24.11.2008 | Autokauf
Feuchtgebiete im Wagen als Rücktrittsgrund
1. Für die Beurteilung der Frage, ob der Rücktritt wegen Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen ist, kommt es auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an. |
2. Ein im Zeitpunkt des Rücktritts erheblicher Mangel kann nicht dadurch unerheblich werden, dass es im Verlauf des Verfahrens einem gerichtlich bestellten Sachverständigen gelingt, den Mangel zumindest provisorisch zu beseitigen. |
3. Das Festhalten am Rücktritt kann wegen Treuwidrigkeit ausgeschlossen sein, wenn die Mängelbeseitigung mit Zustimmung des Käufers erfolgt ist. |
(BGH 5.11.08, VIII ZR 166/07, Abruf-Nr. 083478) |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Kläger erwarb von der beklagten Kfz-Händlerin Mitte 2004 einen ca. 8 Jahre alten Range Rover (Km-Stand 101.500). Kurz darauf beanstandete er, dass Wasser in das Innere des Fahrzeugs eindringe. In Absprache mit der Beklagten wurde mehrfach versucht, das Fahrzeug abzudichten. Im Mai 2005 beanstandete der Kläger, dass erneut Feuchtigkeit im Bereich des vorderen rechten Fußraums sowie im Bereich des rechten Rücksitzes vorhanden sei. Er drohte den Rücktritt vom Kauf an. Im Juni 2005 erklärte er wegen erneut aufgetretener Feuchtigkeit den Rücktritt vom Kaufvertrag und erhob Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises. Im Rahmen der Beweisaufnahme gelang es dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen ohne Abstimmung mit den Parteien, die Ursache für den Wassereintritt – zumindest provisorisch – zu beheben. Das LG gab der Klage statt, das OLG wies sie ab. Die zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg.
Nach Ansicht des BGH ist der Kläger wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Im maßgebenden Zeitpunkt seiner Rücktrittserklärung sei die Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs dadurch eingeschränkt gewesen, dass aus bis dahin ungeklärter Ursache an mehreren Stellen Feuchtigkeit in das Wageninnere eindrang und zwei Fachbetriebe nicht in der Lage waren, Abhilfe zu schaffen. Das sei kein nur geringfügiger, einen Rücktritt ausschließender Mangel gewesen. Dass die Ursache des Wassereintritts, wie sich im Zuge der Beweisaufnahme später herausgestellt habe, mit geringem Aufwand zu beseitigen war, stellt nach Meinung des BGH die Wirksamkeit des bereits erklärten Rücktritts nicht in Frage. Auch die zumindest provisorische Mängelbeseitigung durch den Sachverständigen stehe der Wirksamkeit des Rücktritts nicht entgegen. Dadurch, dass der Kläger an seinem Rücktritt festhalte, handele er nicht treuwidrig. Anders lägen die Dinge, wenn er der Aktion des Sachverständigen zugestimmt hätte.
Praxishinweis
Erst bei Vorlage des Volltextes wird sich die wahre Bedeutung des Urteils zeigen. Schon jetzt kann gesagt werden, dass es die Position rücktrittswilliger Käufer stärkt. Feuchtigkeit im Wageninneren ist für den BGH auch bei einem älteren Geländewagen keine Bagatelle. Immerhin handelt es sich um einen Range Rover, nicht um einen Land Rover; damit um einen hochwertigen Pkw, der überwiegend auf der Straße, nicht im Gelände, genutzt wird. Zur heiklen Bagatellproblematik s. den Schwerpunktbeitrag in VA 07, 82. Welchen Einfluss Vorgänge auf einen bereits erklärten Rücktritt haben, die den ursprünglich (erheblich) vertragswidrigen Zustand nachträglich beheben oder ihn jedenfalls verbessern, ist das zentrale Thema des BGH-Urteils. Im zu entscheidenden Fall war es der Gerichtssachverständige, der – ohne Abstimmung mit den Parteien – einige der Feuchtigkeitsursachen kurzer Hand selbst beseitigt hat. Derartiges kommt in der Praxis immer wieder vor. Nur wenn der Käufer in die Monteurarbeit des Sachverständigen ausdrücklich einwilligt, riskiert er, mit dem Rücktritt nach § 242 BGB ausgeschlossen zu werden. Bloßes Schweigen im Besichtigungstermin genügt nicht.
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