23.04.2008 | Trunkenheitsfahrt
Feststellungen zur vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt
Zum erforderlichen Umfang der Feststellungen bei einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt (OLG Hamm 22.11.07, 3 Ss 484/07, Abruf-Nr. 081002). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Das LG hat den Angeklagten wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB verurteilt. Seine Revision hatte Erfolg.
Die Feststellungen sind lückenhaft, sie tragen die Verurteilung wegen vorsätzlicher Tat nicht. Es fehlen Feststellungen zu Umständen, die begründen, warum der Angeklagte seine Fahruntüchtigkeit gekannt bzw. für möglich gehalten haben soll. Die hohe Blutalkoholkonzentration (BAK) allein mag zwar ein Indiz sein. Es besteht jedoch kein Erfahrungssatz, dass bei hohen BAK-Werten von vorsätzlichem Handeln ausgegangen werden kann. Gerade ein hochgradig alkoholisierter Mensch kann sich für besonders fahrtüchtig halten. Neben der BAK wären Feststellungen erforderlich gewesen, unter welchen Umständen der Angeklagte welche Arten von Alkohol in welchen Mengen zu sich genommen hat (Feststellungen zum Trinkverlauf) und wie er sich während und nach der Tat verhalten hat. So hätten Ausfallerscheinungen vor oder während der Fahrt Indizien für Vorsatz sein können. Weitere Indizien können die Alkoholgewöhnung, der Zusammenhang des Trinkverhaltens mit dem Fahrtantritt, Intelligenz und verbleibende Selbstkritik sein. Auch die Warnwirkung einer vorhergehenden Verurteilung wegen § 316 StGB kann bei der Vorsatzprüfung berücksichtigt werden.
Praxishinweis
In der Praxis wird der Vorsatz bei einer Trunkenheitsfahrt häufig allein mit einer hohen BAK begründet. Das wird von den OLG immer wieder gerügt und führt zur Aufhebung des tatrichterlichen Urteils (vgl. z.B. die Rspr.-Nachweise bei Fischer, StGB, 55. Aufl., § 316 Rn. 9a, zuletzt auch OLG Hamm NZV 05, 161 m.w.N.; LG Potsdam BA 04, 540). Wir haben über die damit zusammenhängenden Fragen in VA 01, 34 berichtet.
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