· Fachbeitrag · Geschwindigkeitsüberschreitung
Ist eine Geschwindigkeitsmessung mit ungeeichtem Messgerät verwertbar?
Zur Frage der Unverzüglichkeit i.S. von § 13 Abs. 2 EichO (AG Alsfeld 10.2.14, 4 OWi-805 Js 32700/13, Abruf-Nr. 141645). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Betroffene soll am 31.1.13 eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen haben. Das verwendete Messgerät war am 22.1.13 repariert worden. Dabei wurden eichrelevante Öffnungen vorgenommen. Eine Neueichung wurde am 28.1.13 beantragt. Diese erfolgte wegen Krankheit des Eichbeamten erst am 9.4.13. Das AG hat den Betroffenen freigesprochen.
Die Geschwindigkeitsmessung ist unverwertbar, weil sie mit einem ungeeichten Messgerät durchgeführt worden ist. Gem. § 13 EichO erlischt die Eichung vorzeitig, wenn bei Reparaturen Hauptstempel, Sicherungsstempel oder Kennzeichnungen entfernt werden mussten. Nach § 13 Abs. 2 EichO gilt dies aber nicht, wenn die erneute Eichung „unverzüglich“ beantragt wurde. Hier haben zwischen Reparatur und Eichantrag sechs Tage gelegen. Das ist nicht mehr unverzüglich. Der Maßstab, der an eine „Unverzüglichkeit“ zu stellen ist, ist von der Art der verlangten Handlung (wie z.B. entsprechenden Vorbereitungen, Abläufen etc.) abhängig. Vorliegend ist ein ebenso strenger Maßstab zu stellen, wie an die Verkehrsteilnehmer selbst oder an staatliche Stellen. Der Autofahrer hat nach ständiger Rechtsprechung zu § 142 StGB kaum 24 Stunden Zeit, einen Unfall zu melden, sofern er die Unfallstelle erlaubterweise verlassen hat. Wurde eine Person aufgrund eines Haftbefehls ergriffen, muss sie dem Haftrichter „unverzüglich“ vorgeführt werden, spätestens am Tage nach der Ergreifung. Vor diesem Hintergrund und auch angesichts der Tatsache, dass die Stellung des Antrags auf Neueichung - und nur darauf kommt es bei § 13 Abs. 2 EichO an - kein sonderlich schwerer bzw. komplizierter Vorgang ist, der einer besonderen Vorbereitung o.Ä. bedürfte, ist ein Ablauf von fast einer Woche nicht mehr als unverzüglich anzusehen.
Praxishinweis
Dem Beschluss ist zuzustimmen. Es ist in der Tat keine große Sache, einen Neu-/Nacheichungsantrag zu stellen. Dafür sind sechs Tage nun wirklich zu lang. Setzt man das AG-Urteil um, muss ein solcher Antrag spätestens innerhalb von 48 Stunden nach der Reparatur (§ 115 Abs. 2 StPO) gestellt werden.
Hinzuweisen ist noch darauf, dass das AG die Messung insgesamt als unverwertbar angesehen hat. Es hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob sie ggf. doch, dann aber mit einem höheren Sicherheitsabschlag, verwertbar gewesen wäre. Von letzterem gehen die OLG in ihrer Rechtsprechung aus (vgl. dazu u.a. OLG Koblenz VA 05, 214; OLG Hamm VA 08, 156; OLG Schleswig VA 11, 64). A.A. sind in der Vergangenheit aber schon teilweise einige Amtsgerichte gewesen (vgl. AG Biberach VA 13, 86; AG Rathenow VA 08, 102; AG Senftenberg VA 08, 211). Der Verteidiger muss sich auf die für den Betroffenen günstigere Rechtsprechung der AG berufen.