23.05.2008 | Richtervorbehalt bei Blutentnahme
Kein Beweisverwertungsverbot bei nur durch Polizeibeamten angeordneter Blutentnahme
Ist – i.S.d. der Rechtsprechung des BVerfG (VA 07, 109) zu § 81a Abs. 2 StPO unzulässigerweise – eine Blutprobenentnahme nur durch eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft statt durch den zuständigen Richter angeordnet worden, besteht im Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr für den Nachweis der Blutalkoholkonzentration kein Beweisverwertungsverbot (OLG Hamburg 13.3.08, 2-81/07 (REV), Abruf-Nr. 081484). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) lag eine Blutprobe zugrunde, deren Entnahme nicht durch einen Richter, sondern wegen Gefahr im Verzug nur durch einen Staatsanwalt angeordnet worden war. Der Angeklagte hat erfolglos ein Beweisverwertungsverbot geltend gemacht.
Das OLG hat seine Revision u.a. verworfen, weil die Verfahrensrüge nicht ausreichend i.S. des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO begründet worden war. Die dabei angesprochene Frage eines Beweisverwertungsverbots bei einem Verstoß gegen § 81a Abs. 2 StPO hat das OLG letztlich aber offen gelassen. Es hat aber darauf hingewiesen, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung Beweisverwertungsverbote i.d.R. erst bei massiver Beeinträchtigung einzelner Rechtsgüter angenommen würden. Es müsse eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter erfolgen (Hier: Interesse an der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs versus Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit). Dabei sei der Eingriff in das Grundrecht nur von relativ geringer Intensität und Tragweite. Auch stehe – anders als etwa im Fall der Wohnungsdurchsuchung unter Verstoß gegen Art. 13 Abs. 2 GG – „nur“ ein einfachgesetzlicher Richtervorbehalt in Rede. Zudem sei die Eilanordnung der Polizei nicht schlechthin verboten. Das alles spricht nach Auffassung des OLG gegen die Annahme eines Verwertungsverbots.
Praxishinweis
Die angesprochenen Fragen haben die Gerichte zuletzt häufiger beschäftigt (AG Essen VA 08, 14; LG Hamburg VA 08, 15; OLG Stuttgart VA 08, 29). Hierauf wird verwiesen. Das OLG Hamburg reiht sich bei denjenigen ein, die in diesen Fällen ein Beweisverwertungsverbot verneinen (LG Hamburg, OLG Stuttgart, a.a.O.). Insoweit bringt die Entscheidung nichts Neues. Sie ist allerdings zweifach von Bedeutung: Zum einen befasst sie sich eingehend mit den Anforderungen an die revisionsrechtliche Verfahrensrüge (Pflichtlektüre für jeden, der sich hiermit beschäftigt). Zum anderen ist das OLG Hamburg das erste (Ober)Gericht, das unter Hinweis auf die ständige BGH-Rspr. (grundlegend seit BGHSt 38, 214) den Widerspruch des Verteidigers in der Hauptverhandlung gegen die Verwertung der Blutprobe bzw. gegen das auf ihr beruhende Blutalkoholgutachten fordert. Diesen Widerspruch darf der Verteidiger auf keinen Fall vergessen/übersehen. Sonst ist die Rüge eines Beweisverwertungsverbots schon aus formellen Gründen in der Revision ausgeschlossen.
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