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  • · Fachbeitrag · Wiedereinsetzung

    Anwalt muss (Mitarbeiter-)Fehler erklären

    von Christian Noe B. A., Göttingen

    | Ein Anwalt gerät in Erklärungsnot, wenn er nicht darlegt, was genau seine Kanzleiangestellten falsch gemacht haben, die an einer versäumten Frist schuld sein sollen. Er nährt nach dem BGH darüber hinaus Spekulationen, ob er nicht sogar eine Mitschuld trägt, wenn eine ungültige elektronische Signatur verwendet wurde. Gerichte setzen zudem immer häufiger voraus, dass Anwälte sich gründlich mit der beA-Technik vertraut machen. Es gibt also gute Gründe, die eigene „beA-Fortbildung“ zu dokumentieren. |

     

    Sachverhalt

    In einer Forderungssache legte der Klägerbevollmächtigte frist- und formgerecht Berufung zum OLG ein. Die Berufungsbegründung war aber mit einer ungültigen qualifizierten elektronischen Signatur des Bevollmächtigten versehen und das Prüfprotokoll des empfangenden Gerichts enthielt entsprechende Fehlermeldungen. Nachdem das Gericht den Anwalt hierauf hingewiesen hatte, beantragte dieser Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Frist sei von einer bis dahin stets zuverlässigen, regelmäßig geschulten und stichprobenartig überprüften Kanzleiangestellten versäumt worden. Der Schriftsatz sei signiert und samt der dazugehörigen, übereinstimmend bezeichneten Signaturdatei über die Anwaltssoftware via beA an das Gericht versandt worden. Anschließend habe die Mitarbeiterin den Sendebericht kontrolliert. Aus diesem ergab sich, dass die Berufungsbegründung sowie die Signaturdatei erfolgreich übermittelt worden waren. Das OLG lehnte dennoch eine Wiedereinsetzung ab. Der BGH bestätigte die Entscheidung und wies die Rechtsbeschwerde des Bevollmächtigten ab (28.7.22, III ZB 65/21, Abruf-Nr. 230879).

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG habe richtig erkannt, dass der Anwalt kein Wort darüber verlor, worin genau der Fehler der Angestellten bestanden haben soll. Dies ist aber Voraussetzung, um die Verschuldensfrage zu klären (vgl. AK 21, 148). Laut Anwalt habe die Mitarbeiterin alle Anweisungen zur Fristenkontrolle und beim Umgang mit dem beA befolgt, ohne dass ihr die fehlerhafte Signatur habe auffallen müssen. Somit blieb unklar, wie es zu der fehlerhaften Signatur kommen konnte. Wer letztlich dafür verantwortlich war, dass zwischen der Erzeugung der Signatur und dem Versand noch Änderungen am Dokument oder an der Signatur vorgenommen worden waren, blieb ebenso offen. In diesem Fall war daher nicht mehr auszuschließen, dass den Anwalt zumindest ein (Mit-)Verschulden traf. Möglicherweise habe er selbst noch einmal die Dokumente bearbeitet bzw. war an den Vorgängen beteiligt, die zu der fehlerhaften Signatur führten.