01.10.2008 | Akteneinsicht
Einsichtsrecht des Verteidigers in die
Bedienungsanleitung eines Messgerätes
Ist die Verwaltungsbehörde im Besitz der Bedienungsanleitung für ein Messgerät, muss sie diese dem Verteidiger auf Anforderung zur Verfügung stellen (AG Kleve 3.8.08, 11 OWi 164/08 [b], Abruf-Nr. 082616). |
Entscheidungsgründe und Praxishinweis
Die Verwaltungsbehörde hatte die Einsichtnahme des Verteidigers in die Bedienungsanleitung des Messgerätes, mit dem die dem Betroffenen zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt worden war, abgelehnt. Diese könne in den Räumen der Behörde eingesehen werden.
Dem ist das AG nicht gefolgt. Der Bedienungsanleitung komme bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten des Einspruchs eine nicht unerhebliche Bedeutung zu (ebenso AG Bad Kissingen VA 07, 36). Damit lasse sich feststellen, ob Anhaltspunkte für eine Fehlmessung aufgrund unsachgemäßer Bedienung vorliegen. Die Behörde müsse daher die Anleitung auf Anforderung dem Verteidiger zur Verfügung stellen, wenn sie in ihrem Besitz sei. Das bloße Einräumen der Möglichkeit zur Einsichtnahme sei jedenfalls nicht ausreichend, wenn der Verteidiger – wie hier – nicht ortsansässig ist.
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Die Bedienungsanleitung hat für die Frage der Ordnungsgemäßheit einer Messung erhebliche Bedeutung. Ohne sie kann der Verteidiger nicht überprüfen, ob bei der Messung die Herstellervorgaben beachtet worden sind. Zutreffend muss sich der Verteidiger nicht darauf verweisen lassen, die Anleitung in den Räumen der Verwaltungsbehörde einzusehen. Insoweit werden im Grunde die Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Einsichtnahme in eine von einem Geschwindigkeitsverstoß gefertigte Videoaufnahme übernommen. Auch die muss die Verwaltungsbehörde dem Verteidiger zur Verfügung stellen, wenn er eine Videokassette mitschickt (vgl. BayObLG NJW 91, 1070).
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