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  • · Fachbeitrag · Auslagenerstattung

    Auslagenerstattung nach Verfahrenseinstellung

    Zur Anwendung der Ausnahmeregelung des § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO nach Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses (AG Dillenburg 22.3.12, 3 OWi 25/12, Abruf-Nr. 121341).

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Betroffene hat gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt. Die Verwaltungsbehörde hat das Bußgeldverfahren wegen Verfolgungsverjährung eingestellt und den Bußgeldbescheid zurückgenommen. Der Verteidiger hat beantragt, die Kosten gegen die Staatskasse festzusetzen. Dieser Antrag ist mit der Begründung zurückgewiesen worden, das Verfahren sei eingestellt worden, da nach dem Erlass des Bußgeldbescheides Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Jedoch habe aufgrund der Beweismittel festgestanden, dass der Betroffene die ihm vorgeworfene Ordnungswidrigkeit begangen habe. Hiergegen hat der Betroffene gerichtliche Entscheidung beantragt.

    Die im Bußgeldverfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen waren der Staatskasse aufzuerlegen. Es liegt kein Fall des § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO vor, der es rechtfertigen würde, bei der erfolgten Verfahrenseinstellung nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 206a StPO hiervon abzusehen. Bei der Anwendung dieser Ausnahmevorschrift ist stets eine Verdachtsprüfung erforderlich. Notwendig ist das Fortbestehen eines erheblichen Tatverdachts, der es rechtfertigen würde, dem Betroffenen die Erstattung seiner notwendigen Auslagen zu versagen. Der kann nicht festgestellt werden. Der Betroffene hat sich im Bußgeldverfahren nicht zur Sache eingelassen. Um die Begehung der Ordnungswidrigkeit durch den Betroffenen feststellen zu können, hätte dieser daher zunächst als Fahrer identifiziert werden müssen. Hierzu hätte das Gericht in einer Hauptverhandlung Feststellungen durch einen Abgleich zwischen dem Beweisfoto und der Person des Betroffenen treffen müssen. Allein der Umstand, dass es sich bei dem Betroffenen um den Halter des Fahrzeugs handelt, dessen Geschwindigkeit gemessen wurde, begründet aber noch keinen erheblichen, eine Verurteilung wahrscheinlich machenden Tatverdacht.

     

    Praxishinweis

    Eine in der Praxis sicherlich häufige Konstellation, die das AG zutreffend gelöst hat. Nur wenn eine solche Verdachtslage bestand, dass der Betroffene verurteilt worden wäre, wenn das Verfahren nicht eingestellt worden wäre, kann von der Auferlegung der Kosten auf die Staatskasse abgesehen werden. Es darf dann aber keine Schuldzuweisung erfolgen. Es darf nur die Verdachtslage beschrieben und bewertet werden (vgl. BGH NJW 00, 1427; OLG Frankfurt NStZ-RR 02, 246). Darüber war die Verwaltungsbehörde hinausgegangen. Hinzu kam noch, dass es nach Auffassung des AG auch unbillig gewesen wäre, die notwendigen Auslagen des Betroffenen nicht der Staatskasse aufzuerlegen. Denn Verfolgungsverjährung war durch Verschulden der Verwaltungsbehörde eingetreten, die das Verfahren nicht rechtzeitig vor Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist gemäß § 69 Abs. 3 S. 1 OWiG über die StA an das AG übersandt hatte (§ 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 OWiG).

    Quelle: Ausgabe 06 / 2012 | Seite 107 | ID 33466790