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Keine Zustellungsvollmacht durch Vorlage einer Blankovollmacht
Die Vorlage einer sog. „Blankovollmacht“ führt nicht zu einer Zustellungsvollmacht i.S. der § 145a StPO, § 51 Abs. 3 OWiG (AG Neuruppin 18.3.13, 84.1 OWi 3107 Js-OWi 31314/12 (239/12), Abruf-Nr. 131753). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Das gegen den Betroffenen anhängige Bußgeldverfahren ist vom AG gem. § 206a StPO wegen Verfolgungsverjährung eingestellt. Das AG ist davon ausgegangen, dass die an den Verteidiger erfolgte Zustellung des Bußgeldbescheids die Verjährung nicht (noch einmal) nach § 33 Nr. 10 OWiG unterbrochen hat.
Der Erlass des Bußgeldbescheids vom 18.9.12 hat die Verjährung hinsichtlich der im Bußgeldbescheid vorgeworfenen Tat nicht noch einmal unterbrochen. Der Bußgeldbescheid ist nämlich nicht wirksam zugestellt worden. Zugestellt wurde er am 20.9.12 an Rechtsanwalt H von der Kanzlei HL GBR. Auf der der Behörde vorliegenden Zustellungsvollmacht ist jedoch kein Bevollmächtigter ausdrücklich benannt, sondern nur die Anschrift der Kanzlei im Kopf des Schreibens angeführt. Der Vordruck ist an der dafür vorgesehenen Stelle nicht ausgefüllt. Eine derartige „Blankovollmacht“ ist nicht geeignet, die vom Gesetz gewollte förmliche Sicherheit bei Zustellungsadressaten zu gewährleisten (BGH NJW 96, 406). Aus dem Inhalt der Vollmachtsurkunde muss sich neben dem Gegenstand der Bevollmächtigung und dem Vollmachtgeber auch die Person des Bevollmächtigten selbst einwandfrei ergeben. Den Voraussetzungen des § 145a Abs. 1 StPO genügt auch nicht, dass sich ein Rechtsanwalt, der die Vollmacht vorlegt, wie hier im Begleitschreiben auf die anliegende Vollmacht beruft. Denn damit behauptet allein der Vollmachtnehmer seine Bevollmächtigung. Die besondere Stellung des Verteidigers im Straf- und Bußgeldverfahren bedingt höhere Anforderungen an die förmliche Sicherheit beim Zustellungsadressaten als in anderen Verfahrensordnungen.
Praxishinweis
In der obergerichtlichen Rechtsprechung hat in der Vergangenheit das KG (vgl. VRR 08, 355) ebenso entschieden (zweifelnd OLG Brandenburg VRS 117, 305). Die Frage nach der rechtsgeschäftlichen Vollmacht, die auch als Zustellungsvollmacht ausreichen kann, hat das AG aber offengelassen. Allerdings muss für diese zweifelsfrei feststehen, dass die Vollmacht gerade für den betreffenden Rechtsanwalt erteilt worden ist. Daran kann man hier aber (auch) Zweifel haben, weil in der Vollmachtsurkunde nur die Anschrift der „Kanzlei HL GBR“ aufgeführt war, die jedoch nicht nur aus einem, sondern aus mehreren Rechtsanwälten bestand.
Weiterführende Hinweise
- zu den Vollmachtsfragen Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 6. Aufl., 2013, Rn. 3245; Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 7. Aufl., 2013, Rn. 3402 ff. und Stephan in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl., 2012, Rn. 2785 ff.