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  • 24.03.2011 | Unfallschadensregulierung

    Auffahrunfall in Holland: Keine Geltung des Anscheinsbeweises

    1. Auch ungeschriebene, von der ausländischen Rechtsprechung aufgestellte Regelungen über den Anscheinsbeweis sind durch das deutsche Gericht zu beachten, wenn dieses ausländisches Recht anwendet.  
    2. Im niederländischen Recht gibt es bei einem Verkehrsunfall keinen Anscheinsbeweis zulasten des Auffahrenden.  
    (AG Geldern 27.10.10, 4 C 356/10, NJW 11, 686, Abruf-Nr. 110900)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Unfallort Holland; Beteiligte: Die Kl., eine Deutsche, mit ihrem Fahrzeug und Herr X mit seinem Kfz mit NL-Kennzeichen, haftpflichtversichert bei der Bekl. Unfallhergang: Das NL-Kfz fuhr im Bereich einer Baustelle mit Tempolimit 50 km/h auf das D-Kfz auf. Die Kl. klagte vor ihrem Heimatgericht, dem AG Geldern, Ersatz in Höhe von 1.259 EUR ein. Nach Zahlung ihres Kasko-VR erklärte sie den Rechtsstreit für teilweise erledigt. Der NL-VR schloss sich an. Die Klage auf den Restbetrag von 300 EUR wies das AG ab.  

     

    Nach Bejahung seiner internationalen Zuständigkeit geht das AG auf die Frage der Begründetheit des restlichen Zahlungsanspruchs ein. In der strittigen Eigentumsfrage (Aktivlegitimation) entscheidet es zugunsten der Kl. Gem. Art. 43 Abs. 1 EGBGB sei insoweit ausschließlich deutsches Recht anwendbar, damit auch § 1006 BGB. Die Eigentumsvermutung habe die Bekl. nicht widerlegt. Aber auch die Kl. sei beweisfällig geblieben, nämlich in der Frage, ob der niederländische Unfallgegner den Unfall verschuldet habe. Nur bei nachgewiesenem Verschulden bestehe nach NL-Recht eine Haftung bei einem Unfall mit Beteiligung zweier Kfz. Das habe die Kl. nicht bewiesen. In der Verschuldensfrage sei schon ihr Vorbringen unzureichend. Mit der bloßen Behauptung, Herr X habe den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, sei es nicht getan. Das sei eine reine Wertung.  

     

    Damit stellt sich dem AG die Frage, ob zugunsten der Kl. die Grundsätze über den Anscheinsbeweis bei Auffahrunfällen eingreifen. Nach deutschem Recht wäre das der Fall gewesen. Nicht so nach niederländischem Recht, denn nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs (Hoge Raad) v. 13.4.01, C99/215 HR spreche bei einem Auffahren auf das Fahrzeug des Vordermanns kein Beweis des ersten Anscheins für ein Auffahrverschulden. Diesen Rechtsgrundsatz müsse das deutsche Gericht beachten.