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03.02.2020 · IWW-Abrufnummer 213896

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 08.01.2020 – 7 Ta 182/19

Die Einigungsgebühr für den Vergleichsmehrwert beträgt auch dann 1,5 gemäß Nr. 1000 VV RVG, wenn Prozesskostenhilfe für den Vergleichsmehrwert beantragt und der Vergleich "nach Erörterung der Sach- und Rechtslage" geschlossen worden ist (im Anschluss u. a. an LAG Düsseldorf 25. September 2014 - 5 Sa 273/14 und 13. Oktober 2014 - 13 Ta 342/14 ).


Tenor:

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird die Vergütungsfestsetzung des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 22. Juli 2019, Az. 2 Ca 384/19, dahingehend abgeändert, dass die Rechtsanwältin K. aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung gemäß § 55 RVG auf 1.286,87 € festgesetzt wird.



Gründe



I.



Die Beschwerdeführerin beansprucht im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe die Festsetzung einer 1,5-fachen Einigungsgebühr für einen Mehrvergleich.



Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch eine außerordentliche sowie eine hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten aufgelöst worden ist. Das Verfahren endete durch den Abschluss eines "nach Erörterung der Sach- und Rechtslage" im Gütetermin vom 8. April 2019 geschlossenen Vergleich, der neben einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter anderem die Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Arbeitszeugnisses mit der Leistungs- und Verhaltensbewertung entsprechend der Note "gut" sowie der Bescheinigung der Ehrlichkeit der Klägerin beinhaltete.



Das Arbeitsgericht teilte mit, dass es beabsichtige den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Klägervertreterin und Beschwerdeführerin für das Verfahren auf 3.450,00 € sowie für den Vergleich auf 4.600,00 € (Vergleichsmehrwert 1 Bruttomonatsentgelt für das Zeugnis) festzusetzen.



Durch Beschluss vom 8. April 2019 bewilligte das Arbeitsgericht der Klägerin nach Vergleichsabschluss Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten, der Beschwerdeführerin.



Mit Schreiben vom 2. Mai 2019, beim Arbeitsgericht eingegangen am 6. Mai 2019, beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung ihrer Gebühren und Auslagen, insbesondere einer 1,0-Einigungsgebühr aus 3.450,00 € gemäß §§ 45, 49 RVG, Nrn. 1003, 1000 VV RVG sowie einer 1,5-Einigungsgebühr gemäß §§ 45, 49, Nr. 1000 VV RVG aus einem Gegenstandswert in Höhe von 1.150,00 €. Insgesamt beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung eines zu zahlenden Betrages in Höhe von 1.286,87 €.



Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte mit Vergütungsfestsetzung vom 22. Juli 2019 die der Beschwerdeführerin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung gemäß § 55 RVG auf 1.133,95 € fest und berücksichtigte hierbei nur eine 1,0-Einigungsgebühr gemäß Nr. 1003 RVG für den Vergleichsmehrwert. Zur Begründung führte sie aus, dass, beantrage die Partei Prozesskostenhilfe auch für einen Mehrvergleich, dies bezogen auf die nicht rechtshängigen Gegenstände des Vergleichs zu einer Reduzierung der Einigungsgebühr auf 1,0 gemäß Nr. 1003 VV RVG führe. Für die Mehreinigung vor dem Arbeitsgericht komme die Festsetzung einer 1,5-fachen Einigungsgebühr im Falle eines Prozesskostenhilfebewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses nur in Betracht, wenn die Prozesskostenhilfe allein zur Protokollierung der Einigung beantragt und bewilligt worden sei. Finde vor dem Arbeitsgericht jedoch eine Erörterung der Sach- und Rechtslage und infolgedessen eine Einigung einschließlich Mehreinigung statt und sei für die ursächliche Mitwirkung bei der Vertragsverhandlung oder für den Abschluss des Vertrags vor dem Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe beantragt und bewilligt, könne allenfalls eine 1,0-Einigungsgebühr anfallen. Im vorliegenden Fall sei der Vergleichsabschluss ausweislich des Protokolls ausdrücklich nach einer Erörterung der Sach- und Rechtslage erfolgt, so dass das Gericht wesentlich mehr getan habe als eine bloße Vergleichsprotokollierung. Die Einigungsgebühr aus dem Mehrvergleich sei daher auf 1,0 nach Nr. 1003 VV RVG zu reduzieren. Die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG verringere sich entsprechend.



Gegen den ihr am 22. Juli 2019 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit am 29. Juli 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Erinnerung eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, mit dem Bundesgerichtshof (17. Januar 2018 - XII ZB 248/16) sei davon auszugehen, dass die im Grundgesetz verbürgte Rechtsschutzgleichheit nicht gewahrt wäre, wenn die dem beigeordneten Rechtsanwalt erwachsenden Gebühren aus dem Mehrvergleich teilweise nicht von der Staatskasse getragen würden und diesbezüglich die Vergütungspflicht des bedürftigen Beteiligten bestehen bleiben würde. Dies gelte nicht nur für das Familienrecht, sondern auch für das Arbeitsrecht. Die in der Vergütungsfestsetzung vertretene Auffassung, dass die Einigungsgebühr aus dem Mehrvergleichswert auf 1,0 zu reduzieren sei, da das Gericht wesentlich mehr getan habe als eine bloße Vergleichsprotokollierung, dürfte nach der aktuellen Rechtsprechung als überholt betrachtet werden. Unzweifelhaft dürfte hinsichtlich des "Mehrinhalts" des Vergleichs eine Anhängigkeit nicht gegeben sein. Die Einbeziehung nicht anhängiger Streitigkeiten bei Abschluss eines Vergleichs diene nicht zuletzt einer Entlastung der Gerichte in der Weise, dass hierüber weitere folgende Klageverfahren vermieden würden. Sie diene im Übrigen auch insoweit einer Entlastung der Staatskasse, als bei weiteren Klageverfahren, für die wiederum Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen werden würde, höhere Kosten anfallen würden.



Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung der Beschwerdeführerin durch Beschluss vom 9. September 2019 nicht abgeholfen, das Arbeitsgericht hat sie durch Beschluss vom 27. September 2019 zurückgewiesen. Es hat die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 2 RVG. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung ausgeführt, der Bundesgerichtshof habe in seinem Beschluss vom 17. Januar 2018 (XII ZB 248/16) über den Umfang der Beiordnung eines Rechtsanwalts bei Familiensachen nach § 48 Abs. 3 S. 1 RVG entschieden. Damit sei jedoch nicht entschieden, ob dem beigeordneten Prozessbevollmächtigten eine 1,5- oder 1,0-Gebühr zustehe. Die Entstehung der Gebühr ergebe sich aus dem VV RVG. Danach reduziere sich die Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG auf 1,0, wenn über den Gegenstand des Verfahrens ein anderes gerichtliches Verfahren, auch ein Verfahren über Prozesskostenhilfe anhängig sei. Das LAG Rheinland-Pfalz (12. März 2015 - 5 Ta 51/15) habe insoweit ausgeführt, dass das Gericht insoweit nicht lediglich "Beurkundungsorgan" sei, sondern im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage bei der Formulierung des Vergleiches helfe. Es habe des Weiteren die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nochmals im Hinblick auf möglicherweise zwischenzeitlich eingetretene Änderungen zu überprüfen. Auch habe es zumindest zu prüfen, ob die Einbeziehung der außerhalb des Rechtsstreits liegenden Gegenstände in die vergleichsweise Regelung mutwillig im Sinn von § 114 ZPO sei.



Gegen diesen ihr am 4. Oktober 2019 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit am 15. Oktober 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, für den Anfall einer 1,5-Einigungsgebühr sei es unerheblich, ob und in welchem Umfang das Gericht außerhalb des gerichtlichen Verfahrens über den Gegenstand des Vergleichs tatsächlich an dessen Zustandekommen mitgewirkt habe.



Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 16. Oktober 2019 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.



II.



1.



Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere vom Arbeitsgericht ausdrücklich zugelassen (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 2 RVG) und von der Beschwerdeführerin in der Frist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG eingelegt worden.



2.



Die Beschwerde ist auch begründet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts steht der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Vergleichsmehrwerts nicht nur eine 1,0-fache Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG, sondern eine 1,5-fache Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG zu.



Zu differenzieren ist zwischen der Frage, ob der beigeordnete Rechtsanwalt Anspruch auf eine Differenzverfahrensgebühr und die Terminsgebühr aus dem nicht anhängigen Vergleichsgegenstand hat (vgl. hierzu BGH 17. Januar 2018 - XII ZB 2448/16; LAG Hamm 3. August 2018 - 8 Ta 653/17) und der Frage, ob eine 1,5- oder nur eine 1,0-Vergleichsgebühr anfällt. Im vorliegenden Fall ist nur die Höhe der Einigungsgebühr streitig.



Nach Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 VV RVG entsteht eine 1,5-fache Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (Grundsatz). Nach Nr. 1003 VV RVG betragen die Gebühren nach Nrn. 1000 bis 1002 VV RVG 1,0, wenn über den Gegenstand ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbstständiges Beweisverfahren anhängig ist. Nach Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 VV RVG gilt dies auch, wenn ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig ist (Ausnahme), soweit nicht lediglich Prozesskostenhilfe für ein selbstständiges Beweisverfahren oder die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 erstreckt (§ 48 Abs. 3 RVG) (Rückausnahme).



Die Frage, wann die Voraussetzungen der Rückausnahme vorliegen, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Früher ging die Rechtsprechung überwiegend davon aus, dass die Voraussetzung der Rückausnahme, dass lediglich die Protokollierung des Vergleichs betragt wird, bereits dann nicht vorliegt, wenn das Gericht über die bloße Protokollierung hinaus auf irgendeine Weise an dem Zustandekommen des Vergleichs mitgewirkt hat (vgl. nur LAG München 2. November 2016 - 6 Ta 287/16; LAG Nürnberg 25. September 2019 - 5 Ta 96/19; 25. Juni 2009 - 4 Ta 61/09; OLG Bamberg 6. Juli 2018 - 2 WF 157/18; LAG Rheinland-Pfalz 12. März 2015 - 5 Ta 51/15; 16. Dezember 2010 - 6 Ta 237/10).



In der neueren Rechtsprechung sowie in der Literatur wird hingegen vermehrt die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Rückausnahme der Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VV RVG könnten auch bei der Mitwirkung des Gerichts am Vergleich vorliegen (vgl. nur LAG Düsseldorf 25. September 2014 - 5 Sa 273/14; 13. Oktober 2014 - 13 Ta 342/14; LAG Baden-Württemberg 27. April 2016 - 5 Ta 118/15 unter ausdrücklicher Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung; LAG Berlin-Brandenburg 16. April 2018 - 17 Ta (Kost) 6133/17; LAG Sachsen-Anhalt 9. Januar 2019 - 5 Ta 67/18; LAG Rheinland-Pfalz 8. Mai 2019 - 3 Ta 25/19; Mayer, Anm. zu LAG Rheinland-Pfalz 12. März 2015 - 5 Ta 51/15 - FD-RVG 2015, 370379; Müller/Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl. 2019, RVG VV 1003 Rn. 46 f.; vgl. auch LAG Schleswig-Holstein 11. April 2017 - 5 Ta 36/17).



Die Kammer schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Nach ihrer Auffassung liegen im vorliegenden Fall, in dem der Klägerin im Anschluss an einen - nach Erörterung der Sach- und Rechtslage - geschlossenen Vergleich (auch im Hinblick auf den Vergleichsabschluss) Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, hinsichtlich des Mehrvergleichs die Voraussetzungen der Rückausnahme der Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VV RVG ("die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird") vor. Es ist hinsichtlich des Mehrvergleichs eine 1,5-fache Einigungsgebühr entstanden.



Die Ausnahme der Nr. 1003 VV RVG ist ebenso wie die Rückausnahme in Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VV RVG daran geknüpft, dass ein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Bei der Rückausnahme darf sich der Antrag jedoch lediglich auf die Protokollierung des Vergleichs beziehen. Dabei ist mit dem LAG Düsseldorf (25. September 2014 - 5 Sa 273/14 - Rn. 9) davon auszugehen, dass sich das Wort "lediglich" nicht auf die Tätigkeit des Gerichts (Protokollierung), sondern auf den Antrag bezieht. Der Antrag bezieht sich dann lediglich auf die Protokollierung des Vergleichs, wenn die Parteien im Hinblick auf den Gegenstand des Mehrvergleichs keine gerichtliche Tätigkeit beantragt haben und auch nicht beantragen wollen (LAG Düsseldorf 13. Oktober 2014 - 13 Ta 342/14 - unter B.II.1.a).



Das gilt auch dann, wenn sich die gerichtliche Tätigkeit nicht auf die bloße Protokollierung des Mehrvergleichs beschränkt, sondern das Gericht zuvor am Aushandeln des Vergleichs mitgewirkt hat. Nach dem Wortlaut des Vergütungsverzeichnisses ist es unerheblich, ob das Gericht zuvor an dem zu protokollierenden Vergleich mitgewirkt hat oder nicht. Auch in der Rückausnahme in Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 VV RVG (Scheidungsverbundverfahren) differenziert der Gesetzgeber nicht danach, ob der Vergleich zuvor vor Gericht erörtert oder besprochen worden ist.



Anders als bei einem Antrag, der darauf gerichtet ist, Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines streitigen Verfahrens über den Gegenstand des Mehrvergleichs zu bewilligen, bedarf es vor der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Vergleichsmehrwert keiner bzw. keiner umfassenden Prüfung der Erfolgsaussichten des Klagebegehrens. Prozesskostenhilfe für die Protokollierung eines Vergleichs ist schon zu bewilligen, wenn zu erwarten ist, dass über den Gegenstand des Mehrvergleichs ein Vergleich zustande kommt. Es kommt für die erforderliche Erfolgsaussicht nicht darauf an, ob der Prozesspartei, wäre über den zusätzlich in den Vergleich einbezogenen Gegenstand ein Prozess geführt worden, Erfolgsaussichten zur Seite stünden oder nicht (BAG 16. Februar 2012 - 3 AZB 34/11 - Rn. 21; vgl. auch BGH 17. Januar 2018 - XII ZB 248/16 - Rn. 28, wonach die von einem Mehrvergleich erfassten nicht anhängigen Verfahrensgegenstände regelmäßig allenfalls eingeschränkt einer Beurteilung ihrer Erfolgsaussichten nach § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO zugänglich sind). Zu überprüfen ist lediglich, ob die Einbeziehung der außerhalb des Rechtsstreits liegenden Gegenstände in die vergleichsweise Regelung nicht mutwillig im Sinn von § 114 ZPO ist (BAG 16. Februar 2012 - 3 AZB 34/11 - Rn. 23). Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass ein Vergleichsmehrwert ohnedies nur dann anfällt, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder außergerichtlicher Streit erledigt und/oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird (vgl. nur den Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit idF. vom 9. Februar 2018 unter I.25). Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei hat das Gericht ohnehin bereits wegen der für den rechtshängigen Streitgegenstand beantragten Prozesskostenhilfe zu prüfen; der Antrag auf Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich führt hier nicht zu zusätzlichem Aufwand (LAG Baden-Württemberg 27. April 2016 - 5 Ta 118/15 - Rn. 17).



Dem Willen des Gesetzgebers, das anwaltliche Bestreben Streitigkeiten außergerichtlich beizulegen zu honorieren, wird auch bei Mitwirkung des Gerichts entsprochen (LAG Rheinland-Pfalz 8. Mai 2019 - 3 Ta 25/19 - Rn. 3; Groß in: Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 14. Aufl. 2018, § 188 Rn. 44; Mayer, abl. Anm. zu LAG Rheinland-Pfalz 12. März 2015 - 5 Ta 51/15 - FD-RVG 2015, 370379). Die höhere 1,5-fache Einigungsgebühr für den Mehrwert eines Vergleichs soll einen Anreiz für Rechtsanwälte schaffen, in einem gerichtlich anhängigen Verfahren zu versuchen, auch weitere Gegenstände vergleichsweise zu regeln, um damit dem Gericht einen weiteren Rechtsstreit zu ersparen. Dieser Anreiz muss auch dann gelten, wenn einer Partei Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Umgekehrt würde für den beigeordneten Rechtsanwalt gerade der Anreiz bestehen, weitere streitige Gegenstände gesondert anhängig zu machen.



Dass es nicht darauf ankommen kann, ob und in welchem Umfang das Gericht außerhalb eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens über den Gegenstand des Vergleichs tatsächlich an dessen Zustandekommen mitgewirkt hat, zeigt sich deutlich in dem Fall, dass kein Prozesskostenhilfeantrag gestellt wird: In diesem Fall besteht keine Grundlage für eine Kürzung der Vergleichsgebühr, selbst wenn das Gericht intensiv am Zustandekommen des Vergleichs mitgewirkt hat (LAG Baden-Württemberg 27. April 2016 - 5 Ta 118/15 - Rn. 18; LAG Schleswig-Holstein 11. April 2017 - 5 Ta 36/17 - Rn. 13). Hätte der Gesetzgeber das Ausmaß der Mitwirkung des Gerichts am Zustandekommen des Vergleichs für maßgeblich erachtet, hätte er dies konsequenterweise auch außerhalb von Prozesskostenhilfeanträgen zum Kürzungsgrund erhoben (LAG Düsseldorf 25. September 2014 - 5 Sa 273/14 - Rn. 10; vgl. auch Müller/Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl. 2019, RVG VV 1003 Rn. 46a).



Die Gegenmeinung vermag zudem - worauf das LAG Baden-Württemberg (27. April 2016 - 5 Ta 118/15 - Rn. 20) zutreffend hinweist - nicht zufriedenstellend zu begründen, welche Gebühr in dem Fall entstehen soll, in dem - nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (16. Februar 2012 - 3 AZB 34/11 - Rn. 12) zulässigerweise - der Antrag, Prozesskostenhilfe für den Vergleichsmehrwert zu bewilligen, erst nach der Protokollierung des Vergleichs bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt wird. In diesem Fall war im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch kein Prozesskostenhilfeantrag anhängig, der Rechtsanwalt müsste nach der Gegenmeinung konsequenterweise einen Anspruch auf die 1,5-fache Gebühr haben.



Ein sachlicher Grund dafür, bei der anwaltlichen Vergütung Rechtsanwälte, die für ihre Partei Prozesskostenhilfe zu beantragen haben, schlechter zu stellen, als Anwälte, deren Partei nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesen ist, ist nicht ersichtlich und lässt sich auch nicht mit dem Gebot der weitestgehenden Gleichstellung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten vereinbaren (Mayer, Anm. zu LAG Rheinland-Pfalz 12. März 2015 - 5 Ta 51/15 - FD-RVG 2015, 370379; vgl. zu diesem Gebot BGH 17. Januar 2018 - XII ZB 248/16 - Rn. 17). Noch deutlicher wird dies im Hinblick auf die Gebühren des Rechtsanwalts der nicht Prozesskostenhilfe beanspruchenden Gegenseite. Würde man davon ausgehen, dass die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Mehrwert des Vergleichs zur Anhängigkeit der mitverglichenen Gegenstände führt, müsste dies auch für den Rechtsanwalt der Gegenseite gelten, auch für ihn müsste konsequenterweise eine Ermäßigung der Einigungsgebühr eintreten (LAG Baden-Württemberg 27. April 2016 - 5 Ta 118/15 - Rn. 18 mwN.).



Der Höhe nach ist der Vergütungsfestsetzungsantrag nicht zu beanstanden, so dass die Vergütung der Beschwerdeführerin gegen die Staatskasse auf 1.286,87 € anzuheben war.



3.



Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, § 56 Abs. 2 S. 2 RVG. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S. 3 RVG).



Eine weitere Beschwerde findet nicht statt, § 33 Abs. 4 S. 3 RVG. Dieser Beschluss ist daher unanfechtbar.

Verkündet am 08.01.2020

Vorschriften§ 55 RVG, §§ 45, 49 RVG, Nrn. 1003, 1000 VV RVG, 49, Nr. 1000 VV RVG, Nr. 1003 RVG, Nr. 1003 VV RVG, Nr. 7008 VV RVG, §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 2 RVG, § 48 Abs. 3 S. 1 RVG, § 114 ZPO, § 33 Abs. 3 S. 3 RVG, 1002 VV RVG, § 48 Abs. 3 RVG, § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 56 Abs. 2 S. 2 RVG, § 56 Abs. 2 S. 3 RVG, § 33 Abs. 4 S. 3 RVG