· Nachricht · Haftungsrecht
Unabwendbarkeit: Nicht vorfahrtsberechtigter Linksabbieger versus leichtsinnig Überholender
| Wem vom ersten vorfahrtberechtigten Fahrzeug einer aus fünf Fahrzeugen bestehenden, hintereinander wartenden Fahrzeugkolonne auf einer von links kommenden Straße nach einer Verständigung i.S.d. § 11 Abs. 3 StVO Vorrang gewährt wird, muss nicht damit rechnen, dass die fünf wartenden Fahrzeuge der Kolonne vom sechsten Fahrzeug der Kolonne unter Nutzung der Gegenfahrbahn überholt werden. |
So entschied es das LG Wuppertal (21.1.24, 14 O 4/24). Es machte deutlich, dass derjenige, der eine Kolonne in Unkenntnis der Gründe ihres Anhaltens unter Nutzung der Gegenfahrbahn überholt, bei unklarer Verkehrslage i.S.d. § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO überholt. Das Ausmaß der Sorgfaltswidrigkeit steigt dabei umso mehr, je weniger der Überholende die Lage vor dem ersten Fahrzeug der Kolonne vor dem Beginn des Überholvorgangs einsehen kann. Wer eine aus fünf Fahrzeugen bestehende, wartende Kolonne unter Nutzung der Gegenfahrbahn überholt, stellt seine Bewertung der Verkehrslage erkennbar über die Bewertung von fünf anderen Fahrzeugführern, die dem Anhaltegrund örtlich näher sind und sich in derselben Situation offensichtlich bewusst anders verhalten.
MERKE | Die Haftungsbefreiung aus § 17 Abs. 3 StVO steht damit grundsätzlich auch einem nicht zur Vorfahrt berechtigten Fahrer offen, der den Sorgfaltspflichten aus § 8 Abs. 2 StVO in jeder nach den Umständen des Falles gebotenen Form nachkommt. |