01.12.2005 | Entziehung der Fahrerlaubnis
Entziehung der Fahrerlaubnis bei Straftaten der allgemeinen Kriminalität
Die neuere BGH-Rspr. stellt für die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Straftaten der allgemeinen Kriminalität auf einen verkehrsspezifischen Bezug der Tat ab. Denn die Entziehung der Fahrerlaubnis ist keine (Neben)Strafe, sondern Maßregel der Sicherung und Besserung i.S.d. § 61 StGB: Sie dient also nicht der allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung, sondern der Sicherheit des Straßenverkehrs, der von ungeeigneten Kfz-Führern frei gehalten werden soll.
Aktuelle Urteile |
BGH 27.4.05, GSSt 2/04, VA 05, 121, Abruf-Nr. 051608: Die Anlasstat muss Rückschlüsse darauf zulassen, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen.
BGH 24.8.05, 1 StR 335/05, Abruf-Nr. 053187:Allein die Benutzung eines Kfz. zum TransportvonRauschgift und die Fahrt zum Tatort rechtfertigen nicht mehr die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB. Vielmehr muss die Anlasstat Rückschlüsse darauf zulassen, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen.
Praxishinweis: Darauf hatte bereits der Große Senat hingewiesen (VA 05, 121, Abruf-Nr. 051608). Entsprechendes dürfte für die Fahrt zum Tatort eines Diebstahls und für den Abtransport der Beute gelten.
BGH 21.6.05, 4 StR 28/05, Abruf-Nr. 052174: Verbringt der Täter das Tatopfer nur unter Anwendung einer List in seinem Fahrzeug zu einem abgelegenen Ort, um dort eine Sexualstraftat zu begehen, so erweist er sich allein dadurch noch nicht als ungeeignet für das Führen von Kfz i.S.d. § 69 Abs. 1 S. 1 StGB.
BGH 19.9.05, 1 StR 296/05, Abruf-Nr. 053140:Ein tragfähiger Rückschluss auf die Ungeeignetheit ist zulässig/möglich, wenn die Anlasstat mit einer Ablenkung der Aufmerksamkeit des Fahrers verbunden ist.
Der Fall: Der 78-jährige Angeklagte hatte ein 12-jähriges Mädchen in sein Auto gezerrt, um während der Fahrt sexuelle Handlungen an ihr zu begehen. Er hat auch den Hund des Mädchens mit ins Auto „befördert“ und ist dann, ohne dass dieser vorher gesichert wurde, losgefahren.
Der BGH: Für den Angeklagten sei nicht vorhersehbar gewesen, wie das Mädchen reagieren würde, insbesondere wenn er sie in sexueller Absicht berühren würde. Zudem sei das Verhalten des Hundes unkalkulierbar gewesen, so dass ein sorgfältiger Kraftfahrer damit rechnen musste, dass er dadurch beim Führen des Kfz abgelenkt wird. Tatsächlich habe sich der Hund dann auch noch während der Fahrt erbrochen, was dazu führte, dass das Mädchen das Fenster öffnete und den Kopf des Hundes hinaushielt, während der Angeklagte seine Fahrt fortsetzte. Spätestens dadurch habe der Angeklagte gezeigt, dass er die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht mehr ausreichend berücksichtigt habe.
Praxishinweis: Der BGH sieht einen Unterschied im Verhalten des Täters gegenüber dem Vorgehen in der Entscheidung vom 21.6.05 (1 StR 28/05, Abruf-Nr. 052174). Denn dort sei wegen der List – im Gegensatz zum vorliegenden Fall – nicht mit einer Gegenwehr und einer damit verbundenen Ablenkung der Aufmerksamkeit des Fahrers zu rechnen gewesen.
BGH 13.7.05, 1 StR 153/05, Abruf-Nr. 052584: Dem Mittäter eines schweren Raubes, der an der eigentlichen Tatausführung in einer Wohnung gar nicht beteiligt war, sondern nur vor Vollendung der Tatausführung als Fahrer zum Tatort fungierte, kann nicht allein deswegen die Ungeeignetheit zum Führen von Kfz prognostiziert werden, weil er „bei der Begehung von Straftaten ein Fahrzeug geführt und dieses nicht unwesentlich zur Durchführung der Tat eingesetzt“ hat.
OLG Karlsruhe 5.9.05, 1 Ws 169/05, Abruf-Nr. 053141: Die mutwillige Zerstörung von Autoteilen kann die Ungeeignetheit begründen. Der Täter ist insbesondere zum Führen eines Kfz i.S.d. § 69 Abs. 1 StGB ungeeignet, wenn er Reifen in einer Weise durchsticht, dass es zu unkontrollierbaren Ausbrüchen des Fahrzeuges während der späteren Fahrt und damit zu schwersten Unfällen kommen kann. |
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