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  • 25.01.2011 | Verkehrszeichen

    Sichtbarkeitsgrundsatz bei Verkehrszeichen

    Ein durch Baum- und Buschbewuchs objektiv nicht mehr erkennbares Verkehrszeichen 274.1 (Tempo-30 Zone) entfaltet keine Rechtswirkungen mehr (OLG Hamm 30.9.10, III-3 RBs 336/09, Abruf-Nr. 104133).

     

    Sachverhalt

    Das AG hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung um 40 km/h in einer Tempo-30 Zone (Zeichen 274.1) zu einer Geldbuße verurteilt. Das Verkehrsschild war zwar zum Tatzeitpunkt durch Baum- und Buschbewuchs nicht erkennbar. Das AG meinte aber, dass der Betroffene aufgrund der örtlichen Verhältnisse (u.a. Fahrbahnverengungen und -erhöhungen, Art der Bebauung) habe erkennen müssen, dass er sich in einer Tempo-30 Zone befand. Die Rechtsbeschwerde hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Folge der Nichterkennbarkeit des Verkehrsschilds ist, dass es keine Verbindlichkeit entfaltet. Es gilt der Sichtbarkeitsgrundsatz. Danach muss der Verkehrsteilnehmer die Anordnung des Verkehrszeichens ohne weitere Überlegung eindeutig erfassen können. Das gilt nicht nur bei der erstmaligen Anbringung. Damit die Gebote und Verbote fortdauernd die ihnen zugedachte Wirkung haben, muss ihre ausreichende Erkennbarkeit gewahrt und erhalten werden. Werden Verkehrsregelungen aufgrund von Abnutzung oder Witterungsbedingungen unkenntlich, verlieren sie ihre Wirksamkeit. Dies gilt auch, wenn z.B. eine Markierung abgenutzt oder ein Schild verschneit ist. Entsprechend kann dem Betroffenen nur vorgeworfen werden, dass er gegen die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO verstoßen und diese um 20 km/h überschritten hat. Aufgrund der in den Urteilsgründen beschriebenen örtlichen Verhältnisse hat für den Betroffenen auch kein Zweifel daran bestehen können, dass er sich bei seiner Fahrt zur Tatzeit innerhalb der geschlossenen Ortschaft befand.  

     

    Praxishinweis

    Nur wenn das Sichtbarkeitsprinzip gewahrt ist, kann auf das angeordnete Gebot oder Verbot abgestellt werden. Anderenfalls gilt die Anordnung nicht. Folge ist, dass für den Tatort nicht von einer Tempo-30 Zone ausgegangen werden kann, sondern die gesetzlich angeordnete innerörtliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gilt. Der Rückschluss auf das Vorliegen der Tempo-30 Zone durch die örtlichen Umstände ist nicht erlaubt. Die Entscheidung ist aber kein Freibrief für Betroffene. Der Tatrichter wird im Zweifel seine Einlassung, das Schild sei nicht sichtbar gewesen, kritisch hinterfragen. Auch muss das Verkehrsschild wirklich nicht erkennbar gewesen sein. Nur ein bisschen Schnee oder Bewuchs reicht nicht. Schließlich wird es auch darauf ankommen, ob dem Betroffenen die entsprechende Stelle bekannt ist. Wenn sich das Tempo-30-Zone-Schild auf dem Weg befindet, den er täglich befährt, wird man ihm sicherlich entgegenhalten, dass er ja gewusst habe, dass dort eine entsprechende Anordnung erfolgt ist.