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  • 01.03.2006 | Fahrverbot

    Keine Chance für gut verdienenden Rechtsanwalt?

    Bei einem Monatsnettoeinkommen von 4.000 bis 5.000 EUR ist es dem Betroffenen zumutbar, für die Dauer eines einmonatigen Fahrverbotes einen Fahrer anzustellen (AG Lüdinghausen 31.10.05, 10 OWi 400 Js 144/05 - 190/05, Abruf-Nr. 060345).

     

    Sachverhalt

    Das AG hat gegen den Betroffenen wg. einer Geschwindigkeitsüberschreitung u.a. ein Fahrverbot festgesetzt. Der Betroffene, der straßenverkehrsrechtlich bislang nicht vorbelastet ist, ist als Sozius in einer Kanzlei mit 6 RAen in MS tätig. Er ist verheiratet, Vater dreier Kinder im Alter von 16, 19 und 23 Jahren und verdient 4.000 bis 5.000 EUR netto im Monat. Der Betroffene ist der einzige familienrechtlich orientierte Anwalt der Kanzlei und hat in der Woche ca. 15 bis 20 Auswärtstermine wahrzunehmen. Die Kanzlei hat 8 festangestellte Mitarbeiter und 5 Azubis, die alle über eine Fahrerlaubnis verfügen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Vom Fahrverbot kann nicht abgesehen werden. Der Betroffene ist zwar aufgrund vieler auswärtiger Termine auf den Führerschein angewiesen. Es ist ihm aber möglich und zumutbar, die Härten eines Fahrverbotes hinzunehmen oder abzumildern:  

    • Als Sozius einer der führenden Anwaltskanzleien in MS muss der Betroffenene keine Gefährdung seiner persönlichen oder beruflichen Existenz in Folge eines Fahrverbotes befürchten.
    • Der Betroffene kann längere Urlaubszeiten nehmen. Er hat dazu nämlich erklärt, dass er längere Urlaube gemacht hat, als seine Kinder kleiner gewesen sind. Daran ändert sich nichts, wenn er in den letzten Jahren nur noch Kurzurlaube gemacht hat.
    • Auf Grund seines hohen Einkommens ist dem Betroffenen die Einstellung eines Fahrers zumutbar – ggf. auch unter Aufnahme eines Darlehens. Ggf. könnte auch die Kanzlei des Betroffenen die Kosten übernehmen.
    • Es ist dem Betroffenen zumutbar, in seiner Kanzlei durch Umorganisation einen seiner zahlreichen Mitarbeiter für Fahrzwecke freizustellen.
    • Auf Grund der besonderen Vertrauenssituation in Familiensachen ist es dem Betroffenen allerdings nicht möglich, die Wahrnehmung einzelner Termine durch andere Anwälte vornehmen zu lassen.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung mag unter Anlegung der Grundsätze der OLG-Rspr. vertretbar sein. Es stellt sich aber die Frage, warum das AG nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, gegen eine „saftige“ Erhöhung der Geldbuße vom Fahrverbot abzusehen. Dabei hätte die Geldbuße im Hinblick auf die Höchstsätze des § 17 OWiG auf bis zu 500 EUR erhöht werden können. Zumindest der normale Durchschnittsverdiener mit entsprechenden Unterhaltspflichten dürfte durch die Ausschöpfung dieser Höchstsätze auch ohne Fahrverbot von der erneuten Begehung vergleichbarer Verstöße abzuhalten sein (so auch Deutscher NZV 99, 113.; dazu zuletzt OLG Hamm VA 05, 86, Abruf-Nr. 050957 = VRR 05, 155). Darauf sollte der Verteidiger beim AG hinweisen.