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  • · Fachbeitrag · Kaskoversicherung

    Markenwerkstattpreise auch bei fiktiver Kaskoabrechnung

    Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer muss die AKB (hier: A.2.8.1. lit. b) so verstehen, dass er auch bei fiktiver Abrechnung die Kosten einer Markenwerkstatt beanspruchen darf (LG Hamburg 19.9.13, 302 S 21/13, Abruf-Nr. 133468).

     

    Sachverhalt und Gründe

    Der Mercedes, noch kein Jahr alt, hatte einen Heckschaden, den der bekl. Kasko-VR von einem eigenen Sachverständigen begutachten ließ. Die Reparaturkosten beliefen sich auf netto 3.579 EUR, kalkuliert nach den Preisen einer örtlichen Mercedes-Niederlassung. Als die Kl. in Eigenregie reparierte, veranlasste der Bekl. eine Nachbesichtigung sowie eine Neukalkulation mit niedrigeren Verrechnungssätzen einer freien Fachwerkstatt. Die Klage auf den Differenzbetrag von 1.348 EUR hat das AG Hamburg-Altona (26.6.13, 318c C 261/12) abgewiesen. Begründung: Unabhängig vom Alter ihres Fahrzeugs könne die Kl. auf die Preise einer technisch gleichwertigen freien Fachwerkstatt verwiesen werden. Durch die Erstkalkulation auf Basis der höheren Mercedes-Preise sei eine Selbstbindung nicht eingetreten.

     

    Auf den Hinweis der Berufungskammer vom 19.9.13 hin hat die Bekl. die Klageforderung anerkannt. Nach Ansicht des LG ist unter „erforderliche Kosten“ i.S. der Klausel A.2.8.1. b AKB (= A 2.7.1. b Muster-AKB 2008) derjenige Reparaturaufwand zu verstehen, der bei Beauftragung einer Markenwerkstatt anfällt. Dass im Kaskovertrag bei gleicher Begrifflichkeit etwas anderes gelten soll als im Haftpflichtrecht, erschließe sich einem durchschnittlichen VN nicht. Dieser könne auch nicht erkennen, dass ihm bei fiktiver Abrechnung weniger als bei Beauftragung einer Markenwerkstatt zustehe. „Erforderliche Kosten“ sei in beiden Absätzen von A.2.8.1. AKB nach den gleichen Maßstäben zu bestimmen. Allerdings, so das LG weiter, müsse der VR nicht in jedem Fall nach den Preisen einer Markenwerkstatt regulieren. Ob sein Weisungsrecht nach E.1.4. AKB die Befugnis umfasse, den VN auf eine Reparatur in einer freien Werkstatt zu verweisen, lässt das LG offen. Eine etwaige Verweisung sei im vorliegenden Fall - werkstattgepflegtes Auto unter drei Jahren - jedenfalls unzulässig.

     

    Praxishinweis

    Auch wenn es nur ein Hinweisbeschluss ist, kann er in Fällen fiktiver Kaskoabrechnung eine Argumentationshilfe sein, zumal aktuelle höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung fehlt. Wenn das Vertragsversprechen, das der VR einzuhalten hat, die Abrechnung nach den Verrechnungssätzen einer Markenwerkstatt nicht unmissverständlich ausschließt (etwa durch eine Werkstattbindung), kann und darf der durchschnittliche VN die Regelung in A.2.8.1. b bzw. A.2.7.1. b AKB bei kundenfreundlichster Auslegung so verstehen, wie es das LG überzeugend begründet hat. Bei einer solchen Klauselgestaltung kann der VR seine Interessen nur über die Schadenminderungspflicht bzw. sein Weisungsrecht zur Geltung bringen. Dass das LG auch insoweit einen Gleichlauf mit dem Haftpflichtschadensrecht herstellt (Dreijahresgrenze/Scheckheftpflege), ist naheliegend, gleichwohl nicht unbedenklich. Hier wie dort geht es zwar um die Zumutbarkeit für den Kfz-Eigentümer, indes ist er im Kaskobereich prinzipiell stärker belastbar.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Einem VN, der nicht in eine Markenwerkstatt geht, ist es auch bei einem scheckheftgepflegten Fahrzeug zumutbar, wenn der Kasko-VR auf der Basis durchschnittlicher Stundenverrechnungssätze freier Werkstätten abrechnet (AG Erfurt NZV 12, 552).
    • Der Nachweis einer vollständigen und fachgerechten Reparatur mittels Rechnung (A.2.7.1. lit. a AKB) kann im Fall einer Eigenreparatur durch einen Werkstattinhaber auch durch eine „Eigenrechnung“ geführt werden (LG Nürnberg-Fürth 16.9.13, 8 O 6658/12, Abruf-Nr. 133470).

    Einsender | Rechtsanwalt Thomas Brückner, Kanzlei Brückner und Schwarz, Hamburg

    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 203 | ID 42401790