01.04.2005 | Kindergeld
Ist die Günstigerprüfung in "Mangelfällen" verfassungswidrig?
Die Anrechnung des Kindergelds in "Mangelfällen" ist nach Ansicht des Bundesfinanzhof (BFH) verfassungswidrig. Er hat die Sache deshalb dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt.
Hintergrund: Bei nicht verheirateten, getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern wird das Kindergeld an den Elternteil gezahlt, in dessen Haushalt das Kind lebt. Der andere Elternteil muss für das Kind Unterhalt zahlen. Da ihm das Kindergeld grundsätzlich zur Hälfte zusteht, wird es mit dem halben Betrag auf den monatlichen Unterhalt angerechnet. Das Kindergeld mindert so die Höhe des Unterhalts. Bei der Einkommensteuer-Veranlagung wird geprüft, ob die Steuer-Ersparnis bei Abzug der Freibeträge höher ist als das halbe Kindergeld (Günstigerprüfung). Ist die Steuer-Ersparnis höher, wird die Differenz über die Einkommensteuer erstattet. Ist sie niedriger, kann der andere Elternteil die Freibeträge nicht abziehen. Das Kind wirkt sich nur über die Anrechnung des halben Kindergelds auf den Unterhalt aus.
Wichtig: Diese Rechtslage gilt nur, wenn der andere Elternteil den Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des Regelbetrags zahlen kann (§ 1612b des Bürgerlichen Gesetzbuches). Muss er weniger zahlen, weil sein Einkommen nicht mehr hergibt ("Mangelfall"), wird das hälftige Kindergeld nicht auf den Unterhalt angerechnet. Bei der Einkommensteuer-Veranlagung wird das halbe Kindergeld trotzdem so berücksichtigt, als hätte er es zur Hälfte erhalten. Das kann dazu führen, dass der andere Elternteil Unterhalt für das Kind zahlt aber weder das Kindergeld noch die Freibeträge erhält. Diese Benachteiligung hält der BFH für verfassungswidrig.
Unser Tipp: Betroffene Eltern sollten ihren Steuerbescheid durch Einspruch offen halten und Ruhen des Verfahrens beantragen. Das Verfahren ist beim BVerfG unter dem Aktenzeichen 2 BvL 3/05 anhängig. (Beschluss vom 30.11.2004, Az: VIII R 51/03; Abruf-Nr. 050324 )