24.02.2010 | Unfallschadensregulierung
BGH zur Schadensabrechnung bei Teilreparatur
1. In den Fällen, in denen der Reparaturaufwand bis zu 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert des Kfz liegt, können Reparaturkosten nur bei konkreter Schadensabrechnung ersetzt verlangt werden. |
2. Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs kann dabei nur verlangt werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (Senatsurteile BGHZ 154, 395 und 162, 161). |
3. Reparaturkosten für eine Teilreparatur, die über dem Wiederbeschaffungsaufwand des Fahrzeugs liegen und den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, können in diesen Fällen ebenfalls nur zuerkannt werden, wenn diese Reparaturkosten konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt, anderenfalls ist die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt (Senatsurteil BGHZ 162, 170). |
(BGH 8.12.09, VI ZR 119/09, Abruf-Nr. 100242). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Wiederbeschaffungswert 5.300 EUR, Restwert 2.700 EUR, Reparaturkosten 6.313,22 EUR brutto (damit selbst netto über dem WBW, aber innerhalb der 130-Prozent-Grenze), so die Zahlen im Schadensgutachten. Der VR zahlte den Wiederbeschaffungsaufwand (WBA) von 2.600 EUR. Unter Berufung auf BGH NJW 08, 1941 macht der Kläger weitere (fiktive) Reparaturkosten i.H.v. 2.700 EUR bis zum WBW geltend. Begründung: er habe sein Fahrzeug verkehrssicher instand gesetzt und nutze es weiter. Das AG hat der Klage stattgegeben, das LG hat sie abgewiesen. Die Revision blieb aus den Gründen der obigen Leitsätze erfolglos. Die Verfahrensrügen - unterlassene Beweiserhebung, Verstoß gegen § 139 ZPO - wurden zurückgewiesen.
Praxishinweis
Dass er seinen Pkw nach Maßgabe des Leitsatzes 2, d.h. fachgerecht und vollständig, repariert habe, hat der Kl. selbst nicht behauptet. Damit handelte es sich um eine Instandsetzung (vermutlich in Eigenregie), für die sich der etwas unscharfe Begriff „Teilreparatur“ eingebürgert hat. In einem solchen Fall hängt der Umfang des Ersatzes zunächst entscheidend davon ab, ob die geschätzten Reparaturkosten (evtl. plus Minderwert) unter dem WBW liegen oder ihn bis zu 30 Prozent übersteigen. Liegen sie jenseits der 130-Prozent-Grenze, ist bei einer bloßen Teilreparatur der WBA das Ende der Fahnenstange. Bleiben sie diesseits der Grenze, muss differenziert werden zwischen einem UHU (Unter-Hundert-Fall) und einem ÜHU (Über-Hundert-Fall).
Bei einem ÜHU, wie hier, kann der Geschädigte unter Umständen in konkreter Abrechnung Reparaturkosten bis zum WBW, nicht punktgenau in Höhe des WBW, liquidieren. So der BGH, wenngleich verdeckt und obiter dictum, bereits in BGHZ 162, 170. In der Schadenswelt richtig angekommen ist die verschlüsselte Botschaft bisher nicht - trotz vereinzelter instanzgerichtlicher Entscheidungen (u.a. OLG Düsseldorf VA 06, 55; 07,192). Bis in die jüngste Zeit hinein wurden Geschädigte, die eine fachgerechte und vollständige Reparatur in einem 130-Prozent-Fall (ÜHU) nicht nachweisen konnten, ohne Weiteres auf den WBA gesetzt (z.B. OLG Koblenz SP 06, 8). Mit dieser BGH-widrigen Automatik sollte jetzt endlich Schluss sein.
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses VA Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 16,70 € / Monat
Tagespass
einmalig 10 €
- 24 Stunden Zugriff auf alle Inhalte
- Endet automatisch; keine Kündigung notwendig