01.05.2006 | Unfallschadensregulierung
Schmerzensgeldurteil: Umfang der Rechtskraft
Wenn eine Unfallfolge im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht eingetreten und auch sachkundigen Personen objektiv noch nicht erkennbar war, kann sie nach ihrem Offenbarwerden zum Gegenstand einer erneuten Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Beeinträchtigungen gemacht werden, obwohl dem Geschädigten in einem Vorprozess ein Schmerzensgeld bereits rechtskräftig zuerkannt und seine Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger immaterieller Schäden rechtskräftig abgewiesen worden ist (BGH 14.2.06, VI ZR 322/04, Abruf-Nr. 061014 – Leitsatz der Redaktion). |
Sachverhalt
1982 hatte die Klägerin einen Verkehrsunfall erlitten. In einem Vorprozess war ihr ein (weiteres) Schmerzensgeld zuerkannt worden. Ihren Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Eratz sämtlicher immaterieller Zukunftsschäden hat das LG indes rechtskräftig abgewiesen, weil mit einer Verschlimmerung der unfallbedingten Armschädigung nicht zu rechnen sei. Im 2. Prozess verlangt die Klägerin wegen erstmals offenbar gewordener Spätfolgen Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes sowie erneut die Feststellung der Ersatzpflicht für immaterielle Zukunftsschäden. Das LG hat die Klage aus Rechtskraftgründen als unzulässig abgewiesen. Dagegen hat das OLG ein weiteres Schmerzensgeld zugesprochen und die begehrte Feststellung getroffen. Die zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Zur Rechtskraft von Urteilen, die ein Schmerzensgeld zusprechen, sagt der BGH: Verlangt ein Kläger für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den zugesprochenen Betrag alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte. Von der rechtskräftigen Zubilligung nicht umfasst seien dagegen solche Verletzungsfolgen, die noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war. Bei der Vorhersehbarkeit komme es auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines Sachkundigen an. Gemessen an diesen Grundsätzen, so der BGH unter Erörterung medizinischer Detailfragen, seien die hier eingeklagten Spätschäden nicht vorhersehbar gewesen.
Sodann prüft der Senat, ob die rechtskräftige Abweisung der Feststellungsklage im Vorprozess der jetzt verlangten Verurteilung der Beklagten entgegensteht. Das wird verneint. Die rechtskräftige Abweisung der auf Feststellung eines Anspruchs gerichteten Klage stelle zwar grundsätzlich das Nichtbestehen dieses Anspruchs rechtskräftig fest. Auch könne eine Entscheidung über einen Feststellungsantrag nicht vorhersehbare Spätschäden umfassen. Das setze aber einen entsprechenden Sachvortrag des Klägers voraus, der hier fehle. Die jetzigen Spätfolgen seien seinerzeit kein Thema gewesen und hätten es mangels Erkennbarkeit auch nicht sein können.
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