24.03.2010 | Fahrtenbuchauflage
Keine Fahrtenbuchauflage nach verdachtsunabhängiger Videoüberwachung
Ist Grundlage der Anordnung der Führung eines Fahrtenbuchs ein Abstandsverstoß durch einen letztlich nicht zu ermittelnden Fahrer gewesen, bestehen aber erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit und damit die Verwertbarkeit der durch das Messsystem gewonnenen Daten, fehlt es an einem tatbestandsmäßigen Anknüpfungspunkt für die Auferlegung des Fahrtenbuchs (VG Oldenburg 19.1.10, 7 B 3383/09, Abruf-Nr. 100616). |
Entscheidungsgründe und Praxishinweis
Die Behörde hatte dem Antragsteller die Führung eines Fahrtenbuchs für sechs Monate auferlegt und die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet (§ 31a StVZO). Auslöser war ein mit dem Pkw des Antragstellers begangener Abstandsverstoß, der unter Verwendung des Verkehrskontrollsystems VKS 3.0 festgestellt worden war. Das Bußgeldverfahren war, da der Fahrer zum Vorfallszeitpunkt nicht ermittelt werden konnte, eingestellt worden. Im Verfahren zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Fahrtenbuchanordnung hatte der Antragsteller auf die Entscheidung des BVerfG (11.8.09, 2 BvR 941/08) verwiesen (vgl. dazu VA 09, 172). Das VG hat ihm Recht gegeben. Auf die fehlende Feststellbarkeit des Fahrers komme es hier nicht an, weil schon die Ahndung der Abstandsunterschreitung wegen Verfassungswidrigkeit der Messmethode nicht zulässig gewesen wäre (unter Hinweis auf OLG Oldenburg VA 10, 47).
Die Entscheidung des VG zeigt, dass die Rechtsprechung des BVerfG zur verdachtsunabhängigen Videomessung im Straßenverkehr Auswirkungen an Stellen hat, an die man zunächst gar nicht denkt. Es handelt sich um eine Art „Fernwirkung“ der Entscheidung des BVerfG (a.a.O.), die der Rechtsanwalt bei der zunehmenden Tendenz zum Fahrtenbuch nicht übersehen sollte.