· Fachbeitrag · Editorial Oktober 2024
Komplexität des Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrechts: Herausforderungen für Stiftungen und Berater
| Gerne wird die Komplexität des deutschen Stiftungsrechts und vor allen Dingen die des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts beklagt. Beide Rechtsgebiete sind bei einer gemeinnützigen Stiftung für deren Errichtung und für deren Tätigkeit durchgehend zu beachten. Denken wir nur an den stiftungsrechtlichen Grundsatz der Vermögenserhaltung, an die Selbstlosigkeit (§ 55 AO) und an die Unmittelbarkeit (§ 57 AO) bei der Erfüllung gemeinnütziger Zwecke. In dem Konstrukt eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs als ausnahmsweise gemeinnützigem Zweckbetrieb (§ 65 AO) kumuliert die Komplexität der zu beachtenden Anforderungen und Regeln in erstaunlicher Weise, wie mir gerade Rechtslaien immer wieder vor Augen führen. |
Gut verstehen kann ich deshalb, dass etwa Stiftungsorganmitglieder über diesen „Regelwust“ klagen, der vom Gesetzgeber (neues Stiftungsrecht!), von der Verwaltung, von der Fachwelt und der Rechtsprechung wohl gut gemeint, aber oft eben nicht wirklich praktikabel (siehe etwa § 57 Abs. 3 AO, Kooperation, dazu Uhl SB 2021, 54) immer weiter ausdifferenziert wird. Wer kann da noch alles perfekt und unangreifbar in der Praxis umsetzen?
„Perfektionismus“ wurde jüngst in einer Forsa-Umfrage, über die spiegel.de am 01.08.2024 berichtet hat, sogar als besonderer Stressfaktor in der Arbeitswelt identifiziert. Auch für Berater ist es nicht stressfrei, immer wieder bei den Mandanten aus der Stiftungswelt dafür zu werben, dass die Regeln einzuhalten sind. Das ist auch deshalb besonders aufwändig, weil es keinesfalls immer klare Regeln für die Umsetzung in der Praxis gibt. Beruht doch die Regelauslegung immer wieder auf juristischen Wertungen im Einzelfall. Diese treffen Stiftungsaufsicht und Finanzverwaltung mitunter durchaus anders, als es die Berater und Stiftungsorganmitglieder wünschen.
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