· Fachbeitrag · Akteneinsicht
Umfang der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren
Der Verteidiger hat keinen aus § 147 StPO ableitbaren Anspruch auf Beiziehung aller möglichen Unterlagen, denen aus seiner Sicht unmittelbare oder auch nur entfernte potenzielle Beweisbedeutung zukommt (für Messunterlagen zu einer Geschwindigkeitsmessung) (LG Aachen 1.2.12, 62 Qs 8/12, Abruf-Nr. 120601). |
Im Bußgeldverfahren ist dem Verteidiger auf dessen Verlangen hin Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung des genutzten Messgeräts zu gewähren (AG Lüdinghausen 9.2.12, 19 OWi 19/12 [b], Abruf-Nr. 120821). |
Praxishinweis
Zwei gegensätzliche Entscheidungen zur umstrittenen Frage des Umfangs und der Art und Weise der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren. Sie bringen nichts wesentlich Neues. Allerdings ist dem LG Aachen in einem Punkt vehement zu widersprechen. Das LG hatte ausgeführt: „Wenn der Beschuldigte bzw. dessen Verteidiger die Richtigkeit der Messung anzweifeln will, mag er eine konkrete Behauptung aufstellen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragen, im Rahmen dessen dann die dazu erforderlichen Unterlagen bzw. Beweismittel beigezogen werden.“ Diese Argumentation führt den Verteidiger in einen Teufelskreis bzw. sie beruht auf einem Zirkelschluss. Eine „konkrete Behauptung“ hinsichtlich der (Un)Richtigkeit des Messergebnisses kann der Verteidiger nur aufstellen, wenn er überprüfen kann, ob die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Messung vorliegen. Dazu muss er aber die Akten und die Messunterlagen kennen. Deren Kenntnis wird ihm durch die Ablehnung der Akteneinsicht aber gerade verweigert.