01.09.2006 | Gebrauchtwagenkauf
Sachmangel oder nur „konstruktive Schwäche“?
1. Die Üblichkeit der Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist auch an dem Qualitätsstandard zu messen, den vergleichbare Produkte anderer Hersteller erreicht haben und der die Markterwartung prägt. |
2. Auch ein gebrauchtes Kfz ist nicht allein deshalb frei von einem Sachmangel, weil es einen Defekt hat, der auch anderen Fahrzeugen derselben Marke und desselben Typs als sog. Serienfehler anhaftet. |
3. Ist an einem gebraucht gekauften Mittelklassewagen (hier: Renault Laguna) ein serienmäßiger Werkstoff-Fehler an einem Bauteil der hydraulischen Kupplung des Automatikgetriebes vorhanden, so sind in den nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB anzustellenden Qualitätsvergleich Automatikgetriebe in gleichaltrigen Mittelklasse-Pkw anderer Fahrzeughersteller einzubeziehen, die zumindest auch für den europäischen Markt gebaut worden sind. |
4. Der Käufer eines ca. 84.000 km gelaufenen, rund 7 Jahre alten Pkw der europäischen Mittelklasse muss nicht damit rechnen, dass das Automatikgetriebe nach einer Fahrstrecke von nur ca. 1.500 km mit einem Schaden ausfällt, dessen Beseitigung mindestens 2.000 EUR kostet. |
(OLG Düsseldorf 19.6.06, I-1 U 38/06, Abruf-Nr. 062364) |
Sachverhalt
Nur 4 Wochen nach Übernahme des für 5.500 EUR gekauften Renault Laguna (Km-Stand bei Übergabe: 84.000) zeigte der Kläger, ein Verbraucher, dem beklagten Kfz-Händler einen Defekt am Automatikgetriebe an. Nur gegen Zahlung eines Eigenanteils von 1.250 EUR bestand Bereitschaft zur Reparatur. Nach Einholung eines Gutachtens im selbstständigen Beweisverfahren verlangte der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises. Das LG hat der Klage stattgegeben. Nach Anhörung des Beweissicherungsgutachters hat das OLG die Berufung des Händlers zurückgewiesen. Begründet worden war sie im Kern mit dem Argument, bei dem Getriebeproblem handele es sich um eine „konstruktive Schwäche“ der fraglichen Baureihe, jedenfalls nicht um einen Mangel im Rechtssinn. Die zugelassene Revision ist nicht eingelegt worden.
Entscheidungsgründe
Auf dem Boden der mit sachverständiger Hilfe getroffenen technischen Feststellungen hat das OLG einen Sachmangel bejaht. Auseinandergesetzt hat es sich insbesondere mit der im neuen Kaufrecht noch ungeklärten Frage, welcher Vergleichsmaßstab bei dem Kriterium „übliche Beschaffenheit“ (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB) anzulegen ist.
Anknüpfend an die Rechtsprechung zum Neufahrzeugkauf in „Altfällen“ hat der Senat sich im Grundsatz für einen allgemeinen (globalen) Maßstab entschieden, zum Vergleich also nicht nur andere Fahrzeuge des Herstellers Renault vom Typ Laguna herangezogen. Mit dieser Öffnung waren die Würfel zugunsten des Klägers gefallen. Zwar sei das Getriebeproblem kein Einzelfall, sondern typisch für bestimmte Fahrzeuge der Marke Renault, so der Sachverständige. Gemessen an dem allgemeinen Standard der Getriebetechnik bei Mittelklassewagen sei der Schaden jedoch selbst bei einem Fahrzeugalter von 7 Jahren und einer Laufleistung von 85.000 km „technisch ungewöhnlich“.
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