23.07.2009 | Fahrverbot
Ggf. Anmietung eines Zimmers erforderlich
Begründet der Betroffene einen zur Abkürzung oder zum Wegfall des Fahrverbots zwingenden Härtefall damit, dass er auf die Kfz-Nutzung zur Erreichung seines Arbeitsplatzes angewiesen sei, müssen sich die Urteilsgründe auch dazu verhalten, warum er nicht auf die vorübergehende Anmietung eines Zimmers in Arbeitsplatznähe verwiesen werden kann. Die anfallenden Aufwendungen sind unter dem Gesichtspunkt des Übermaßverbots als grundsätzlich zumutbar anzusehen, weil ihnen die ersparten Aufwendungen für die private Fahrzeugnutzung gegenüberzustellen sind (OLG Bamberg 18.3.09, 3 Ss OWi 196/09, Abruf-Nr. 092053). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Das AG hat das an sich verwirkte Regelfahrverbot wegen eines Abstandsverstoßes von zwei Monaten um einen Monat verkürzt. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg.
Das OLG ist den vom AG angeführten „triftigen Gründen“ für die Abkürzung nicht gefolgt. Bei der Behauptung, den 85 km entfernten Arbeitsplatz täglich nur mit dem Kfz erreichen zu können, hätte in den Urteilsgründen u.a. erörtert werden müssen, warum die Betroffene zur Abmilderung der Erschwernisse nicht darauf verwiesen werden kann, vorübergehend auf eigene Kosten ein Zimmer in Arbeitsplatznähe anzumieten. Die dafür anfallenden Aufwendungen seien grds. zumutbar, weil ihnen die ersparten Aufwendungen aus der entfallenden werktäglichen Pkw-Nutzung gegenüberzustellen sind. Soweit das AG darauf abgehoben hat, dass die Betroffene im Rahmen ihrer Berufsausübung als Kundenbetreuerin auf die Fahrzeugnutzung angewiesen ist, belegen die Urteilsfeststellungen auch in Ansehung des in der Hauptverhandlung verlesenen Schreibens der Arbeitgeberin der Betroffenen keine gerade durch das Fahrverbot oder seine einen Monat übersteigende Dauer drohende Existenzbedrohung, insbesondere eine drohende Arbeitgeberkündigung der Betroffenen.
Praxishinweis
Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung wird nur ausnahmsweise von einem Regelfahrverbot abgesehen (vgl. BGHSt 38, 125; 38, 231; OLG Zweibrücken DAR 03, 531; KG NZV 02, 47; OLG Bamberg DAR 06, 515 ). Die Rechtsprechung ist in dem Zusammenhang verhältnismäßig streng (vgl. auch die Zusammenstellung zu aktuellen Fahrverbotsentscheidungen in VA 09, 139). Das scheint sich fortzusetzen. Denn die Entscheidung des OLG Bamberg führt nun einen weiteren Umstand an, der für den Betroffenen zur Abwendung der aus der Festsetzung eines Fahrverbots entstehenden Erschwernisse in Zukunft zu beachten sein dürfte und zu dem Verteidiger vortragen müssen: Die kurzfristige Anmietung eines Hotelzimmers am Dienstort. Es stellt sich allerdings die Frage, ob das noch verhältnismäßig ist (vgl. dazu BVerfG NJW 96, 2284). Jedenfalls muss sich der Verteidiger auf diesen neuen Argumentationsstrang einstellen und beim AG ggf. darlegen, warum das für den Betroffenen unzumutbar ist.
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