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  • · Fachbeitrag · Zwischenruf

    Heiß begehrt: Jobs in der Stiftungswelt - aber die Realität sollte man nie aus den Augen verlieren

    von RA Dr. K. Jan Schiffer, Bonn (www.schiffer.de; www.stiftungsrecht-plus.de)

    | So etwa alle ein bis zwei Monate werde ich gefragt, ob ich nicht eine Stiftung wisse, die einen engagierten Mitstreiter sucht. Wenn das keine Anfrage für ein Ehrenamt ist, wird es - abgesehen davon, dass ich kein Job-Vermittler bin - schwierig, Erfolg versprechende Hinweise zu geben. |

    1. Motivation für die Stiftungsarbeit

    Frage ich nach der Motivation hinter der Anfrage, sind die Antworten durchaus bunt. Diese Farbenvielfalt lässt sich - natürlich ganz subjektiv ausgehend von meinen Erfahrungen - wie folgt in vier typisierte Gruppen zusammenfassen, wobei ich hier das traditionelle Ehrenamt außer Betracht lassen möchte. Hier geht es mir um vergütete Tätigkeiten:

     

    • Motivationsgründe für einen bezahlten Job in einer Stiftung
    • Mancher ist die Wirtschaftswelt nach anstrengenden Jahren mehr oder weniger „leid“ und/oder er sucht einen neuen Sinn, statt z. B. eines Lebens als Vertriebsprofi etwa in einer Bank. Der Einkommensgedanke steht dabei oft nur noch im Hintergrund.
    • Andere wollen das Karitative und die Wirtschaft positiv verbinden, d. h. sie wollen das Beste aus diesen beiden Welten.
    • Der eine oder andere will sein Berufsleben, in dem er lange Jahre sehr erfolgreich war und viel Geld verdient hat, mit einem „gemeinnützigen Job“ ausklingen lassen.
    • Schließlich habe ich auch engagierte Bürger kennengelernt, die eine sinngebende Teilzeitaufgabe in ihrer Rentenzeit suchten.
     

    Alle vier Typen haben meinen vollen und absoluten Respekt. Aber zu meinem Bedauern erscheint es mir doch als Pflicht, etwas Wasser der Realität in den Wein des gut gemeinten Gedankens zu schütten. Ich will es in folgenden vier Gedanken zusammenfassen:

    2. Führungsstil in Stiftungen

    Die gemeinnützige Arbeitswelt sieht von außen oftmals besser aus als von innen. Zwar ist das Harmoniebedürfnis im Stiftungssektor erfahrungsgemäß groß (Jungheim, Die Stiftung, 16, 34), aber auch dort wird oft noch ganz altmodisch hierarchisch geführt (Hofert, Wo finde ich einen Job mit Sinn?, spiegelonline, 14.7.16). Erlebt habe ich gerade bei größeren Stiftungen leider öfter sogar ein ausgeprägtes Funktionärswesen. Dieses reicht an das Negative heran, das so gerne in Beamtenwitzen karikiert wird. Dabei haben diese Witze natürlich oft nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Jedenfalls hat ein Job in der Stiftungswelt mit der so beliebten und regelmäßig verklärten modernen Start-up-Kultur (Social Entrepreneurship) oftmals gar nichts zu tun. Ein ganz genauer Blick ist hier unerlässlich.

    3. Erwartungshaltungen auf beiden Seiten

    Noch vor diesem Blick steht aber immer die Frage, was man ganz konkret will. Es sind immer dieselben Fragen: Was will man im Job tun? Was ist einem wichtig - die Aufgabe, die Kollegen, der Spirit? Will man seine Ausbildung und seine bisherigen Erfahrungen in den neuen Job einbringen oder etwa ganz neu starten? Was erwartet die konkret als Arbeitgeber ins Auge gefasste Stiftung typischerweise von ihrem künftigen Mitarbeiter? Kann man das leisten? Will man das?

    4. Finanzielle Erwartungen des Jobsuchenden

    Und ganz wichtig: Was kann man sich leisten? Welches Einkommen braucht man unbedingt für sich und ggf. seine Familie (gemeinnützige Stiftungen zahlen i. d. R. geringer als Wirtschaftsunternehmen)? Bedenken Sie: Zwei oder mehr Kinder (in der Ausbildung) sind in der Regel schon eine großes soziales Projekt.

    5. Karriereerwartungen

    Ganz wichtig finde ich auch, je nach eigenem Lebensalter zu betrachten, welche Karrierechancen und auch konkrete Verdienstchancen sich im Einzelfall bieten. Die Lebensumstände, die Erfordernisse, die eigenen Erwartungen. Alles das ändert sich erfahrungsgemäß. Motto: Was mich als junger Mensch zufriedenstellt, reicht später gar nicht mehr. Und auch im Alter können sich die Kosten (Pflege?) und die Wünsche absolut noch ändern. Wie oft habe ich das in meiner Praxis erlebt.

     

    Sehen Sie diese Zeilen also bitte nicht als Plattitüde, sondern als Berufs- und Lebenserfahrung, als Ansatz zum Nachdenken. Natürlich kann die Mitarbeit in Stiftungen sehr erfüllend sein. Das habe ich auch persönlich sehr oft in der Beratung und auch im Ehrenamt erlebt und hoffe, es noch ganz oft erleben zu dürfen. Dabei habe ich persönlich aber z. B. klare Grenzen für weitere Ehrenämter, denn ich habe Familie, Verpflichtungen, Wünsche. Dies sollte jeder auch kritisch für sich selbst betrachten.

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 09 / 2016 | Seite 161 | ID 44181213