24.08.2009 | Rotlichtverstoß
Feststellung der Rotlichtzeit beim „qualifizierten Rotlichtverstoß“
Grundsätzlich kann - jedenfalls bei einer gezielten Ampelüberwachung - die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes aufgrund der Schätzung von Polizeibeamten festgestellt werden, wenn der Polizeibeamte durch Zählen („einundzwanzig, zweiundzwanzig“) zu einer Schätzung gelangt, wonach die Rotlichtphase bei Überfahren der Haltelinie schon mindestens zwei Sekunden andauerte. Diese Schätzung muss aber für das Tatgericht und das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar sein (OLG Hamm 12.3.09, 3 Ss OWi 55/09, Abruf-Nr. 092056). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Das AG hat den Betroffenen wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße verurteilt und ein Fahrverbot verhängt. Dabei hat es sich auf die Angaben eines in der Hauptverhandlung gehörten Polizeibeamten gestützt. Dieser hatte im Rahmen einer gezielten Rotlichtüberwachung beim Umspringen der Ampel auf rotes Licht in Gedanken die Sekunden von 21 bis 22 gezählt und auf diese Weise die Zeit bis zum Überfahren der Haltlinie geschätzt. Die Rechtsbeschwerde hatte beim OLG keinen Erfolg.
Jedenfalls bei einer gezielten Rotlichtüberwachung kann ein qualifizierter Rotlichtverstoß aufgrund der Schätzung von Polizeibeamten festgestellt werden. Dies ist an drei Voraussetzungen geknüpft. Erstens: Der polizeiliche Zeuge muss zumindest in Gedanken gezählt haben („einundzwanzig, zweiundzwanzig“). Zweitens: Die Rotlichtphase muss nach der so gewonnenen Schätzung zumindest bereits zwei Sekunden angedauert haben. Drittens: Die Schätzung muss für das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar sein, nämlich durch Angaben im tatrichterlichen Urteil zur Messmethode, zum Ablauf des Rotlichtverstoßes sowie zur Entfernung des Fahrzeugs von der Lichtzeichenanlage bzw. gegebenenfalls von der Haltlinie.
Praxishinweis
Die Fragen der Feststellung der Rotlichtzeit bei einem sog. qualifizierten Rotlichtverstoß i.S. von Nr. 132.3 BKat spielen in der Rechtsprechung immer wieder eine Rolle (vgl. dazu u.a. OLG Düsseldorf NZV 00, 134; OLG Hamm VRS 91, 394). Das OLG Hamm hat jetzt für die Verwendung der auf dem Zählen beruhenden „Schätzung“ konkrete Vorgaben gemacht, die von der Praxis in Zukunft zu beachten sind. Es hat sich in seiner Entscheidung in dem Zusammenhang auch mit der Ungenauigkeit von Schätzungen auseinander gesetzt, diese aber im Grundsatz durch zwei Umstände ausgeräumt gesehen. Zum einen wüssten die Polizeibeamten bei einer gezielten Rotlichtüberwachung, worauf es ankommt, und ihre Wahrnehmung sei entsprechend geschärft. Zum anderen: Seien die Polizisten durch Sekundenzählen zum Ergebnis gekommen, dass das Rotlicht im Zeitpunkt des Überfahrens der Haltlinie bereits zwei Sekunden aufgeleuchtet habe, sei sicher, dass die Rotlichtphase jedenfalls mehr als eine Sekunde angedauert habe.
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