· Fachbeitrag · Ausfallschaden
Auch beim Unfall am Nachmittag gibt es Nutzungsausfall für den ganzen Tag
| Auch wenn sich der Unfall gegen 16:15 Uhr am Nachmittag ereignet, wird die volle tägliche Nutzungsausfallpauschale geschuldet. Eine anteilige Abrechnung findet nicht statt, entschied das AG Dresden. |
Das ist schon deshalb richtig, weil es ja nicht zwingend ist, dass ein Fahrzeugnutzer die Nutzung gleichmäßig über den Tag verteilt. Steht das Fahrzeug zum Beispiel vom frühen Morgen bis zum Feierabend um 16:00 Uhr auf dem Firmenparkplatz, wird es in dem Zeitraum nicht genutzt. Dann beginnt ggf. die intensivere Nutzung erst am Nachmittag.
1. Das Thema flackert immer wieder mal auf
Ähnlich hat bereits vor Jahren das AG Biberach entschieden. Der Unfall ereignete sich um 21:30 Uhr. Der Versicherer meinte, um diese Tageszeit habe doch niemand mehr einen Nutzungswillen. „Hat er doch!“, sagte das Gericht, denn immerhin wollte der Geschädigte noch nach Hause (AG Dresden 10.5.22, 109 C 4630/21, Abruf-Nr. 230096; AG Biberach 28.3.14, 2 C 1002/13, Abruf-Nr. 141248).
2. Die dogmatische Einordnung der Nutzungsausfallentschädigung hilft
Die dogmatische Einordnung der Nutzungsausfallentschädigung ist hilfreich. Sehr lehrreich ist dabei das Urteil des BGH vom 5.2.13, VI ZR 290/11, Abruf-Nr. 130926. Unter Rn. 27 heißt es dort: „Das regelmäßig mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbundene Halten eines Kraftwagens erfolgt fast ausschließlich, um den Wagen jederzeit nutzen zu können, insbesondere um ihn zum Fahren zur Verfügung zu haben. Der vorübergehende Fortfall der Benutzbarkeit ist deshalb bereits ein Vermögensschaden, der einen Schadenersatzanspruch zur Entstehung gelangen lässt (vgl. BGH 30.9.63, III ZR 137/62, BGHZ 40, 345, 348).“
Aber: „Die Nutzungsausfallentschädigung stellt zwar keine aufgrund der Differenzhypothese abzurechnende Vermögenseinbuße dar. Vielmehr wird der Verlust von Gebrauchsvorteilen kompensiert, die sich aus der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs ergeben.“
Dieser Schaden kann „... abstrakt als Nutzungsausfallentschädigung auf der Grundlage der üblicherweise benutzten Tabellen berechnet werden.“
Auch mit dem Ziel, nicht jeden Einzelfall sezieren zu müssen, wird der Ausfallschaden also pauschaliert. Denn sonst müsste man die Nutzungsgewohnheiten eines jeden Geschädigten analysieren. Ist er (Biberach-Fall) Nachtschwärmer? Fährt er (Dresden-Fall) nach Feierabend zum Einkauf, zum Sport, zum Kegeln? Im Übrigen wird das deutsche Durchschnittsauto ohnehin täglich weniger als eine Stunde genutzt.