27.05.2009 | Blutentnahme
Blutentnahme I: Erstes OLG bejaht Beweisverwertungsverbot
Ordnet ein Polizist auch heute noch, ohne dass „Gefahr im Verzug“ vorliegt, die Entnahme einer Blutprobe „entsprechend der langjährigen Praxis“ an, ohne einen Richter zu kontaktieren, ist das eine so grobe Verkennung der Eilzuständigkeit, dass es zur Annahme eines Beweisverwertungsverbots führt (OLG Hamm 12.3.09, 3 Ss 31/09, Abruf-Nr. 091290). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Angeklagte befuhr alkoholisiert öffentliche Straßen und verursachte um 19.05 Uhr einen Verkehrsunfall. An seinem Wohnhaus erschienen um 19.35 Uhr Polizeibeamte. Der schlafende Angeklagte wurde geweckt. Er lehnte einen Alkoholtest ab. Es wurde durch die Polizei die Entnahme einer Blutprobe angeordnet. Die um 20.08 Uhr entnommene Blutprobe ergab einen BAK-Wert von 2,6 Promille. Der Polizeibeamte hat sich im Verfahren darauf berufen, dass er „entsprechend der langjährigen Praxis die Anordnung einer Blutprobe ohne vorherige Einschaltung der Staatsanwaltschaft und des Amtsgerichts“ getroffen habe.
Die (Sprung)Revision hatte beim OLG Erfolg. Es hat das Vorliegen von Gefahr im Verzug verneint. Bei dem einfach gelagerten Sachverhalt sei eine richterliche Anordnung telefonisch einholbar gewesen. Der richtige Beschuldigte hat festgestanden, ebenso seine Alkoholisierung und der Verdacht bestimmter Verkehrsdelikte. Es ist auch um die Feststellung des Blutalkoholwerts, nicht um den Nachweis von Betäubungsmitteln gegangen.
Das OLG hat ein Beweisverwertungsverbot bejaht. Bei der insoweit vorzunehmenden Abwägung hat es einerseits auf den hohen Rang des von der Tat des Angeklagten betroffenen Rechtsguts sowie darauf abgestellt, dass der Angeklagte selbst nur eine geringfügige Beeinträchtigung seiner körperlichen Unversehrtheit habe hinnehmen müssen. Es liegt aber ein objektiv willkürliches Verhalten bzw. ein grober Verstoß des handelnden Polizeibeamten vor. Dieser hat sich keinerlei Gedanken über die Fragen von Gefahr im Verzug und richterlicher Anordnungskompetenz gemacht, sondern allein aufgrund „langjähriger Praxis“ eine eigene Anordnung getroffen. Eine „langjährige Praxis“ ist nicht geeignet, die gesetzlichen Anforderungen außer Kraft zu setzen.
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