27.04.2011 | Unfallschadensregulierung
Wichtiges Urteil zum Schadenersatz nach Oldtimer-Unfall
1. Es besteht ein Anspruch auf vollständige Neulackierung eines beschädigten Fahrzeugs, wenn die Wiederherstellung der vorher bestehenden 100-prozentigen Farbgleichheit im Hinblick auf den sehr guten Zustand des Oldtimer-Fahrzeugs nur dadurch garantiert werden kann. Besteht bei allen anderen Methoden die Gefahr von verbleibenden Farbabweichungen, so sind diese bei dem Oldtimer nicht akzeptabel, sodass sich der Halter auf den Versuch einer Teillackierung nicht verweisen zu lassen braucht. |
2. Eine Nutzungsausfallentschädigung kommt für die entgangene Nutzung eines Oldtimers nur in Betracht, wenn dieser als normales Verkehrs- und Beförderungsmittel genutzt wird und dem Halter kein anderes Kfz zur Verfügung steht. Wird er nur aus Liebhaberei neben einem oder mehreren anderen Kfz gehalten, ist bei einem reparaturbedingten Ausfall keine Nutzungsentschädigung zu zahlen. |
3. Zur Ermittlung des merkantilen Minderwerts bei Beschädigung eines Oldtimers. |
(OLG Düsseldorf 30.11.10, I-1 U 107/08, Abruf-Nr. 110979) |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Während der Kl. mit seinem Mercedes 300 SL Coupé, Bj. 56, bei einer Oldtimerrallye in einer Kolonne stand, fuhr der Bekl. mit seinem Oldtimer auf das Heck des bis dahin unfallfreien „Flügeltürers“ auf. Die beiderseits beauftragten Gutachter schätzten den Fahrzeugschaden unterschiedlich hoch. Vorgerichtlich zahlte der VR rund 10.000 EUR. Der Kl. rechnete die Reparaturkosten auf der Basis seines Gutachtens ab, verlangt Ersatz eines merkantilen Minderwerts von zunächst 10.000, zuletzt 20.000 EUR, und außerdem die Feststellung, dass der Bekl. a) die künftig anfallende Umsatzsteuer in bezifferter Höhe und b) für die Dauer einer künftigen Reparatur eine Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen haben. Das LG hat die Klage überwiegend abgewiesen, insbesondere einen merkantilen Minderwert verneint. Die Berufung des Kl. war weitgehend erfolgreich, die Anschlussberufung nur in einem Nebenpunkt.
Im Streit um die Reparaturkosten ist der Senat dem Kl. gefolgt; zum einen in der Frage vollständige Neulackierung oder Teillackierung, zum anderen hinsichtlich der Höhe der Stundenverrechnungssätze. Anerkannt hat der Senat 113 EUR. Die aufgezeigte Billigalternative sei räumlich nicht problemlos erreichbar. Sachverständig beraten, hat das OLG den merkantilen Minderwert auf 20.000 EUR geschätzt. Dabei hat es entscheidend auf den Verlust an Originalität des bis dahin unfallfreien Oldtimers abgestellt. Auf den Betrag von 20.000 EUR ist der gerichtlich bestellte SV sowohl nach dem BVSK-Modell als auch nach seinem eigenen Bewertungsschema gekommen (3,5 bis 3,6 Prozent des Marktwerts von 550.000 EUR).
Den Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich der Nutzungsentschädigung hat der Senat dagegen als unbegründet zurückgewiesen. Zwar sei auch bei einem Oldtimer eine solche Entschädigung grundsätzlich anerkannt (Hinweis auf Rspr.). Voraussetzung sei jedoch, dass die unfallbedingt fehlende Möglichkeit, über das Fahrzeug zu verfügen, einen wirtschaftlichen Schaden darstelle. Das Interesse, gelegentlich statt mit einem anderen Kfz mit einem Oldtimer fahren zu können, sei lediglich ideeller Natur. Die entgangene Nutzung eines Oldtimers könne deshalb nur entschädigt werden, wenn der Oldtimer als normales Verkehrs- und Beförderungsmittel genutzt werde und dem Halter - anders als dem Kl. - kein Ersatzfahrzeug zur Verfügung stehe. Bloße Liebhaberei verdiene schadensrechtlich keine Anerkennung.
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses VA Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 16,70 € / Monat