23.10.2008 | Unfallschadensregulierung
Nutzungsausfallschaden: Bindung an Abrechnung
Der Geschädigte ist im nachfolgenden Prozess jedenfalls dann an seine ursprüngliche Schadensabrechnung gebunden, wenn diese nicht lediglich vorläufig war und er mit einer nachfolgenden Abrechnung eine Schadensposition (hier: Mietwagenkosten) geltend macht, die sich mit einer Position in der ursprünglichen Abrechnung (hier: Nutzungsausfall) ausschließt (AG Passau 20.12.07, 2 C 310/07, Abruf-Nr. 083190). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Nach einem Unfall hatte die Klägerin einen Ersatzwagen gemietet. Ihr Anwalt forderte die gegnerische Versicherung auf, die Haftung dem Grunde nach anzuerkennen. In dem Schreiben hieß es: „Wir übersenden ... die Reparaturkostenrechnung ... und beziffern den Schaden, soweit derzeit möglich, wie folgt: Reparaturkosten netto ..., Nutzungsentgang für 19 Tage á 65 EUR = 1 235 EUR...“ Erst im Anschluss an dieses Schreiben erfuhr der Anwalt von der Mietwagenrechnung. Er reichte sie mit der Bitte um Regulierung nach. Das lehnte der Versicherer ab. Den Nutzungsausfall hatte er anstandslos gezahlt. Die Klage auf den Differenzbetrag hat das AG abgewiesen.
Das erste Anwaltsschreiben sei auch unter Berücksichtigung der Einschränkung „soweit derzeit möglich“ dahin auszulegen, dass die aufgeführten Positionen und damit auch der Nutzungsausfall abschließend und verbindlich beziffert werden können, andere Positionen jedoch noch nicht. Die Beklagte habe darauf vertrauen dürfen, dass sämtliche vorhandenen Rechnungen dem Abrechnungsschreiben beigefügt seien. Wenn die Klägerin ihrem Anwalt die Mietwagenrechnung nicht zukommen lasse, falle dies in ihren Verantwortungsbereich. Sodann geht das Gericht auf die Frage ein, in welchen Fällen ein Abrechnungswechsel zulässig ist und wann nicht. Unzulässig sei ein Wechsel bei zwei sich ausschließenden Positionen wie abstrakte Nutzungsentschädigung und Mietwagenkosten für den identischen Zeitraum.
Praxishinweis
Dumm gelaufen. Gegen Ende seines Urteils sagt das AG selbst, wie eine Bindungswirkung hätte vermieden werden können. „Unter Ankündigung der Nachreichung einer Mietwagenrechnung“ hätte zunächst eine Pauschale verlangt werden können. Wer als Anwalt von einer Mietwagenrechnung nichts weiß, kann jedoch schwerlich ankündigen, eine solche nachzureichen. Also muss mit dem Mandanten geklärt werden, ob er einen Ersatzwagen genommen hat oder nicht und wenn ja, für welchen Zeitraum. Eventuell steht eine Anmietung noch bevor, z.B. wegen einer späteren Reparatur. Die mietwagenlose Zeit, soweit sicher feststehend, kann getrost nach Tagessatz abgerechnet werden. Für ungewisse Zeiträume ist ein ausdrücklicher Vorbehalt anzubringen. Im Prozess empfiehlt sich ein Feststellungsantrag (vgl. AG Wiesbaden NZV 08, 466). Näheres zur Kombination fiktiver und konkreter Abrechnung in VA 06, 134; zum Nutzungsausfall S. 136 Ziff. 4 und 5. Zur „abstrakten“ Nutzungsentschädigung: Schwerpunktbeitrag VA 07, 196.
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