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  • · Fachbeitrag · Geschwindigkeitsüberschreitung

    Verurteilung aufgrund des „Smear-Effekts“

    Der Senat neigt zur Ansicht, dass bei der Anwendung des PoliScan Speed-Messverfahrens eine verlässliche Geschwindigkeitsmessung auch allein auf den sog. Smear-Effekt gestützt werden kann (OLG Karlsruhe 29.7.14, 1 (3) SsRs 569/11-AK 145/11, Abruf-Nr. 142592).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Das AG hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verurteilt. Es hielt die Messung (Messgerät PoliScan Speed, Softwareversion 1.3.3) für nicht verwertbar. Im konkreten Fall sei nicht auszuschließen, dass ein sehr dicht vorausfahrendes Fahrzeug die Messung ausgelöst und sich der Betroffene als nachfolgender Fahrer zufällig genau in der Fotoposition befunden habe. Seine Verurteilung hat das AG nach Anhörung eines technischen Sachverständigen dann insoweit allein auf den sog. Smear-Effekt gestützt und die Geschwindigkeit aufgrund einer vom Hersteller des Messgeräts mitgeteilten Formel bestimmt. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte Erfolg.

     

    Die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen beim PoliScan Speed-Messverfahren eine verlässliche Geschwindigkeitsmessung allein auf den Smear-Effekt gestützt werden kann, ist obergerichtlich noch nicht entschieden. Nur das OLG Frankfurt hat entschieden, dass aufgrund der sog. Smear-Linien bei eingeschalteten Scheinwerfern ansatzweise eine nachträgliche Überprüfung der konkreten Messung möglich ist. Das OLG hat ein SV-Gutachten eingeholt, an dessen Qualität und Nachvollziehbarkeit keine Zweifel bestehen. Unter dessen Zugrundelegung neigt der Senat zur Ansicht, dass bei der Anwendung des PoliScan Speed-Messverfahrens eine verlässliche Geschwindigkeitsmessung auch allein auf den sog. Smear-Effekt gestützt werden kann. Voraussetzung einer solchen verlässlichen und verwertbaren Berechnung der Geschwindigkeit, auch im Hinblick auf die konkret zugrunde liegenden Toleranzen, ist jedoch eine in jedem Einzelfall durchzuführende sachverständige Überprüfung des Messvorgangs. Darin müssen unter anderem die konkrete Zeilenauslesezeit, die Aufstellhöhe der Kamera und der Aufstellwinkel der Kamera sowohl bezogen auf die Fahrbahnoberfläche als auch auf das fotografierte Objekt konkret ermittelt und einbezogen werden.

     

    Praxishinweis

    Ein deutlicher Hinweis des OLG, der im Zweifel eine neue Runde in der Frage Verwertbarkeit von Poliscan Speed eröffnet. Das OLG hat die Frage letztlich noch offenlassen können, da im Verfahren konkrete Aussagen zur Verwertbarkeit der Messung und den zugrunde zu legenden Toleranzen nicht mehr getroffen werden konnten, weil die Datei, auf welcher die Messung des Fahrzeugs des Betroffenen dokumentiert war, zwischenzeitlich vernichtet worden war.

     

    Wird ein Betroffener auf der Grundlage des Smear-Effekts verurteilt, muss der Verteidiger darauf achten, ob das amtsgerichtliche Urteil den vom OLG aufgestellten Anforderungen entspricht.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 192 | ID 42913962