Frage | Antwort | Wer kann Einspruch einlegen? | Der Einspruch kann durch den Betroffenen selbst, durch seinen Verteidiger, aber auch durch andere bevollmächtigte Personen (OLG Hamm NJW 52, 1150 ) eingelegt werden. Praxishinweis: Der Verteidiger kann den Einspruch auch im eigenen Namen einlegen. | Muss der Verteidiger bei Einspruchseinlegung eine Vollmacht beifügen? | Nein, da der Verteidiger den Einspruch auch im eigenen Namen einlegen kann, muss er keine schriftliche Vollmacht vorlegen (Burhoff, OWi, Rn. 679). Um unnötigen Streit zu vermeiden, empfiehlt es sich aber, eine schriftliche Vollmacht vorzulegen. | Wo wird der Einspruch eingelegt? | Nach § 67 Abs. 1 S. 1 OWiG muss der Einspruch bei der Verwaltungsbehörde eingelegt werden, die ihn erlassen hat. Praxishinweis: Ausreichend ist der Eingang bei einer anderen Verwaltungsbehörde, wenn diese den Einspruch an die „richtige“ Verwaltungsbehörde weiterleitet. Der Einspruch muss bei dieser aber, um wirksam zu sein, innerhalb der Einspruchsfrist eingehen. Nach wohl h.M. in der Rechtsprechung ist die Eingangsbehörde nicht verpflichtet, besondere Maßnahmen zu treffen, damit der Einspruch bei der richtigen Behörde noch rechtzeitig eingeht (vgl. dazu OLG Düsseldorf NStZ-RR 99, 147; a.A. früher OLG Hamm [2. Strafsenat] NZV 04, 50; aufgegeben in NStZ-RR 09, 347 [Ls.]). | Innerhalb welcher Frist ist Einspruch einzulegen? | Der Einspruch muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheids eingelegt werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Bußgeldbescheids zu laufen (zu den Zustellungsfragen Burhoff, OWi, Rn. 2873 ff.; zur Fristwahrung Rn. 710 ff.). | Wie berechnet sich die Frist? | Die Berechnung der Frist richtet sich nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 42, 43 StPO. Praxishinweis: Für die Einhaltung der Frist und die damit ggf. zusammenhängende Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach einer Fristversäumung ist von Bedeutung, dass der Betroffene auf „normale Postlaufzeiten“ vertrauen darf (BVerfG NJW 01, 744; OLG Frankfurt NStZ-RR 02, 12; s. aber KG NStZ-RR 06, 124). Das Verschulden des Verteidigers wird dem Betroffenen nicht zugerechnet. | In welcher Form muss Einspruch eingelegt werden? | Nach § 67 Abs. 1 S. 1 OWiG ist der Einspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, einzulegen. Praxishinweis: Hinsichtlich des Schriftformerfordernisses gelten die allgemeinen Regeln. Das bedeutet, dass die Unterschrift des den Einspruch Einlegenden nicht unbedingt erforderlich ist, so lange sich aus dem Schriftstück erkennen lässt, von wem es stammt (vgl. Burhoff, OWi, Rn. 688 ff. m.w.N.). | Kann der Einspruch durch Telefax oder durch Computerfax eingelegt werden? | Ja, das ist zulässig (BVerfG NJW 96, 2857; BGH NJW 92, 244). Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs des Einspruchs kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Ausdrucks - also das Vorliegen des Faxes in Schriftform - an, sondern auf den Zeitpunkt des vollständigen Empfangs der gesendeten Signale durch das Empfangsgerät (BGH NJW 06, 2263; vgl. zum Computerfax BGH NJW 00, 2340; NJW 06, 3784). Maßgeblich ist die Uhrzeit des empfangenden Geräts (KG NJW 97, 1864). | Kann der Einspruch auch per Email eingelegt werden? | Die Frage wird in der Literatur von Göhler (OWiG, 15. Aufl., § 67 Rn. 22a) bejaht. In der Rspr. wird das inzwischen jedoch so lange als unzulässig angesehen, wie das Einreichen von elektronischen Dokumenten nicht durch eine Verordnung nach § 41a Abs. 2 StPO geregelt ist (vgl. wegen der Einzelh. Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 6. Aufl., 2010, Rn. 182 f zur vergleichbaren Rechtslage bei der Berufung; s.a. BGH NJW-RR 09, 357; OLG Oldenburg NJW 09, 536). Praxishinweis: Wegen der unklaren Rechtslage sollte der Verteidiger von der Einlegung des Einspruchs per Email absehen. | Kann ein Einspruch auch fernmündlich eingelegt werden? | Die Frage ist umstritten. Teilweise wird in der Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 80, 1290; OLG Stuttgart NStZ 89, 42;BayObLG DAR 88, 371 bei Bär; OLG Celle NJW 70, 1142; OLG Hamm NStZ 85, 472) davon ausgegangen, dass das ausreicht, wenn bei der zuständigen Verwaltungsbehörde ein Vermerk darüber gefertigt wird. Zum Teil wird diese Möglichkeit aber auch abgelehnt (OLG Düsseldorf NStZ 84, 184). | Muss der Einspruch begründet werden? | Nein, einer Einspruchsbegründung bedarf es nicht. Allerdings wird sie sich zumindest empfehlen, wenn der Verteidiger eine Rücknahme des Bußgeldbescheids und Erlass eines neuen mit einer für den Betroffenen günstigeren Rechtsfolge erstrebt. | Kann der Einspruch beschränkt werden? | Ja, eine Beschränkung des Einspruchs ist nach § 67 Abs. 2 OWiG grds. zulässig (wegen der Einzelheiten Burhoff, OWi, Rn. 688 ff.). Der Einspruch kann auch teilweise beschränkt werden. So ist z.B. die Beschränkung auf die Rechtsfolgen, also Geldbuße und Fahrverbot, möglich (ständige OLG-Rspr., z.B. BayObLG NZV 99, 51; OLG Hamm VRS 99, 220). Praxishinweis: Der Verteidiger muss darauf achten, dass sich aus einer ggf. abgegebenen Einspruchsbegründung nicht eine (teilweise) nicht gewollte Beschränkung des Einspruchs ergibt. Das kann z.B. der Fall sein, wenn in der Einspruchsbegründung nur zu den Rechtsfolgen Stellung genommen wird. In dem Fall sollte durch entsprechende Formulierungen vorab deutlich gemacht werden, dass aus der Begründung keine (konkludente) Beschränkung des Einspruchs abzuleiten ist, sondern der Bußgeldbescheid in vollem Umfang angefochten wird (zur konkludenten Beschränkung OLG Hamm 22.11.07, 3 Ss OWi 641/07, Abruf-Nr. 082356). | Ist auch eine Beschränkung des Einspruchs nur auf einen Teil der Rechtsfolgen zulässig? | Nein. Grds. kann nur auf die Rechtsfolgen insgesamt beschränkt werden (vgl. u.a. BayObLG NZV 99, 51; OLG Celle NZV 99, 524; OLG Hamm VRS 99, 220). Erforderlich ist aber, dass der Bußgeldbescheid eine tragfähige Grundlage zur Bemessung der Rechtsfolgen bildet und insbesondere eine Angabe zur Schuldform enthält (OLG Jena NZV 06, 168). Etwas anderes gilt, wenn der Bußgeldbescheid die Regelgeldbuße nach der BKatV anordnet. Daraus kann nämlich wegen § 1 Abs. 2 BKatV auf fahrlässige Begehungsweise und gewöhnliche Tatumstände geschlossen werden (OLG Bamberg NJW 06, 627; OLG Jena NZV 06, 168; OLG Zweibrücken VRS 110, 292). Praxishinweis: Ob eine Beschränkung des Einspruchs nur auf die Höhe der Geldbuße, wenn auch ein Fahrverbot festgesetzt ist, zulässig ist, ist umstritten (vgl. dazu Burhoff, OWi, Rn. 696 ff.). Der Verteidiger sollte daher von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen. | Muss die Beschränkung sofort bei Einlegung erklärt werden? | Nein, sie kann auch noch im Laufe des Verfahrens erfolgen, also z.B. auch noch in der Hauptverhandlung. Nach § 67 Abs. 1 S. 2 OWiG i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO benötigt der Verteidiger dafür aber eine ausdrückliche Vollmacht. Liegt die nicht vor, ist die Teilbeschränkung, die einer Teilrücknahme entspricht, unwirksam (zur besonderen Vollmacht s. u.a. aus neuerer Zeit KG NJW 09, 1686; eingehend zu den Fragen Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 6. Aufl., 2010, Rn. 202 ff. m.w.N.). | Kann der Einspruch unter einer Bedingung eingelegt werden? | Nein, die Einspruchseinlegung ist bedingungsfeindlich (KK-Bohnert, § 67 Rn. 61; OLG Hamm NJW 73, 257). Zulässig sind aber bloße Rechtsbedingungen (BGH NJW 74, 66). | |