· Fachbeitrag · Transparenzregister
Herausforderung bei der Meldepflicht
von RA Berthold Theuffel-Werhahn, FAStR und FAHGR, Leiter des Bereichs Stiftungsberatung, PricewaterhouseCoopers AG WPG, Kassel
| Am 26.6.17 traten die Änderungen des Geldwäschegesetzes (GwG) in Kraft, mit der das „Transparenzregister“ geschaffen wurde. Bereits zum 1.10.17 mussten rechtsfähige und Treuhandstiftungen sog. „wirtschaftlich Berechtigte“ melden. Welche Konsequenzen ein Verstoß dagegen haben kann, erläutert dieser Beitrag. |
1. Eine Erfahrung aus der Zeit kurz vor dem 1.10.17
Sicherheitshalber erkundigte sich der Verfasser bei der Geschäftsführung einer von ihm betreuten gemeinnützigen Stiftung, ob die Meldepflichten zum Transparenzregister erfüllt wurden. Die Stiftung wird im gesellschaftsrechtlichen Tagesgeschäft durch einen erfahrenen Notar betreut und verfügt über einen Inhouse-Juristen. Die Antwort lautet: „Selbstverständlich, die Aufsichtsbehörde hat uns bereits vor Wochen informiert, und wir haben sofort die notwendigen Angaben gemeldet“. „Sehr gut, haben Sie auch die Meldungen für Ihre Beteiligungsgesellschaften vorgenommen?“‒ „Nein“, wird dem Verfasser überrascht entgegnet. Die Geschäftsführung hatte nur die Stiftung im Blick, obwohl sie auch einer Meldepflicht für ihre Beteiligungsgesellschaften unterliegt. Trotz rechtlicher Berater wäre das Thema bei der Stiftung möglicherweise falsch gehandhabt worden.
2. Funktion des Transparenzregisters
Zu dem neuen, eigenständigen elektronischen Transparenzregister (§§ 18 ff. GwG), das vom Bundesanzeiger Verlag geführt wird, sind Angaben zu den Eigentümerstrukturen von Unternehmen, Treuhandgestaltungen und eben auch Stiftungen zu machen. Die Mitteilungspflichten der Betroffenen sind im Gesetz geregelt. Da es bei einer Stiftung als verselbstständigtem Zweckvermögen per definitionem keinen Inhaber, Eigentümer, Gesellschafter, Aktionär, Partner oder jemanden gibt, der damit vergleichbar wäre, stellt das Gesetz deshalb für Stiftungen ‒ aber auch für andere Rechtsformen ‒ auf den „wirtschaftlich Berechtigten“ ab (sog. „Ultimate Beneficial Owner“), § 3 GwG.
Wirtschaftlich Berechtigter kann stets nur eine natürliche Person sein, wie sich aus § 3 Abs. 1 GwG ergibt. Die mit der Einführung dieses Transparenzregisters angestrebte Erhöhung der Transparenz soll dazu beitragen, den Missbrauch der genannten Vereinigungen und Rechtsgestaltungen zum Zweck der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern (Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 18/11555, S. 89).
Die organschaftlichen Vertreter der betroffenen Unternehmen bzw. Körperschaften ‒ das Gesetz spricht insoweit von „Vereinigungen“ und „Rechtsgestaltungen“ ‒ sind gem. §§ 20, 21 GwG verpflichtet, Angaben zur Identität ihrer wirtschaftlich Berechtigten einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten und zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen. Um dies zu ermöglichen, sind die wirtschaftlich Berechtigten ihrerseits verpflichtet, den Vereinigungen und Rechtsgestaltungen unverzüglich sämtliche notwendigen Angaben zu machen. Die notwendigen Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten umfassen (§ 19 Abs. 1 GwG):
- Vor- und Nachname,
- Geburtsdatum,
- Wohnort und
- Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses.
3. Frist für die Erfüllung der Transparenzpflichten
Die erforderlichen Mitteilungen nach § 20 Abs. 1 und § 21 GwG hatten erstmals bis zum 1.10.17 an das Transparenzregister zu erfolgen, § 59 Abs. 1 GwG. Die „wirtschaftlich Berechtigten“ hatten (und haben) den Vereinigungen die erforderlichen Angaben so rechtzeitig zur Verfügung zu stellen, dass diese die Mitteilungen (hätten) fristgerecht vornehmen können, vgl. Fuchs/Lakenberg, NJW-Spezial 2017, 463 (464). Die gesetzliche Regelung in § 59 Abs. 1 GwG sieht ausdrücklich keine Übergangsfrist vor; so auch das Bundesverwaltungsamt ‒ BVA ‒, das auf seiner Homepage „Frequently Asked Questions“ (häufig gestellte Fragen) veröffentlicht, vgl. Rubrik „Gebühren, Prüfung der Daten, Meldefristen und Sanktionen“, Nr. 4.
PRAXISHINWEIS | Stiftungen, die ihre Meldepflichten noch nicht oder falsch erfüllt haben, sollten dies schnellstmöglich nachholen bzw. die Angaben korrigieren, um Bußgelder zu vermeiden. Dies auch, wenn bzw. gerade weil viele Einzelfragen zur Auslegung des neuen Gesetzes noch nicht abschließend geklärt sind. |
4. Transparenzpflichten auch für steuerbegünstigte Stiftungen
Das BVA stellt noch einmal ausdrücklich klar, dass § 3 Abs. 3 GwG für die Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigten bei Stiftungen nicht zwischen eigen- und gemeinnützigen juristischen Personen unterscheide, vgl. FAQ, Rubrik „Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten“, Nr. 2. Dies hatte zuvor schon das BMF dem Bundesverband Deutscher Stiftungen ausdrücklich bestätigt (https://www.stiftungen.org/fileadmin/stiftungen_org/Stiftungen/Stiftungsmanagement/Transparenzregister.pdf, zuletzt abgerufen am 1.10.17). Der Grund dafür liegt im Anliegen der EU und des Gesetzgebers, ein möglichst breites Spektrum von juristischen Personen zu erfassen.
Bereits im Vorfeld war kritisiert worden, dass gemeinnützige Tätigkeiten stets voraussetzten, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern, vgl. § 52 Abs. 1 S. 1 AO. Jedenfalls mit Ausnahme des Stifterunterhalts gemäß § 58 Nr. 6 AO sei wirtschaftlich Berechtigter von steuerbegünstigten Stiftungen die Allgemeinheit und keine natürlichen Person(en) ‒ anders als zum Beispiel bei Familienstiftungen. Insoweit „passe“ die gesetzliche Regelung vom Wortlaut her nicht auf steuerbegünstigte Stiftungen (vgl. Kotzenberg/Lorenz, NJW 17, 2433, 2436).
Beachten Sie | Entsprechendes gilt zwar auch für eine steuerbegünstigte GmbH, AG oder einen Verein. Bei diesen Rechtsformen findet jedoch nicht § 3 Abs. 3 GwG Anwendung, sondern (nur) § 3 Abs. 2 S. 4 GwG. Danach gilt, wenn keine natürliche Person ermittelt werden kann, als wirtschaftlich Berechtigter der gesetzliche Vertreter (Geschäftsführer, § 6 GmbHG, Vorstand, § 76 AktG bzw. § 26 BGB). Da diese sich im Regelfall aus dem Handels- bzw. dem Vereinsregister ergeben, entfällt ‒ wenn nicht weitere besondere Umstände hinzutreten ‒ die Meldepflicht, § 20 Abs. 2 S. 1 GwG, vgl. BVA, FAQ, Rubrik „Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten“, Nr. 2.
5. Landesstiftungsverzeichnis befreit nicht
Die Transparenzpflichten entfallen nicht deshalb, nur weil eine Stiftung im jeweiligen Landesstiftungsverzeichnis aufgeführt oder beim Bundesverband Deutscher Stiftungen bekannt ist, vgl. BVA, FAQ, Rubrik „Stiftungen“, Nr. 1. Dies zum einen, weil die Stiftungsverzeichnisse der Länder weder Angaben zum Stifter noch zum Vorstand der Stiftung enthalten, vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 18/11555, S. 93, und sie zum anderen ‒ u. a. aus diesem Grund ‒ auch nicht zu den relevanten öffentlichen Registern i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 GwG zählen, vgl. Krais, CCZ 17, 98 (104).
6. Bußgeldandrohung und „Pranger“
Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflichten nach §§ 20, 21 GwG stellt gem. § 56 Abs. 1 Nr. 53 bis 55 GwG eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 EUR geahndet werden kann. Bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen kann das Bußgeld bis zu 1 Mio. EUR oder das Zweifache des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils betragen, § 56 Abs. 2 S. 1 GwG. Verhängt werden können Bußgelder gegen
- den Stiftungsvorstand, der gegen die Mitteilungspflichten verstößt, § 9 Abs. 1 OWiG,
- die Stiftung selbst, § 30 OWiG, vgl. Assmann/Hütten, AG 17, 449 (464),
- aufsichtspflichtige Personen im Fall von Aufsichtspflichtverletzungen nach § 130 OWiG (Assmann/Hütten, a.a.O., z. B. die Mitglieder des Kuratoriums).
Im Fall einer Nichterfüllung von Pflichten nach den §§ 18 ff. GwG sei eine Aufforderung bzw. Ermahnung/Erinnerung als Vorstufe eines Bußgeldverfahrens an sich nicht vorgesehen, da diese dem GwG fremd sei. Dies bedeute jedoch nicht, dass in allen Fällen automatisch ein Bußgeld verhängt, sondern vielmehr im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung geprüft werde, ob die Verhängung eines Bußgelds in dem jeweiligen Verfahrensstand angezeigt sei (Opportunitätsprinzip, Beachtung der Ermessensgrundsätze), vgl. BVA, FAQ, Rubrik „Gebühren, Prüfung der Daten, Meldefristen und Sanktionen“, Nr. 5.
Die Aufsichtsbehörden haben bestandskräftige Maßnahmen und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen fünf Jahre lang auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen, mitsamt den für den Verstoß verantwortlichen Personen (Prinzip des „naming and shaming“). Es sei denn, die Bekanntmachung wäre ‒ auch in anonymisierter Form ‒ eine unverhältnismäßige Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung oder sie würde die Finanzmarktstabilität oder laufende Ermittlungen gefährden, § 57 GwG (Friese/Brehm, GWR 17, 271, 273).
7. Keine Überprüfung der Mitteilungen
Die registerführende Stelle führt keine inhaltliche Prüfung durch. Nach § 18 Abs. 3 GwG kann bei unklarer oder zweifelhafter Zuordnung die zur Eintragung erforderliche Information verlangt werden. Bei falschen Angaben können Bußgelder verhängt werden (siehe oben), vgl. BVA, FAQ, Rubrik „Gebühren, Prüfung der Daten, Meldefristen und Sanktionen“, Nr. 3.
8. Einsichtnahme in das Transparenzregister
Einsicht in das Transparenzregister können nehmen:
- Aufsichtsbehörden, die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, Strafverfolgungsbehörden, das Bundeszentralamt für Steuern sowie die örtlichen Finanzbehörden gem. § 6 Abs. 2 Nr. 5 AO und weitere (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 GwG);
- bestimmte Geschäftspartner: Banken, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Versicherungen, Immobilienmakler u. a. (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 10 Abs. 3, 2 Abs. 1 GwG);
- jeder, der ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme darlegt (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 GwG).
- Laut der Gesetzesbegründung muss entsprechend der Auslegung des auch in § 12 GBO verwendeten Begriffs „berechtigtes Interesse“ ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse dargelegt werden. Ein derartiges Interesse besteht insbesondere, wenn ein Bezug zur Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche oder damit zusammenhängenden Vortaten wie Korruption und Terrorismusfinanzierung nachvollziehbar vorgebracht wird.
- Ein solcher Bezug ist beispielsweise mittels leicht zugänglicher Dokumente wie etwa der Satzung oder dem Mandat von Nichtregierungsorganisationen, die sich dem Einsatz gegen Geldwäsche, gegen deren Vortaten und gegen Terrorismusfinanzierung verschrieben haben, zu belegen, auf vorausgegangene Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche, damit zusammenhängenden Vortaten wie Korruption und Terrorismusfinanzierung zu stützen oder auf Untersuchungen etwa durch Fachjournalisten in diesem Bereich. Dabei muss die Recherche der Vorbereitung einer ernsthaften und sachbezogenen Auseinandersetzung dienen, vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 18/11555, S. 133. Allgemein wird davon ausgegangen, dass sich der Gesetzgeber mittelfristig entschließen wird, die Transparenz weiter zu erhöhen (Kotzenberg/Lorenz, NJW 17, 2433, 2437).