäre die steuerliche Beurteilung, wenn z.B. eine Grundstücksschenkung an eine Tochter-GmbH erfolgte.

     

    Der Grundstücksübertragung ist der Anteilserwerb mit Immobilienbesitz grunderwerbsteuerlich gleichgestellt. Nach § 1 Abs. 3 GrEStG ist dies ebenfalls einen Erwerbsvorgang, der steuerpflichtig ist. § 1 Abs. 3 GrEStG beruht auf der Vorstellung, dass der, der die Anteile an einer Kapitalgesellschaft ­unter den dort genannten Voraussetzungen hält, auch die alleinige - dem ­Eigentum vergleichbare - Herrschaft über die der Kapital­gesellschaft gehörenden Grundstücke hat. Es kann jedoch auch hier die ­Befreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG i.V. mit § 7 Abs. 1 Nr. ErbStG in Betracht ­kommen (BFH 23.5.12, II R 21/10, Abruf-Nr. 122198). Für die unentgeltliche Anteilsübertragung mit Immobilienbesitz (z.B. Übertragung eines GmbH-Anteils an eine Stiftung) kommt daher eine Grund­erwerbsteuerbefreiung in Betracht.

     

    2.1 Stiftung übernimmt auf dem Grundstück liegende Lasten

    Grundsätzlich sieht das Gesetz eine Befreiung nur insoweit vor, als eine Bereicherung seitens der Stiftung vorliegt. Soweit dem Beschenkten z.B. Verpflichtungen auferlegt sind, die ihn zu Geld- oder Sachleistungen (z.B. Renten­zahlungen, Übernahme von Grundstücksbelastungen etc.) verpflichten, ist er insoweit nicht i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auf Kosten des Zuwendenden bereichert. Der Wert ­dieser Geld- oder Sachleistungen unterliegt somit ­gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG nicht der Grunderwerbsteuer. Gleiches gilt bei der ­gemischten Schenkung, bei der der Bedachte eine Gegenleistung aus dem eigenen ­Vermögen erbringt. Im Gegensatz dazu setzt die Schenkung unter Auflage ­voraus, dass er die Leistung aus der Schenkung selbst erbringen muss.

     

    Bei Grundstücksfinanzierungen überlegt der Stifter häufig, die Belastungen auch nach der Übertragung weiter zu tragen, will aber z.B. wegen ­schlechterer Kondiktionen keine Umschuldung machen, sondern sich deshalb lediglich im Innenverhältnis weiter zur Zahlung der Annuitäten verpflichten. Dies ist grunderwerbsteuerlich beachtlich - führt also zur Annahme einer Schenkung - wenn die Stiftung im Innenverhältnis vollständig aus einer ­eventuellen Inanspruchnahme seitens des Kreditinstituts freigestellt werden würde. In diesem Fall würden auch eingetragene Grundschulden wohl nicht in die ­Bewertung als Gegenleistung einfließen (Pahlke/Franz, GrEStG, § 9, Rn. 93, BFH 13.4.11, II R 45/09, Abruf-Nr. 111940).

     

    2.2 Übertragungen durch Kommunen

    Bei Kommunen stellt sich häufig die Frage, wie eine unentgeltliche Grundstücksübertragung - gerne auch verbunden mit der Verpflichtung zur Fortführung eines steuerbegünstigten Betriebs wie einem Krankenhaus oder ­einer Altenpflegeeinrichtung - grunderwerbsteuerlich zu bewerten ist. Hier hat der BFH bereits 2004 entschieden, dass Kommunen als Träger öffent­licher Gewalt an Recht und Gesetz gebunden sind und deshalb gerade nicht freigebig handeln. Sie agieren vielmehr in Wahrnehmung ihrer Aufgaben, was gegen eine unentgeltliche Vermögensübertragung spricht (BFH 1.12.04, II R 46/02, BStBl II 05, 311; 29.3.06, II R 68/04, BStBl II 06, 632). Dies umfasst nach Auffassung des BFH auch ­Aufgaben, deren Erfüllung sich die Kommune über die Daseins­vorsorge hinaus im Rahmen ihrer freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben nach Art. 28 GG annimmt (BFH 17.5.06, II R 46/04, DStR 06, 1152 zum Fall der Erbbaurechtsbestellung zugunsten eines freien Trägers der ­Senioren- und Altenpflege). Eine derartige restriktive Auslegung des Begriffs der Freigebigkeit im kommunalen Bereich wird jedoch in der Literatur ­teilweise ­bestritten ­(Joachim ­Garbe-Emden, GrESt bei der Veräußerung kommunaler Grundstücke an gemeinnützige Träger, ZStV 6/13, 207).

    3. Grunderwerbsteuer bei Aufhebung einer Stiftung

    Von der Grunderwerbsteuer ebenfalls ausgenommen ist das, was bei Aufhebung einer Stiftung erworben ist, § 3 Nr. 2 GrEStG, § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG. Dazu gehören auch die Fälle der Zulegung und Zusammenlegung. Als Zulegung wird die Vereinigung von Stiftungen bezeichnet, bei der die eine Stiftung ihre eigene Organisation und Verwaltung aufgibt und von der anderen mitverwaltet wird. Die erstere verliert dabei ihre eigene Rechtsfähigkeit, wird ­liquidiert und erlischt. Zuvor ist bei der aufzunehmenden Stiftung eine ­Satzungsänderung zum Vermögensanfall geboten (Seifert/v. Campenhausen, Stiftungsrechtshandbuch, 3. Aufl., § 11 Rn. 51, S. 404).

     

    Bei der Zulegung einer Stiftung in eine andere Stiftung kommt es für die ­zugelegte Stiftung zu einem vollständigen Aufhebungstatbestand i.S. des § 87 BGB. Während bei der Zulegung nur die zugelegte Stiftung aufgehoben wird, erfolgt bei der Zusammenlegung mehrerer Stiftungen zu einer neuen eine Aufhebung aller betroffenen Stiftungen (Denecke, zur Rechtsnachfolge bei Stiftungen, ZStR 04, 278 ff.).

     

    Wird eine Stiftung aufgehoben, so fällt das Vermögen der Stiftung nach § 88 S. 1 BGB an die in ihrer Verfassung bestimmten Personen (­Anfallsberechtigte). Dementsprechend sieht § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG vor, dass als Schenkung unter Lebenden gilt, was bei Aufhebung einer Stiftung erworben wird. ­Zuwendender ist die Stiftung, denn das an die Anfallsberechtigten fallende Vermögen ist das der Stiftung und nicht etwa das des Stifters (BFH 25.11.92, BStBl II 93, 238).

     

    Dem Wortlaut nach bezieht sich § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 ErbStG nur auf den ­Erwerb, der bei „Aufhebung einer Stiftung“ anfällt. Deshalb ist zweifelhaft, ob auch sonstige Erlöschensgründe, wie der Zeitablauf oder Eintritt einer ­auflösenden Bedingung, erfasst werden. Aufhebung bzw. Erlöschen setzen eine vollständige Beendigung der Stiftung voraus. Werden demgegenüber nur Teile des Vermögens ausgeschüttet, liegt keine Aufhebung oder Teilaufhebung vor.

     

    § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG stellt maßgeblich auf das erworbene Vermögen insgesamt ab (BFH, a.a.O.). Dies ergibt sich aus der Zusammenschau zu § 88 BGB. Deshalb sind übergehende Verbindlichkeiten, die auf etwa vorhan­denem ­Immobilienvermögen lasten, grunderwerbsteuerlich wohl unerheblich. ­Vermögen bezeichnet den Gegenwert des Besitzes. Die Übernahme ­etwaiger Verbindlichkeiten (z.B. Hypotheken) bei der Zulegung spielt deshalb u.E. ­keine Rolle. Es liegt mit der Zulegung eine einheitliche Schenkung i.S. des § 7 ErbStG vor, die grunderwerbsteuerfrei ist.

     

    FAZIT | Die Beurteilung, ob ein Befreiungstatbestand in der Grunderwerbsteuer vorliegt, setzt bei komplexeren Vorgängen eine detaillierte Analyse der Gesamtgegebenheiten voraus. Dies wird gelegentlich nicht mit der notwendigen Sorgfalt in die Überlegungen einbezogen. Ferner ist nicht immer - auch bei noch so sorgfältiger Prüfung - eine eindeutige Beurteilung möglich, da der zu beurteilende Sachverhalt in der Regel nicht deckungsgleich mit bereits entschiedenen Fällen ist. Hier kann eine Kontaktaufnahme mit dem Finanzamt - gegebenenfalls im Wege eines Antrags auf Erteilung einer verbind­lichen ­Auskunft - angezeigt sein.

     

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 3 | ID 42456814