05.01.2009 | Haftpflichtprozess
Kosten eines Privatgutachtens ausnahmsweise erstattungsfähig
Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen kann auch bestehen, wenn bei Erteilung des Gutachtenauftrags ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gegeben waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können (BGH 14.10.08, VI ZB 16/08, Abruf-Nr. 083795). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Nach einer angeblichen Auffahrkollision verlangte der Kläger auf der Grundlage eines Gutachtens Ersatz von Reparaturkosten. Dem beklagten Versicherer kam die Sache verdächtig vor, so dass er einen Sachverständigen einschaltete. Ergebnis: Auffahren nicht ausgeschlossen, aber nicht alle Schäden kompatibel. Daraufhin verweigerte der Beklagte jegliche Regulierung. Seine Klage nahm der Kläger im Hinblick auf den angeforderten Kostenvorschuss aus Kostengründen zurück. Dem Versicherungsgutachten trat er nicht entgegen. Die Kosten i.H.v. 769 EUR wurden in sämtlichen Instanzen als Kosten des Rechtsstreits anerkannt.
Zunächst wiederholt der BGH seinen Regel-Ausnahme-Grundsatz aus früheren Entscheidungen (zuletzt VA 08, 76), um sich dann der Kernfrage „Prozessbezogenheit“ zuzuwenden. Ob dafür schon ein sachlicher Zusammenhang zwischen Gutachten und Rechtsstreit ausreichend sei, wie verschiedentlich angenommen, lässt er auch diesmal offen. Auch ohne engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Gutachten und Prozess liege die nötige Prozessbezogenheit regelmäßig vor, wenn sich der Verdacht eines Versicherungsbetrugs aufdränge. Dann müsse sich der Versicherer von vornherein auf einen Deckungsprozess einstellen. Im Streitfall habe das Gutachten den Verdacht eines Versicherungsbetrugs bestätigt. Der Kläger habe inkompatible Schäden abrechnen wollen.
Praxishinweis
Hätte der Klägeranwalt sich mit der nur privatgutachterlich belegten Behauptung der Inkompatibilität bestimmter Schäden in der Sache auseinandergesetzt, wären die Kosten möglicherweise nicht anerkannt worden. So fand der Anfangsverdacht im Nachhinein eine dem BGH genügende Bestätigung. Die Abgrenzung zwischen Routinecheck und Verdachtsüberprüfung ist immer einzelfallabhängig, sollte aber im Zweifel zulasten des Versicherers gehen. Kriminalpolitische Erwägungen haben bei § 91 ZPO nichts verloren.
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