01.04.2005 | Autokauf
Voreilige Selbstvornahme: keine Kostenerstattung
Lässt ein Käufer den Mangel an seinem Fahrzeug beseitigen, ohne dem Verkäufer die notwendige Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, so steht ihm unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten zu (BGH 23.2.05, VIII ZR 100/04, Abruf-Nr. 050706). |
Sachverhalt
Der Kläger erwarb am 16.3.02 von dem beklagten Kfz-Händler einen neuen Seat Arosa. Im November 2002 trat ein Motorschaden auf. Die Ursache ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger ließ den Motor bei einer Seat-Vertragshändlerin austauschen. Als der Fahrzeughersteller eine Kostenübernahme ablehnte, verlangte der Kläger vom Beklagten Erstattung der Reparaturkosten. Bis dahin war der Beklagte über den Schadensfall nicht informiert worden, insbesondere war er nicht zur Nacherfüllung aufgefordert worden. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht (LG Gießen VA 04, 114, Abruf-Nr. 041514 = NJW 04, 2906) hat die Revision zugelassen. Sie wurde vom BGH zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
In Übereinstimmung mit dem LG hat der BGH jegliche Kostenerstattungspflicht des Händlers verneint. Kaufrechtliche Sachmängelansprüche nach den §§ 437 ff. BGB stünden dem Kläger nicht zu, insbesondere kein Anspruch auf Schadensersatz. Voraussetzung dafür sei grundsätzlich, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe (§ 439 BGB). Diese Voraussetzung habe der Kläger nicht erfüllt, weil er den Motor habe austauschen lassen, ohne dem Beklagten eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben. Dass die Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich gewesen sei, könne der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen. Ein „Entbehrlichkeitsfall“ habe nicht vorgelegen. Wie der BGH weiter ausführt, habe der Kläger entgegen einer in der Rechtslehre vertretenen Ansicht auch keinen Anspruch auf Zahlung ersparter Nacherfüllungskosten gem. § 326 Abs. 2 S. 2 BGB analog. Gegen eine solche Analogie sprächen gleich mehrere Gründe. Billige man dem Käufer einen Kostenerstattungsanspruch zu, würde dadurch das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung unterlaufen, so ein Argument des BGH. Dem Verkäufer nähme man auch die Möglichkeit der Untersuchung und Beweissicherung, wenn der Käufer ihn nach eigenmächtiger Beseitigung des Mangels vor vollendete Tatsachen stellen dürfe.
Praxishinweis
Wer zu früh nachbessert, bleibt auf den Kosten sitzen, so das Fazit der BGH-Entscheidung. Damit ist es genau so gekommen, wie die meisten es erwartet haben. Wenn im Zeitpunkt der Selbstvornahme die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 BGB) vorliegen, darf der Käufer die Mängelbeseitigung in seine Hand nehmen und die Kosten als Schadensersatz auf den Verkäufer abwälzen. Es genügt aber nicht die bloße Mangelhaftigkeit der Sache. Hinzu kommen muss eine fruchtlose Fristsetzung. So jedenfalls der Grundsatz. Ausnahmsweise ist eine vorherige Fristsetzung entbehrlich. Wer als Käufer mit dem Vorwurf eines „Frühstarts“ konfrontiert wird, muss alles daran setzen, dem Gericht einen „Entbehrlichkeitsfall“ plausibel darzulegen und notfalls zu beweisen. Dafür gibt es eine Reihe von Ansätzen. Näheres dazu im Schwerpunktbeitrag in diesem Heft (S. 62 ff.). Um erst gar nicht in Erklärungsnot zu geraten, ist jedem Käufer dringend zu empfehlen, dem Verkäufer die grundsätzlich notwendige Frist zur Nacherfüllung zu setzen, bevor man selbst aktiv wird.
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